Logan Munroe
21st century mr.darcy Mitglied
Beiträge: 16
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Erstellt: 11.01.09, 15:26 Betreff: 10.10.2008 |
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Logan verspürte, so unsinnig dies auch erscheinen mochte, das plötzliche Bedürfnis, seine eigenen Gedanken zurücknehmen zu müssen, er wollte sie revidieren, wollte sie ausradieren, als seien sie nie dagewesen. Hatte er eben wirklich auch nur den Bruchteil einer Sekunde die Möglichkeit in Betracht gezogen, er würde dieses Mädchen mögen? Ungläubig klebte sein Blick auf Nells Statur, fast angewidert nahm er ihr übertrieben überheblich wirkendes Lächeln zur Kenntnis und musste all seine Energie aufwenden, um seine eigenen Gesichtszüge unter Kontrolle zu behalten. Er war nicht der Typ Mensch, der sich gehen ließ. Auch, wenn er sich daran nun selber erinnern musste. Er hatte Selbstbeherrschung und Contenance gelernt, er hatte es gelernt, anderen Menschen Respekt und Toleranz entgegenzubringen und ihnen freundlich zu begegnen. So hatte er es immer gemacht, solange er sich zurück erinnern konnte. Und immer, auch so seine Erinnerung, hatte er damit auch Erfolg gehabt und wurde im Gegenzug ebenfalls angemessen behandelt. Sein tadelloses Benehmen wurde von anderen als angenehm empfunden, seine dezent ironische Art von Humor als erfrischend. Kurzum, man mochte ihn und schätzte seine Gesellschaft. Nie war es ihm bisher passiert, dass jemand sich ihm so entgegengestellt hatte, wie Nell es nun tat. Dass sie sein Wesen nicht verstehen konnte und dass sie ihn für einen Heuchler hielt war zwar nicht eben schmeichelhaft, doch er konnte damit umgehen. Das eigene Wissen, dass er ehrlichen Respekt für seine Mitmenschen empfand und sich diesen gegenüber freundlich verhielt, weil er es für richtig hielt, hatte ihm gereicht, um ihre provokanten Äußerungen nicht an sich heran zu lassen. Sie war so anders als er, so fernab von allem, was er als gut und richtig erachtete, dass er es ihr doch kaum vorwerfen konnte, ihn nicht zu verstehen. Ebensowenig, so gestand der junge Ravenclaw sich ein, war er doch seinerseits dazu in der Lage, sie zu verstehen. Doch es gab einen wesentlichen Unterschied in der Art und Weise, wie sie das gegenseitige Unverständnis zum Audruck brachten. Während Logan sich bemühte, Nell zu akzeptieren und wieder und wieder versuchte, sich ihr zu erklären und mit aller Macht gegen den Strom schwamm, rüttelte Nell unaufhörlich an seinem Boot. Sie wollte ihn zu Fall bringen, um jeden Preis. Sie wollte ihn ärgern, wollte ihn leiden lassen. Warum, so fragte er sich, hasste sie ihn so sehr? Er war davon überzeugt, ihren Hass nicht verdient zu haben, doch dennoch interessierte es ihn, womit er es geschafft hatte, diesen auf sich zu ziehen. Er hatte sie freundlich behandelt, von Anfang an und trotz allem, was sie gesagt hatte. Er war zuvorkommend und hilfsbereit gewesen, gerade so, wie es einem jungen Gentleman gut zu Gesicht stand. Und doch schien es, als käme nichts davon bei der brünetten Schülerin an, die auf eine derart kindische Art stur wirkte, dass