Songmics 2 Farbe Neu Schmuckständer ...

• Vollstreckung des Anspruchs gegen die Mutter auf Namensnennung des Erzeugers  Ingrid, 31.05.05, 08:20  - drucken - weiterempfehlen

  OLG Bremen: Vollstreckung des Anspruchs gegen die Mutter auf Namensnennung des Erzeugers
  NJW 2000 Heft 13 963
  
  Vollstreckung des Anspruchs gegen die Mutter auf Namensnennung des Erzeugers
  ZPO § 888 I , III
  

  1. Der Auskunftsanspruch des nichtehelichen Kindes gegen seine Mutter auf Nennung des Namens seines leiblichen Vaters ist gem. § 888 I ZPO zu vollstrecken.
     
  2. § 888 III ZPO steht der Anordnung des Beugezwangs nicht entgegen.
     
     
  OLG Bremen, Beschluß vom 21. 7. 1999 - 6 W 21/98
  
  Zum Sachverhalt:
  
  Die Ast. wurde am 3. 10. 1961 als nicht eheliches Kind der Ag. geboren. Die Ag. ist durch rechtskräftiges Urteil des LG vom 10. 3. 1998 verurteilt worden, der Ast. deren leiblichen Vater zu benennen. Trotz Mahnung ist die Ag. ihrer Auskunftspflicht nicht nachgekommen. Die Ast. hat daraufhin beantragt, gegen die Ag. Zwangsgeld, ersatzweise Zwangshaft festzusetzen.
  AG und LG haben den Antrag mit unterschiedlicher Begründung zurückgewiesen. Die sofortige weitere Beschwerde der Ast. war erfolgreich.
  
  Aus den Gründen:
  
  II. … Die Voraussetzungen für die Anordnung des Beugezwangs zur Vornahme einer Handlung nach § 888 I ZPO liegen vor.
  Die der Ag. aufgegebene Handlung, nämlich Auskunft darüber zu erteilen, wer der leibliche Vater der Ast. ist, ist in dem Urteil des LG Bremen vom 10. 3. 1998 hinreichend bestimmt worden. Die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen (Titel, Klausel, Zustellung) sind gegeben.
  Bei der titulierten Auskunftsverpflichtung handelt es sich um eine unvertretbare Handlung, da die Ag. die Auskunft aufgrund persönlichen Wissens zu erteilen hat (BGHZ 49, 11 = NJW 1968, 300 = LM § 6 KO Nr. 11; einhellige Auffassung). Die Handlung hängt auch vom Willen der Schuldnerin ab. Die Festsetzung des Zwangsmittels ist notwendig, da die Ag. die titulierte Auskunftsverpflichtung nicht erteilt hat und auch künftig nicht erfüllen will.
  Der Anordnung des Beugezwangs steht die Vorschrift des § 888 II ZPO nicht entgegen. Nach § 888 II ZPO ist die Zwangsvollstreckung ausgeschlossen im Falle der Verurteilung zur Eingehung einer Ehe, im Falle der Verurteilung zur Herstellung des ehelichen Lebens und im Falle der Verurteilung zur Leistung von Diensten aus einem Dienstvertrag. Dass § 888 II ZPO auf die vorliegende Fallgestaltung nicht direkt anwendbar ist, bedarf keiner näheren Darlegung. Aber auch eine entsprechende Anwendung der Vorschrift scheidet aus.
  
  Bei der Auslegung prozessrechtlicher Normen ist Analogie nach den allgemeinen Grundsätzen (Gesetzeslücke – rechtsähnliche Lage - allgemeiner Rechtsgedanke) statthaft (BGHZ 46, 198 = NJW 1967, 101 = LM § 331 BGB Nr. 3; BGH, NJW-RR 1994, 1406 [1407] m.w. Nachw. bei Zöller/Vollkommer, ZPO, 21. Aufl. [1999], Einl. Rdnr. 97), und zwar auch bei Ausnahmenormen im Rahmen des ihnen zugrunde liegenden allgemeinen Rechtsgedankens (Zöller/Vollkommer, Einl. Rdnr. 97; s. auch Palandt/Heinrichs, BGB, 58. Aufl. [1999] Einl. Rdnr. 45). Eine analoge Anwendung des § 888 II ZPO auf die vorliegende Fallgestaltung kommt indessen - entgegen der Ansicht des LG in dem angefochtenen Beschluss - nicht in Betracht.
  
