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Hallo Schildi Mona ,
nun ich finde das Gutachten recht gut. Die Gutachterin hat sich nicht um den
Finger wickeln lassen und auch sehr ernste „Drohungen“ gegen die Mutter
ausgesprochen. Allerdings finde ich keinen Lösungsansatz (Therapie o. ä.)
für die Große. Mache Dich darauf gefasst, dass die Umgänge mit ihr etwas
stressig werden. Die drei jüngeren Kinder haben die Ablehnung ja noch nicht
so verinnerlicht.
Rückfrage: sind wirklich alle Namen in der Veröffentlichung geändert?
Gruß
Ingrid
-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: Schildkröte [mailto:@carookee.com]
Gesendet: Freitag, 19. Januar 2007 14:34
An: Zweitfrauen, Zweitmänner und Zweitfamilien - PAS
Betreff: [Zweitfamilienforum] Das Gutachten ist erstellt!
So, nach langer Abstinenz bin ich auch mal wieder hier.
Das vom Gericht vorgeschlagene Gutachten ist da.
Ich möchte da gar nicht so viel zu erklären, denn das würde zu weit führen.
Einige Dinge möchte ich behaupten wurden von der Gutachterin falsch
eingeschätzt, viele aber absolut richtig gesehen.
Ihr Fazit ist, naja, Geschmackssache, da sie PAS selbst benennt und es
rauszulesen ist.
Das Gutachten steht euch jetzt (anonymisiert) zur Verfügung. Ich bin
übrigens Mona Michalke *gg*:
Diplom-Psychologin M. Schmidt
Familienpsychologisches Gutachten unter dem Gesichtspunkt der
Umgangsregelung
An das Amtsgericht Flehmsburg
- Familiengericht -
In der Sache
Thorvaldsen./. Thorvaldsen
Az. XY
erhielt die Unterzeichnerin vom Familiengericht bei dem Amtsgericht in
Flehmsburg den Auftrag, ein psychologisches Gutachten zu erstatten.
Inhaltsverzeichnis
I.
Angewandte diagnostische Maßnahmen
3
II.
Fragestellung des Gerichtes
4
III.
Bisherige Entwicklung und gegenwärtige Situation
4
IV.
Die Mutter des Kindes, Frau Uta Thorvaldsen ,
geb. 1971
7
1. Zur äußeren Situation
7
2. Die Darstellung der Kindesmutter
8
V.
Der Vater der Kinder, Herr Sören Thorvaldsen ,
geb. 1973
15
1. Zur äußeren Situation
15
2. Die Darstellung des Kindesvaters
15
VI.
Das Kind Anna Thorvaldsen, geb. 1997
20
1. Persönlichkeitsskizze
20
2. Die emotionalen Bindungen des Kindes
21
VII.
Das Kind Clara Thorvaldsen, geb. 1998
24
l. Persönlichkeitsskizze
24
2. Die emotionalen Bindungen des Kindes
25
VIII. Das Kind Judith Thorvaldsen, geb. 1999
26
1. Persönlichkeitsskizze
26
2. Die emotionalen Bindungen des Kindes
27
IX.
Das Kind Lena Thorvaldsen, geb. 31. 01.2002
29
1. Persönlichkeitsskizze
29
2. Die emotionalen Bindungen des Kindes
30
X.
Psychologische Beurteilung
31
XI.
Zur Fragestellung des Gutachtenauftrages
35
I. Angewandte diagnostische Maßnahmen
(Vgl. Arntzen, Elterliche Sorge und persönlicher Umgang mit Kindern, Beck,
München 1994
Salzgeber, J., Familienpsychologische Gutachten. Rechtliche Vorgaben und
sachverständiges Vorgehen, Beck, München 2005)
1. Explorationsgespräche:
Psychologische Exploration der Mutter am 11. und 21.12.2006 Psychologische
Exploration des Vaters am 12.12.2006 Psychologische Exploration der Kinder
am 21.12.2006 Informatorische Anhörung
des Partners der Mutter sowie der Partnerin des Vaters
Am 14.12.06 fand ein von der Unterzeichnerin begleiteter Tierparkbesuch der
Kinder mit dem Vater statt.
2. Verhaltensbeobachtung
Beobachtung der Kinder im Umgang mit der Mutter und dem Vater. Die Mutter
und der Vater wurden in ihrem häuslichen Milieu aufgesucht, so dass auch
eine Umwelterkundung vorgenommen werden konnte.
3. Angewandte Diagnostische Maßnahmen
Familienpsychologische Wunschprobe
Subjektive Skalen
Schlosszeichentest (Lena)
4. Aktenstudium
II. Fragestellung des Gerichtes
Das Amtsgericht - Familiengericht - Flehmsburg beschloss am 21.09.2006, in
der Familiensache Thorvaldsen./.Thorvaldsen durch Einholung eines
schriftlichen Sachverständigengutachtens Beweis zu erheben über die Frage,
ob die Durchsetzung des Umgangs, wie er im Beschluss des Gerichts vom
29.05.2006 festgelegt wurde, dem Wohl der Kinder widerspricht.
Der Anregung des Rechtsanwaltes des Kindesvaters, das Gutachten auch auf
folgende Fragen zu erstrecken, wurde stattgegeben:
1. Ist das Wohl der gemeinsamen ehelichen Kinder durch die aktuelle
familiäre Situation (Nichtdurchführung des Umganges) gefährdet?
2. Sofern die Sachverständige eine Kindeswohlgefährdung feststellen
sollte, wird gebeten dazu Stellung zu nehmen, durch welche geeigneten
Maßnahmen auch auf Seiten der Eltern die familiäre Situation der Kinder
verbessert werden kann.
3. Ist ein Aufenthaltswechsel aller Kinder zum Vater aus Gründen des
Kindeswohls angezeigt?
III. Bisheriqe Entwicklung und gegenwärtige Situation
Das vorliegende Gutachten knüpft an den Inhalt der zur Verfügung gestellten
Akten (Az XY) an, der hier nur in Auszügen wiedergegeben wird.
Anna, geb. 1997, Clara, geb. 1998, Judith, geb. 1999, und Lena, geb. 2002,
sind die Kinder von Frau Uta Thorvaldsen und Herrn Sören Thorvaldsen, die
seit Oktober 2002 voneinander getrennt leben. Die Kinder verblieben nach der
elterlichen Trennung in der Obhut der Mutter, die mit ihnen weiterhin das
vormals eheliche Haus in Hudefelm bewohnt. Beide Eltern leben in neuer
Partnerschaft, die Mutter und Herr Kunert erwarten Zwillinge. Herr
Thorvaldsen lebt mit seiner Partnerin, Frau Michalke, deren sechsjähriger
Tochter Valerie sowie dem gemeinsamen eineinhalbjährigen Sohn Frithjof in
Husum.
Im Laufe des Jahres 2003 besuchten die Kinder den seinerzeit in Jever
wohnenden Vater, der sie gelegentlich auch in Hudefelm während der
Abwesenheit der Mutter betreute. Nachdem keine einvernehmliche Regelung
bezüglich des Umgangs gefunden werden konnte, beschloss das Amtsgericht
Flehmsburg, dass im Zeitraum vom 01.01. bis zum 31.03.2004 jeweils zwei
Töchter das Wochenende von Sonnabend 10°° Uhr bis Sonntag 16°° Uhr beim
Vater verbringen sollten. Ab Anfang April 2004 sollten alle vier Kinder
jedes zweite Wochenende in der Zeit von Freitag 18°° Uhr bis
Sonntag 16°° Uhr beim Vater sein. Die gegen den Beschluss des Amtsgerichtes
eingelegte Beschwerde der Kindesmutter wurde vom l.Senat für Familiensachen
des Oberlandesgerichtes am 11.06.2004 zurückgewiesen. Die Mutter hatte
seinerzeit argumentiert, dass die bei der Trennung im Oktober 2002 gerade
erst acht Monate alte Tochter Lena zunächst in der geschützten häuslichen
Atmosphäre in Hudefelm eine Beziehung zu ihrem Vater aufbauen müsse. Die
ältere Tochter Anna zeige seit Beginn des Umgangsverfahrens psychosomatische
Auffälligkeiten. Die Aufenthalte beim Vater würden für alle Kinder eine
Belastung darstellen.
Beim Anhörungstermin vor dem Amtsgericht Flehmsburg am 03.11.2004
vereinbarten die Eltern, dass dem Vater ein Umgangsrecht mit den gemeinsamen
Kindern an jedem zweiten und vierten Wochenende des Monats in der Zeit von
Freitag 17°° Uhr bis Sonntag 163° Uhr eingeräumt werden sollte, darüber
hinaus wurde eine Weihnachtsregelung vereinbart.
