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KG: Vorrang eines Anspruchs auf Prozesskostenvorschuss FPR 2002 Heft 10 538
Vorrang eines Anspruchs auf Prozesskostenvorschuss
Eine Tochter lebt im Haushalt ihrer Großeltern und begehrt vom Vater Zahlung von Kindesunterhalt im Wege der Unterhaltsabänderungsstufenklage. Ihren Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für diese Klage hat das AG zurückgewiesen. Die Beschwerde der Tochter war beim KG erfolglos. Die Tochter habe zum einen ihre Bedürftigkeit nicht hinreichend dargetan. Sie müsse vor der Beantragung von Prozesskostenhilfe prüfen, ob ein vorrangiger Anspruch auf Prozesskostenvorschuss bestehe. Zum anderen fehle es an der Erfolgsaussicht der beabsichtigten Klage. ZPO § 115 ; BGB §§ 1360a IV , 1610 I
Prozesskostenhilfebewilligung für eine Unterhaltsabänderungsstufenklage gegen den Vater wegen der Vorrangigkeit eines Anspruchs auf Prozesskostenvorschuss gegen die Mutter und wegen fehlender Schlüssigkeit der Abänderungsklage erfolgt nicht, wenn das volljährige, in der Ausbildung befindliche Kind keine Angaben zu den Einkommensverhältnissen des anderen Elternteils macht.
KG, Beschluß vom 27. 7. 2001 - 18 WF 193/01
Zum Sachverhalt:
Die Kl., eine volljährige Schülerin, die im Haushalt ihrer Großmutter lebt, hat für eine beabsichtigte Unterhaltsabänderungsstufenklage gegen ihren Vater Prozesskostenhilfe beantragt. Das AG hat den Prozesskostenhilfeantrag der Kl. zurückgewiesen, mit der Begründung, sie müsse vorrangig einen zu ihren Gunsten in Betracht kommenden Prozesskostenvorschuss gegen die andere Partei geltend machen. Im Nichtabhilfevermerk hat es ferner beanstandet, dass die Kl. in ihrer Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auch keine Angaben zum Einkommen der Mutter gemacht hat.
Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Kl. hatte keinen Erfolg. Aus den Gründen:
1. Da Prozesskostenhilfe immer nur dann gewährt wird, wenn der Ast. bedürftig ist, also nicht über ausreichendes Einkommen oder verwertbares Vermögen verfügt, um die Prozesskosten zu bestreiten (§ 115 I ZPO), hat der Unterhaltsgläubiger vor der Geltendmachung von Prozesskostenhilfe stets zu prüfen, ob zu seinen Gunsten ein Anspruch auf Prozesskostenvorschuss besteht. Denn bei dem Anspruch auf Prozesskostenvorschuss handelt es sich um einen vermögenswerten Anspruch, den er vorrangig gegenüber dem Schuldner geltend machen müsste. Zum verwertbaren Vermögen i.S. von § 115 ZPO i.V. mit § 88 I BSHG gehört der Anspruch auf Prozesskostenvorschuss gegen Eltern (allg. Meinung, vgl. Zöller, ZPO, 22. Aufl., § 115 Rdnr. 67 m.w. Nachw.).
Zu Gunsten der Kl. käme ein vorrangiger Anspruch auf Zahlung eines Prozesskostenvorschusses gegen beide Eltern in Betracht, wenn diese leistungsfähig sind. Denn hat ein volljähriges Kind, das gegen den Elternteil auf Unterhalt klagt, noch keine eigene von den Eltern unabhängige Lebensstellung erlangt und befindet es sich in der Ausbildung, hat es gegen seine barunterhaltspflichtigen Eltern in entsprechender Anwendung von § 1360a IV i.V. mit § 1610 I BGB auch einen Anspruch auf Prozesskostenvorschuss. Im Gesetz ist dieser Anspruch zwar nicht explizit für Kinder gegenüber den Eltern geregelt. Gleichwohl besteht der Anspruch, da insoweit § 1360a IV BGB entsprechende Anwendung findet, denn die Unterhaltsrechtsbeziehung zwischen Eltern und Kindern ist - jedenfalls in der Zeit der Minderjährigkeit und Ausbildung - genau wie zwischen Ehegatten durch ein besonders hohes Maß an Verantwortung und Opferbereitschaft auf Seiten des Verpflichteten geprägt (so die überwiegende Meinung in der obergerichtlichen Rspr., vgl. u.a. OLG Zweibrücken, FamRZ 1996, 981; OLG Hamm, DAVorm 1995, 1011; OLG Köln, FamRZ 2000, 757; OLG Hamm, FamRZ 2000, 255; für volljährige privilegierte Schüler OLG Hamm, NJWE-FER 1999, 120; Wendl/Scholz, UnterhaltsR, 5. Aufl., § 6 Rdnr. 24; a.A. für volljährige Kinder KG, 16. Zivilsenat, KGReport 1997, 32 unter Bezugnahme auf Griesche, FamGB, § 1610 Rdnr. 36).
