"Elterliche Sorge einvernehmlich regeln"
Für eine lösungsorientierte Schlichtungspraxis bei Trennung und Scheidung warb der Familienrichter Jürgen Rudolph im voll besetzten Ratssaal auf Einladung von Bündnis 90/Die Grünen. Foto: May
Für eine lösungsorientierte Schlichtungspraxis bei Trennung und Scheidung warb der Familienrichter Jürgen Rudolph im voll besetzten Ratssaal auf Einladung von Bündnis 90/Die Grünen. Foto: May
Iserlohn. (cofi) "Das große Interesse an dieser Veranstaltung zeigt, wie wichtig das Thema ist", freute sich Elke-Olbrich Tripp über den vollen Ratssaal beim Vortrag des Familienrichters Jürgen Rudolph über die alternative Schlichtungspraxis beim Streit ums Sorgerecht bei Trennung und Scheidung.
Sie wird als "Cochemer Modell" bezeichnet. Das Ziel ist "die eigenständige Elternverantwortung für die Kinder zu ermöglichen, denn Kinder wollen beide Eltern behalten", erläuterte der Ideengeber Jürgen Rudolph. "Kinder deren Eltern nicht streiten, geht es besser", weiß der Familienrichter aus der Praxis, dass gütliche Einigungen für alle Beteiligten von Vorteil sind.
Sein Credo lautet: Die elterliche Sorge soll einvernehmlich geregelt werden. Er stellte die interdisziplinär vernetzte Arbeitsweise zwischen den Familiengerichten, Anwälten, Jugendämtern, den Familienberatungsstellen und anderen am Prozess Beteiligten vor, mit der man in Cochem gute Erfahrungen gemacht habe. Jürgen Rudolph referierte auf Einladung von Bündnis 90/Die Grünen im Ratssaal über die neue Form der Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Professionen am familiengerichtlichen Gerichtsverfahren. Unter den 120 angemeldeten Zuhörern waren etliche Betroffene, Vertreter von Jugendamt, Amtsgericht, der Familienberatung, der Rechtsanwaltschaft und der Politik.
"Wichtig ist die frühe Intervention in Elternkonflikten, sie verhindert eine Eskalation", betone Richter Rudolph. Dazu gehöre es auch, die Konflikte anders zu behandeln. Der Jurist tritt dafür ein, die Sicht der Kinder bei familienrechtlichen Auseinandersetzungen stärker zu berücksichtigen. Bisher sei nur die elterliche Perspektive erfasst worden.
Wie Richter Rudolph betonte, erspart diese alternative Prozessform allen Beteiligten Nerven, Zeit und Kosten. Das setze aber eine intensive Aus- und Fortbildung voraus sowie einen regelmäßigen Austausch der beteiligten Professionen. Auch im Scheidungsfall sollen Eltern friedlich miteinander umgehen: Auch als geschiedene Leute sollen sie das gemeinsame Sorgerecht beantragen - zum Wohle der Kinder. Davon würden gleichzeitig alle Seiten profitieren.
Zum neuen Ansatz gehöre auch, dass von seiten der Anwälte keine schmutzige Wäsche gewaschen werde. "Kein Kind möchte wissen, der eine Teil von mir ist ein Schwein", sagte er mit Blick auf brutale Eltern. "Kinder lieben merkwürdigerweise prügelnde Väter oder besoffene Mütter", deutete er an, dass Kinder manchmal einen "Beschützerinstinkt" entwickeln.
"Für uns sind Sie der Messias", freute sich besonders die Vorsitzende der "Großelterninitiative Pro Enkel Sauerland", Ingrid Höllmann, über den Besuch des prominenten Familienrichters vom Cochemer Arbeitskreis "Trennung und Scheidung". Ebenso wie Elke Olbrich-Tripp hofft sie, dass sich dieses bewährte Instrument der Konfliklösung auch vor Ort immer stärker durchsetze, wo es noch Defizite gebe. Dazu setzt die grüne Fraktionsvorsitzende auch auf die übrigen Fraktionen.
Manuela Schacke, Bereichsleiterin der Sozialraumteams erklärte, Iserlohn sei gut aufgestellt: "Wir arbeiten lösungsorientiert zusammen mit Familienrichtern, Beratungsstellen und Eltern. Beim Großteil gelingt das auch."
17.04.2007
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