Nachdem ein Mediationsversuch im August 2005 gescheitert und es weiterhin zu
Auseinandersetzungen bezüglich der Besuchskontakte gekommen war, wurde mit
Beschluss des Amtsgerichtes Flehmsburg vom 01.11.2005 Frau Mareike Koch zur
Umgangspflegerin bestellt. Die vom Rechtsanwalt der Kindesmutter eingelegte
Beschwerde wurde vom 1. Senat für Familiensachen des
Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichtes am 24.03.2006 zurückgewiesen
mit der Maßgabe, dass Ziffer 2 des Beschlusses, soweit darin die Kosten der
Umgangspflegschaft der Antragsgegnerin auferlegt worden seien, aufgehoben
werde.
Der Rechtsanwalt des Kindesvaters beantragte im Schriftsatz vom 25.07.2006,
der Kindesmutter aufgrund der weiteren erfolgten Verweigerungshaltung ein
Zwangsgeld in Höhe von 2.000,-- Euro aufzuerlegen. Es wurde darauf
verwiesen, dass zwei auf den Samstag beschränkte Umgangskontakte am 17.06.
und am 01.07.2006 weitestgehend korrekt verlaufen seien und am Samstag, dem
15.07.2006 ein erster Übernachtungskontakt habe stattfinden sollen. Als der
Vater die Kinder in Hudefelm habe abholen wollen, hätten sie ihm bereits
lächelnderweise zugerufen: „Papa, ich möchte nicht mit." Sie seien ins Haus
gelaufen, weitere Worte habe der Vater mit ihnen nicht mehr wechseln können.
Die jetzige Situation werde von der Kindesmutter ausdrücklich vorangetrieben
und aufrechterhalten.
Die Umgangspflegerin beantragte am 27.08.2006 die Einholung eines Gutachtens
zur Frage der Erziehungsfähigkeit der Mutter.
Nach dem wiederholten Scheitern der Übergabeversuche kam es erst im Rahmen
der Begutachtung zu einem weiteren Umgangskontakt im Tierpark Haitabuh.
IV. Die Mutter der Kinder, Frau Uta Thorvaldsen, geb. 1971
1. Zur äußeren Situation
Frau Thorvaldsen bewohnt mit den vier Töchtern weiterhin das vormals
eheliche Haus in Hudefelm, wo Anna, Clara, Judith und Lena jeweils eigene,
altersentsprechend gestaltete Zimmer zur Verfügung stehen. Zu dem Haushalt
gehören zahlreiche Tiere, die der Unterzeichnerin von den Kindern
vorgestellt wurden. Da Frau Thorvaldsen und ihr Lebensgefährte, Herr Kunert,
im Frühjahr Zwillinge erwarten, wird der Umzug in ein größeres Haus,
eventuell im Raum Ratzeburg, angestrebt.
Die drei älteren Mädchen besuchen die Dorfschule in Siebenkriegen, zu der
sie mit dem Fahrrad gelangen. Ihre Freizeit verbringen die
bewegungsfreudigen Mädchen in der ländlichen Umgebung überwiegend im Freien,
alle vier sind fast jeden Nachmittag bei ihren Pferden.
Die Kindesmutter, die Verwaltungsfachangestellte ist, geht keiner
Berufstätigkeit nach. Sie berichtete, dass ihr aufgrund einer Anzeige des
Kindesvaters seinerzeit gekündigt worden sei. Herr Kunert ist Chemiker, er
gab an, in der Versicherungs-Branche selbständig tätig zu sein.
2. Die Darstellung der Kindesmutter
Frau Thorvaldsen wurde im Rahmen der Begutachtung als freundlich und
gesprächsbereit erlebt, bei der Vereinbarung recht kurzfristiger Termine für
den gemeinsamen Tierparkbesuch mit dem Vater sowie die Exploration der
Kinder war sie kooperativ. Im sehr ausführlichen Explorationsgespräch
berichtete die Kindesmutter, mit ihrem späteren Ehemann 1994
zusammengekommen zu sein. Er habe damals sein Studium in Flehmsburg
aufgenommen und sei zu seiner Großmutter gezogen, die in dem Hochhaus in
Guthdorf schräg gegenüber gewohnt habe. Von ihrem ersten Partner, mit dem
sie sechs Jahre zusammengewesen sei, habe sie sich ein Jahr zuvor getrennt,
schilderte die Kindesmutter. Die Direktheit von Herrn Thorvaldsen habe sie
überrascht, sie habe es nicht gekannt, umgarnt zu werden. Seinerzeit sei sie
blauäugig gewesen, aus heutiger Sicht hätten sich bereits damals massive
Grenzüberschreitungen angedeutet. Eineinhalb Jahre vor Annas Geburt habe sie
ein Kind verloren, seinerzeit habe sie sich vom Vater alleingelassen
gefühlt. Als Anna, die für sie wie eine Wiedergutmachung gewesen sei, zur
Welt gekommen sei, habe der Vater noch studiert. Mit der Begründung, dass er
lernen müsse, habe er die Tochter im anderen Zimmer weinen lassen, woraufhin
sie Anna immer mitgenommen habe. Frau Thorvaldsen äußerte: „Es wurde besser,
als ich das Kind als meins betrachtete." Im Grunde habe sie von ihm nie die
Unterstützung erhalten, die sie erhofft habe.
Weil sie aus dem Wohnungsmilieu herausgewollt habe, seien sie im Juni 2000
in das Haus in Hudefelm gezogen. Zuvor habe Anna Wahrnehmungsstörungen
entwickelt und sei zappelig gewesen, der Umgebungswechsel aufs Land habe dem
Kind gutgetan. Weil dem Vater während des Referendariats gekündigt worden
sei, seien finanzielle Schwierigkeiten entstanden, die sie veranlasst
hätten, zum 01.11.2001 ihre Arbeit wieder aufzunehmen. Sie habe lediglich
einen Monat bis zum Beginn ihrer Mutterschutzfrist halbtags gearbeitet, in
dieser Zeit habe jedoch zu Hause das Chaos geherrscht. Sie habe aufgelöste
Kinder ohne Form und Führung angetroffen, während der Vater völlig neben
sich gestanden habe. Er habe seinerzeit eine depressive Phase durchgemacht,
mit jedem seiner Ausfälle sei sie selbst kräftiger geworden. Ihr Exmann habe
auch seine Doktorarbeit, die er bereits 1996 angefangen habe, nie zu Ende
gebracht.
Ab dem 01.03.2002 sei der Kindesvater zur Bundeswehr gegangen, er sei darauf
ausgewesen, von der Familie wegzukommen und habe ihr gegenüber erklärt, dass
sie mit den Vieren allein zurechtkommen müsse. Als sie nach Lenas Geburt zu
ihm gesagt, habe, dass sie ihm die Tochter zum fünften Hochzeitstag schenke,
habe er erklärt, das Geschenk nicht haben zu wollen. Insgesamt habe der
Vater Lena vielleicht dreimal in seinem Leben gewickelt.
Nach der Geburt der jüngsten Tochter habe das Drama angefangen, der Vater
habe nicht mehr mitgemacht und sich geweigert, etwas zu tun. Er habe sie in
keinster Form unterstützt und sie habe ihn nicht mehr erreicht. Während des
Lehrgangs, den er ab 01. März besucht habe, habe er nicht angerufen und sich
auch nicht nach den Kindern erkundigt. Ihre Anrufe habe er entweder nicht
entgegengenommen oder gleich weggedrückt. Bei seiner Rückkehr habe ihr
Exmann, der seinerzeit in München eine Affäre gehabt habe, angekündigt, sich
zu trennen. Sie habe damals die Auffassung vertreten: „Wenn du jetzt gehst,
dann schadest du den Kindern." Er habe sich bereit erklärt noch zu bleiben,
zumal es ihr nach der Geburt des vierten Kindes auch gesundheitlich sehr
schlecht gegangen sei. In den folgenden Monaten seien sie vor allem mit
Aufräumarbeiten im Haus sowie Schadensbegrenzung beschäftigt gewesen, es
habe „Waffenstillstand" geherrscht, der Vater sei aber nur noch mit halben
Herzen dagewesen. Es habe keine sexuellen Kontakt zwischen ihnen mehr
gegeben und bei dem von ihr in die Wege geleiteten Versuch einer
Paartherapie sei er in der vierten Stunde fast explodiert, als er sich habe
äußern sollen. Als sie einmal von der Orchesterprobe - sie spiele Bratsche
in der Philharmonie - gekommen sei, habe Lena bei geöffneten Gitterstäben
vor ihrem Bett gelegen. Da das Kind lange über Kopf gehangen habe, habe sie
dem Vater Vorwürfe gemacht, er habe aber keinerlei Regung gezeigt. Sie habe
ihn daraufhin nicht mehr mit den Kindern allein gelassen. In dieser Zeit
habe Anna angefangen, „Sören" zu ihm zu sagen. Als er in Jever gearbeitet
habe, habe dem Vater offenkundig nichts daran gelegen, die Kinder nach der
Arbeit noch zu sehen. Er habe wiederholt auf „Bereitschaftsdienste"
verwiesen und sei im letzten Jahr sehr wenig zu Hause gewesen, was zu einer
zunehmenden Entfremdung zwischen ihm und den Kindern beigetragen habe. Sie
habe sich seinerzeit um Unterstützung durch die Erziehungsberatungsstelle
bemüht, mit Herrn Schultze stehe sie weiterhin in Kontakt.
