Die SPD rückt nach links
Die SPD erlebt einen Machtkampf der skurrilen Art. Der linke Flügel, unter Schröder von der Idee der „Neuen Mitte“ an den Rand gedrängt und durch die „Agenda 2010“ programmatisch brüskiert, greift nach der Macht. Doch ist nicht recht erkennbar, wer den innerparteilichen Gegner geben sollte. Weil weder Schröder noch sonst jemand in der Parteispitze übrig ist, der seine Hand weiterhin für den „Reformkurs“ des Exkanzlers ins Feuer legen will, wurde eine zweideutig auslegbare Äußerung des Parteivorsitzenden Kurt Beck zum Anlaß der Empörung aufgeblasen.
Zurück zu den sozialpolitischen Wurzeln lautet die Parole, der sich – um des eigenen politischen Überlebens Willen – auch SPD-Chef Beck weder entziehen kann noch will. So relativierte er hastig seine Aussagen zur „Unterschicht“, um sie dem neuen, alten Trend anzupassen.
Der Zeitplan für die Linksoffensive konnte kaum besser gelingen: An diesem Wochenende hält der DGB in fünf deutschen Großstädten Heerschau, um die verhaßten Maßnahmen der Schröder-Zeit wie der Großen Koalition an den Pranger zu stellen.
Hartz IV, die ganze „Agenda 2010“ sowie die Pläne für den Renteneintritt mit 67 sollen vom Tisch, die Gesundheitsreform steht ebenso unter Beschuß wie die Pläne für eine Unternehmenssteuerreform. Die Erhöhung der Mehrwertsteuer soll abgeblasen werden, statt dessen seien die Abzüge für „Spitzenverdiener“ kräftig anzuheben.
Schon zu Schröders Kanzlerjahren bemängelten Kritiker, daß der ausgefuchste Karrierist den engen Kontakt zur Basis der Partei nie wirklich gesucht hat. Ein Überflieger, den man ob seiner Wahlerfolge ertrug, der aber nie Zugang fand in die sozialdemokratischen Herzen. So blieb die Erneuerung der SPD unterhalb der polierten Oberfläche der „Neuen Mitte“ aus.
Eine Weile ließ sich träumen, daß beide, im Grunde gegensätzlichen Konzepte friedlich koexistieren könnten: das der marktwirtschaftlichen Reformer hier und der tradionelle Umverteilungs-Sozialismus dort. Je härter aber die Reformschritte gerieten und die finanziellen Verteilungsspielräume zusammenschrumpften, desto drückender wurde der Entscheidungszwang, ob die SPD eher auf die Stimulierung der Marktkräfte setzen oder aber den Rückweg in die Ideologie des Verteilungsstaates antreten sollte. Diese Entscheidung scheint, das wird an der vordergründig akademischen Debatte um den Begriff „Unterschicht“ deutlich, nun gefallen zu sein: Der Umverteilungsflügel beansprucht die Macht in der Partei.
Daß in der Union ganz ähnliche Richtungskämpfe wirken, verstärkt den Druck nach Links in der SPD noch. Um angesichts abstürzender Mitgliederzahlen und konstant elender Umfragewerte das ersehnte „Profil“ gegen den schwarzen Partner zu schärfen, bleibt den Sozialdemokraten kaum etwas übrig, als noch weiter links Platz zu nehmen als Jürgen Rüttgers oder der nimmermüde Heiner Geißler.
Für Deutschland und seine Wirtschaftsentwicklung sind die Signale alarmierend.
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