  Ob der streitgegenständliche Auskunftsanspruch vollstreckbar ist, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten (bejahend: AG Passau, FamRZ 1987, 1309; LG Passau, NJW 1988, 14: „ein mit den Mitteln des Rechts durchsetzbarer Auskunftsanspruch“; OLG Köln, FamRZ 1994, 1197 [1198]: dort wird ohne weitere Problematisierung § 888 I ZPO herangezogen; verneinend: Frank, FamRZ 1988, 113 [116]: es gebe keinen Auskunftsanspruch, weil ein entsprechender Urteilsspruch zwangsweise durchgesetzt werden müsste, was „ernsthaft von niemandem gutgeheißen werden (könne)“; ähnl. Koch, FamRZ 1990, 569 [573]; AG Schwetzingen, Amtsvormund 1992, 88 [91]: Die Vollstreckung des Auskunftsanspruchs sei als sittlich anstößig anzusehen; LG Landau, DAVorm 1989, 634 [636]: § 888 II ZPO sei entsprechend anwendbar, weil die Preisgabe des Namens des Erzeugers eine höchstpersönliche Entscheidung der Mutter des Kindes betreffe; Frank/Helms, FamRZ 1997, 258 [1262]: § 888 II ZPO sei analog anwendbar auf Ansprüche, die einen „persönlich-sittlichen Einschlag“ hätten; s. auch den von der SPD-Fraktion 1995 eingebrachten GE zur Reform des Kindschaftsrechts [BT-Dr 13/1752 v. 21. 6. 1995], wonach das „volljährig gewordene Kind von seinen Eltern [soll] Auskunft verlangen [dürfen], ob es von ihnen „abstammt“; weiter heißt es in dem Gesetzentwurf: „Die Vollstreckung dieses Anspruchs ist ausgeschlossen“).
  
  Die Beantwortung der Frage, ob der Auskunftsanspruch des nichtehelichen Kindes vollstreckbar ist, hängt nach Auffassung des Senats zunächst davon ab, ob der den Fallgruppen des § 888 II ZPO jeweils zugrunde liegende Rechtsgedanke auch für den streitgegenständlichen Auskunftsanspruch zutrifft.
  Hinsichtlich der ersten in § 888 II ZPO genannten Fallgruppe (Eingehung einer Ehe) ist insoweit zu beachten, dass nach § 1297 I BGB auf Eingehung einer Ehe nicht geklagt werden kann. Hier scheidet die Vollstreckbarkeit mithin schon wegen des Fehlens einer entsprechenden Rechtspflicht aus.
  Die zweite in § 888 II ZPO erwähnte Fallgruppe (Herstellung des ehelichen Lebens) betrifft zwar eine - in § 1353 I BGB statuierte - Rechtspflicht. Diese bezieht sich jedoch auf einen Bereich, der sich seinem Wesen nach nicht mit Zwang verträgt: Eheliches Leben ist (u.a.) wesentlich durch freiwilliges Zusammenleben gekennzeichnet, so dass eine Herstellung ehelichen Lebens kraft staatlichen Zwangs als Widerspruch in sich anzusehen ist.
  
  Bei der dritten in § 888 II ZPO genannten Fallgruppe (Verurteilung zur Leistung von Diensten) ist anerkannt, dass es sich hierbei um unvertretbare Dienste aus einem Dienstvertrag handeln muss (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 57. Aufl. [1999], § 888 Rdnr. 24; Brox/Walker, ZwangsvollstreckungsR, 5. Aufl. [1996], Rdnr. 1081). Dabei soll gleichgültig sein, ob einzelne oder dauernde Dienste zu leisten sind (Stein/Jonas/Brehm, ZPO, 21. Aufl. [1996], § 888 Rdnr. 40). Die zwangsweise Vollstreckung unvertretbarer Dienstleistungen wird als unzumutbarer Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Dienstverpflichteten angesehen (Stein/Jonas/Brehm, § 888 Rdnr. 41; Schilken, in: MünchKomm-ZPO, 1992, § 888 Rdnr. 10).
  
  Diese Fallgruppe ist dadurch gekennzeichnet, dass - ebenso wie bei der Fallgruppe „Herstellung des ehelichen Lebens“ - mit der Vollstreckung, also der Anwendung staatlichen Zwangs, das angestrebte Ziel nicht nur nicht erreicht werden kann, sondern konterkariert wird; überdies erscheint die zwangsweise Durchsetzung der geschuldeten Leistung als eine entwürdigende Persönlichkeitsrechtsverletzung.
  