Im April/Mai 2002 habe ihr Exmann angefangen, seine Sachen auszusortieren
und sie klammheimlich aus dem Haus zu schaffen. Bei den
Frühstücksvorbereitungen am 10.10.2002 hätten die Kinder plötzlich gemeint,
dass Sören weg sei. Am Vorabend habe sie eine Aussprache gefordert, der er
sich entzogen habe. Während ihrer Abwesenheit habe er den Äußerungen der
Töchter zufolge zu ihnen gesagt: „Ich bin nicht mehr da und komme nicht
wieder." Der Vater habe dann nur noch die Kindersitze vor das Haus gestellt.
Weihnachten sei er mit seinem Bruder Leif, über dessen Besuch sich die
Kinder sehr gefreut hätten, gekommen, ansonsten sei der Vater bestimmt vier
Monate von der Bildfläche verschwunden. Ihre Gesprächsangebote habe er
abgelehnt, er sei auch nicht bereit gewesen, zu kommen und die Kinder ins
Bett zu bringen, was sie vorgeschlagen habe. Sie habe versucht, ihm zu
vermitteln: „Es sind deine Kinder, die lieben dich doch."
Während er in Emten gewohnt habe, sei der Kontakt über zwei Monate hinweg
recht gut verlaufen. Als er dann eine neue Partnerin gehabt habe, seien die
Kinder gleich damit konfrontiert worden. Im Gegensatz zu ihrem Ex-Mann habe
sie ihm ihren neuen Partner vorgestellt, sie habe ihm seine Anschrift und
seine Telefonnummer mitgeteilt und sie hätten zusammen gegrillt, was dem
Kindesvater aber offenbar egal gewesen sei. Während die Kinder auf Herrn
Kunert ausschließlich positiv reagiert hätten, würden die Kinder Frau
Michalke, die Ende 2003 aufgetaucht sei, ablehnen. Frau Thorvaldsen äußerte:
„Sie können Mona nicht ausstehen." Ihren Äußerungen zufolge habe sich der
Vater bei ihren Besuchen nur um ihre Tochter Valerie gekümmert. Für sie sei
es nicht nachvollziehbar, dass ihr Exmann nicht verstehe, dass die Töchter
ihn für sich haben wollten, äußerte Frau Thorvaldsen.
Nach ihrer Rückkehr von den Besuchen seien die Kinder enttäuscht gewesen.
Die wenigen Male sei es ein „zwanghaftes Übernachten" gewesen, sie hätten
Valerie als biestig und grob erlebt und Judith sei einmal mit Beulen
zurückgekommen. Zuletzt habe Judith den Vater allein im Frühjahr besucht,
bei ihrer Rückkehr habe die Tochter schlecht ausgesehen. Der Vater solle
sich an die gefühlte Realität der Kinder anpassen, er- nehme aber keine
Rücksicht und seine Freundin und die anderen Kinder seien immer dabei. Er
sei der Ansicht, die Zeit gestalten zu können, wie er es wolle, wobei er
über die Kinder verfüge. Bei ihrer Rückkehr hätten die Töchter häufig nach
Nikotin gerochen und es sei ihnen nicht gutgegangen.
Frau Thorvaldsen betonte: „Ich habe immer probiert, den Kindern den Vater zu
erhalten." Er habe aber im Grunde von Anfang an nicht an ihrem Glück mit den
Kindern teilhaben können. Dabei habe sie immer versucht, ihn in das
Zusammenleben und die damit verbundenen Arbeiten einzubinden und ihn Zettel
geschrieben, je mehr sie jedoch versucht habe, ihn liebevoll einzubeziehen,
desto mehr habe er sich abgegrenzt. Sie habe auch in Bezug auf die
Inanspruchnahme fachlicher Unterstützung durch Beratung und Mediation alles
versucht und die Bandbreite ausgeschöpft, erklärte Frau Thorvaldsen. Der
Kindesvater halte sich jedoch an keine Spielregeln, er nehme auch bei den
anhaltenden finanziellen Auseinandersetzungen keinerlei Rücksicht. Er sei
seinerzeit ausgezogen, als das Haus noch in der Bauphase gewesen sei und
nehme auch jetzt in Bezug auf die Privatinsolvenz und die anhaltenden
finanziellen Auseinandersetzungen keinerlei Rücksicht.
Bei Judiths Einschulung im August 2006 habe sich der Vater zunächst Clara
„gekrallt" und dann Anna „abgegriffen". Clara sei völlig aufgelöst nach
Hause gekommen, nachdem der Vater sie eine halbe Stunde ins einem Auto
eingesperrt habe. Ihren Äußerungen zufolge habe er auch Anna ins Auto
sperren wollen, was sie jedoch abgewehrt habe. Dabei habe es bereits vor
zwei Jahren eine richterliche Ermahnung gegeben, nach der der Vater ihr
Bescheid sagen müsse, wenn er Kontakt zu den Kindern suche. In der Folgezeit
habe sich die Ablehnung der Kinder noch verstärkt, der Einsatz von Frau Koch
habe zu keiner Entspannung beigetragen. Bezüglich ihres Kontaktes zu Frau
Koch sei vieles „komisch" gelaufen, die Kinder hätten die Spannung gespürt
und sie abgelehnt. Wenn die Kinder bei den Abholversuchen des Vaters wie
Ware an der Straße gestanden hätten, habe Frau Koch nicht interveniert und
alles nur beobachtet.
Es sei die eigenständige Entscheidung der Kinder, den Vater, der sie
enttäuscht habe, nicht mehr sehen zu wollen. Vor Wiederaufnahme der
Besuchskontakte müssten zunächst die Bedingungen - auch im Hinblick auf ihre
bedrohliche finanzielle Situation - geklärt werden, damit ein Stück
Konfliktpotenzial wegfalle, äußerte die Mutter. Dennoch erklärte sich Frau
Thorvaldsen mit einem von der Unterzeichnerin begleiteten Umgangskontakt
einverstanden. Beim nachfolgenden Explorationsgespräch berichtete sie eine
Woche später, dass die Kinder nur wegen der Unterzeichnerin mit zum Tierpark
gefahren seien. Insbesondere in Bezug auf Anna, die sich heftig gesträubt
habe, sei die Situation fast eskaliert. Am Tag nach dem Tierparkbesuch seien
die Kinder total aggressiv gewesen, Judith und Lena hätten eingenässt und
Anna oder Clara vor die Toilette gepiescht. Judith habe nachts dauernd nach
ihr gerufen und auch Lena habe sehr unruhig geschlafen. Clara habe ihren
Daumen im Mund gehabt, was schon lange nicht mehr vorgekommen sei. Die
Verunsicherung der Kinder habe drei Tage angehalten, erst nach dem Besuch
des Weihnachtsmärchens am Montag hätten sie sich beruhigt. Obwohl der
Besuchstermin am Samstag per SMS von Herrn Kunert abgesagt worden sei, sei
der Vater gekommen, die Kinder hätten aber jeden Kontakt abgelehnt. Herr
Thorvaldsen und Herr Kunert hätten zwei Stunden im Auto „Männergespräche"
miteinander geführt, bevor der Vater wieder weggefahren sei.
Der Lebensgefährte der Kindesmutter, Herr Kunert, wurde in die Begutachtung
einbezogen, er brachte die Kinder auch zum vereinbarten Tierparkbesuch nach
Haitabuh und holte sie dort wieder ab. Herr Kunert ist insgesamt um
Vermittlung bemüht, er hat Verständnis für die Situation des Kindesvaters,
scheitert in seinen Bemühungen nach Einschätzung der Unterzeichnerin jedoch
häufig an der verhärteten Haltung der Kindesmutter. Frau Thorvaldsen
erklärte zwar, natürlich sei Umgang grundsätzlich förderungswürdig, der
Vater vereinnahme die Kinder jedoch gleich und sie wollten ihn nicht sehen.
Im Rahmen der Begutachtung vermittelte Herr Kunert den Kindern, dass er die
Begegnung mit dem Vater in Haitabuh unterstützte, wodurch die
Voraussetzungen für einen positiven Verlauf geschaffen wurden. Lediglich
Anna behielt ihre Abwehrhaltung bei, die Schwestern ließen sich auf das
Zusammensein mit dem Vater ein und genossen seine Zuwendung. Herr Kunert,
der zwischen Hamburg und Hudefelm pendelt, und erst seit einem halben Jahr
verstärkt in der Familie präsent ist, erklärte seine Bereitschaft, auch
zukünftig zu vermitteln, wobei die Konflikte zwischen den Elternteilen
jedoch nicht auf seinem Rücken ausgetragen werden sollten. Er vertrat die
Auffassung, dass die Konflikte eigentlich zunächst gelöst werden sollten,
war aber den Argumenten der Unterzeichnerin gegenüber durchaus
aufgeschlossen. Die Haltung des Lebensgefährten der Mutter, der nur von
Lena, die beim Zusammenkommen ein Jahr alt war, als „Papa" bezeichnet wird,
wirkt sich sehr positiv auf seine Beziehung zu den Kindern aus. Seinen
Äußerungen zufolge ist sich Herr Kunert der zentralen Rolle des Vaters im
Leben der Kinder bewusst, er erkennt die Bindungen an und ist nicht bemüht,
in Konkurrenz zu Herrn Thorvaldsen zu treten.
