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URL: http://www.welt.de/vermischtes/article2590892/So-gehen-Frauen-richtig-mit-der-Ex-Frau-um.html
Partnerschaft
So gehen Frauen richtig mit der Ex-Frau um
Von Heike Blümner und Jacqueline Thomae 21. Oktober 2008, 07:41 Uhr
Heutzutage ist eine Frau selten die Erste oder die Letzte im Leben eines Mannes. Meistens gibt es eine Dame davor oder danach. Und immer vergleicht man sich mit ihr. Doch wie verhält sich Frau richtig? Ein kleiner Leitfaden für Frauen zum Umgang mit der Ex-Frau .
Wenn Sie über 18 Jahre alt sind, können Sie davon ausgehen, dass Sie nicht die erste und vermutlich auch nicht die letzte Frau im Leben eines oder Ihres Mannes sein werden. Wer es schafft, sich überhaupt nicht mit anderen Frauen zu vergleichen, ist entweder eine ausgemachte Narzisstin oder hat ein spirituelles Level erreicht, auf dem Paarprobleme ohnehin keine Rolle mehr spielen. Für alle anderen gibt es sie, die Frauen davor und danach, und in sehr vielen Fällen lassen sie die Alarmglocken sehr schrill läuten. Oder etwas therapeutischer ausgedrückt: Sie werden als Bedrohung empfunden, weil sie unsere Verlustängste ansprechen.
Da die Partnerwahl nach einem bestimmten Schema verläuft, das nicht immer so plakativ sein muss wie das von Hugh Hefner oder auch Boris Becker, können wir davon ausgehen, dass wir Gemeinsamkeiten mit unseren Vorgängerinnen und Nachfolgerinnen haben. Trotzdem sind deshalb nicht alle Frauen Freundinnen. Angestrengte Solidargemeinschaften oder Busenfreundschaften zwischen den ehemaligen und aktuellen Frauen eines Mannes sind sogar männerverachtend. Sollten wir uns nachsichtig seufzend über den uns nur zu gut bekannten Mann und seine Marotten austauschen wie Spielplatzmütter über ihren Nachwuchs? Ganz sicher nicht. Also weder verschwestern noch beißen – wie so oft ist das leichter gesagt als gelebt.
Die Nachfolgerin
Streng genommen kann Ihnen Ihre Nachfolgerin vollkommen gleichgültig sein. Sie oder Ihr Expartner haben sich getrennt, er hat eine Neue, und mit dieser Person haben Sie nichts zu tun, denn es ist ja sein (neues) Leben. In der Praxis sieht das aber meist anders aus. Fast jede Frau wird im besten Fall einen interessierten oder neugierigen Blick auf Ihre Nachfolgerin werfen wollen. Im schlimmsten Fall fühlt Sie sich von dieser Frau traumatisiert und verfolgt, auch wenn sie ihr noch nie begegnet ist. Das liegt daran, dass viele Trennungen eben nicht „im gegenseitigen, freundschaftlichen Einvernehmen“, wie es so schön heißt, passieren, sondern mit eher gegenteiligen Begleiterscheinungen.
Je kürzer oder weniger vorhanden die Singlepause des Mannes zwischen Ihnen und der Neuen war, desto bedrohlicher wird Ihnen die neue Frau vermutlich erscheinen. Eine Frau, die nach dreißig Jahren Ehe für die ebenfalls dreißig Jahre jüngere Geliebte verlassen wird, wird sich in puncto Nachfolgerin selten in Gelassenheit üben können, selbst wenn Sie Yogalehrerin und/oder Zen-Buddhistin ist. Bedenken Sie jedoch: Während Sie täglich Nadeln in Voodoopuppen rammen, auf dass der Neuen die Zähne aus dem Gesicht und die Extensions vom Kopf fallen, sollten Sie sich damit abfinden, dass Hexerei selten funktioniert. Ebenso wenig im umgekehrten Fall: Ihr Expartner wurde nicht von einer bösen Fee hypnotisiert, sondern hat sich aus eigenem, vielleicht unlauterem Antrieb oder Trieb für ihre Nachfolgerin entschieden. Schief gelaufen ist die Sache also zwischen Ihnen und ihm. Was Sie quält, sind Wut, Enttäuschung und – ganz menschlich – Egoprobleme.
