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OLG Karlsruhe Beschluß vom 8.7.2010, 2 WF 77/10
Leitsätze
Für das Umgangsvermittlungsverfahren nach § 165 FamFG ist grundsätzlich die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der Verfahrenskostenhilfe nach § 78 Abs.2 FamFG nicht erforderlich.
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Vaters gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Karlsruhe vom 24.02.2010 (2 F 45/10 VKH) wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Der Vater begehrt im Rahmen der bewilligten Verfahrenskostenhilfe für die Durchführung eines Umgangsvermittlungsverfahrens die Beiordnung eines Rechtsanwalts.
Der Vater hat mit Schriftsatz vom 07.02.2010 Verfahrenskostenhilfe für ein beabsichtigtes Vermittlungsverfahren bezüglich des Umgangs mit dem Kind M., geboren am ...1996, beantragt. Er hat vorgetragen, eine am 28.11.2008 getroffene - familiengerichtlich genehmigte - Vereinbarung über den Umgang zwischen ihm und seinem Sohn sei nicht praktiziert worden, nachdem es bereits bei dem ersten vereinbarten Anbahnungskontakt zu Schwierigkeiten gekommen sei. Danach sei die Mutter nach Karlsruhe verzogen und habe angeregt, er solle „mehr Gras über die Sache wachsen lassen“. Damit könne er sich nicht zufrieden geben.
Aufgrund vorangegangener Umgangs- und Unterhaltsstreitigkeiten zwischen den Beteiligten sei die Sache für ihn äußerst unversöhnlich und kaum überschaubar, so dass er sich, da er nicht über ausreichende Kenntnisse verfüge, sich selbst zu vertreten, nicht vorstellen könne, das Verfahren ohne anwaltlichen Beistand zu führen, zumal auch davon auszugehen sei, dass sich die Antragsgegnerin anwaltlich vertreten lasse.
Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 24.02.2010 den Antrag auf Beiordnung von Rechtsanwalt B. zurückgewiesen und mit Beschluss vom 28.05.2010 ratenfreie Verfahrenskostenhilfe bewilligt. Auf die Begründung des Beschlusses vom 24.02.2010 wird Bezug genommen.
Gegen die Versagung der Beiordnung eines Rechtsanwalts richtet sich die Beschwerde, in der der Vater ergänzend darauf verweist, dass die Umgangsregelung eventuell einer Modifikation aufgrund der größeren räumlichen Distanz und der jetzt bereits längerfristigen Kontaktunterbindung bedürfe. Er sei nur eingeschränkt in der Lage, sich mündlich und schriftlich auszudrücken.
Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
II.
Die nach §§ 76 Abs. 2 FamFG, 127 ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Vaters hat in der Sache keinen Erfolg. Das Amtsgericht hat zu Recht die Voraussetzungen für die Beiordnung eines Rechtsanwaltes für das Vermittlungsverfahren nach § 165 FamFG im Rahmen der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe abgelehnt.
1. Da für das Vermittlungsverfahren nach § 165 FamFG die Vertretung durch einen Rechtsanwalt nach § 114 FamFG nicht gesetzlich vorgeschrieben ist, richtet sich die Frage der Anwaltsbeiordnung nach § 78 Abs. 2 FamFG. Danach ist den Beteiligten in Verfahren ohne Anwaltszwang ein Rechtsanwalt beizuordnen, wenn wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint.
