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BAS-LAG: Das China Miéville-Forum
Das Forum für Fans von China Miéville und seiner Romane
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Theophagos
Dauerschreiber
Beiträge: 113
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Erstellt: 26.10.06, 14:49 Betreff: Re: SUBs...oder was lest Ihr derzeit?
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Seblon, lektüre-technisch haben wir ja einige Gemeisamkeiten:
Meister Li kenne ich nur den ersten; der ist aber wirklich gut. Ich plane auch immer noch die beiden Folgebände zu lesen.
"Die Tore zu Anubis Reich" ist komplex, kompliziert und spannend. Genial ist, wie es dem Autor immer wieder gelingt, das Ergebnis vorauszuschicken, dann aber im Laufe des Geschehens die Bedeutung davon so sehr zu verändern, dass man eigentlich nichts weiss. Und das gelingt ihn wirklich immer wieder. Ist letzlich aber doch 'nur' gute Unterhaltung.
"In meinem Himmel" ist großartig - eine Rezi von mir findest du auf der BP (unter "Lovely Bones"). Falls Mainstreamer sich mal wieder über Fantasy echauffieren: Sogar die Hobbits-hassende Heidenreich hat Sebolds Erstling gelobt.
"Die letzte Schlacht der Orks" und "Morphogenesis" habe ich auch (ungelesen) im Regal liegen. Wie auch "Jonathan Strange & Mr. Norrel".
Zu den anderen Büchern kann ich nichts sagen.
"Akira" ist natürlich cool.
Ich selbst lese gerade "Grüne Augen" von Lucius Shephard. Hab' knapp 100 Seiten gelesen, aber so richtig mitreissend ist es nicht.
Daneben lese ich von Leiber "Der Traurige Henker" - sehr unterschiedlich, aber vom Stil her immer schön ironisch - und a- bis unmoralisch. Leiber gibt an, dass zu seinen Vorbildern für Fafhrd und besonders dem Mausling nicht die Neune Gefährten gehören, sondern Cabells Jürgen - der ja sowieso zu meinen Lieblingen gehört.
Danach kommt von Italo Calvino "Wenn ein Reisender in einer Winternacht" - großartiges literarisches Verwirrspiel.
Theophagos
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Seblon
Administrator
Beiträge: 354 Ort: Bochum/NRW
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Erstellt: 26.10.06, 17:21 Betreff: Re: SUBs...oder was lest Ihr derzeit?
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@Theophagos
Ja, tatsächlich haben wir scheinbar einen recht ähnlichen Literatur-Geschmack. Ein für mich wichtiges Kriterium bei der Wahl meiner Lektüre ist immer das Sujet und seine Originalität.
Von Fritz Leiber habe ich mal einige Shortstories gelesen, die mir ähnlich gut gefallen haben , wie die Sachen vom großen Robert Sheckley. "Die Abenteuer von Fafhrd und dem Grauen Mausling" wollte ich immer mal lesen, dachte dann aber, dass mir die Romane doch vielleicht zu sehr konventionelle Fantasy sind.
Was kannst Du über den Zyklus sagen?
"Jonathan Strange & Mr. Norrell" von Susanna Clarke kann ich trotz seiner Längen nur empfehlen (habe ich ja auch bereits in einem anderen Thread! ).
Es grüßt
Actibus aut verbis noli tu adsuescere pravis.
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Theophagos
Dauerschreiber
Beiträge: 113
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Erstellt: 26.10.06, 19:40 Betreff: Re: SUBs...oder was lest Ihr derzeit?
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Über Leibers "Fafhrd & Grauer Mausling" kann ich mittlerweile eine ganze Menge sagen; ich versuche mal nur wenig zu plappern.
Es ist Heroic Fantasy - wer so was per se nicht mag, sollte einen Bogen drum machen. Doch es ist keineswegs 08/15 Heroic Fantasy - es ist immer ironisch gebrochen, manchmal geht es soweit, dass es eher an eine Satire oder Parodie auf HF erinnert. Die Geschichten wurden über einen weiten Zeitraum geschrieben, der Stil und die Art der Geschichten haben sich im Laufe der Zeit deutlich gewandelt. Anfangs waren sie vielleicht etwas naiver und kraftvoller, später werden sie sardonischer (ein wichtiges Wort: Sardonisch!) und hintergründiger. Einige Geschichten sind "Vignetten", gerade mal 2 Seiten lang, andere sind ganze Romane. Was ich sagen will: Es gibt riesengroße Unterschiede zwischen den einzelnen Geschichten. Einige der kürzeren Geschichten sind so - hmm - knapp & zusammenfassend, dass ich mich ernsthaft frage, was sich Leiber bei der Veröffentlichung gedacht hat.
