Logan Munroe
21st century mr.darcy Mitglied
Beiträge: 16
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Erstellt: 08.01.09, 20:10 Betreff: 26.8.08 |
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„Einen schönen guten Abend, Madame Pince“ erklang die dunkle, etwas raue Stimme eines hochgewachsenen jungen Mannes und erfüllte klar und volltönend die von hohen Steinmauern eingerahmte und um diese Uhrzeit nahezu totenstille Bibliothek des Schlosses, die der Grüßende soeben betreten hatte. Das fahle Licht der Dämmerung fiel durch die altmodischen Glasfenster in die ehrwürdigen Räumlichkeiten und tauchte die schmalen Gänge zwischen den Bücherregalen nahezu in völlige Dunkelheit. Es war schon spät, verdammt spät, wie Logan Munroe, jener höflich grüßende Junge, der die Bibliothek zu so weit vorangeschrittener Stunde aufgesucht hatte, mit einem Blick auf seine teure Armbanduhr feststellte. „Sie Ärmste haben wohl noch immer keinen Feierabend. Haben sie denn überhaupt mitbekommen, wie Claire Weasley die erste Aufgabe des trimagischen Turniers gewonnen hat?“ erkundigte er sich zuvorkommend, rückte den breiten Schultergurt seiner ledernen Tasche zurecht und bedachte die Bibliothekarin mit einem milden, freundlichen Lächeln. Sie war wahrhaftig nicht die charmanteste oder angenehmste Zeitgenossin, doch ihm gegenüber hatte sie sich stets tadellos verhalten, hatte ihm Bücher rausgesucht und für ihn zurückgelegt, so dass Logan mal wieder die Annahme bestätigt sah, dass man doch stets so behandelt wurde, wie man selbst auch andere behandelte. Ein Spiegel der etwas anderen Art. Die ausgesuchte Höflichkeit, mit der er der verschrobenen Bibliothekarin immer begegnete, hatte sich also bezahlt gemacht. Auch wenn viele etwas anderes von ihm behaupten würden, tatsächlich war es keineswegs nur Berechnung, die ihn motivierte, doch er freute sich dennoch, wenn seine gute Erziehung bei anderen einen bleibenden Eindruck hinterließ, der ihm dann Vorteile verschaffte. Es war wohl als feststehende Tatsache zu betrachten, dass jeder seine Vorteile und seine Chancen nutzte, weswegen Logan es nicht als Schande oder als Unrechtmäßigkeit betrachtete, dies auch zu tun und sich von niemandem vorwerfen ließ, berechnend zu handeln. „Ich gebe gleich noch eine Nachhilfestunde, aber ich wünsche Ihnen schon einmal einen schönen Feierabend, sie haben ihn sich verdient.“ Logan hob die Hand zu einem kurzen Abschiedsgruß, bevor er gemütlichen aber aufrechten Schrittes zwischen den Bücherregalen entlang schlenderte, um zu den am Ende des Raumes aufgestellten Tischen zu gelangen, an einem derer er seine Nachhilfeschülerin nun erwarten wollte.
Cornelia Hathaway. Ein Name, der durchaus klangvoll war und der einen Hauch von antiker Anmut vermittelte. Doch Logan wusste es leider besser. Das Mädchen, welches sich hinter diesem Namen verbarg, nannte nicht viel von der Eleganz, die ihr Nachname in früheren Jahrhunderten bedeutet hatte, ihr Eigen. Nun, vielleicht war sie eine sehr entfernte Nachfahrin Anne Hathaways, der späteren Frau William Shakespeares, doch Glanz und Anmut ihrer Namensvetterin hatte sie, sollte über die Jahrhunderte eine Verwandtschaft bestehen, keineswegs geerbt. Logan musste zugeben, dass er nicht viel über das Mädchen aus Gryffindor wusste, das seinem Professor Vektor zufolge so nötig Nachhilfe in Arithmantik benötigte, doch er hatte sie bereits einige Male in den Schulstunden gesehen und hatte über ihr ungehobeltes Auftreten lediglich den Kopf schütteln können. Er verspürte von jeher eine tiefe Abneigung gegen Mädchen, die sich nicht auch wie Mädchen benahmen und anzogen, eine Abneigung, die er, seiner tadellosen Kinderstube sei Dank, niemals offen zur Schau tragen würde und die er nur mit sich selbst ausmachte, doch es war eine Abneigung, die auch dafür gesorgt hatte, dass Cornelia Hathaway weit unter seinem Radar flog. Ja, er nahm sie in der Tat kaum wahr, wenn dies sich ab und an auch schwierig gestaltete, bedachte man doch ihr lautes Lachen und ihre oft abenteuerlich bunt gefärbten Haare, was jedoch Merkmale waren, die Logan, wenn er sie denn überhaupt wahrnahm und ihnen eine Gefühlsregung zuordnen sollte, allerhöchstens als störend empfand. Vorsichtig stellte der brünette Schüler, der seine sportliche Statur am heutigen Abend in legere aber dennoch außerordentlich geschmackvolle Muggelkleidung gehüllt hatte, seine lederne Umhängetasche neben dem Tisch ab, an den er