Es kann vorliegend dahinstehen, ob und inwieweit die Anforderungen für die Rechtsanwaltsbeiordnung in Umgangsverfahren und damit auch in einem Vermittlungsverfahren wegen des Umgangs nach dem neuen FamFG gegenüber der bis zum 01.09.2009 geltenden Rechtslage (§ 121 Abs. 2 ZPO) erhöht worden sind, wofür der Gesetzeswortlaut und die amtliche Begründung (BT-Drucks. 16/6308 S. 213, 214) sprechen. Die zur Frage der Beiordnung eines Rechtsanwaltes nach § 121 Abs. 2 ZPO in einem Umgangsverfahren ergangene Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 18.02.2009 (FamRZ 2009, 857) hat als Voraussetzung für eine Beiordnung eine konkrete, an den objektiven und subjektiven Gegebenheiten des konkreten Falls orientierte Notwendigkeitsprüfung gefordert. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, FamRZ 2009, 1654 m.w.N.) gebietet Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes. Deshalb ist eine Beiordnung eines Rechtsanwalts regelmäßig dann geboten, wenn auch eine bemittelte Partei vernünftiger Weise einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragt hätte (BVerfG, NJW- RR 2007, 1713). Selbst bei großzügiger Auslegung des § 78 Abs. 2 FamFG in Verbindung mit der genannten höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. hierzu auch OLG Karlsruhe, Beschluss vom 26.05.2010, 16 WF 65/10 - juris) ist vorliegend die Beiordnung eines Rechtsanwaltes in dem Vermittlungsverfahren nach § 165 FamFG nicht geboten:
Die Sach- und Rechtslage des beabsichtigten Vermittlungsverfahrens kann nicht als schwierig eingestuft werden. Ziel des Vermittlungsverfahrens nach § 165 Abs. 4 Satz 1 FamFG ist es, Einvernehmen zwischen den Eltern über die Ausübung des Umgangs herbeizuführen, um eine das Kind belastende gerichtliche Vollstreckung des Umgangsrechts entbehrlich zu machen und die Belastung des Kindes bei der Ausübung des Umgangs möglichst gering zu halten (Keidel/Engelhardt, FamFG, 16. Aufl., § 165 Rdn. 1 m.w.N.). Das in § 165 FamFG geregelte Verfahren sieht in Absatz 3 umfangreiche Belehrungspflichten des Gerichts und in Absatz 4 die Verpflichtung des Gerichts, auf ein Einvernehmen hinzuwirken, vor. Im Falle der Erfolglosigkeit des Vermittlungsverfahrens obliegt dem Gericht nach § 165 Abs. 5 FamFG die Prüfung, ob weitere Maßnahmen veranlasst sind. Das Vermittlungsverfahren ist damit von einer umfassenden Tätigkeit des Gerichts von Amts wegen geprägt mit dem Ziel, mit den Eltern eine einvernehmliche Regelung zu erarbeiten.
Diese Besonderheiten des Vermittlungsverfahrens sowie der Umstand, dass keine Gründe ersichtlich sind, die aus Sicht des Vaters eine anwaltliche Vertretung erfordern, stehen einer Anwaltsbeiordnung entgegen. Insoweit kommt auch der Behauptung des Vaters, er sei nur eingeschränkt in der Lage, sich mündlich und schriftlich auszudrücken, keine ausschlaggebende Bedeutung zu. Unabhängig davon, dass das Vorbringen sehr pauschal gehalten ist, sind die Beteiligten, die in Verfahren ohne Anwaltszwang ohne Rechtsanwalt auftreten, in nicht wenigen Fällen nicht so redegewandt. Da eine schriftliche Vorbereitung des Termins im Verfahren nach § 165 FamFG nicht vorgesehen ist und der Vater somit keinen umfassenden Vortrag zu erbringen hat, spielt eine eingeschränkte Ausdrucksfähigkeit des Vaters nur für den Vermittlungstermin selbst eine Rolle. Insoweit darf der Vater darauf vertrauen, dass ihn das Gericht durch eine entsprechende Verfahrensgestaltung nicht überfordern wird.
Schließlich gebietet auch das Prinzip der Waffengleichheit keine Anwaltsbeiordnung, weil das FamFG auf die Übernahme einer § 121 Abs. 2 2. Alt. ZPO entsprechenden Regelung verzichtet hat. Der Umstand, dass die Mutter anwaltlich vertreten ist, ist daher lediglich ein Abwägungskriterium, dem hier aufgrund der Besonderheiten des Vermittlungsverfahrens keine besondere Bedeutung beigemessen werden kann.
Damit sind die Voraussetzungen des § 78 Abs. 2 FamFG (und auch die des § 121 Abs. 2 ZPO nach der zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs) unter keinem Aspekt erfüllt.
2. Eine Kostenerstattung findet nicht statt, §§ 76 Abs. 2 FamFG, 127 Abs. 4 ZPO.
Die Voraussetzungen der Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 70 Abs. 2 FamFG sind nicht erfüllt.
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