Logan den Anflug von Lust verpürte, sie kräftig zu schütteln. Irgendetwas, da war er sich sicher, stimmte einfach nicht mit diesem Mädchen. Er hatte keine blassen Schimmer, was es war, aber wer auf höfliches Entgegenkommen so reagierte wie sie, der konnte zweifellos nicht ganz normal sein. Doch er ließ sich diese Gedanken nicht anmerken, als er nun tief durchatmete und genoss, wie die kühle Luft des jungen Morgens durch seine Lungen strömte. Für einen winzigen Moment schloss er die Augen, eine kleine Geste, die ihm oft half, sich selbst wieder in den Griff zu kriegen. Auch, wenn dies bislang nur höchst selten von Nöten gewesen war. "Hat's dir gefallen?" erkundigte sich Nell in diesem Moment und zog an ihrer Zigarette, deren stinkender Rauch sich störend in Logans Nase schlich und dort den süßlichen Apfelduft begrub, der seine Gedanken zuvor vernebelt hatte. Das kalte Auflachen, das seine Kehle verließ, erschien ihm seltsam fremdartig und wurde von einem ungläubigen Kopfschütteln begleitet. Sie war nicht nur schlecht erzogen und frech, sie war also auch noch eingebildet. Ein Wesenszug, den sie wahrscheinlich ihm vorwerfen würde, weil man in ihrer eingeschränkten Sichtweise einfach eingebildet sein musste, wenn man reich war. "Nun, so wenig charmant dies auch sein mag, aber nein, es hat mir nicht gefallen." gab Logan zu, seiner Stimme einen beherrschten aber distanzierten Tonfall verleihend. "Mir gefallen Küsse, die mit Gefühlen verbunden sind, so seltsam dir das jetzt wahrscheinlich erscheint." fügte er erklärend hinzu, auchseinerseits geprägt von dem Sarkasmus, der aus Nells Worten triefte, und unwilkürlich durchlebte er jene Situation, die sie im Moment thematisierten, nochmal. Ihre kühlen Lippen auf den seinen. Vielleicht hätte es schön sein können. An einem anderen Ort. Zu einer anderen Zeit. Mit einer anderen Person? Nachdenklich wiegte Logan seinen Kopf von einer zur anderen Seite, während er sich fragte, woran er eigentlich gemerkt hatte, dass die Gefühle gefehlt hatten. Wahrscheinlich, so dachte er bei sich, lag dies daran, dass sie nicht einander geküsst hatten, nein, Nell hatte lediglich ihn geküsst, während er, völlig überrumpelt, ziemlich passiv geblieben war. So konnte ein Kuss sich doch niemals richtig und angenehm anfühlen. Zumindest ihm war das klar. "Warum regst du dich überhaupt so auf, ein Kuss ist doch nichts Besonderes. War doch nichts dabei." erklärte die Gryffindor herausfordernd und erreichte somit einmal mehr, dass Logan innerlich nach Luft schnappte. Nichts Besonderes. Wie schön, wenn man sich die Welt so einfach machen konnte. Hatte dieses Mädchen denn gar keine Prinzipien? Ratlos hob Logan links und rechts von seinem Körper die Arme und legte den Kopf in den Nacken. Vielleicht sollte er einfach nicken, ihr zustimmen und ihr für den Rest seines Lebens aus dem Weg gehen. Es würde ihnen beiden, so ahnte er plötzlich, jede Menge Ärger ersparen. Aber er konnte es nicht, konnte nicht klein bei geben, obwohl er es tun sollte. Der Klügere gibt nach, so sagte man doch. Und er war überzeugt davon, in diesem Moment der Klügere zu sein.