Die Helden: Fafhrd & der Graue Mausling sind echte Abenteuer: Sie saufen und huren, sie 'verdienen' ihr Geld durch Diebstahl und - mal weniger mal gar nicht - sanktionierten Gewalteinsatz. Die beiden sind a- bis unmoralisch. Wenn's um ein schönes Mädchen geht, sind sie bereit über Leichen zu gehen - und wenn sie vergräzt mit einander sind, dann auch über die des Partners. Oh, und Vergewaltigung ist für beide kein Thema - natürlich wenden sie nicht mehr Brutalität an als notwendig ist. Für gewöhnlich haben sie allerdings genug Geld um derartige Notsituationen vermeiden zu können. Hin und wieder werden sie allerdings von Resten eines Gewissens (Fafhrd deutlich mehr als der Mausling) zu ungewöhnlichen Taten angeregt. Der Mausling ist dann meist ein bißchen beschämt. Die beiden zählen eigentlich nur deshalb zu den Guten, weil sie zu eitel und eigensinnig sind um sich den Oberbösewichten zu unterwerfen und zu unorganisiert sind um selbst welche zu sein. Manchmal sind sie auch nur unaufmerksam und bekommen nicht rechtzeitig mit von wo der Wind gerade weht. So streiten sie halt für das Gute. Oder wenigstens gegen die Bösen.
Das Setting: Lankhmar & Nehwon. Lankhmar ist das Zentrum Nehwons, es ist die Stadt der schwarzen Togen - einst waren sie weiss, doch aufgrund der Verschmutzung wurden sie nie heller als grau; ein pragmatischer Magister entschied dann, dass sie Schwarz zu färben seien. In der Stadt gilt Dekadenz nicht als Schimpfwort. Sklaven, Diebesgilden und Korruption. Jede Menge Huren und Saufspilunken - was könnte schöner sein? Die Stadt erinnert an eine Mischung aus New Crobuzon und Ambra - allerdings ohne Industrialisierung. In Nehwon und Lankhmar finden sich mannigfaltige Groteskerien und originelle Einfälle. Leiber ist allerdings kein Weltenbauer, sondern ein Fabulist - was heute so ist, mag morgen anders sein. Mal ist Fafhrd abergläubisch und der Mausling rationalist, mal ist es umgekehrt. Leiber schert sich einen Dreck um Plausibilität und Kontinuität, wenn es seinen Geschichten dient. Hauptsache schräg.
Leibers "Fafhrd & Grauer Mausling" Geschichten sind vielfach Vorbild für Pratchetts Ankh-Morpok (Lankhmar & Götter) und ich meine auch für Mary Gentles "Herr der Ratten" (Lankhmar und - naja - Ratten).
Was auch immer, konvetionell ist es mit Sicherheit nicht. So, ich glaube für einen ersten Überblick reicht das mal.
Theophagos
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molosovsky
Experte
Beiträge: 230 Ort: Ffm
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Erstellt: 26.10.06, 21:02 Betreff: Re: SUBs...oder was lest Ihr derzeit?
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Fritz Leiber (bayerischer abstammung wenn ich nich irre) schreibt konventionell. Das tut aber auch z.B. Dick in seinen kurzgeschichten.
Fafhrd & Grauer Mausling kann ich gar nicht genug loben. Gradaus, stimmig, äktschnreich und immer mit feinen dramaturgischen drehs. UND: soweit ich weiß, ist die diebsgilde von Lankhmar die backform gewesen z.B. für entsprechende RPG-›klischees‹, siehe Doungeons & Dragons.
Freilich erschließen sich die Leiber-geschichten am ehesten als ›richtige burschen‹-abenteuer, daher das saufen, huren, stehlen und killen. Männerheldentum der gossigen sorte halt. Doch selbst wenn es da einem ideologisch die nackenhaare aufstellt: gut gemacht und vergnüglich zu lesen sind die sachen dennoch. Zumindest auf englisch. Zur übersetzung kann ich nix sagen, aber bei EP sollte es da nicht so haken wie vielleicht bei anderen verlagen.
