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OLG Zweibrücken Beschluss vom 04.September 2000 Az.: 5 UF 54/00
Zu den - hier fehlenden - Voraussetzungen zur Ersetzung der Zustimmung des nicht sorgeberechtigten Elternteils zur Erteilung des Ehenamens der Mutter.
Gründe:
I.
Das betroffene Kind ist als einziges aus der am Jahre 1991 geschiedenen Ehe der Beteiligten zu l und 2 hervorgegangen. Diese trennten sich im Jahre 1988, also alsbald nach der Geburt des Kindes, das seither bei der Mutter lebt, die nach der Scheidung wieder ihren Geburtsnamen, der in deren neu geschlossener Ehe auch der Ehename ist, annahm. Diesen Ehenamen will sie dem betroffenen Kind erteilen und begehrt die Ersetzung der Einwilligung des Beteiligten zu 1. Das Kind benennt sich außer in offiziellen Angelegenheiten (Schulanmeldung, Zeugnisse und ähnliches) mit dem Namen der Mutter.
Die Beteiligte zu 2 hatte bereits am 30. Oktober 1998 beantragt, die Einwilligung des Beteiligten zu 1 zu ersetzen.
Im Beschwerdeverfahren beim Pfälzischen Oberlandesgericht Zweibrücken 2 WF 66/99 willigte der Beteiligte zu 1 am. 27. August 1999 darin ein, dass das Kind den Namen A-B führen solle. Er verpflichtete sich auch, dem Standesbeamten seine Einwilligung zu erklären. Daraufhin nahm die Beteiligte zu 2 ihren Ersetzungsantrag zurück.
Ende März 2000, also erst während des hiesigen Verfahrens und nach mehrfacher Aufforderung durch das Standesamt F., erteilte der Beteiligte zu 1 beim Standesamt seine Einwilligung zur Erteilung des Doppelnamens.
Die Beteiligte zu 2 hat geltend gemacht: Der Beteiligte zu 1 übe sein Umgangsrecht nur einmal im Monat aus und kümmere sich sonst nicht um das Kind. Auch zahle er seit April 1995 keinen Unterhalt. Das zum Zeitpunkt der Trennung erst einjährige Kind habe keinen Bezug zum Namen B. Die Einbenennung sei zur Zusammenführung der neuen Familie nötig.
Der Beteiligte zu 1 hat geltend gemacht: Er habe mit dem Kind nur den Umgang, den ihm die Beteiligte zu 2 einräume. Einer Erweiterung stehe diese negativ gegenüber. Sie beeinflusse das Kind. Derzeit könne er keinen Unterhalt zahlen, weil er nicht leistungsfähig sei. Er befürchte im Falle einer Namensänderung den ohnehin nur schwachen Kontakt zu seiner Tochter ganz zu verlieren.
Das Amtsgericht -Familiengericht- F. hat die Beteiligten zu 1 und 2 sowie das Kind persönlich angehört und ohne Beteiligung des Jugendamts durch Beschluss vom 4. April 2000 die Einwilligung des Beteiligten zu 1 gemäß § 1618 BGB ersetzt. Der Beteiligte zu 1 habe keine Umstände vorgetragen, welche einer Ersetzung der Einwilligung entgegenstünden. Dessen Befürchtung, das Kind werde ihm ganz entfremdet, berührten nicht das namensrechtliche Interesse und müsse hinter dem primären Interesse des Kindes an einer Festigung der Integration in den Familienverband zurückstehen. Dass der neuerliche Antrag auch von der Verärgerung der Beteiligten zu 2 wegen des zögerlichen Verhaltens des Beteiligten zu 1 getragen werde, sei nicht erheblich. Außerdem habe der Beteiligte zu 1 die gesamten Verfahrenskosten, auch die außergerichtlichen Auslagen der Beteiligten zu 2 zu tragen, weil er diese durch Verzug und schuldhaftes Verhalten veranlasst habe. Auf diesen Beschluss wird Bezug genommen.
Gegen diesen ihm von Amts wegen am 20. April 2000 zugestellten Beschluss hat der Beteiligte zu 1 am 4. Mai 2000 die befristete Beschwerde eingelegt und sein Rechtsmittel am 5. Juni 2000, einem Montag, begründet. Er will es bei der Erteilung des Doppelnamens belassen. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze, Protokolle und die anderen Unterlagen Bezug genommen.