V. Der Vater der Kinder, Herr Sören Thorvaldsen, geb. 1973
1. Zur äußeren Situation
Herr Thorvaldsen bewohnt mit seiner Lebensgefährtin, ihrer sechsjährigen
Tochter Valerie sowie dem gemeinsamen eineinhalbjährigen Sohn Frithjof ein
in ländlicher Umgebung bei Husum gelegenes geräumiges Haus. Die räumlichen
Voraussetzungen für Übernachtungsbesuche der vier Töchter sind gegeben.
Herr Thorvaldsen arbeitet im Krankenhaus, er ist in der Fachausbildung.
Seine Lebensgefährtin, die ebenfalls in die Begutachtung einbezogen wurde,
ist Gärtnerin.
2. Die Darstellung des Kindesvaters
Im ausführlichen Explorationsgespräch brachte Herr Thorvaldsen zum Ausdruck,
sich gut in die schwierige Situation der Kinder einfühlen zu können, da er
selbst im Alter von 6 und 13 Jahren Scheidungen seiner Mutter erlebt habe.
Er wisse noch genau, wie weh es ihm getan habe, wenn nur leise angedeutet
worden sei, dass sein Vater ein Geizhals sei und er sich darum kümmern
solle, dass er die Klassenfahrt zahle. Er habe immer gehofft, seinen Kindern
ähnliche Belastungen ersparen zu können.
Zum Wintersemester 1993/1994 habe er sein Studium in Flehmsburg aufgenommen,
wo er zunächst bei seiner Oma gewohnt habe. Nach dem Einzug seiner späteren
Ehefrau auf demselben Flur seien sie seit Ende Juli 1994 zusammengewesen und
er sei nach zwei Monaten zu ihr gezogen. Von Anfang an habe er sie in der
Beziehung als sehr dominant erlebt. So habe sie auch unbedingt ein Kind
gewollt, obwohl er es damit noch nicht so eilig gehabt habe. Da Anna nicht
als Einzelkind habe aufwachsen sollen, sei es die logische Konsequenz
gewesen, dass Clara 15 Monate später zur Welt gekommen sei, 13 Monate später
sei Judith gefolgt. Er habe im Grunde nie das Gefühl gehabt, mit der
Kindesmutter alt werden zu wollen, der Prozess der Trennung habe im Grunde
begonnen, als sie mit Lena schwanger geworden sei. Er sei in der Beziehung
nicht glücklich gewesen, er habe ihre Dominanz nicht mehr ertragen können.
Andererseits habe immer soviel Trubel geherrscht, dass man gar nicht dazu
gekommen sei, sich um die Beziehung zu kümmern und sich entsprechende
Gedanken zu machen. Zunächst habe er den Gedanken an eine räumliche Trennung
nicht ertragen können, erst im Oktober 2002 habe er genug Kraft für diesen
Schritt gehabt. Zuvor habe er wiederholt über Trennung gesprochen, die
Kindesmutter habe seine Andeutungen jedoch nicht wahrhaben wollen und auch
damit gedroht, sich etwas anzutun. Sie sei auf die Barrikaden gegangen, wenn
er die Leine habe länger werden lassen. Ab März 2002 sei er bei der
Bundeswehr gewesen, im April habe er seiner Exfrau gesagt, dass er sich von
ihr trennen werde. Sie habe daraufhin Kontakt zu einer Familientherapeutin
gesucht, die ihn gefragt habe, ob er ihr noch eine Chance gebe, woraufhin er
ausweichend geantwortet habe. Für ihn sei die Beziehung beendet gewesen, er
habe auch bis heute diesen Schlussstrich nicht bereut.
Erst im Dezember 2002 habe er die Kinder für zwei Stunden wiedergesehen. Er
habe damals deutlich gemacht, dass er sein Recht auf Umgang notfalls auch
gerichtlich durchsetzen werde. Vielleicht hätte er damals mehr- Kompromisse
schließen und der Mutter gegenüber mehr Zugeständnisse machen sollen,
erklärte Herr Thorvaldsen. Er habe manchmal das Gefühl, nicht alles versucht
zu haben, es reiche nicht zu sagen, der andere sei Schuld. Im Grunde sei ihm
von Anfang an klar gewesen, dass es im Trennungsfall „kriegerisch" werde.
Die Lebensgefährtin des Kindesvaters schaltete sich an dieser Stelle ins
Gespräch ein, sie äußerte: „Er ist ja nicht gleich vor Gericht gegangen,
über zwei Jahre klappten die Termine nicht, sie musste gezwungen werden,
Abmachungen einzuhalten."
Zu Beginn der Trennung sei ihm klargewesen, dass die Kinder bei der Mutter
bleiben sollten, erklärte der Vater. Er habe sich vorgenommen, das Beste aus
der Rolle des Besuchsvaters zu machen. Damit habe er die Hoffnung verbunden,
dass die Aggressivität der Kindesmutter, die immer nur den Kampf gesucht
habe, abnehmen würde. Sein früherer Antrag auf Übertragung der alleinigen
elterlichen Sorge sei darauf zurückzuführen, dass er sich aufgrund des
aggressiven Umgangs der Mutter mit den Kindern, die zum Teil Bisswunden
gehabt hätten, Sorgen gemacht habe. Seitens der Mitarbeiterin des
Jugendamtes sei er seinerzeit auf den gerichtlichen Weg verwiesen worden, da
seine Befürchtungen seitens des Gerichtes nicht ernst genommen worden seien,
sei mit der Umgangsverweigerung als etwas „Handfestem" argumentiert worden.
Aus seiner Sicht habe die Mutter von Anfang die Sorge gehabt, dass sich die
Kinder bei ihm wohlfühlen könnten. Sie habe die Befürchtung, dass die
Töchter von ihm etwas bekämen, was sie ihnen nicht geben könne. Die Mutter
zeige ein starkes Kontrollbedürfnis, sie habe in der Vergangenheit den
kleinen Kindern vor den Besuchskontakten mit Kugelschreiber ihre
Telefonnummer auf den Arm geschrieben. Sie sei nicht die zärtliche, liebende
Mutter, als die sie sich nach außen darstelle, die Rolle des herzlicheren
Elternteils habe vielmehr immer er inne gehabt.
Zwischen den Kindern habe es nie Probleme gegeben, wenn er alleine gekommen
sei, hätten die Mädchen häufig nach Valerie und Frithjof gefragt. Nachdem
seine Lebensgefährtin sich dem Wunsch der Kindesmutter entsprechend
zurückgezogen habe, hätten die Töchter ihn aufgefordert: „Ruf doch Mona an,
dass sie mal wieder kommt."
Mit der neuen Partnerschaft der Kindesmutter habe er die Hoffnung verbunden,
dass Herr Kunert zur Deeskalation beitrage, was ihm zum Teil auch gelinge.
Einige Besuchskontakte seien nur durch Herrn Kunert zustandegekommen,
schilderte der Vater. Er habe aber auch geäußert: „Wenn Uta nicht will, kann
ich nichts erreichen." Die Mutter habe die Kontakte in der Vergangenheit
immer wieder unterbunden, es seien Krankheiten oder andere Verpflichtungen
vorgeschoben worden, obwohl die Kinder dann doch von Dritten gesehen worden
seien. Es sei auch vorgekommen, dass die Kinder nichts vom bevorstehenden
Besuchstermin gewusst hätten. Ein anderes Mal habe Anna ihn vorwurfsvoll
gefragt, wo er gewesen sei, um nichts Negatives über die Mutter zu äußern,
habe er ausweichend gesagt, dass er nicht gewusst habe, dass er sie habe
abholen dürfen. Ihm tue es weh, dass den Kindern dadurch vermittelt werde,
dass sie sich nicht auf ihn verlassen könnten, erklärte Herr Thorvaldsen. Er
sehe für sich nur die Möglichkeit, weiterhin regelmäßig anzureisen und den
Kindern damit zu zeigen, dass er da sei und sich für sie interessiere. Frau
Koch habe ihm das Gefühl gegeben, nicht allein zu sein, ihr Engagement habe
aber nur mehr Gegendruck bewirkt und er habe seine Kinder dennoch nicht
sehen können. Im September sei er wegen Hausfriedensbruch angezeigt worden,
nachdem er in Hudefelm an die Haustür gegangen sei und geklingelt habe.
