Theophagos
Dauerschreiber
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Erstellt: 15.02.07, 22:32 Betreff: Re: Pro & Contra bekannte Fantasy-Settings und -Archetypen |
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@Lomax: So wie ich das sehe, projizierst du einige deiner Befürchtungen in meine Äußerungen. Ich sage nicht: Fantasy ist schlecht, weil es Fantasy ist; ich sage: Fantasy (und Literatur insgesamt) neigt dazu schlecht zu sein, wenn sie unoriginell (das ist übrigens ein Synonym von 'fantasielos') ist. Nun kann man natürlich entgegnen, dass es keine objektiven Kriterien zum Beurteilen von Bücher gibt und es daher subjektive Geschmacksurteile sind, man also nicht sagen sollte: "Das Buch ist schlecht," sondern: "Das Buch gefällt mir nicht." Dem würde ich entgehen halten, dass es allerdings intersubjektive Kriterien gibt, aber das ist eine andere Diskussion, die ich auch ein anderes mal führen wollte.
@Alex: "Die Glückssucher" nutzt in mancherlei Belang durchaus Elemente der epischen Fantasy - bloß Hosen flicken, Tee kochen und Kühe melken wirst du also nicht finden. Zudem ist es auch eher ein industrielles Setting (wenngleich es so gar nicht wirkt), aber die großen Heldentaten kommen sehr beiläufig daher: Im dritten Band (den ich gerade gelesen habe) geht es darum einen Evil Overlord zu Fall zu bringen - dieser allerdings wirkt wie ein Computervirus und einer der zentralen Helden macht so auch nichts anderes, als 'Antiviren-Software' entwerfen; nach getaner Arbeit geht er dann zu seiner Frau nach hause, die ihn daran erinnert, dass er schon wieder sein Mittagessen auf dem Küchentisch vergessen hat. Von der anderen Hauptfigur - Ashleigh - erfährt man viel über das Leben als fahrender Anstreicher/Maler. John Crowleys "Little, Big" könnte auch was in der Richtung sein, das habe ich allerdings noch nicht gelesen.
@Alechandro: Gute Horror-Geschichten kann man m. E. nur schwer empfehlen, da Angst etwas sehr persönliches ist: Der eine kann kein Blut sehen und wird Ohnmächtig, wenn Angelhaken, Augen und Schreie in einem Satz erwähnt werden, den anderen lässt das völlig kalt, der bekommt Panik, wenn es um Spinnen geht. Eine andere Sache ist die Frage, was man alles dazu zählt: Nur Literatur, die ängstigen soll? Was ist mit der 'grausamen' Literatur? Was mit Splatter/Ekel-Literatur? Muss es immer Übernatürlich sein? Wie stehts mit der Dystopie? Ich ziehe mal weite Kreise.
Im Kern steht sicherlich die übernatürliche Gruselgeschichte:
Stephen Kings "Shining" und Shirley Jacksons "Spuk in Hill House" sind beide ganz hervorragende "Hounted House" Geschichten: Es geht um einen verdorbenen Ort, das Haus, das seine Bewohner aufzehrt.
E.F. Bensons "Die Turmstube" und H.P. Lovecrafts "In der Gruft" haben beide den lebenshungrigen Toten zum Inhalt, der es mir besonders angetan hat.
Vampire sind ein weiteres zentrales Thema:
Bram Stoakers "Dracula" will ich nicht verschweigen, unheimlicher finde ich allerdings die Russen: A.K. Tolstois "Die Familie des Vampirs" und "Der Vampir" sind beide sehr stimmungsvoll. Nikolai Gogols "Der Wij" schildert den Vampir als brutale Urmacht des Bösen. Aber Seblon kennt sicherlich mehr.
Arthur Machens "Furcht und Schrecken" schließt da locker an: Hier geht es um unheimlich, unmögliche Morde.
Beim Splatter kenne ich mich nicht so aus; die Stephen King Romane, die unter dem Pseudonym "Richard Bachman" erschienen sind - bes. "Menschenjagd", "Sprengstoff" und "Der Todesmarsch" - hatten mir vor Jahren gefallen.
Und zum Schluss noch ein paar besondere Lieblinge: Ambrose Bierce ('Bitter-Bierce'): "Die Brücke über den Eulenfluss"; im amerikanischen Bürgerkrieg soll ein grauer Saboteur von blauen Soldaten gehenkt werden - ein Wunder geschieht und das Seil reißt ohne dem Saboteur das Genick zu brechen - er versucht zu fliehen. Eine wahrhaft bitter-böse Comte Cruel.
Ich hatte es Alex gegenüber schon erwähnt, aber hier noch mal explizit: Julio Cortázars "Das besetzte Haus"; Bruder und Schwester leben alleine im Elternhaus. die beiden gehen ihren alltäglichen Geschäften nach, müssen aber einige Zimmer räumen, als die anderen kommen. Irgendetwas Schreckliches geht vor - aber es wird niemals darüber gesprochen, nur der Alltag wird thematisiert.
Franz Kafkas "Ein Landarzt"; der Titelgeber wird in einer unangenehmen Nacht noch einmal zu einem Kranken gerufen. Keine Ahnung wie Kafka das macht, aber ich finde die Geschichte echt beklemmend.
Soviel von mir. Viele der genannten Sachen sind Kurzgeschichten; wenn dich was interessieren sollte, kann ich dir eine passende Sammlung raussuchen.
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