einen Stuhl rückte, auf den er sich setzte, was ein leises Knarren des alten Holzes nun auch Madame Pince wissen ließ, die jeglichen Lärm doch so sehr hasste und ahndete. Entschuldigend hob Logan eine Hand und verspürte sogleich den Schmerz in seiner linken Schulter, den er einem unglücklichen Reitunfall in den Ferien zu verdanken hatte. Leicht verzog er sein ansonsten hübsches, markant gezeichnetes Gesicht und rieb sich die schmerzende Schulter mit der anderen Hand, während sein Blick erneut auf die Uhr wanderte. Sie war zu spät, bereits mehrere Minuten. Nun gut, er hatte es kaum anders erwartet, doch es ärgerte ihn trotzdem. Es war doch keineswegs eine Selbstverständlichkeit, unentgeltlichen Nachhilfeunterricht zu erteilen, wenn man mit demjenigen, der die Hilfe benötigte, nicht befreundet war. Und er kannte Cornelia kaum. Was dachte sie sich nur dabei, bei ihrem ersten Treffen zu spät zu erscheinen? Kümmerte es sie denn gar nicht, was er für einen Eindruck von ihr hatte? Ein leiser Seufzer entfuhr seinen dünnen Lippen, während er vorsichtig versuchte, seine lädierte Schulter vor- und zurückzurollen. Es schmerzte, doch es war nicht nur ein körperlicher Schmerz. Auch die finsteren Erinnerungen an jenen Tag, an dem er, zum ersten Mal seit seinen ersten Reitversuchen in jüngster Kindheit, vom Pferd gefallen war, zerrten und rissen an ihm. Seine Eltern. Seine Schwester - Seine Großeltern. Seine Mutter. Es war absurd, absurd und unfair. Man hatte ihn belogen und betrogen, das wusste er jetzt. Doch, auch wenn es vielleicht feige erscheinen mochte, so hätte er es doch lieber nie erfahren. Er, Logan Dermid Munroe, hatte das perfekte Leben gelebt, in dem einfach alles gestimmt und in dem es ihm an nichts gefehlt hatte. Und plötzlich sollte all das eine Lüge sein. Er hätte den Salon an diesem schicksalhaften Tag nicht betreten sollen. Er hätte Meaghan und Edna, es war im Moment einfacher, sie nur beim Vornamen zu nennen und nicht mit familiären Titeln zu versehen, nicht streiten gehört. Und er wäre nicht so kopflos durch das Gewitter geritten, hätte nicht den schweren Ast gegen die nun noch immer schmerzende Schulter geschlagen bekommen, den ein kräftiger Windstoß ihm ebenso rücksichtslos entgegengeschmettert hatte wie seine Familie ihn belogen hatte. Der Schmerz hatte noch immer nicht nachgelassen, obwohl Wochen und Monate vergangen waren. Vielleicht, weil er diesen Schmerz brauchte, um jenen finsteren Tag nicht aus seinem Gedächtnis zu löschen. Denn genau das hätte er nur zu gern getan. Warum war seine Nachhilfeschülerin so spät dran? Warum gab sie ihm Zeit, über Dinge nachzudenken, die zu ändern nicht in seiner Macht stand? Grimmig biss der wohlhabende Junge sich auf die Unterlippe und schloss kurz die tiefen, von langen Wimpern eingerahmten, braungrünen Augen, die seinem aristokratischen Gesicht etwas Weiches gaben. Fast schon stur wirkte es, wie er seine muskulösen Arme, gehüllt in ein weißes Hemd mit dünnen hellgrauen Streifen, das irgendein französischer Muggel entworfen hatte, der dafür mehr Geld gesehen hatte, als manchen Familien im Monat zur Verfügung stand, nun vor seiner breiten Brust verschränkte und hörbar ein und aus atmete. Manchmal war er dankbar für die nahezu bedingungslose Rationalität, die Teil seines Wesens war und die es ihm nun erlaubte, seine Gedanken von dem einzigen Thema, das in der Lage war, ihn wirklich aufzuregen und zu belasten, fort zu lenken. Er gehörte nicht zu jenen Menschen, die ewig über Dinge grübelten, die doch einfache Tatsachen waren, die es zu akzeptieren galt. Er wollte nicht zu ihnen gehören. All die Lügen. Sie waren lange vor seiner Geburt beschlossen worden. Und auch nun, da er von ihnen wusste, würde sich doch eigentlich rein gar nichts ändern. Nicht in den Augen aller anderen, für die er noch immer der Sohn von Cormag und Edna Munroe war, der reiche Erbe des Familienimperiums. Und nichts anderes wollte er auch sein.
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___________________________________ wie die sonne den kometen wegzieht von seiner bahn wie der felsblock zu dem fluss sagt fließ woanders hin ___________________________________
___________________________________ wie ein schiff erfasst vom sturmwind, das die richtung verliert und ein nie gesehnes ufer gewinnt ___________________________________
[editiert: 08.01.09, 20:12 von Logan Munroe]
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