Bezüglich der Einschulung Judiths sei „ganz dreckige Wäsche gewaschen"
worden, die gegnerische Darstellung sei totaler Humbug. Es treffe nicht zu,
dass er Clara im Auto festgehalten habe, er habe sie lediglich nach Hause
gebracht. Anna habe ihn zunächst gebeten, auf sie zu warten, was er in der
schwierigen Situation als eine tolle Bestätigung empfunden habe, später habe
sie jedoch ein spürbar schlechtes Gewissen gezeigt und schnell weggewollt.
Die Kinder stünden unter starkem Druck, so werde er von Anna gefragt, warum
er nicht für sie bezahle. Die ablehnende Haltung der Kinder ihm gegenüber
verstärke sich immer mehr und er frage sich, was er besser machen könne.
Nachdem er im August 2003 mit seiner Partnerin zusammengekommen sei und im
Herbst 2003 die Scheidung eingereicht habe, was für ihn keine
Kurzschlusshandlung gewesen sei, hätten die Schwierigkeiten immer mehr
zugenommen. Zuvor sei es eine Zeitlang relativ gut gegangen, was er damals
auch dem Jugendamt gegenüber zum Ausdruck gebracht habe. Er sei froh
darüber, dass Herr Kunert da sei, seitdem er sich mit um die Kinder kümmere,
schlafe er selbst ruhiger, die grundsätzlichen Schwierigkeiten bestünden
jedoch fort. Ein Großteil der Frustration der Kindesmutter sei sicher auf
die finanzielle Situation zurückzuführen, woran er aber auch nichts ändern
könne. Er wünsche sich nach wie vor, mit der Kindesmutter ins Gespräch zu
kommen. Herr Thorvaldsen erklärte: „Wir müssen uns austauschen, die Übergabe
der Kinder am Zaun reicht nicht." Der Mediationsversuch sei gescheitert,
obwohl er es versucht habe, in Bezug auf Herrn Schultze habe man leider
keine Termine gefunden. Grundsätzlich sei er aber durchaus bereit, auch
gemeinsam fachliche Unterstützung in Anspruch zu nehmen, brachte Herr
Thorvaldsen zum Ausdruck.
VI. Das Kind Anna Thorvaldsen, geb. 1997
1. Persönlichkeitsskizze
Anna ist ein körperlich altersentsprechend entwickeltes, großes Mädchen, zu
dem sich im Verlauf der Begutachtung ein guter Kontakt herstellen ließ.
Nachdem die Unterzeichnerin bei ihrem ersten Besuch in Hudefelm die Kinder
nach dem ausführlichen Explorationsgespräch mit der Mutter nur kurz
kennenlernte, wobei Anna sie aus sicherer Distanz kritisch musterte, wurde
sie bereits beim gemeinsamen Tierparkbesuch mit dem Vater als recht
mitteilsam erlebt. Anna blockte zwar den Kontakt zum Vater ab, zeigte sich
der Unterzeichnerin gegenüber jedoch gesprächsbereit und kündigte an, ihr am
liebsten unmittelbar nach dem Tierparkbesuch Zuhause in Hudefelm noch ganz
viel erzählen zu wollen, was sie dann eine Woche später tat.
Aufgrund der Lage des Kindes erfolgte ein Kaiserschnitt, die Mutter
berichtete, Anna sei gleich danach in ein Sauerstoffbettchen gekommen. Sie
sei ein schweres Kind mit einem schlaffen Muskeltonus gewesen, das häufig
phlegmatisch gewirkt habe. Über einen Zeitraum von vier Jahren habe Anna
Ergotherapie und Logotherapie bekommen, außerdem sei sie ein Jahr lang
krankengymnastisch gefördert worden. Bei Anna sei eine auditive
Wahrnehmungsstörung festgestellt worden, so dass die Tochter Geräusche nicht
gefiltert bekomme und überwiegend mit dem linken Ohr höre. Die bereits seit
fünf Jahren erfolgende Reittherapie tue Anna sehr gut, es sei für Anna
wichtig, ihre Mitte zu finden.
Anna besucht die dritte Klasse der Dorfschule in Siebenkriegen, wo sie
zusammen mit der vierten Klasse unterrichtet wird. Sie ist in ihrer
Entwicklung bereits sehr weit und sprachlich gewandt, ihre schulischen
Leistungen sind überwiegend gut. Ihren Äußerungen zufolge ist Anna in der
Schule jedoch nur begrenzt in die Gruppe der Gleichaltrigen integriert, sie
berichtete, dass die anderen Mädchen alle zickig seien. In Hudefelm habe sie
nur ihre Freundin Petti.
Anna ist selbst mitunter recht eigenwillig, der Entwicklungsphase der
Vorpubertät entsprechend ist auch sie manchmal recht zickig, wobei Frau
Thorvaldsen berichtete, dass durch den Einfluss ihres Partners gerade in den
Eskalationen mit Anna vieles gerade gerückt werde.
2. Die emotionalen Bindungen des Kindes
Im Explorationsgespräch, das mit den Mädchen jeweils allein in ihrem
jeweiligen Kinderzimmer durchgeführt wurde, nannte Anna als ihren größten
Wunsch: „Dass dieses Theater aufhört." Auf die Frage, was sie damit meine,
erklärte sie: „Diese Briefe mit den Rechnungen, und dass Sören endlich
bezahlt." Wenn er endlich aufhöre sie zu ärgern, hätte sie auch mehr Zeit
mit ihren Freunden. In Haitabuh habe sie es zwar gut gefunden, die Tiere zu
sehen, es habe sie aber genervt, dass Sören dauernd hinter ihr hergerast
sei. Aufgebracht erklärte Anna: „Der will mich eh nur umstimmen." Auf die
Frage, ob sie auch gute Erinnerungen habe, äußerte Anna schadenfroh: „Als er
sich in den Zeh gehackt hat. Man geht nicht mit Sandalen Holzhacken." Wann
sie zuletzt etwas Gutes mit ihm erlebt habe, könne sie nicht sagen,
vielleicht vor ein paar Jahren oder auch gar nicht:. Anna äußerte: „Als wir
noch klein waren, hat er Mama nicht getröstet, als sie ihr erstes Kind
verloren hat." Die Mutter habe ihr das erzählt, berichtete sie auf
Nachfrage.
Bei den subjektiven Skalen erhielten die Mutter und Ulf 80 bis 90
Sympathie-Punkte, während Sören zunächst null, aber dann doch einen halben
Punkt, als Applaus dafür, dass er sich in den Zeh gehackt habe, erhielt. Zum
Glück komme er seitdem nicht mehr so oft. Anna erklärte: „Judith hängt an
Sören, aber ich nicht. Seit meiner Geburt hat er sich Sch..... benommen und
mich noch kein Mal gewickelt. Ich würde Ulf als Vater nehmen, normalerweise
hat man nur einen Vater." Auf die Frage, was mit Sören habe anders laufen
müssen, antwortete Anna: „Dass er Mama geholfen und getröstet und ihr auch
das Geld gegeben hätte. Er hat extra noch ein Kind gemacht, damit er das
Geld dafür ausgeben kann." Frithjof und Valerie würden von ihr jeweils nur
10 Punkte bekommen, vor allem Valerie sei eine richtig große Zicke.
Aufgebracht erklärte Anna, der Vater habe sich bei ihren Besuchen nicht um
sie und die Schwestern, sondern nur um die anderen Kinder gekümmert.
Außerdem fände sie es in Hudefelm viel schöner, in der Stadt sei es doof.
Anna äußerte: „Sören hätte auch aufs Land ziehen können." Auf die Frage,
warum er sie wohl sehen wolle, meinte Anna: „Er will uns Mama wegnehmen und
das Geld nicht bezahlen, um Mama zu schaden. Er soll uns für immer in Ruhe
lassen und mit dem Theater aufhören." In den Tierpark sei sie nur
mitgegangen, weil Mama gesagt habe: „Du musst das tun, sonst schadest du
mir." Sören habe auch kein Geschenk zu Judiths Geburtstag geschickt, sie
hätten aber auch nichts von ihm erwartet, fügte Anna hinzu. Sie wolle ihn
nicht sehen, dabei könne keiner über sie bestimmen, man könne sie
schließlich nicht mehr wie ein Baby behandeln.
Beim Tierparkbesuch behielt Anna ihre Abwehrhaltung dem Vater gegenüber bei.
Gleich nach dem Betreten sonderte sie sich ab zu den Pferden, wo sie zu der
Unterzeichnerin sagte: „Ich hab keinen Bock auf dieses ewige Theater mit
Sören." Später erklärte Anna beim Streichelzoo: „Der kümmert sich gar nicht
um mich." Sie selbst lief jedoch immer weg, wenn der Vater sich einige
Schritte auf sie zu bewegte. Verärgert war Anna über das Verhalten der
jüngeren Schwestern. Sie erklärte: „Mama hat gesagt, wenn die hier nett zu
ihm sind, dann müssen wir da jedes zweite Wochenende hin. Ich will das
nicht, Valerie ist nervig, Sören kümmert sich nur um Mona und bei uns ist es
schöner." Sören hat uns im Stich gelassen, das ist, wie wenn eine Mutter ihr
Kind allein lässt. Erst zum Ende des Tierparkbesuches beteiligte sich Anna
am gemeinsamen Karussellfahren, das ihr sichtlich Spaß machte.
