Zarina war vollkommen in ihre Gedanken versunken. Sie dachte an ihre Familie, vorallem an ihre Brüder. Es war wirklich toll mit zwei älteren Brüdern aufzuwachsen, die immer auf einen aufpassten. Manchmal war es auch schon ein bisschen zuviel, sie wollten oft nicht einsehen, dass auch Zarina nach und nach erwachsen wurde. Sie wollten nicht einsehen, dass sie sich die Jahre hier und Hogwarts auch alleine durchgeschlagen hatte. Das war eindeutig der Nachteil wenn man das einzige Mädchen war. Aleko und Ilja konnten beide nach Durmstrang. Wie gerne wäre sie selber dahin gegangen. Sie wusste noch genau, wie es damals war als sie den Brief von Hogwarts bekommen hatte. Sie hatte ihn gelesen und begann sofort zu schluchzen. Ihre Familie hätte eigentlich eine freudige Reaktion erwartet und waren deswegen sehr verblüfft als Zarina den Stuhl auf dem sie sass umwarf und aus dem Raum stürmte. Sie hatte sich in ihrem Zimmer verkrochen. Sie sass mit der Schere in der Hand vor dem Spiegel ihres Schrankes. Immer wieder fuhr sie mit der Schere zu ihren Haaren. Sie wünschte sich in diesem Moment nichts sehnlicher als ein Junge zu sein.
Nach einer geraumen Zeit hörte sie die Türe aufgehen und ihr Vater kam in den Raum und setzte sich neben sie hin. Er nahm sie in den Arm, küsste sie auf die Stirn und sagte ihr wie stolz er auf seine Prinzessin war. Das heiterte Zarina wieder auf und nach einer gewissen Zeit liess sie sich auch die Schere von ihrem Vater aus der Hand nehmen und versprach ihm, dass sie alles geben würde um in Hogwarts glücklich zu werden. Immerhin konnte sie nach Hogwarts und musste nicht an eine ganz andere Schule. Zarina lächelte beim Gedanken daran. Jetzt konnte sie sich gar nicht mehr vorstellen an einer anderen Schule wie Hogwarts zu sein. Hier in Slytherin war es wunderbar und sie genoss es. Trotzdem war sie sehr glücklich, dass sie ihren Bruder nun ein ganzes Jahr an ihrer Seite hatte.
Dann blickte sie über die Wiesen und plötzlich erschien wie aus dem nichts eine Gestalt. Zarine beachtete sie zunächst gar nicht weiter, schliesslich konnte es irgendwer sein und sie war ja eigentlich hier weil sie hoffte, ihren Bruder endlich einmal anzutreffen. Schliesslich hatte sie ihn schon ewigs nicht mehr alleine gesehen. Das letzte Mal war es soviel sie wusste am Tage der Ankunft und auch da waren sie nur einen kurzen Augenblick alleine.
Als sie jedoch genauer hinsah erkannte sie in der Gestalt niemand anderen als ihr Bruder über den sie gerade nachgedacht hatte. Freudig quietschte Zarina auf und ein Strahlen breitete sich auf ihrem Gesicht aus. Zunächst meinte sie, dass ihr Bruder tatsächlich an ihr vorbeilief, doch dann erkannte er sie doch. Sie rannte das letzte Stück zu ihm und umarmte ihn herzlich. "Ilja" sagte sie froh und atmete tief ein. Es war schön, ihn hier anzutreffen.
„Hey, Zarina! Was machst du nur hier draußen?“, s„Es ist doch viel zu kalt!“ hörte sie seine Stimme. Es tat wirklich gut, ihn reden zu hören. "Na, das könnte ich dich auch fragen. Du darfst dich nicht gefährden, immerhin bist du Champion. Bist du auch warm abgezogen?" fragte sie ihn frech grinsend und testete das sogleich indem sie mit den Händen abtastete, ob er genug dicke Pullover unter seinem Umhang anhatte. Sie ärgerte ihn öfters einmal gerne mit ihrer gespielt übertriebenen Fürsorge. Sie griff nach seiner Hand. "Deine Hände sind eiskalt, vielleicht sollte ich dir einen warmen Tee kochen und dich in eine Decke hüllen?" fragte sie ihn dann lachend. Ja, Zarina war wirklich die Fröhlichkeit in Person. Selten sah man sie traurig oder nachdenklich durch die Gände schlendern. Sie hatte immer und für jeden ein Lächeln bereit. So war sie nuneinmal. Gutmütig und aufgeschlossen. Es ging nichts über ihre Familie.
Zarina schaute ihrem Bruder in die Augen. Sein Blick war zärtlich und sie liebte es, wenn er sie so anschaute. Trotzdem konnte Ilja seine Schwester nicht täuschen. Irgendetwas belastete Ilja. Er lächelte zwar, aber seine Augen sprachen immer die Wahrheit. Zarina sah das genau, bei vielen Menschen sah man in den Augen, wie es ihnen wirklich ging. Was es war wusste Zarina nicht, aber da war irgendetwas. Vielleicht war irgendetwas passiert? Sie glaubte nicht, dass es mit seiner Wahl zum Champion zusammenhing. Darüber würde ihr Bruder sich freuen, schliesslich hatte er auch hart genug dafür gearbeitet. Aber sie wollte es auf jeden Fall herausfinden, schliesslich wollte sie ihrem Bruder helfen und ihm beistehen, so wie sie es bis heute immer getan hatte.