Daraus folgt für das Prozesskostenhilfeverfahren, dass das AG zu Recht darauf bestanden hat, dass die Kl. nachprüfbare Angaben zur finanziellen Leistungsfähigkeit der Eltern macht. Dies ist bisher nicht geschehen, obwohl der Bekl. der Kl. schon im November 2000 Einkommensunterlagen - also noch vor der richterlichen Auflage vom 18. 2. 2001 - zur Verfügung gestellt hat. Nicht ausreichend ist die von der Kl. unterzeichnete Erklärung vom 29. 3. 2001, es bestehe kein für sie alsbald realisierbarer Anspruch auf Prozesskostenvorschuss gegen ihre Eltern. Es handelt sich insoweit um eine Schlussfolgerung der Kl., die das Gericht ohne Kenntnis von Einkommensbelegen nicht von einer eigenen Prüfung entbinden kann.
2. Schließlich scheitert die Bewilligung von Prozesskostenhilfe aber auch daran, dass die Kl. die tatsächlichen Voraussetzungen ihres geltend gemachten Unterhaltsanspruchs für den Verfahrensabschnitt der Abänderungsklage bisher nicht schlüssig dargelegt hat. Da bei der Abänderungsstufenklage sowohl die Auskunfts- als auch die Abänderungsklage mit der Zustellung rechtshängig werden (KG, FamRZ 1986, 284; OLG Hamm, FamRZ 1997, 619; Zöller, ZPO, § 114 Rdnr. 37 m.w. Nachw.), gehört nach ständiger Rechtsprechung des Senats schon im Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren zum schlüssigen Klagevortrag die Darlegung sämtlicher Tatbestandsvoraussetzungen der Abänderungsklage. Daran fehlt es hier. Zwar hat die Kl. eine wesentliche Änderung der für die Bemessung des Unterhalts maßgeblichen Verhältnisse (§ 323 I ZPO) insofern dargelegt, als sie vorgetragen hat, nunmehr volljährig zu sein. Es fehlen aber noch Angaben zu den Einkommensverhältnissen der Mutter, für die die Kl. darlegungs- und beweispflichtig ist.
Denn obwohl sich auf Grund des Eintritts der Volljährigkeit nicht die Rechtsnatur des weiter auf den §§ 1601 ff. BGB beruhenden Unterhaltsanspruchs ändert (Griesche, FamGB, 1992, § 323 ZPO Rdnr. 15; BGH, NJW 1984, 1613 = FamRZ 1984, 682), da es sich um einen einheitlichen Anspruch handelt, ändert sich die Berechnung des Unterhalts, weil nunmehr beide Eltern barunterhaltspflichtig sind.
Die auf den Bekl. gem. § 1606 III 1 BGB entfallende Haftungsquote lässt sich nur anhand der Einkommen beider Eltern berechnen, so dass die Kl. zwar noch nicht Einkommensverhältnisse des Vaters darzulegen braucht, soweit insoweit noch Klärungsbedarf durch Auskunftserteilung bestehen sollte, aber die der Mutter (vgl. KG, FamRZ 1983, 746; 1994, 765). Insoweit fehlt bisher ein konkreter Vortrag. Nicht ausreichend ist die Angabe eines Schätzbetrags.
(Mitgeteilt von Richterin am KG Dr.U. Ehinger)
Anm. d. Schriftltg.:
Vgl. zum Problemkreis auch OLG Karlsruhe, NJW-RR 1999, 1226; OLG Jena, NJWE-FER 1999, 8.
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[editiert: 09.05.05, 08:24 von Ingrid]