VII. Das Kind Clara Thorvaldsen, geb. 1998
1. Persönlichkeitsskizze
Clara wurde als ein ebenfalls körperlich altersentsprechend entwickeltes,
strahlendes Mädchen kennengelernt, zu dem sich rasch ein guter Kontakt
herstellen ließ. Stolz zeigte die Zweitklässlerin der Unterzeichnerin ihre
Schulsachen mit den durchweg guten Beurteilungen.
Clara, die wie die Schwestern ein Jahr lang gestillt wurde, soll sich von
klein auf problemlos entwickelt haben. Die Mutter erklärte, sie sei nach
außen hin die Stabilste der Töchter, wobei sie sich jedoch auch vieles nicht
so anmerken lasse. In der Vergangenheit habe Clara bei Überlastungen stark
gelispelt, was auch jetzt noch zeitweise vorkomme. Über mehrere Jahre hinweg
habe auch sie Ergo- und Logotherapie sowie Krankengymnastik erhalten.
Clara sei selbstbewusster und mutiger als die Schwestern, in der Schule sei
sie die helfende Hand der Lehrerin, sie verhalte sich sehr umsichtig und
schlichte den Streit der anderen. Der Vater bezeichnete Clara als
„Sonnenschein", sie traue sich mehr zu und lasse sich vieles nicht so
anmerken.
Wie ihre Äußerungen deutlich werden ließen, leidet auch Clara unter den
elterlichen Auseinandersetzungen, sie erscheint insgesamt aber weniger
belastet als Anna.
2. Die emotionalen Bindungen des Kindes
Bei den subjektiven Skalen teilte Clara der Mutter und Ulf jeweils den
Höchstwert von 100 zu, während Sören zunächst 80 Punkte erhielt, die sie
dann mit der Begründung, es erst noch nicht verstanden zu haben, auf null
korrigierte. Als Begründung führte sie an, dass er sie nerve. Während die
Schwestern jeweils 20 Punkte erhielten, bekamen Valerie und Frithjof nur
jeweils zwei Punkte zugeteilt. Clara berichtete, dass Valerie ihr bei einem
früheren Besuch mit einer Dose auf den Kopf gehauen habe. Darum wolle sie
Sören nicht mehr besuchen, außerdem sei die Autofahrt so lang, sie bräuchten
drei Stunden, das nerve sie. In Hudefelm gefalle es ihr außerdem viel
besser. In Bezug auf den Tierparkbesuch in Haitabuh, wo sie durchgehend
Wohlbefinden ausgestrahlt hatte, erklärte Clara: „Das war Sch....., ich mag
nicht so gern in den Tierpark gehen." Auf die Frage, ob ihr etwas anderes
mehr Spaß machen würde, erklärte sie: „Spazierengehen wäre besser."
Als Sören noch nicht so weit weggewohnt habe, hätten sie ihn besucht. Jetzt
kriege sie deswegen aber immer Kopfschmerzen, sie könne sich auch kaum noch
an früher erinnern, weil sie ja noch so klein gewesen sei. Die Eltern hätten
sich bereits bei Lenas Geburt getrennt und Sören habe sie allein gelassen.
Clara äußerte: „Mama kann das ja auch nicht alles allein machen."
Sie wisse schon lange, wen sie als Vater haben wolle, man müsse sich für
einen entscheiden und das sei für sie Ulf. Einer ihrer größten Wünsche sei,
dass sie nur einen Papa hätte. Clara äußerte: „Die haben sich getrennt, also
ist das so. Ich hab keinen Bock, dass der wiederkommt, dann gibt es wieder
Streit. Es soll aufhören mit dem Sch...., mit den Briefen, jedes Jahr
bekommen wir weniger Geld, bald können wir uns kein Essen mehr kaufen, hat
Mama gesagt." Sie verstehe auch nicht, warum Sören immer weiter wegziehen
müsse. Auf die Frage, warum er sie wohl sehen wolle, meinte Clara: „Valerie
nervt immer so und fragt, wann wir kommen. Das nervt ihn und dann will er
uns holen." Die Frage, ob der Vater sie wohl lieb habe, verneinte Clara, er
mache das nur, damit Valerie endlich still sei. Sören sei an allem Schuld,
der Stress solle aufhören, er solle gar nicht wiederkommen. Unter Vorhalt,
dass sie in Haitabuh ja auch Spaß miteinander gehabt hätten, erklärte Clara:
„Wir mussten ja, weil es eine Verabredung war." Es sei aber nicht
abgesprochen gewesen, dass Sören am Samstag wiedergekommen sei. Lena und
Judith hätten noch geschlafen und sie selbst habe nicht mitgewollt.
In Haitabuh ließ sich Clara auf das Zusammensein mit dem Vater ein, auch
wenn sie sich ihm gegenüber reservierter verhielt als die beiden jüngeren
Schwestern. Clara hatte aber sichtlich Freude an den gemeinsamen
Aktivitäten, den ausdauernden Karussellfahrten, Touren auf dem Auto-Skooter
und dem Wasserballspritzen. Beim Betrachten der Tiere war Clara häufig an
der Seite des Vaters, mit dem sie nach einer Phase der anfänglichen
Zurückhaltung unbefangen sprach und lachte.
VIII. Das Kind Judith Thorvaldsen, geb. 1999
1. Persönlichkeitsskizze
Judith, die im Begutachtungszeitraum sieben Jahre alt wurde, ist ein
schmales Mädchen, das der Unterzeichnerin zunächst mit abwartender
Zurückhaltung begegnete. Freudig erzählte sie dann von ihrem Geburtstag am
Vortag und zeigte ihre Geschenke.
Die Mutter schilderte Judith als filigraner, fipsiger und instabiler als die
Schwestern. Sie sei ein „kleiner Schmetterling", der noch nicht so belastbar
sei. In den ersten Monaten des Schulbesuches habe Judith nach der Schule
häufig mittags vor Erschöpfung geweint. Wie Anna habe sie in der
Vergangenheit zeitweise eingenässt. Nach Ausschluss von organischen Ursachen
sei damals eine kinderpsychologische Behandlung beider Töchter erfolgt.
Judith habe ebenfalls Ergotherapie erhalten. Judith sei infektanfällig und
schwächele eher als die Schwestern.
Für alle vier Kinder sei ein starrer Rhythmus des Tagesablaufes wichtig, sie
würden ihn selbst einfordern, erklärte die Mutter. Wie die älteren
Schwestern fahre Judith mit dem Fahrrad zur Schule, sie brauche ebenfalls
tägliche Bewegung an der frischen Luft, aber auch ausreichende Nachtruhe.
Während der Geburt sei es zu Komplikationen gekommen, weil Judith durch
mehrfache Umwicklung der Nabelschnur keinen Sauerstoff mehr erhalten habe
und die Herztöne zur Austreibungsphase abgefallen seien. Judith sei
insgesamt empfindlicher, sie kämpfe oft gegen ihre Ängste. Im Rahmen der
Begutachtung wurde Judith als ein ruhiges, freundliches Kind erlebt, die
Orientierung an den älteren Schwestern wurde deutlich.
2. Die emotionalen Bindunqen des Kindes
Als Judith nach ihren drei größten Wünschen gefragt wurde, zählte sie ein
Schleichtier und ein Lesebuch mit großer Schrift auf.
Das Paket von Sören, von dem sie sich ebenfalls ein Schleichtier, einen
steigenden Hengst, gewünscht habe, sei noch nicht bei ihnen angekommen,
berichtete sie enttäuscht.
Auf die Frage, wie es ihr in Haitabuh gefallen habe, meinte Judith: „Gut".
Vor allem das Karussellfahren und die Affen, die sich gestritten hätten,
hätten ihr Spaß gemacht.
Bei den subjektiven Skalen erhielten die Mutter, Ulf, die Großeltern
mütterlicherseits, Clara und sie selbst jeweils den Höchstwert von 20
Punkten, Anna, die oft zickig sei, Sören, Mona, Frithjof und Valerie sollten
jeweils 10 Punkte bekommen. Auf die Frage, was sie an den Personen möge,
zählte sie auf, die Mutter lese ihnen vor, mache Teig für die Plätzchen, und
erlaube ihnen, Laterne zu laufen. Außerdem wolle die Mutter sie bei einer
Bastelgruppe anmelden. An Ulf möge sie einfach alles, erklärte Judith. An
Sören gefalle ihr, wenn er etwas mit ihnen unternehme, in den Tierpark oder
spazieren gehe. Auf die Frage, ob sie ihn gerne sehe, nickte Judith
strahlend, äußerte aber dann: „Nö, nicht so gerne." Ob sie ihn mal wieder
besuchen wolle, wisse sie nicht, erklärte sie zögernd. Judith erschien
danach bemüht, das Thema zu wechseln, sie erklärte, noch einen Wunsch, einen
Papagei als Kuscheltier zu haben.
