Seblon
Administrator
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Erstellt: 06.02.07, 16:52 Betreff: Re: SUBs...oder was lest Ihr derzeit? |
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Vielen Dank für Deine interessanten Ausführungen.
Tatsächlich habe ich die Utopie bzw. ihre dunkle Schwester der Endzeit, die Dystopie, als sehr eindeutig immer nur der SF zugerechnet. Fantasy-Utopien sind mir bisher nicht begegnet. Danke für den Hinweis auf den Roman von MacDonald.
Ich frage mich tatsächlich, ob sich die SF durch ihr längeres Bestehen als literarisches Genre in soweit freigeschwommen hat, dass sie Autoren hervorgebracht hat, wie z.B. Philip K. Dick, Ray Bradbury, Robert Sheckley oder eben auch Philipp José Farmer etc. die detailverliebte, gesellschaftskritische Phantastik mit literarischen Anspruch zu vereinen wussten. Natürlich gibt es die BATTLE-TECH-Leser, aber ich halte sie für eine eher kleine Gruppe innerhalb des SF-Fandoms.
Im Bereich der Fantasy ist Tolkien ein übermächtiger Schatten, der sowohl die Leserschaft, wie auch die Verlage in einer sehr engen Schublade gesteckt hat, aus der sie sich seit 50 Jahren kaum befreien konnten. Leider verkaufen sich die flachsten Tolkien-Plagiate immer noch sehr viel besser als jeder Autor, der versucht, in der Fantasy andere und neue Wege zu beschreiten. Weil dies so ist, wirkt der Fantasy-Markt sehr homogen flach. Dazu passt eben auch, dass Miéville zum Beispiel in Deutschland immer nur ein Geheimtipp ist und bei jedem seiner neuen Romane die Gefahr besteht, dass dieser nicht mehr in einer deutschen Übersetzung erscheint, weil z.B. Bastei Luebbe lieber den 100. Tolkien-Verschnitt veröffentlicht, der sehr erfolgreich ist, als einen Roman, der den vielleicht eher konservativen Fantasy-Lesern in seiner Originalität zu prätentiös ist und der dann wie Blei in den Regalen liegen bleibt.
Während ich bei der SF so etwas wie eine gesunde, dynamische Evolution wahrnehme, erscheint mir das Fantasy-Genre doch eher statisch und unbeweglich. Aber vielleicht kommt man auch über diesen Gedankengang dem Phänomen näher. Während die Sehnsucht nach Wundern, Göttern, Magie und Traditionen der Fantasy immanent erscheint, ist gerade die Veränderung bzw. die Evolution (technisch und gesellschaftlich) die Essenz der SF. Während die Fantasy von der Hoffnung auf ein Zurück lebt, fordert die SF mit lauter Stimme ein "Vorwärts".
Bleibt also zum Schluss der Eindruck, dass der herkömmliche Fantasy-Leser ein konservativer Traditionalist ist, der sich eben gegen jede Veränderung stemmt?
Es grüßt
Actibus aut verbis noli tu adsuescere pravis.
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