"Nell, ich weiß nicht, ob du mir überhaupt zuhörst. Ich habe diesen Kuss auch nicht als etwas besonderes empfunden. Ich habe ihn als störend und unpassend empfunden und ich möchte so etwas nicht noch einmal erleben" wiederholte er mit einer Geduld, die Folter gleichkam und betonte jedes einzelne Wort überdeutlich. Schweigend blickte er dann gen Himmel und hoffte, dass doch zumindest sein Wunsch, sie solle seine Ansichten respektieren und auf diese Rücksicht nehmen, bei ihr ankommen würde. Irgendetwas musste doch zu ihr durchdringen. So verbohrt und ignorant konnte doch wirklich kein Mensch sein. "Merk dir eins, du kannst mir nicht einfach irgendwas befehlen, so wie du es von zuhause wahrscheinlich gewohnt bist. Ich bin nicht deine Dienerin, falls du das noch nicht gemerkt haben solltest!" begehrte Nell jedoch auf und belehrte ihn so eines Besseren. Logan hätte schreien wollen über die Art, wie sie das, was er sagte, anscheinend gewollt missverstand. Sie tat es mit Absicht, da war er sich mittlerweile fast sicher. Sie konnte nicht wirklich so einen eingeschränkten Horizont haben. "Hörst du, was du da von dir gibst?" Erbost wanderte Logans Blick in die Richtung des brünetten Mädchens, seine Augen, die sich deutlich verdunkelt hatten, ruhten bebend vor Wut auf ihrer schmalen Statur. "Nell, nicht ich bin hier derjenige, der verlangt, dass alles nach seinem Willen läuft. Nein, das bist DU!" Wütend deutete er mit dem Zeigefinger auf seine Mitschülerin und schüttelte den Kopf, sie würde ihn doch wieder missverstehen, wie er zu Recht befürchtete. "Du bist diejenige, die denkt, dass sie küssen kann wen sie will und wann sie will. Du bist diejenige, die davon ausgeht, das Maß aller Dinge zu sein. Du bist diejenige, die keinerlei Verständnis hat dafür, dass ich andere Werte habe als du. Du bist diejenige, die keine Rücksicht nimmt auf die Ansichten anderer. Du, Nell. Und weißt du, wer ich bin?" Kurz lachte der hübsche brünette Schüler auf und fuhr sich durch die abstehenden Haare. "Ich bin derjenige, der trotzdem nett zu dir ist. Ich bin derjenige, der dir helfen will, obwohl du keinen Funken Dankbarkeit zeigst. Ich bin derjenige, der das alles über sich ergehen lässt. Nicht, weil ich mich nicht wehren könnte gegen deine dummen Angriffe. Nein, sondern wiel es sich einfach nicht gehört. Aber weißt du, da dir ja so egal ist, was sich gehört, ist es mir jetzt auch einfach mal egal. Anders kommt man bei dir ja anscheinend nicht weiter." Je länger er gesprochen hatte, desto mehr hatte sich seine zornige Stimme in ein Schreien verwandelt, das über die Wiese hallte und schließlich irgendwo im Wald verebbte. Er bereute es schon jetzt, bereute diesen Aussetzer, der nicht hätte passieren dürfen. Doch zugleich fühlte er sich frei wie noch nie. Auf eine unbefriedigende und falsche Art war er in diesem Moment von allen Zwängen gelöst. Logan hatte keine Ahnung, wann er zum letzten Mal jemanden angeschrien hatte. Es fühlte sich so ungewohnt an, dass er fast davon ausgehen musste, es noch nie getan zu haben. Er konnte nicht zurücknehmen, was er gesagt hatte und obwohl er wusste, wie sehr sein derzeitiges Handeln von seiner Erziehung abwich, so empfand er es im Moment als den einzig möglichen Weg, sich genau so zu verhalten. Er musste Nells Verhalten spiegeln, damit er überhaupt die Chance hatte, dass sie irgendwann einsehen würde, wie unfair sie sich verhielt. Große Hoffnungen setzte er auch darauf nicht, denn dass jemand sich für laute Worte eher zugänglich zeigen sollte als für sachliche Erklärungen erschien ihm ziemlich unrealistisch. Doch bei diesem Mädchen, so dachte er schnaubend bei sich, würde ihn doch wirklich gar nichts mehr wundern. Sobald er ins Schloss zurückkehren würde, zurück in seine gewohnte Umgebung, zu Gabriel und seinen anderen Freunden, würde er wieder der Logan Munroe sein, den man kannte. Dieser Gedanke und das Bewusstsein, dass er anders sein konnte und wieder anders sein würde, als er es im Moment war, erfüllten den jungen Erben mit Zuversicht, denn sein plötzlicher Ausraster machte ihn sich selbst unsympathischer, als er es jemals für möglich gehalten hätte.
