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molosovsky
Experte

Beiträge: 230


New PostErstellt: 16.02.07, 16:09     Betreff: Re: Pro & Contra bekannte Fantasy-Settings und -Archetypen

Michael Jackson's This I...
Hi Lomax.

Möglichst enge Genrerahmen verwende ich immer nur von Einzelfall zu Einzelfall. Dieses nominalistische Herumdefinieren halte ich für einen großen Spaß, aber eben für einen vergeblichen.

Ich bin ein Freund der Maximal-Definition: alle Kommunikation hat ihre phantastischen Aspekte. —Kannst Du mich sehen lassen, für mich erscheinen lassen, wie ich zum Hauptbahnhof gelange?
—Ja da gehst Du bliblablub, und Du bist da.

Auf dieser pragmatisch, banalen Ebene setzt ich noch nicht an, wohl aber, sobald es ›philosophisch‹ und spekulativ wird. Was ist der Sinn des Lebens? Was können wir wissen, dürfen wir hoffen? usw. Und erst recht wende ich meine Maximalsicht an, wenn solche philosophischen (oder auch moralischen, politischen usw) Dinge in ästhetischen Medien aufbereitet werden. Grob gesagt: alle Kunst ist Phantastik (fragt sich halt, ob wie beruhigen, vermitteln oder verstören will).

Als Maximal-Phantast frage ich mich zum Beispiel: Warum nicht Philosophie, Theologie und Literaturwissenschaft z.B. unter dem Schirm der ›Vergleichenden Literaturanthropologie‹ zusammenspannen. Ja weil Pfründeverteidungen und Deutungsrangeleien dies noch verhindern (die Eisenkugeln der ›Tradition‹).

    Zitat:
    Ich gehe mal davon aus, dass du Fantasy/Horror/SF meinst, was die gängige Einteilung für die Genre-Literatur ist.
Jupp. Schlampig von mir, daß ich bei Fantasy eben immer ›Fäntäsy‹ denk, oder im Stillen um irgendeine Subgenreschublade ergänze (High, Low, Urban, Dark usw). Das mach ich aber auch nur, um mich wenigstens ein wenig an ›Markt- und Sprachgepflogenheiten‹ zu halten.

Weil: Englisch Fantasy heißt eben Phantastik. Das ›Fantasy‹ eben ›Phantastik‹ bedeutet, ist ja auch ein Punkt, auf dem auch manche englischsprachige Phantasten herumreiten. Ich seh mich da also nicht allein auf weiter Flur stehend, sondern beobachte mal erstaunt, mal amüsiert, mal mit Unbehagen, wie Leser sich Zeugs aneigenen, solange bis Akademiker ihnen auf Irrwege folgen. Frag mal Tolkienfans (vor allem junge!) was denn HDR laut seinem Autor ist. ›Fantasy‹ oder ›fairy tale‹ ist falsch (richtig ist ›heroic romance‹).

— Alles was Du, Lomax, über kommerzielle Gravitationszentren schreibst, läßt sich auf Begrifflichkeiten übertragen. Wenn nur genug Leute etwas Falsches wiederholen und anwenden, schleift es sich halt ein. Als Querulant erfülle ich nur meine Pflicht, wenn ich solchen Leuten nicht recht geb (mitm Fuß aufstampf :-)

    Zitat:
    Aber aus der Perspektive der allgemeinen Literaturwissenschaft ist das allenfalls die Peripherie der Phantastik, wobei noch darüber zu streiten ist, wie weit SF und Fantasy überhaupt zur phantastischen Literatur zählen. Der Kernbereich der Phantastik wären eher die Geschichten mit phantastischem Element, die nicht den drei Genres angehören
Was Genre-Theorie und Praxis betrifft hinkt ›unsere‹ Literaturwissenschaft (Germanistik) arg hinterher. Ansonsten klingt dieser Absatz ein bischen nach Todorov, den ich für einen der unglückseligsten ›Theoretiker‹ des Phantastischen halte. Sein ›Standardwerk‹ ist eines der großen Mißgeschicke der Lit-Wissenschaft (so wie Freud ein großer Unfall der Philosophie/›Medizin‹ war).

    Zitat:
    oder wo würdest du "Fool on the Hill" in dieser "Trias" einordnen?
Wenn man einordnen will, dann ist Ruffs Erstling Fantasy (wie auch »Ich und die Anderen«˛ »G.A.S« ist SF). So mach ich das halt immer von Fall zu Fall.

Als Maximalist interessiere ich mich eben mehr für die globalen Eigentümlichkeiten der Phantastik. Phantastik als Bezeichnung für Metaphernpraxis (das Boot ist voll; das Haus Europas; Gesichtsmoos = Bartwuchs; Erdakhne = Maulswurfhühel; Pilgerwege durch ›moralische Landschaften‹; Innenwelt-Ereignisse mit Außenwelt-Begriffen fassen; Unbelebtes mit Begriffen den Lebendigen beschreiben {ES blitzt — Wer blitzt?}; Gedankenexperimente).

Entsprechend kann ich eben irgendwelchen kleinen Betrachtungs-Rahmen nicht als was fixes oder Allgemeineres nehmen. Frei nach Friedell: «Die Wirklichkeit ist immer und überall gleich˛ — nämlich unbekannt«.

Grüße
Alex / molo


[editiert: 16.02.07, 16:15 von molosovsky]
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