Als sie einmal bei Sören übernachtet habe, sei ein Kuscheltier unter das
Hochbett gefallen, der Esel „Eseli". Bei dem Besuch habe Valerie sie
geärgert, sie habe ihr eine Dose aus dem Kaufmannsladen auf den Kopf
gehauen, was sie auch Sören gesagt habe. Frithjof habe in der Zeit
geschlafen. Auf die Frage, ob sie Lust habe, die Kinder, Sören und Mona
wieder zu besuchen, äußerte Judith: „Eigentlich schon. Aber wenn, dann muss
ich jede Woche zu ihm gehen, das hat der Richter gesagt." Sie wolle nur noch
ein einziges Mal zu Sören, dann sei Schluss, weil sie dieses Theater um das
Bezahlen nicht möge, erklärte Judith. Sie erkundigte sich, ob die
Unterzeichnerin gleich noch mal mit der Mutter spreche und ihr berichte, was
sie gesagt habe. Als die Gutachterin darauf verwies, auch noch mit Lena
sprechen zu wollen, meinte Judith: „Lena kennt Sören nicht."
Beim Tierparkbesuch ergriff Judith rasch die Hand des Vaters, von dessen
Seite sie kaum wich. Es war ein herzlicher, vertrauter Kontakt zu
beobachten, Judith genoss die väterliche Aufmerksamkeit sichtlicht. Sie
erkundigte sich, wo Frithjof sei und was er gerade mache. Nachdem sie über
Hunger geklagt hatten, ließen sich die Kinder vom Vater in seinem Bus
versorgen und tobten danach ausgelassen. Beim Abschied nannte Judith dem
Vater ihren Geburtstagswunsch.
IX. Das Kind Lena Thorvaldsen, geb. 2002
1. Persönlichkeitsskizze
Lena ist ein selbstbewusstes kleines Mädchen, das seine Wünsche gegenüber
den älteren Schwestern gut durchzusetzen vermag. Es fiel auf, dass sie sich
während des Explorationsgespräches der Erwachsenen sehr ausdauernd allein
beschäftigte, wobei sie offenbar die Chance nutzte, in den Zimmern der
älteren Schwestern herumzustöbern. Zwischendurch kam sie immer wieder zu den
Erwachsenen, um selbstgedichtete Weihnachtslieder vorzutragen. Die niedliche
Lena, die wenige Wochen nach der Begutachtung fünf Jahre alt wurde, besucht
bisher keinen Kindergarten. Sie orientiert sich in hohem Maße an den älteren
Schwestern, zwischen den vier Mädchen besteht ein enger geschwisterlicher
Zusammenhalt. Lena wendet sich ihrer Umgebung mit Neugier und Tatendrang zu,
sie erprobt mit Freude die sich ihr zunehmend eröffnenden Möglichkeiten.
Lena verfügt über ein gutes sprachliches Ausdrucksvermögen, einen
umfangreichen Wortschatz und ein altersgemäßes Wissen und Verständnis. Alle
vier Kinder erfahren ein hohes Maß an Förderung, wie ihre älteren Schwestern
weist auch Lena einen erfreulichen Entwicklungsstand auf.
2. Die emotionalen Bindungen des Kindes
Mit großer Freude trug Lena der Unterzeichnerin selbstgemachte Gedichte und
Lieder vor. Sie habe Bilder gemalt, die sie den Eltern Weihnachten schenken
wolle, vertraute sie ihr an. Auf die Frage nach ihren größten Wünschen
nannte Lena zunächst einen Schulpullover mit einem Pferdemotiv. Außerdem
wünsche sie sich ein Fensterbild mit einem Pferd sowie ein Engelpferd als
Schleichtier.
Beim Schlosszeichentest malte sie ein Haus, in das die Unterzeichnerin
allein mit ihren Kindern und dem Papa einziehen solle. Ihr Papa - Herr
Kunert - sei gerade arbeiten, er mache eine lange Reise, berichtete Lena.
Als sie auf den Tierparkbesuch angesprochen wurde, erklärte Lena, es habe
ihr gefallen, die Tiere anzugucken. Nur Sören sei blöd gewesen, der mache
immer Theater. Lena äußerte: „Er will, dass wir mitkommen zu ihm, warum,
weiß ich nicht. Wir wollen nicht mitkommen." Außerdem habe Sören ihnen Essen
kaufen wollen, was er nicht getan habe. (Das Restaurant im Tierpark war
geschlossen, Herr Thorvaldsen hatte aber Proviant für die Kinder
mitgebracht.) Sie habe im Tierpark nichts gegessen, erklärte Lena in
Abweichung zu den Beobachtungen der Unterzeichnerin.
Auf die Frage, ob Mama Sören möge, antwortete Lena: „Nee. Nur Ulf mag den.
Ich mag nur Ulf und Mama."
In Haitabuh verhielt sich Lena dem Vater gegenüber recht unbefangen. Sie
wandte sich mit ihren Wünschen und Anliegen an ihn und forderte ihn auf, sie
hochzuheben, damit sie die Tiere besser sehen könne.
X. Psychologische Beurteilung
Zunächst ist festzustellen, dass es sich bei Anna, Clara, Judith und Lena um
vier erfreulich entwickelte Mädchen handelt, die im mütterlichen Haushalt
ein hohes Maß an Zuwendung und Förderung erfahren. Die Kinder strahlen -
unabhängig von der Frage ihrer Beziehung zum Vater - in ihrer jetzigen
Lebenssituation Wohlbefinden und Zufriedenheit aus, trotz der damit
verbundenen erheblichen Beanspruchung gelingt es der Kindesmutter offenbar,
den Bedürfnissen der Töchter gerecht zu werden.
Frau Thorvaldsen ist es bisher nur in begrenztem Maße gelungen, emotionale
Distanz zum Scheitern ihrer Ehe zu finden. Im Rahmen der Begutachtung
thematisierte sie wiederholt, sich vom Kindesvater alleingelassen zu fühlen.
Sie stehe auch weiterhin mit allen Entscheidungen, die das Wohl der Kinder
betreffen würden, z.B. ärztliche Behandlungen, Schulbesuch,
Sparkonteneröffnungen, Elternabenden, Therapiegesprächen etc. allein da.
Aufgrund der besonderen Trennungsumstände erscheinen die Ausführungen der
Kindesmutter zum Teil durchaus nachvollziehbar, andererseits hat sie ihm
danach aber auch immer wieder vermittelt, ihn aus dem gemeinsamen Leben mit
den Kindern ausblenden zu wollen. Insgesamt erscheint die Haltung der
Kindesmutter ambivalent, sie spricht sich zwar grundsätzlich für Umgang aus,
die Kinder werden von ihr in ihrer Beziehung zum Vater jedoch nicht
unterstützt. Sie werden vielmehr in sehr bedenklichem Maße in das elterliche
Spannungsfeld einbezogen, wie ihre Äußerungen in den Explorationsgesprächen
zeigen. Frau Thorvaldsen erscheint nicht bereit bzw. in der Lage, die
eigenen enttäuschenden Erfahrungen von der Beziehung der Kinder zum Vater zu
trennen und ihnen eine eigenständige Beziehung zu ihm zu ermöglichen.
Die Mädchen befinden sich in einem starken Loyalitätskonflikt, ihnen wird
vermittelt, dass sich ihre Zugehörigkeit zur Mutter nicht mit positiven
Gefühlen für den Vater vereinbaren lässt. So sah sich sogar Judith, die, wie
sogar Anna erklärte, sehr an Sören hängt, gezwungen zu äußern, dass sie ihn
nur noch einmal besuchen wolle. Den Kindern wird vermittelt, dass sie sich
für einen Vater entscheiden müssen, so dass für Herrn Thorvaldsen in ihrem
Leben kein Platz sei.
Offenbar sind die Besuchskontakte mit starken Spannungen im mütterlichen
Haushalt verbunden, so dass es aus psychologischer Sicht nicht überrascht,
wenn sich die Kinder dahingehend äußern, dass der Stress aufhören solle. Im
Sinne des Eltern-Kind-Entfremdungssyndroms können die Mädchen nicht
riskieren, sich nach der Trennung vom Vater auch noch gegen die Mutter zu
stellen und ihre Zuwendung zu verlieren. Obwohl sich zumindest Clara, Judith
und Lena ganz offensichtlich beim gemeinsamen Tierparkbesuch in Haitabuh
ausgesprochen wohlgefühlt haben, sahen sie sich im mütterlichen Umfeld zu
negativen Äußerungen darüber veranlasst, was ihre innere Zerrissenheit
zeigt. Im Rahmen der Begutachtung wurde deutlich, dass die Kinder durchaus
bereit sind, mit dem Vater zusammenzutreffen, wenn die Mutter ihre Akzeptanz
und Unterstützung signalisiert. Ablehnende Äußerungen im Anschluss an den
Tierparkbesuch müssen auf die Orientierung an den Erwartungen der Mutter
zurückgeführt werden, sie stehen nicht im Einklang mit dem Erleben der
Kinder. Bedauerlicherweise wurde nicht an die positive Erfahrung des
Tierparkbesuches angeknüpft, zwei Tage später scheiterte die Übergabe
erneut, da sich die Kinder geweigert haben sollen, den Vater zu begleiten
bzw. nicht informiert waren und noch schliefen. (Der Vorschlag der
Unterzeichnerin, den Vater nicht zum Abholen der Kinder nach Hudefelm kommen
zu lassen, sondern die Übergabe vielmehr an einem neutralen Ort vorzunehmen,
zu dem sie möglichst von Herrn Kunert gebracht werden sollten, wurde leider
nicht umgesetzt.) Wenn der Vater versucht hat, sie in Hudefelm abzuholen,
haben die Kinder in der Vergangenheit wiederholt eine Blockadehaltung
gezeigt, in der sie von der Mutter entsprechend bestärkt worden sind. Es ist
zu befürchten, dass sich dieses Verhaltensmuster auch zukünftig wiederholt.