Zornig ballte er die in seiner Umhangtasche verborgenen Hände zu Fäusten und der Druck seiner Fingernägel auf den Handinnenflächen löste zumindest in Ansätzen den inneren Drang, Nell weiterhin anzuschreien, den er noch immer verspürte. Logan hatte keine Ahnung, wie sie immer so sein konnte, so rücksichtlos und so unhöflich. Ob sie sich überhaupt jemals mit den Gedanken beschäftigte, die ihn jetzt quälten? Ob sie ihr eigenen Handeln jemals in Frage stellte? Wie würde sie wohl reagieren, wenn sich andere Menschen ihr gegenüber so verhalten würde, wie sie es doch täglich tat? Ablehnend und unkultiviert, frech und schnippisch. Auszuteilen war doch immer so viel leichter als einzustecken, wobei Nell ersteres perfekt zu beherrschen schien, während sie zweiteres vielleicht noch nie hatte tun müssen. Oder, dieser Gedanke durchzuckte Logan ganz plötzlich und unerwartet, sie hatte vielleicht so viel und so lange eingesteckt, dass sie sich irgendwann dazu entschieden hatte, nun ihrerseits auszuteilen. Vielleicht war es so. Vielleicht aber auch nicht. Fakt war jedoch in jedem Fall, dass sie gehörig austeilte und dass das meiste davon im Moment Logan abbekam, der sich in dieser Opferrolle nicht länger sehen wollte. Er war wohlerzogen, doch er war kein Weichei, das sich alles gefallen ließ. Nell schien dies allem Anschein nach zu verwechseln. Wie würde sie denn wohl reagieren, wenn man sie einfach so, völlig unvorbereitet küssen würde? Wenn er sie küssen würde? Würde sie noch genauso lapidar daherreden, es sei doch nichts dabei? Ein unterhmungslustiges aber nichtsdestoweniger grimmiges Grinsen schlich sich auf sein Gesicht, als er langsam seine Hände aus den Taschen zog. Gleich würde er es wissen. Wie ferngesteuert wühlte Logans kräftige rechte Hand sich durch Nells langes braunes Haar, das sich seltsam dünn und weich anfühlte, bis sie in ihrem Nacken einen Platz fand, an dem sie bleiben wollte. Fast zugleich setzte sich auch die zweite Hand des Ravenclaw in Bewegung, die schließlich auf Nells linker Gesichtshälfte zum Liegen kam, wo sie aufgrund ihrer Größe sowohl die halbe Wange wie auch einen Teil ihres schlanken Halses bedeckte. Ihr Gesicht war kalt, was ihre eigene Aussage, sie würde nicht frieren, Lügen strafte. Und da war auch wieder dieser Apfelduft, den er hatte ausblenden wollen. Ein schiefes Lächeln glitt über Logans schmale Lippen, als er den Kopf der Gryffindor nun mit beiden Händen sanft aber mit Nachdruck in seine Richtung zog und sich, den Grüßenunterschied überbrückend, zu ihr hinabbeugte. Mit einer seltsamen Mischung aus Zärtlichkeit und gewaltsamer Härte berührten sich ihre Lippen. Komisch, so war in diesem Moment Logans einziger Gedanke, dass er noch gestern damit gerechnet hatte, sie nie wieder küssen zu würden. Und nun war er es, dessen fordernde Zunge spielerisch aber unnachgiebig Nells kalte Lippen teilte.
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___________________________________ wie die sonne den kometen wegzieht von seiner bahn wie der felsblock zu dem fluss sagt fließ woanders hin ___________________________________
___________________________________ wie ein schiff erfasst vom sturmwind, das die richtung verliert und ein nie gesehnes ufer gewinnt ___________________________________
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