Der schneidende Wind fuhr in die langen pink-violetten Locken einer Schülerin, an der eben diese Haarpracht der einzige Farbtupfer war, wenn man einmal absah von dem dicken blau-silbernen Schal, den sie sich eng um ihren Hals gewickelt hatte. Unter ihrem langen schwarzen Schulumhang mochte es anders aussehen und jeder, der sie kannte, wusste, dass es das wirklich tat. Wer genau hinsah konnte sogar ihre bunt gestreifte Strumpfhose erkennen, die nur dann überhaupt zu sehen war, wenn der Wind ihren Umhang ein wenig hob oder beiseite blies.
Manche Lehrer sahen dies nicht gern, doch Lavinia Vaughan konnte sich in der tat nichts zum Vorwurf machen. Sie hielt sich an die Schulregeln und trug die Uniform, die alle anderen Schüler auch trugen – war es denn verkehrt, dass sie keine schwarze Strumpfhose trug, wie ihre Mitschülerinnen, sondern eine bunte?
Gut, diese passte vielleicht nicht besonders gut zu ihrer Bluse und der blauen Krawatte, welche verriet, dass sie eine Ravenclaw war, doch was machte das schon?
Am Ufer des Sees schließlich blieb sie stehen, der Wind kam nun von hinten, so dass ihre Haare ihr ständig ins Gesicht geweht wurden, doch Lavinia genoss es.
Sie war weit und breit der einzige Mensch hier, zumindest, so weit sie die Ländereien überblicken konnte, was wohl am Wetter lag, das nun, Ende September, zusehends kühler und herbstlicher wurde. Wenige Menschen mochten dies als angenehm empfinden, doch ihr gefiel es, schon seit ihrer Kindheit hatte sie eine Vorliebe dafür, sich in der Natur rumzutreiben, und mochte das Wetter dabei noch so schlecht sein, je schlechter es war, desto lieber war es Lavinia, die eine Affinität zu Regenwetter und Gewittern hatte.
Davon war nun jedoch nichts zu sehen, die Sonne stand am Himmel und liess ihre Strahlen freundlich über den See hinweg tanzen, wärmte die Luft jedoch kaum auf.
Warum sie derartiges Wetter so gern hatte konnte sie selbst nicht erklären, wahrscheinlich aber lag es daran, dass ihre Mutter sie bei diesem Wetter früher immer hatte im Haus behalten wollen. Und da es in der Natur der jungen Hexe lag, gegen ihre Mutter aufzubegehren, rührte der Wunsch, sich gerade bei diesem Wetter draussen aufzuhalten vielleicht aus ihrer Kindheit.
Ja, ihre Kindheit…unwillkürlich glitt ein sarkastisches Lächeln über das hübsche, fast schon perfekt wirkende Gesicht des Mädchens. Wenn man sie je als perfekt bezeichnet hätte, so wäre sie wohl schreiend davon gelaufen, sie konnte derartige Komplimente, die sich auf ihr Aussehen bezogen, nicht leiden und hasste es, darauf reduziert zu werden. Wer jedoch ihren Stil lobte, dem hörte sie gerne zu, sah sie dies doch als Ausgleich zu den Schimpftiraden ihrer Mutter, mit denen diese über die bunte Kleidung ihrer Tochter herzog.
Lavinia selbst fand es, wenn sie ehrlich zu sich selbst war, fast schade, eine so schlechte Beziehung zu ihrer Mutter zu haben, suchte den Fehler jedoch wenig oder nur zum Teil bei sich selbst. Lavender Vaughan hatte einfach viel falsch gemacht, davon war die 16 Jährige fest überzeugt. Und wer ihr dann ihre jüngere Schwester Lorraine als glänzendes Gegenbeispiel vorhielt, der erntete nicht viel mehr als einen bösen blick dafür. Lorraine war so anders als sie, Lorraine war wie ihre Mutter, immer darauf bedacht, dass alles seine rechte Ordnung hatte. Nun hätte man vermuten können, dass Lavinia dann wohl nach ihrem Vater kommen musste, doch schon beim Gedanken daran, diesem Paragraphenreiter ähnlich zu sein schüttelte sie den Kopf. Im Großen und Ganzen war sie vielleicht das schwarze Schaf der Familie, zumindest mochte dies so wirken, wenn man sich die Weihnachtsfotos besah: Lavender Vaughan im schlichten weinroten Kostüm, die braunen Haare zu einem perfekten Knoten zusammen gesteckt, daneben ihr Ehemann Edward, natürlich im Anzug, auch Lori passte perfekt in dieses Bild, in ihrem hellblauen Kleid, in dem sie aussah, wie eine kleine Elfe. Lavinia saß auf der Lehne des Sofas, sie trug einen langen schwarzen Stoffrock, der ein wenig an die 70er Jahre erinnerte, dazu ein weisses Oberteil mit pink farbenen Sternen, ebenso pink, wie ihre lockigen Haare.
Nein, sie passte nicht in dieses Bild, passte nicht in diese Familie. Nur dann, wenn sie ihre Eltern stolz machte, nahmen diese sie wohl überhaupt als vollwertigen Menschen wahr und nicht nur als Querschläger, so zum Beispiel, als sie zur Vertrauensschülerin ernannt worden war. Lob wie das, welches sie an diesem Tag erhalten hatte, nahm Lavinia jedoch schon lange nicht mehr ernst. Sie wusste auch ohne die Anerkennung ihrer Familie, was sie wert war, hatte früh gelernt, dass ihr mit guten Freunden an ihrer Seite wohl besser geholfen war, als mit dieser Familie.
Ihre Gedanken wanderten, während der Blick aus ihren großen braunen Augen auf dem Wasser ruhte, zu ihrem besten Freund James, den sie von klein auf kannte. Er war für die all das, was ihre Familie nicht war, ihm vertraute sie, er war für sie da, mit ihm konnte sie lachen, aber auch ernst sein, an ihn konnte sie sich wenden, wenn es ihr schlecht ging und mit ihm konnte sie lachen, wenn es ihr gut ging.
Lavinia war dankbar dafür, ihn zu haben und sie war sich sicher, dass es ihm auch so ging. Natürlich hatte sie weitere gute Freunde, nicht zuletzt James’ Geschiwster, wie aber auch viele Mitschüler und Mitschülerinnen. Es ging ihr gut, sie hatte ein tolles Leben, zumindest hier in Hogwarts. Daheim in der elterlichen Villa mochte dies ganz anders aussehen, aber darüber galt es jetzt nicht nachzudenken.
Leicht fröstelnd schlang sie ihre Arme um ihren schlanken Oberkörper, wollte aber dennoch nicht zum Schloss zurückkehren, dies würde sie, wenn es dunkel wurde, noch früh genug tun.
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