II.
Die befristete Beschwerde ist zulässig (vgl. BGH, FamRZ 1999, 1648) und begründet.
Der Elternteil, dem die elterliche Sorge für ein unverheiratetes Kind allein zusteht, und sein Ehegatte, der nicht Elternteil des Kindes ist, können, dem Kind gemäß § 1618 BGB durch Erklärung gegenüber dem Standesbeamten ihren Ehenamen erteilen. Sie können diesen Namen auch dem von dem Kind zur Zeit der Erklärung geführten Namen voranstellen oder anfügen; ein bereits zuvor nach Halbsatz 1 vorangestellter oder angefügter Ehename entfällt. Die Erteilung, Voranstellung oder Anfügung des Namens bedarf, wenn das Kind den Namen des anderen Eltern teils führt, der Einwilligung des anderen Elternteils und, wenn das Kind das fünfte Lebensjahr vollendet hat, auch der Einwilligung des Kindes. Das Familiengericht kann die Einwilligung des anderen Elternteils ersetzen, wenn die Erteilung, Voranstellung oder Anfügung des Namens zum Wohl des Kindes erforderlich ist.
Der Beteiligte zu 1 hat in die Voranstellung des Ehenamens der Mutter beim betroffenen Kind eingewilligt.
Die Ersetzung der Einwilligung zur Erteilung des Ehenamens der Mutter an das Kind ist zu dessen Wohl nicht erforderlich.
Die Anforderungen der durch das KindRG neu gefassten Vorschrift gehen deutlich über die Anforderungen hinaus, welche nach der Rspr. des BVerwG (vgl. FamRZ 1994, 439; 1996, 937) nach bisherigem Recht für die Einbenennung nichtehelicher Kinder bestanden. Es reicht danach nicht mehr aus, wenn die neue Namensführung dem Kindeswohl nur förderlich erscheint. Es kommt auch nicht darauf an, ob gegen die Einbenennung sprechende Gründe ersichtlich sind. Die Erforderlichkeit für das Kindeswohl muss vielmehr positiv festgestellt werden. Diese jetzt vorausgesetzte Erforderlichkeit stellt eine hohe Schwelle für einen Eingriff in das Elternrecht dar (OLG Hamm, FamRZ 1999, 736; 1380; Senat, FamRZ 2000,690; 2000, 696 je im Anschluss an Wagenitz, FamRZ 1998, 1545, 1551).
Es bedarf triftiger Gründe für die Zurückstellung des Interesses des nicht sorgeberechtigten Elternteils an der Erhaltung der Namenseinheit (OLG Köln, FamRZ 1999, 734). § 1618 BGB schützt das Interesse des anderen Elternteils am Fortbestand des namensrechtlichen Bandes zwischen ihm und dem Kind (BT-Drucks. 13/4899, S. 92; FamRefK/Wax, §1618 BGB Rdn. 6). Dabei hat der Gesetzgeber hervorgehoben, dass die Namensänderung zum Wohl des Kindes nicht nur dienlich, sondern erforderlich sein muss (BT-Drucks. 13/8511, S. 74). Diese gesetzliche Formulierung kann nicht unbeachtet bleiben (nach Wax, a.a.O. ist eine dem Kindeswohl dienende Einbenennung regelmäßig auch erforderlich; wie hier dagegen Schwab/Wagenitz, Das neue Familienrecht, S. 145). Denn es liegt auf der Hand, dass bei weniger strengen Anforderungen das Einwilligungsbedürfnis des Elternteils, der nicht Sorgerechtsinhaber ist, nur auf dem Papier steht, da das Kind regelmäßig unter dem bestimmenden Einfluss des Sorgeberechtigten steht. Es muss daher triftige Gründe geben, das Interesse des nichtsorgeberechtigten Elternteils an der Erhaltung des Namensbandes zurückzustellen (OLG Köln, FamRZ 1999, 735). Die Gesetzesneufassung will ausdrücklich die Bindungen des Kindes an den Elternteil, dem die elterliche Sorge nicht zusteht, auch im Bereich des Namensrechts stärken (vgl. Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 13/8511, S. 73 f. zu § 1618) .
