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molosovsky
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Beiträge: 230


New PostErstellt: 16.02.07, 15:05     Betreff: Re: Pro & Contra bekannte Fantasy-Settings und -Archetypen

X-Men Origins - Wolverin...
Einspruch:
> • Als zweites habe ich schon Mervyn Peake und seinen
> Gormenghast-Zyklus genannt, vor allem Band 1 und 2: Rein äußerlich
> auch ein mittelalterlich- bis frühneuzeitliches Setting, das noch dazu
> (böse, böse) feudalistische Strukturen thematisiert. Trotzdem ein
> Vorbild von Mieville und sehr ... eigen.
Im Gegensatz zu Tolkien war Peake kein Exeget frühchristlicher
Glaubensdiskurse. Die ›alte Welt‹ die in Gormenghast verhandelt wird,
ist das viktorianisch/edwardische England, bzw. die ständischen Rituale
der chinesischen Gesellschaft, die Peake als Kind erlebte. - Freilich
hängt diese Sicht davon ab, was ich als ›typisch mittelalterlich‹
ansehe, oder was ich vermute, was für die Fäntäsy-Verköstiger als
›typisch mittelalterlich‹ gilt. Für mich ist zum Beispiel der durch
Mangelernährung geschwächte Pächter, der auf der harten Ackerkrume
rumkratzt um einiges ›typischer‹ mittelalterlich, als ein Vertreter
der Adels- und Ritterschicht. Natürlich denken die Meisten eher an die
›tollen‹ Aspekte einer Epoche. Aber wie groß auch die romantische
Sehnsicht nach ›richtigen Kerlen‹, ›klarem Weltbild‹ und
›Lagerfeuerromantik‹ sein mag, zu einem typisch mittelalterlichen
Zahnarzt würde wohl kaum einer freiwillig gehen (nebenbei: »The Beach«
berhandelt das sehr schön). Typisch Mittelalter ist für mich ein König,
der nicht lesen und schreiben kann (siehe Karl der Große). Für andere
Leut sind prächtige Rüstungen, Schwerter (die nebenbei geklagt oftmals
gar nicht praktikabel sind) mit Runen, Burgen mit aberwitzigen Zinnen
usw als ›typisch mitelalterlich‹ gelten. — Kurz: vor allem in den USA
(aber auch anderswo) ist Fäntäsy zu einem Großteil ein Trost, weil man
selber in einem Land wohnt, das keine europäischen Burgen un antike
Stätten usw aufzuweisen hat. Entsprechend sind auch eher die
romantischen Geschichtsverklärungen des 18/19. Jhds der Quell dieser
Art von Fäntäsy (man vergleiche Moritz von Schwind mit den Gebrüdern
Hildebrandt!).

Ich stimme zu, daß wohl kaum ein Subgenre an sich schlecht ist. Aber,
man kann eine Sache zu Tode reiten. Ein solcher toter Gaul ist die
›Mittelalterfäntäsy‹. Resummee: nein, nicht das Setting an sich
bestimmt die Qualität, sondern eben die Inszenierung und
Instrumentalisierung des Settings (man beachte zum Beispiel, welche
Aspekte des Wilden Westens in einem Popkorn-Western wie der »Young
Guns«-Reihe überhoht und vernachlässigt werden, und was nun ca. 15
jahre später so eine anthropologisch ›harte‹ Serie wie »Deadwood« aus
dem Genre macht).

Grüße
Alex / molo
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