Anna hielt ihre Abwehrhaltung während des Tierparkbesuches durch, sie wich
dem Kontakt mit ihrem Vater aus, beklagte sich aber gleichzeitig darüber,
dass er sich nicht um sie kümmere. Im Vordergrund ihrer Äußerungen stand die
Klage darüber, dass er sie verlassen habe. Im Grunde sehnt sich Anna nach
väterlicher Zuwendung, aufgrund ihrer Einbeziehung insbesondere in die
finanziellen Auseinandersetzungen gesteht sie es sich selbst jedoch nicht
zu, väterliche Aufmerksamkeit anzunehmen und zu genießen.
Der Kindesvater hat selbst zu der problematischen Entwicklung beigetragen,
sein Konfrontationskurs hat Spannungen verstärkt. Aus psychologischer Sicht
wäre es günstiger gewesen, die gemeinsame Zeit überwiegend mit den vier
Töchtern zu verbringen. Die Mädchen ließen ausgeprägte Eifersuchtsgefühle
insbesondere Valerie gegenüber deutlich werden. Ihre Haltung der neuen
Partnerin gegenüber spiegelt die mütterliche Sichtweise.
Der Einfluss des Lebensgefährten der Mutter wird als sehr positiv beurteilt.
Herr Kunert ist in hohem Maße um Vermittlung bemüht, seinerseits werden die
Kinder keiner Zerreißprobe ausgesetzt, er möchte nicht in Konkurrenz zum
leiblichen Vater treten. Trotz seiner Bemühungen ist es Herrn Kunert in der
Vergangenheit jedoch nur begrenzt gelungen, die Kindesmutter von ihrer
verhärteten Haltung abzubringen und dadurch die Weichen für Besuchskontakte
zu stellen. Im Rahmen der Begutachtung brachte Herr Kunert die Mädchen wie
vereinbart zum Tierpark, wodurch er den Kindern sein Einverständnis und
seine Unterstützung signalisierte. Insgesamt wurde deutlich, dass die
fortbestehenden Spannungen auch eine Belastung für die neuen Partnerschaften
beider Elternteile darstellen.
Die Bindungstoleranz der Kindesmutter ist deutlich eingeschränkt, die Kinder
sind von ihr in der Vergangenheit in der Auseinandersetzung mit dem Exmann
instrumentalisiert worden. Die Kinder wachsen mit einem negativen Vaterbild
auf, was ihre Entwicklung auch langfristig belasten und keine Entwicklung
eines eigenen stabilen Selbstwertgefühles ermöglichen wird. Im Interesse
eines gedeihlichen Aufwachsens ihrer gemeinsamen Kinder sind beide
Elternteile gefordert, den „Stress" zu beenden und aufeinander zuzugehen, um
im Sinne von Anna, Clara, Judith und Lena miteinander zu kooperieren. Sie
sollten sich bewusst sein, dass eine Fortsetzung der Auseinandersetzungen
das Leben der Kinder vermutlich weit über die Kindheit hinaus überschatten
würde. Dazu erscheint es erforderlich, von gegenseitigen Schuldzuweisungen
abzukommen und - unter Einbeziehung der neuen Partner - gemeinsame Wege zu
suchen. Die Inanspruchnahme fachlicher Unterstützung, z. B. durch Herrn
Schultze von der Beratungsstelle, könnte hilfreich sein.
XI. Zur Fraqestellunq des Gutachtenauftraqes
Aus psychologischer Sicht entspricht es dem Wohl der Kinder Anna, geb. 1997,
Clara, geb. 1998, Judith, geb. 1999 und Lena, geb. 2002, regelmäßig mit dem
Vater zusammen zu sein. Die Durchsetzung des Umgangs, wie er im Beschluss
des Gerichtes vorn 29.05.2006 festgelegt wurde, widerspricht dem Wohl der
Kinder nicht, vor einer Ausdehnung der Kontakte auf Übernachtungsbesuche
sollten jedoch zunächst vier Besuchskontakte an jedem zweiten Samstag in der
Zeit von 10°° Uhr bis 163° Uhr stattfinden. Die Übergabe sollte möglichst
durch Herrn Kunert erfolgen, wobei es günstig wäre, wenn die Kinder von ihm
zu einem zu vereinbarenden neutralen Ort gebracht werden könnten.
Eine Unterbindung der Kontakte zum Vater ist mit dem Wohl der Kinder nicht
vereinbar. Anna, Clara, Judith und Lena sind für eine positive Entwicklung
ebenso auf väterliche Zuwendung angewiesen wie auf beständige mütterliche
Fürsorge. Wie im Rahmen der Begutachtung deutlich wurde, sind die Kinder auf
ihre aktive Unterstützung angewiesen, um sich auf das Zusammensein mit dem
Vater einlassen zu können.
Eine fortgesetzte Boykottierung der Umgangskontakte würde eine
Kindeswohlgefährdung bedeuten. Die mangelnde Bindungstoleranz der
Kindesmutter stellt eine Einschränkung ihrer erzieherischen Eignung dar, es
muss von ihr ein Umdenken gefordert werden. Da sie darüber hinaus sehr um
das Wohlergehen der Töchter bemüht ist und im Rahmen der Begutachtung einen
gemeinsamen Tierparkbesuch mit dem Vater ermöglichte sowie eine positive
Einflussnahme ihres Partners besteht, wird grundsätzlich eine
Veränderungsbereitschaft gesehen. Die weitere Entwicklung wird Rückschluss
auf die Erziehungseignung der Mutter geben. Ablehnende Äußerungen der Kinder
in Bezug auf den getrennt lebenden Elternteil begründen in aller Regel
zunächst einmal Bedenken bezüglich der Haltung des sie betreuenden
Elternteils. Darüber hinaus ist immer wieder festzustellen, dass Kinder nach
mehrjährigen Kontaktunterbindungen häufig von sich aus zu dem anderen -
vorher abgelehnten - Elternteil wechseln, so dass Frau Thorvaldsen auch
selbst ein Interesse am Gelingen der Umgangskontakte haben sollte. Die
Enttäuschungen über das Verhalten des Ehepartners sind zwar nachvollziehbar,
sie dürfen das Leben der Kinder aber nicht über die Trennung der Eltern
hinausgehend belasten. Es liegt im Interesse aller Beteiligten - auch der
neuen Partner - fachliche Unterstützung in Anspruch zu nehmen, um endlich zu
einer Entspannung zu gelangen.
Ein Aufenthaltswechsel aller Kinder zum Vater erscheint zumindest derzeit
nicht angezeigt. Die Mädchen weisen enge emotionale Bindungen an die Mutter
sowie ihren Lebensgefährten auf und freuen sich auf die Geburt der
Zwillinge. Ein Herausreißen aus ihrer jetzigen Lebenssituation würde die
Beziehung zum Vater zusätzlich belasten. Anna nimmt bereits jetzt eine
Abwehrhaltung gegenüber dem Vater ein, die sich in diesem Fall noch
verstärken und eine erzieherische Einflussnahme erschweren würde. Darüber
hinaus lässt die derzeitige Lebenssituation des Vaters die Aufnahme aller
vier Kinder kaum zu, er könnte den Bedürfnissen der Töchter neben seiner
beruflichen Inanspruchnahme nicht gerecht werden. Von der Möglichkeit der
Geschwistertrennung ist aufgrund des engen geschwisterlichen Zusammenhaltes
abzuraten. Unabhängig davon müsste die Frage des Verbleibs der Kinder in der
Obhut der Mutter jedoch langfristig neu gestellt werden, wenn sie nicht
endlich aus dem elterlichen Spannungsfeld herausgehalten und ihnen ein
regelmäßiger, unbelasteter Kontakt zum Vater ermöglicht wird.
Den Kindern sollte der Inhalt des Gutachtens nicht in Einzelheiten zur
Kenntnis gebracht werden. Insbesondere sollten sie sich nicht für ihre
Äußerungen oder ihr Verhalten rechtfertigen müssen.
Ich versichere, das vorliegende Gutachten unparteiisch und nach bestem
Wissen und Gewissen erstattet zu haben.
Schmidt
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