Erforderlich ist eine Einbenennung infolgedessen nur, wenn sie für das Kind einen so hohen Nutzen verspricht oder konkret zu erwartende Schäden abzuwenden sind, weswegen ein sich um sein Kind verständig sorgender Elternteil auf der Erhaltung des Namensbandes zu dem Kind nicht bestünde (Wagenitz aa0, S. 1551 f.; OLG Braunschweig, OLG-Report 1999, 123 f., und OLG Celle, OLG-Report 1999, 141 f.; OLG Oldenburg, FamRZ 1999, 1381; OLGR 1999, 237; 2000, 22; OLG Rostock, FamRZ 2000, 695). Die Ersetzung der Zustimmung zur Einbenennung gemäß § 1618 IV BGB setzt voraus, dass die Interessen der Beteiligten umfassend abgewogen worden sind (vgl. OLG Köln, FamRZ 1999, 734) . Dies wiederum setzt voraus, dass die psychosoziale Situation des Kindes, in der Nachscheidungsfamilie und die Beziehung der Beteiligten zueinander und zu dem Kind und ihre Bedeutung für das Kind genau zu ermitteln sind und die Entscheidung unter Beachtung des Elternrechtes des Vaters ausführlich zu begründen ist (OLG Frankfurt, FamRZ 1999, 1379). Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist zu erwägen ob die mildere Möglichkeit einer „additiven“ statt einer „substituierenden“ Einbenennung ausreicht (vgl. OLG Frankfurt, FamRZ 1999, 1376; OLG Celle, FamRZ 1999, 1374). Im vorliegenden Fall ist diese Schwelle nicht erreicht.
Die Auffassung des Familiengerichts, wonach der Beteiligte zu 1 Umstände vorzutragen habe, die einer Ersetzung der Zustimmung entgegenstünden, trifft nicht zu. Derjenige, der die Ersetzung will, muss - im Rahmen des Amtsermittlungsgrundsatzes des § 12 FGG - darlegen, warum die Einbenennung zum Wohle des Kindes erforderlich ist. Unklarheiten gehen nicht zu Lasten des anderen Elternteils, der die Zustimmung verweigert. Im vorliegenden Falle sind ausreichende Gründe nicht genannt worden und auch nicht feststellbar.
Dem Wunsch des Kindes, den neuen Ehenamen der Mutter - zugleich deren Geburtsname - zu führen, kann in diesem Zusammenhang keine ausschlaggebende Bedeutung zukommen, denn nach der gesetzlichen Regelung ist die Einwilligung des Kindes in die Namensänderung grundsätzlich ebenfalls - weitere - Voraussetzung. Angesichts der vielfältigen Möglichkeiten des neuen Namensrechts, innerhalb einer Familie verschiedene Namen zu führen, ist auch ein etwaiger Erklärungsbedarf des Kindes gegenüber Mitschülern ebenso wenig ein Grund, welcher die Einbenennung für das Kindeswohl erforderlich macht (OLG Hamm aaO), wie belastend empfundene Fragen aus der Umgebung, solange sie über eine hinzunehmende Lästigkeit nicht hinausgehen.
Auch dem betreuenden Elternteil obliegt es dabei, dem Kind die in der Namensführung zum Ausdruck kommende Verbundenheit mit dem leiblichen Vater zu erklären und verständlich zu machen (HansOLG Bremen, OLGR 1999, 244). Jedenfalls ist es kein genügender Grund, wenn mit der Namensänderung nur verdeckt werden soll, dass das Kind einer geschiedenen Ehe entstammt (OLG Nürnberg, DAVorm 1999, 646) Das Familiengericht hat in erster Linie darauf abgestellt, dass die Beteiligte zu 2 und deren Ehemann mit der beabsichtigten Namenserteilung den Zweck verfolgen, die Integration der Kinder in ihre Familie nach außen zu dokumentieren. Ob dies ein anzuerkennender Wunsch ist (so OLG Oldenburg, FamRZ 1999, 1381) oder ob dem Erhalt der Bindungsbeziehung des Kindes zum leiblichen Elternteil Vorrang vor einer solchen Integrationsbestrebung der Vorrang zu geben ist (OLG Naumburg, OLGR, 2000, 128 und für das Umgangsrecht OLG Karlsruhe, FamRZ 1999, 184) kann dahinstehen, weil nichts ersichtlich ist für die Annahme, dass das seelische Wohl des Kindes beeinträchtigt wird, wenn es auch den Namen des Vaters führt, zumal in der heutigen Gesellschaft verschiedene Namen innerhalb einer Familie nicht mehr ungewöhnlich sind (vgl. OLG Düsseldorf, FamRZ 2000, 691; OLG Hamm, FamRZ 1999, 1380).