Grüße Alex / m.—
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Seblon
Administrator
Beiträge: 354 Ort: Bochum/NRW
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Erstellt: 26.10.06, 22:44 Betreff: Re: SUBs...oder was lest Ihr derzeit?
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Da ich in extremer Regal-Enge meine Romane (leider!) in Zweierreihen stellen muss, ist mir erst gerade, als ich Bücher für den Amazon-Marketplace zusammengesucht habe, ein Fantasy-Sammelband mit einem Fritz Leiber-Roman (und einem Salvatore...) in die Hände gefallen. Immer wieder schön, in einer solchen Fülle von Büchern Überraschungen zu erleben... In dem erwähnten Band ist Schwerter und Teufelei von Leiber zu finden. Ist das einer der ersten "Fafhrd und grauer Mausling"-Romane?
Es grüßt
Actibus aut verbis noli tu adsuescere pravis.
[editiert: 26.10.06, 22:45 von Seblon]
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Theophagos
Dauerschreiber
Beiträge: 113
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Erstellt: 27.10.06, 10:22 Betreff: Re: SUBs...oder was lest Ihr derzeit?
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Hallo Alex:
Fritz Leiber schreibt konventionell.
Meinst du die Form/Erzähltechnik? Storytechnisch/Inhaltlich müsste ich scharf widersprechen. Vom Stil her ist es halt typisch modern, allerdings knapp und ironisch. Nichts völlig neues (s. Cabells Jürgen), aber für Fantasy schon ungewöhnlich.
Freilich erschließen sich die Leiber-geschichten am ehesten als ›richtige burschen‹-abenteuer, daher das saufen, huren, stehlen und killen.
Mit den Winkelklammern, vermute ich, willst du die Ironie Leibers kenntlich machen. Ich bin immer neugierig auf andere Lesarten - welche kennst du denn noch?
Die EP-Übersetzungen sind gelungen. Die anderen haken, wie Alex schon meinte. Die Übersetzung in Heynes Fantasy RA Salvatore & Fritz Leiber Jubi-Ding ist halt von '72. Heyne schreibt zwar was von ungekürzt, aber ich habe das anders in Erinnerung, kann mich allerdings täuschen. In "Schwerter und Teufelei" sind die Einstiegsgeschichten von Fafhrd ("Schneefrauen") und dem Grauen Mausling (als er noch die Maus war: "Der unheilige Gral") enthalten. Rezis von mir auf BP. Die eigentlich dazu gehörige dritte Geschichte "Schicksalhafte Begegnung in Lankhmar" ist nicht enthalten.
Theophagos
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molosovsky
Experte
Beiträge: 230 Ort: Ffm
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Erstellt: 27.10.06, 11:24 Betreff: Re: SUBs...oder was lest Ihr derzeit?
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Servas Gottesfresser.
> Meinst du die Form/Erzähltechnik? … Vom Stil her ist es halt typisch > modern …
in etwa das meine ich mit ›konventionell‹. Und ich mein das nicht bös. Gutes, heutiges erzählhandwerk halt. Nicht zu platt, nicht zu steil.
>> Freilich erschließen sich die Leiber-geschichten am ehesten als >> ›richtige burschen‹-abenteuer, daher das saufen, huren, stehlen und >> killen. > > Mit den Winkelklammern, vermute ich, willst du die Ironie Leibers > kenntlich machen. Ich bin immer neugierig auf andere Lesarten - welche > kennst du denn noch?
Naja. Man KANN freilich die Leiber-geschichten auch total ernst nehmen. Dann sind das eben so agenten-stories in fantasykulisse. Ich nehm so kämpfer- und heldenzeug meistens nicht ernst, und hatte entsprechend bei Leiber das gefühl, einen bübisch zwinkendern schelm-schriftsteller zu lesen. (Aber ich find ja z.B. auch »Starship Trooper« den film intelligenter und besser als das originalbuch).
> Die EP-Übersetzungen sind gelungen.
Ach ja: die EP-übersetzung beruht meines wissens auf der »ausgabe letzter hand«, die beim US-verlag White Wolf mitte der 90ger in vier bänden erschien (mit coverbildchen von Mike »Hellboy« Mignola!). Gibts auch TB-ausgaben. Ich hab die UK-lizenzausgabe von Millenium/Orion.
