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Hallo Grille,
das Problem ist nicht ob ich berufstätig bin oder nicht (meine Forenarbeit und
Kreisgruppenarbeit sind mehr als ein Vollzeitjob). Das Problem ist, ob der Mann die
Arbeit zu seinem Vollzeitjob zusätzlich leisten kann.
Mein Mann hätte viel mehr Nachteile gehabt, wenn ich mich nur im Notfall eingeklinkt
hätte. Er hat oft eine 50 bis 60 Stundenwoche und dies oft zusätzlich noch im Ausland.
Recherchen die generell, früher zusätzlich ohne Internet, unheimlich zeitraubend sind,
aber oft von durchschlagendem Erfolg waren, sind ihm nicht möglich. Wenn er seinen Job
nicht, weil durch den Trennungskrieg zu sehr belastet, ausüben kann, kann ich den
Einkommensverlust kaum durch meine eigene Berufstätigkeit auffangen.
Ich war am Anfang unserer Beziehung auch berufstätig gewesen und hatte, wenn er im
Ausland war, zusätzlich seine alte pflegebedürftige Mutter betreut. Aber wenn man es
emotional richtig anpackt, geht man nicht am seelischen Krückstock.
Es ist die Liebe zu meinem Mann, der mich ihm helfen lässt. Helfersyndrom ist es nicht –
das reagiere ich anders (z. B. über die Foren) ab, wenn ich denn eines habe. Alles was
bei meinem Mann anbrennt, vor allen Dingen wenn es um Unterhalt geht, bade ich mit ihm
zusammen aus. Nicht umsonst sind die Fragen zum Unterhalt sowas wie mein Spezialgebiet.
Dieses durch mich praktizierte „kaltschnäuzige“ Abarbeiten von ganz schlimmen Problemen,
finden viele Gesprächspartner(innen) bei Telefonaten (wenn ich anderen Leuten versuche
zu helfen) erschreckend. Geht aber nicht anders, um meine seelischen Ressourcen nicht
aufzubrauchen.
Es ist einfach, dass ich für mein Fritzchen da bin wenn er mich benötigt und er für
mich, wenn ich ihn brauche. So hat sich im Laufe der vielen Jahre eine Art
Arbeitsteilung herauskristallisiert. Wir sind ein beinahe unschlagbares Team geworden
und wissen, dass wir uns in Notzeiten immer aufeinander verlassen können.
Alles machte aber nötig, dass ich emotionale und zeitliche „Bewältigungsstrategien“ für
mich erarbeiten musste, sonst wäre ich kaputt gegangen. Da ist die Möglichkeit, es wie
im Beruf (bin u. a. gelernte Sekretärin) abzuarbeiten eine fast schon einfache
Möglichkeit. Der direkte Scheidungskrieg dauerte ja „nur“ nahezu sieben Jahre. Nie gab
es eine Pause und das schon seit 14 Jahren. Egal wo wir waren und wie schlecht unsere
Kommunikationsmöglichkeiten (z. B. zum Anwalt) waren, es durfte nichts anbrennen. Wir
mussten es gemeinsam schaffen und haben es geschafft. Darauf sind wir gemeinsam stolz
und es hat uns wie Pech und Schwefel zusammengeschweißt.
Wären wir nicht füreinander eingestanden und hätten es nicht miteinander ausgebadet,
hätte sicherlich unsere Beziehung Schaden erlitten. Ein Mann, der so von einer
langjährigen Ehefrau betrogen wurde, wie meiner von seiner Ex, hätte sich dann nämlich
emotional distanziert verhalten.
Die weitere Strategie ist eben, dass ich es sportlich nehme. Gottseidank habe ich auch
eine große Portion Humor – manchmal auch nur Galgenhumor.
Gruß
Ingrid
Hi Ingrid, es spielt aber eine gewaltige Rolle, ob man diesen "Job" noch neben dem bezahlten und damit für mich existentiell wichtigeren Beruf, ausübt oder ob man außer diesem entspannt zu Hause ist und niemandem Rechenschaft ablegen muß, wann man was getan hat oder nicht. Dann gerät man sehr schnell an seine Grenzen. BabyOne hat sich die Sorgen zu Eigen gemacht, und zwar so sehr, daß sie keine Kraft mehr hat und sich IHR Leben nur noch um diesen Scheiß dreht! Ich greife nur noch ein, wenn mein Mann zu emotionale Mails schreiben will, dann bremse ich ihn und zeige andere Möglichkeiten auf. Den Rest erledigt er alleine, denn es sind seine Sorgen und ich habe ihm klar gemacht, daß es mir schlecht geht, wenn er sie nicht löst. Das hat er verstanden. Wenn weibliches Helfersyndrom und die männliche Eigenschaft, Probleme zu verleugnen, aufeinandertreffen, bedeutet dies nur, daß die Beziehung leidet - früher oder später. Gruß Grille |