In der klassischen Dreierkonstellation Verlassene, Exmann und neue Frau wird der Neuen oft die gesamte Verantwortung für das Scheitern der Beziehung zugeschrieben. Der (Ex)mann hingegen steht auf seltsame Art und Weise außen vor. Bequem zwar für den Mann, aber dennoch nicht schmeichelhaft für ihn. Denn es bedeutet, dass es einer Frau möglich war, sich Ihren Mann einfach zu krallen. Er spielt dabei die Rolle eines Affen, frei von jeder Verantwortung und zu 100 Prozent triebgesteuert. Doch dass man aufgrund dieser Erkenntnis die Neue nun mögen muss, wäre definitiv zu viel des Guten.
Wie in der Liebe ist es auch im Liebeskummer absolut nicht ratsam immer nur Vernunft walten zu lassen. Lassen Sie es raus, aber möglichst so, dass Sie im Nachhinein nicht als bemitleidenswerte Irre dastehen, und das passiert leider recht schnell, wenn man sich in seinen Grundfesten erschüttert fühlt und glaubt, sich rächen zu müssen. Bevor Sie also irgendeinen nach zwei Flaschen Rotwein gefassten Plan angehen, gilt die Regel: Rufen Sie niemanden an, und schlafen Sie drüber! Danach tauschen Sie sich aus. Schnappen Sie sich Ihre beste Freundin und vereinbaren Sie einen offiziellen Lästertermin, für den im Vorfeld 100-prozentige Parteilichkeit vereinbart wird. Danach lösen sich andere, vermeintlich strategische Herangehensweisen oft in Wohlgefallen auf, was ein großer Vorteil für alle Beteiligten ist.
Die Ex
Vielleicht wissen Sie über sie mehr, als Ihnen lieb ist. Vielleicht sind Sie auch mit einem Mann liiert, der seine verflossenen Lieben totschweigt. Ein Verhalten, das ebenso viele Fragen aufwirft wie die Glorifizierung der Ex. Im besten Fall wissen Sie, wer diese Frau war, und sehen sie als Teil seiner Vergangenheit, wie auch alte Freunde. Gegen den Phantomeffekt hilft dann meist schon ein Foto, das hoffentlich nicht auf einem Schrein in seiner Wohnung steht. Dann sind Sie im Bilde und können sich wieder aktuelleren Themen widmen.
Ist Ihr Partner jedoch derart mit seiner Ex beschäftigt, dass Sie das Gefühl haben, in einer Dreiecksbeziehung zu leben, sollten Sie dem Phantom unbedingt leibhaftig begegnen. Dann sehen Sie, wie die beiden miteinander umgehen, ob Ihre Ängste berechtigt oder unbegründet waren, und werden hoffentlich von Ihren, meist vom Partner geförderten, Fantasievorstellungen befreit. Bleibt die Frau ein Thema in Ihrer Beziehung, fragen Sie ihn, wer Sie für ihn sind. Das Intermezzo vor der nächsten großen Liebe? Oder die Langmütige, die beim Heilen einer alten Wunde hilft? Beides sind keine Traumrollen, aber wenn man weiß, dass man sie spielt, kann man sie wenigstens bewusst mitspielen oder kündigen.
Wenn Sie jetzt gehen, ist es übrigens sehr wahrscheinlich, dass auch Sie zur sagenhaften Über-Ex werden. Dass die Ex in vielen Fällen von der aktuellen Partnerin als Bedrohung empfunden wird, ist normal. Aber wie auch bei Ihrer Nachfolgerin, ist es im Umgang mit der Ex klüger, sich in erster Linie mit sich selbst zu befassen. Die Auseinandersetzung mit den eigenen Verlustängsten und Unsicherheiten ist anspruchsvoller als das Verteilen von ein paar Stutenbissigkeiten. Auf lange Sicht aber ist es der Weg, auf dem Sie einen Gewinn einstreichen und nicht nur einen kurzen Triumph. Denn die anderen kommen und gehen – wie die Bezeichnung Ex ja schon sagt –, aber Sie bleiben und nehmen sich selbst auch mit in die nächste Beziehung.
Fachliche Beratung: Brigitte Hebel, Gestalt- und Paartherapeutin in Hamburg, und Berenice Romero, Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie an der Charité Berlin.
Von den Autorinnen soeben erschienen: „Eine Frau – ein Buch“ (Süddeutsche Zeitung Edition).