Nicht ausgeräumt ist, dass die Beteiligte zu 2 den Kontakt des Kindes mit seinem Vater nicht genügend fördere (vgl. § 1684 Abs. 2 BGB). Unstreitig hatte dieser in der Vergangenheit den ihm eingeräumten Umgang - einmal im Monat ausgeübt. Dies hat auch das Kind bei seiner Anhörung bestätigt. Dass aus dem Beteiligten zu 1 zurechenbaren Gründen die Bindung des Kindes zu ihm Not leidet, kann nicht festgestellt werden. Hingegen könnte es gegen die Einbenennung sprechen, wenn der betreuende Elternteil, der dem Kind seinen Ehenamen erteilen will, eine Entfremdungsstrategie betreibt (vgl. OLG Hamm, FamRZ 1999, 1380).
Unwidersprochen hat der Beteiligte zu 2 angegeben, zur Zahlung von Kindesunterhalt nicht leistungsfähig zu sein, sodass auch aus der Nichtleistung von Unterhalt nicht auf fehlende Bindungen geschlossen werden kann. Erst wenn eine Bindung als Beziehung zwischen dem Kind und dem anderen Elternteil tatsächlich nicht mehr (vgl. OLG Koblenz, OLGR 1999, 285) oder nur noch in einem Umfang besteht, der durch die Namensänderung allenfalls noch marginal berührt werden kann, kann es purer und unnötiger Formalismus sein, das Kind nur dem Namen nach in einer Bindung zu halten, die in der tatsächlichen Beziehung zu dem nichtsorgeberechtigten Elternteil keine Grundlage - mehr - findet (vgl. OLG Dresden, FamRZ 1999, 1378).
Ob der Auffassung des OLG Koblenz (FamRZ 2000, 692 Ls.) zu folgen ist, dass das (unberechtigte) Führen des Namens der neuen Familie und der Umstand, dass es nur unter diesem Namen in seiner Umgebung bekannt ist, genügt - dem Senat erscheint dies jedenfalls als alleiniges Kriterium nicht unbedenklich - kann dahinstehen, weil das betroffene Kind zwar sich unter dem Ehenamen der Mutter ansprechen lässt, nach eigenem Bekunden der Umgebung der andere Name aber bekannt ist und verwendet wird.
Die nachgeschobenen Gründe bezüglich der vom Beteiligten zu 1 früher einmal vorgeschlagenen Adoption sowie eines strafrechtlich relevanten Verhaltens sind unsubstantiiert.
Unter Berücksichtigung all dieser Umstände hat der Beteiligte zu 1 mit der Einwilligung in die Voranstellung des Ehenamens der Mutter das Wohl des Kindes jedenfalls nicht zu gering geachtet.
Schließlich begegnet auch die Kostenentscheidung des Familiengerichts erheblichen Bedenken. Der Ablauf des Verfahrens FH ... war zwar verzögert. Aus der Mitteilung des Standesamts ergibt sich aber, dass der Beteiligte zu 1 nur formlos „geladen“ wurde. Aus welchen Gründen er erst im März 2000 die Erklärung abgegeben hat, ist vom Familiengericht nicht aufgeklärt worden. Daher kann auch nicht beurteilt werden, ob er zurechenbar gehandelt und unnötigerweise die Beteiligte zu 2 zu einem neuen Antrag bewogen hat. In Verzug, den das Familiengericht sehen will, befand er sich jedenfalls nicht. Das hätte Veranlassung gegeben, die Erstattung der außergerichtlichen Auslagen nicht anzuordnen.
Dies geschieht nunmehr – mit Wirkung für beide Instanzen - gemäß § 13 a KostO. Der Wert des Beschwerdeverfahrens ist gemäß § 30 KostO festgesetzt worden.
[editiert: 17.05.04, 16:32 von Ingrid]