Grüße Alex / molo
P.S.: Das hier sind winkelklammern: > und <. Kennt man vom html-schreiben. Was ich zum kennzeichnen von schwebenden begriffen verwende, sind einfache französische anführungszeichen. ‹ und ›
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Theophagos
Dauerschreiber
Beiträge: 113
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Erstellt: 11.11.06, 19:48 Betreff: Re: SUBs...oder was lest Ihr derzeit?
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So, Leibers "traurigen Henker" habe ich durch. War gut & flott zu lesen, besonders "Die Schwerter von Lankhmar" ist schön grotesk, aber die "Frostmonstreme" oder "Die Eislande" sind auch nicht zu verachten. Die Kurzgeschichten um die Auseinandersetzung mit Tod fand ich etwas schwach - aber die waren ja nur kurz.
Italo Calvinos "Wenn ein Reisender in einer Winternacht" habe ich auch durch - und das ist wirklich ein Knaller. Calvino schreibt eine Liebesgeschichte: Du, lieber Leser, möchtest gerne mit Ludmilla zusammen sein, doch sie kennt so viel mehr Bücher als du - da wirst du leicht unsicher. Doch wie der Zufall es will, bekommt ihr beide aus versehen den höchstgelobtesten Roman der kimmerischen Literatur - doch wie sich herausstellen wird, wurde er nach dem Krieg im Kimbrischen vollendet - gemeinsam mit ihr wirst du in eine bizarre, weltumspannede Verschwörung um Buch-Fälschungen verwickelt. Eingestreut in diese Ramenhandlung um Leser, Autoren, Verlagsmenschen, Fälscher und Zensoren sind sehr unterschiedliche Romananfänge. Neben einem Spiel mit Fiktionsebenen sticht vor allem die Erzähltechnik hervor: Aus der Du-Perspektive schildert ein auktorialer Erzähler eine postmoderne Geschichte voller Intertextualität und Selbstreferentialität. Hat mir sehr gefallen. VanderMeer befragt nach literarischen Vorbildern heftete sich Calvinos Reisenden an die Brust. Zurecht.
Jetzt habe ich gerade mit Doris Lessings "Anweisung für einen Abstieg zur Hölle" angefangen. (Wobei ich den englischen Titel lieber mag: "Briefing for a Descent into Hell.") Scheint erstmal um einen Altphilologen mit massiven Wahrnehmungsstörungen zu gehen. Er ist in ein Sanatorium eingeliefert worden, wähnt sich aber ein Schiffsbrüchiger auf einem Floss zu sein - eine Feuerscheibe hatte seine Freunde abgeholt. Erinnert mich ein wenig an VanderMeers "Der seltsame Fall von X" - zumal die Doktoren nur mit X und Y abgekürzt werden. Ist aber leider etwas zäh.
Theophagos
PS: Auf meiner Tastatur habe ich keine französichen Anführungszeichen - nur Winkelklammern. Wo ich die beiden nebeneinander sehe, erkenne ich auch den Unterschied.
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molosovsky
Experte
Beiträge: 230 Ort: Ffm
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Erstellt: 11.11.06, 23:41 Betreff: Re: SUBs...oder was lest Ihr derzeit?
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Hallo Theophagos.
OT: Ich hab die französischen Anführungszeichen auch nicht etwa auf den Tasten, aber eben nachgeguckt, wo die liegen. Die einfachen › und ‹ sind (Mac-Tastertur) Alt+Hochstell und dann n bzw. b. Die doppelten » und « sind Alt+Hochstell+Q und Alt+Q.
Wie mit PC/Linux/Windows-Tasterturen, weiß ich nicht. Ich hoff, daß läßt sich rauskriegen, falls Dir die franz. Anführungszeichen gefallen.
Grüße Alex / molosovsky
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molosovsky
Experte
Beiträge: 230 Ort: Ffm
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Erstellt: 12.11.06, 00:55 Betreff: Re: SUBs...oder was lest Ihr derzeit?