„Wollen wir nicht ein bisschen gehen?“ hörte sie Ilja vorschlagen. Ja, er hatte Recht, es war wirklich ziemlich kalt, wenn man einfach so rumstand und sich nicht bewegte. Sie nickte freudig und hakte sie bei ihm unter. "Ja" sagte sie und lächelte ihn mit strahlenden Augen an. "Lass uns ein paar Schritte gehen. Ich freue mich so, dass ich dich einmal wieder alleine sehe und ich wieder einmal ein bisschen mit dir reden kann. Ich vermisse unsere Unterhaltungen. Jetzt wo du hier in Hogwarts bist hören wir uns noch weniger wie wenn wir über Briefe Kontakt haben" sagte sie dann. Sie wollte ihrem Bruder das nicht vorhalten, das war auch keine Anklage, Zarina wusste, dass ihr Bruder verstand, wie sie das meinte.
"Wie gefällt es dir in Hogwarts?" fragte sie dann und lächelte. "Ich will alles wissen. Ich habe mich schon ein bisschen mit Pijotr unterhalten. Er findet es super hier, vorallem die Mädchen seien zum anbeissen süss. Aber er meinte, ich sei noch immer die süsseste von allen" erzählte Zarina, es sprudelte nur noch so aus ihr heraus. Sie kicherte beim Gedanken an Pijotr. Am liebsten hätte sie ihrem Bruder gleich alles erzählt, was sie in den letzten Tagen erlebt hatte, doch sie hielt sich zurück. Schliesslich wollte sie ihren Bruder nicht einfach vollquatschen sondern ihm auch die Chance geben zu reagieren. "Wie siehst du das mit den Mädchen?" fragte sie ihn dann, listig wie sie war. Sie versuchte sich so ein bisschen heranzutasten um herauszufinden was ihren Bruder belastete. Vielleicht hing es ja mit einem Mädchen zusammen, Zarina wusste es nicht. Vorstellen konnte sie es sich auf jeden Fall. Zarina konnte es gut und sie wusste auch, dass ihr Bruder es höchst wahrscheinlich auch irgendwo deponieren wollte. Jeder Mensch musste früher oder später über seine Probleme reden, keiner konnte einfach alles in sich hineinfressen und mit sich selber ausmachen. Zarina wusste, dass ihr Bruder gerne mit ihr redete, einfach aus dem Grund weil sie gut zuhören konnte und immer für ihn da war, egal was geschah. Es gab für Zarina nichts, das über ihrer Familie stand. Wenn es einem Familienmitglied nicht gut ging dann fühlte sie mit dem mit und stand ihm zur Seite so weit dieses ihre Hilfe auch annehmen konnte. Zarina respektierte auch, wenn sich jemand zurückzog, weil er seine Ruhe brauchte.
Auch ihre Familie musste zu einem gewissen Zeitpunkt bei ihr akzeptieren, dass sie sich manchmal auch zurückzog. Sie mussten lernen, dass sie schon von sich aus kam, wenn sie Hilfe brauchte oder mit jemandem reden wollte. Zarina wusste, dass ihre Familie immer für sie da war. Aber es war für so ein junges Mädchen nicht ganz einfach erwachsen zu werden und sich in der für sie neuen Welt zurechtzufinden. Man musste alles neu elernen, in der Welt der Erwachsenen war alles anders. Man konnte nicht mehr einfach sorglos sein Leben geniessen sondern man musste sich über dies und jenes Gedanken machen.
Dann kam noch hinzu, dass sich alles an einem anfängt z verändern. Der Körper, der Geist. Man orientiert sich an anderen Dingen, anderes wird wichtiger. Ja, auch Jungs fangen an eine Rolle zu spielen. Nein, die Pubertät war nicht einfach und Zarina war mitten drin. Eine sehr wichtige Bezugsperson in dieser Zeit war ihre Mutter. Sie konnte mit ihr über alles reden, über ihre Zweifel und Ängste und über alles, was sie beschäftigte. Ihre Mutter erkannte schnell, was die Tochter wollte und was sie durch machte. Für ihren Vater und ihre Brüder war sie trotzallem immer noch das Kleine Mädchen, dass beschützt werden musste.
Zarina lächelte beim Gedanken daran. "Weisst du Ilja" sagte sie dann schelmisch grinsend. "Ich find Pijotr eigentlich ganz nett, oder was meinst du? Er ist immer so zuvorkommend und ein richtiger Gentleman. Ich meine, viele Männer könnten sich da eine Scheibe abschneiden. Er macht mir auch immer Komplimente, sagt mir wie süss ich sei und das er mich mag. Ich glaube, ich werde mich doch einmal irgendwann bei euch in der Schule einschleusen. Da gäbe es ja viel zu sehen und zu erleben" sagte sie dann und grinste. Ja, es war eine ihrer Lieblingsbeschäftigungen, den Bruder zu ärgern. Das machte sie immer gerne. Das konnt sie auch gut, das musste man ihr lassen. Bei ihrem Vater und Aleko war es genau dasselbe. Zarina war zwar noch ein halbes Kind, aber ihre Reize und ihren Charme wusste sie trotzallem immer gut einzusetzen. Hatte sie das schliesslich auch schon früh gelernt. Sie wusste schon ziemlich bald, was sie tun musste, damit sie vom männlichen Teil der Familie bekam was sie wollte. Das war der Vorteil wenn man das einzige Mädchen und noch dazu die Jüngste war. Natürlich gab es auch allerlei Nachteile, aber Zarina fand, dass die Vorteile wohl eher überwogen.