  Nach alledem lässt sich der § 888 II ZPO zugrunde liegende Rechtsgedanke nicht so allgemein fassen, wie es das LG tut, indem es ausführt, dass Ansprüche, die einen „persönlich-sittlichen Einschlag haben“, nicht vollstreckungsfähig sein sollen. Der in den Fallgruppen des § 888 II ZPO zum Ausdruck kommende Rechtsgedanke ist vielmehr erheblich enger zu fassen. Nur in Fällen, in denen eine Vollstreckung mit dem Wesen des titulierten Anspruchs unvereinbar ist und eine Vollstreckung den Verpflichteten in einem Kernbereich seiner Persönlichkeit und seiner Würde verletzen würde, ist danach eine Vollstreckung ausgeschlossen. Dieser Rechtsgedanke trifft auf die vorliegende Fallgestaltung nicht zu.
  
  Ob eine Verletzung der Persönlichkeit der Ag. und ihrer Würde durch die Vollstreckung des Auskunftsanspruchs gegeben sein kann, ist im Rahmen der Entscheidung der Frage, ob überhaupt ein Auskunftsanspruch des Kindes besteht oder nicht, zu erörtern und gegenüber dem Persönlichkeitsrecht der gegebenenfalls auskunftspflichtigen Mutter abzuwägen. Diese Abwägung ist vorliegend von dem LG in seinem Urteil vom 10. 3. 1998 über die Zuerkennung des Auskunftsanspruchs sorgfältig und beanstandungsfrei vorgenommen worden. Wie das LG in seinem Urteil zutreffend dargelegt hat, führt die Abwägung der widerstreitenden, rechtlich geschützten Interessen der Parteien zu dem Ergebnis, dass die Ag. weder in ihrem Persönlichkeitsrecht noch in ihrem Anspruch auf Achtung ihrer Würde verletzt wird dadurch, dass der Ast. ein (vollstreckbarer) Auskunftsanspruch zuerkannt wird. Die Ag. beruft sich gegenüber dem vom LG rechtskräftig titulierten Auskunftsanspruch mithin zu Unrecht auf den Rechtsgedanken des § 888 II ZPO, der auf die vorliegende Fallgestaltung nicht passt.
  Würde man - abweichend von der vom Senat vertretenen Ansicht - generell den Rechtsgedanken des § 888 II ZPO auf den titulierten Auskunftsanspruch des nichtehelichen Kindes anwenden, beschränkte sich die Bedeutung des Auskunftstitels auf einen moralischen Appell an die Auskunftspflichtige. Dies würde weder der Bedeutung des in der aktuellen Rechtsprechung und Literatur weitgehend anerkannten Auskunftsrechts des nichtehelichen Kindes (Nachw. bei Palandt/Diederichsen, Vorb. § 1591 Rdnrn. 5 bis 9; Lüderitz, FamilienR, 27. Aufl. [1999], Rdnr. 656) gerecht noch der spezifischen Problematik der Fälle, in denen das nichteheliche Kind gerichtlichen Rechtsschutz gerade deshalb in Anspruch nimmt, weil die Mutter nicht auskunftsbereit ist und in denen eine freiwillige Auskunftserteilung nicht erfolgt ist. Es ist nicht Aufgabe der Justiz, moralische Appelle auszusprechen, sondern Ansprüchen zu ihrer Durchsetzung zu verhelfen (s. auch Franck/Helms, FamRZ 1997, 1258 [1262]).
  
  Der Senat hat gegen die Ag. ein Zwangsgeld in Höhe von 2000 DM, ersatzweise Zwangshaft festgesetzt. Diese Zwangsmittel erscheinen dem Senat geeignet und ausreichend, auf den Willen der Ag. einzuwirken. Bei der Höhe des festgesetzten Zwangsgeldes hat der Senat einerseits die Einkommensverhältnisse der Ag. berücksichtigt, die die Festsetzung eines Zwangsgeldes im unteren Bereich des von 5 DM bis 50000 DM reichenden gesetzlichen Rahmens (Art. 6 I EGStGB, § 888 I 2 ZPO) nahe legen. Andererseits war zu bedenken, dass sich die Ag. seit Jahren - auch nach rechtskräftiger Verurteilung - beharrlich weigert, die begehrte Auskunft zu erteilen. Im Übrigen hat es die Ag. nach wie vor selbst in der Hand, die hier festgesetzten Zwangsmaßnahmen abzuwenden, indem sie der titulierten Auskunftspflicht nachkommt.
  
  (Mitgeteilt von Vors. Richter am OLG K.-P. Neumann, Bremen)
  Anm. d. Schriftltg.:
  Zum Recht des Kindes auf Kenntnis der eigenen Abstammung s. auch Eidenmüller, JuS 1998, 789.
  
  NJW 2000, 963
  NJWE-FER 2000, 132
  NJW 2000, 963
  
  © Copyright C.H. Beck
  
  
  
  ____________________
  Unser Kopf ist rund, damit unsere Gedanken die Richtung ändern können
  Schumacher @ zweitfrauen.de