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Derzeitiger Lesestoff. Neben Barock-Zyklus II, The Confusion auf Deutsch (nachdem ich auf englisch schon einmal Master Stephensons Meisterwerk verschlungen habe) und Lady Clarks Jonathan Strange 6 Mr. Norrell hab ich jetzt grad in der Mache:
VISIONEN 3: PLASMASYMPHONIE: Hrsg. Helmut W. Mommers. 14 aktuelle SF-Kurzgeschichten. Bisher hab ich zwei durch und bin begeistert. Wenn es so weitergeht, scheint das eine angenehm vielseitige Kollektion zu sein. Lohnt sich für 15 Euro.
MARVELL 1602 von Neil Gaiman. Gibts jetzt als recht günstiges Trade (so um die 16-18 Euro zu haben). Die Idee kommt mir sehr zupaß: Was wäre, wenn man die Figuren aus X-Men und anderen Marvell-Superheldencomics in das Jahr 1602 versetzt. Queen Elizabeth I lebt ihre letzten Tage als alte Herrscherin und der mächtigste Gegenstand der Welt wird von dem Chef der Templer von Jerusalem nach England geschmuggelt, während die Inquisition mit dem fanatischen Protestanten James von Schottland schon bereitsteht, die X-Men, äh der Hexenbrut von Carlos Javier (Prof. X) den Garaus zu machen. Außerdem trifft ein junges Mädchen und ihr indianischer Leibwächter aus den Kolonien in England ein; sie ist die erste Kolonistin, die in der neuen Welt geboren wurde. Seltsame Wetterphänomene suchen Europa heim. Es wird doch nicht das Ende der Welt an die Pforten des Schicksals klopfen. — Ich als Marvell-Ignorant bin äußerst angetan von der flott-anachronistischen Schreibe Gaimans. Zudem ist dei digitale Kolorierung schlicht bezaubernd, und die altmodischen Scratchboard-Covers der einzelnen Kapitel erfeuen mein Herz außerordnentlich.
Zudem möchte ich den gesellschaftskritischen und Zeitläufte-Interessierten unter Euch die diesmontige Ausgabe von Le Monde Diplomatique zur inniglichen Beherzigung nahelegen. Ich hab am vergangenem Freitag die TAZ gekauft, wo die Le Monde billig beiliegt, und muß Euch also zu meinem VBerdruß leider zumuten, entweder noch bis zum Erscheinen der nächsten Ausgabe dieser Monatszeitung zu warten (weil dann die vergangenen artikel im Netz bei der TAZ für umsonst freigeschaltet werden), oder eben schwindelerregde 4 Euro (in etwa) hinzuklimpern für anscheiend lächerliche 22 Seiten Zeitun. Die Nummer des Novembers ist das Geld aber so oder so wert, weil: Es einen schönen Artikel zur Wissenschaftsgeschichte der letzten ca. 200 Jahre gibt; Es einen erschröcklichen Bericht über die Schule der Rechtslosigkeit gibt, welche die zivile Hochsicherheitsgefängnis der USA darstellen, und was dei mit den Geheimgefängnissen und solchen Orten wie Camp Delta auf Kuba und dem unseeligen Ort der Folterentgleisunen betrifft, der so finster ist, daß ich seinen Namen nicht nennen möchte, an dem aber nackte Leiber von ihrem eigenen Unrat beschmutzt Pyramiden zur Belustigung ihrer Kerkermeister bilden mußten, gibt; Weil es einen hervorragenden Bericht über die Kunst des Geschichtenerzählens (storytelling) und dessen Aufstieg in politische, wirtschaftliche, marketing und fimenbezogene sowie allgemeine Mediensphären gibt. Alles sehr spannend für Phantasten, die sich der heiklen Tatsache gewahr sind, daß Phantastik, also durch Schilderungen andere Personen Dinge ›sehen zu lassen‹ und vor ihrem inneren Auge ›erscheinen zu lassen‹ die Hauptkunst und Waffe ist, wenn man Menschen und Gruppen für seine Zwecke zurechtkneten will. In der Tat: lassen sich eben auch aus Ideen, aus Sehnsüchten, aus Ängsten Golems machen. — Werft einen Blick in die neue Le Monde, meine Freunde.
Bis zu den nächsten Tipps, wünsch ich Euer allem Wohlergehen Bewahrung vor Unbill und verbleibe wie immer Euer in aller Bescheidenheit unmäßiger Hupfidupf Alex / molosovsky
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