Fehler im System
Nachdem der Vorstand dem 47-Jährigen das Vertrauen ausgesprochen hat, stellt sich die Frage: falscher Trainer oder falsche Mannschaft?
Köln - Menschen, die es wissen müssen, wundern sich derzeit ziemlich über Uwe Rapolder und seine Probleme beim 1. FC Köln. Schließlich, so ist zu hören, arbeite der Trainer in Köln eigentlich genauso, wie er es schon in Bielefeld getan hat. Sein Umgangston, mit dem er es sich am Geißbockheim mittlerweile mit einer ganzen Reihe handelnder Personen verdorben hat, sei noch immer derselbe.
Früher war das anders, bei Waldhof Mannheim, seiner ersten Station als Profitrainer in Deutschland, eckte er noch richtig an, da waren die Konflikte allgegenwärtig. Mittlerweile glaubt er, sich gebessert zu haben. „Mein Ton ist definitiv nicht zu harsch. Früher war dieser Kritikpunkt gerechtfertigt, heute nicht mehr“, sagte er vor einer Woche in einem Zeitungs-Interview.
Die Mannheimer Zeit läuft dem Fußballlehrer noch immer nach, obgleich er es ja nach einem Gastspiel in Ahlen mit Arminia Bielefeld doch noch zu einigem Erfolg gebracht hat. Das gefiel Rapolder nicht, und irgendwann machte er sich daran, an seinem Ruf zu arbeiten. Als Trainer, der keine 50 Länderspiele für Deutschland absolviert hat, wurde es ihm ohnehin nie besonders leicht gemacht in der von Ex-Internationalen dominierten deutschen Trainerszene, da musste er nachhelfen. Und fand auch eines Tages heraus, warum seine schlechten Zeiten immer wieder den Weg in die Zeitungsspalten fanden: Die Journalisten schrieben alle aus denselben Archiven ab, zum Beispiel aus dem „Munzinger-Personenarchiv“. Dort rief Rapolder vor einem Jahr an, um ein paar Absätze tilgen zu lassen. Zum Beispiel jenen, der ihn als jemanden beschreibt, der „auf Grund seiner Menschenführung umstritten“ sei.
Natürlich hatte das einen wahren Kern, auch Rapolders Spieler in Bielefeld hatten es nicht leicht. Bloß waren die Aufsteiger in Ostwestfalen folgsamere als jene, die Rapolder nun in Köln zu betreuen hat. Die Bielefelder Spieler waren ihrem Trainer und seinen Ideen in der Zweiten Liga bedingungslos hinterhergerannt, und sie taten es auch in der Erstklassigkeit. Schließlich lernten sie, dass es eine ganze Reihe Vorteile bringt, im Oberhaus zu spielen. Nicht nur finanzielle.
Rapolder hatte die Arminia auf dem achten Platz der Zweiten Liga übernommen und in die Bundesliga geführt - eine Erfolgsgeschichte, die auch nach dem Aufstieg nicht enden wollte. Bis Rapolder eines schönen Tages der „Frankfurter Rundschau“ ein mittlerweile legendäres Interview gab, in dem er darauf hinwies, dass er zu viele Jahre „der Musik hinterhergelaufen“ sei und nun bei einem Verein arbeiten wolle, „bei dem wirklich etwas zu bewegen ist“. Womit er sich souverän abgesprengt hatte vom ostwestfälischen Provinzklub und im 1. FC Köln den scheinbar perfekten Partner gefunden hatte: Die Kölner waren ohne Trainer, aber aufgestiegen; seit Jahren ohne Erfolg, aber voller Potenzial. Und Rapolder der Mann, der das System kennt, mit dem man aus 23 Leichtathleten eine erfolgreiche Fußballmannschaft formen kann.
In Köln hoffte man, der Trainer würde sein System ebenfalls in Windeseile vermitteln können. Geklappt hat das in der mittlerweile zehn Spieltage alten Saison überhaupt nicht. Obwohl Rapolder sein Verhalten kein bisschen geändert hat. Nur gab es in Bielefeld wohl nicht die Öffentlichkeit, in der man die vom Trainer geschaffenen Konflikte so schön eskalieren lassen konnte.
Insofern hat der Trainer Einsicht bewiesen, als er erklärte, künftig seltener das Gespräch mit der Presse suchen und auch mal ein Fettnäpfchen auslassen zu wollen, um Ruhe in den Kader zu bekommen. Dass ihm der Vorstand das Vertrauen ausgesprochen hat, dürfte ihm dabei tatsächlich geholfen haben. Wenn es jetzt allerdings nicht klappen sollte mit der Wende, muss sich der Vorstand fragen, was er falsch gemacht hat: Hat Rapolder einen Kader auf den Trainingsplatz gestellt, dem die Klasse fehlt? Oder hat man schlicht einen Trainer verpflichtet, dessen Menschenführung nicht zu einem Traditionsklub wie dem 1. FC Köln passt, bei dem sich jeder Auswechselspieler als Star fühlt?
Eine Abstiegsversicherung, darüber müssen sich die Klub-Verantwortlichen dennoch im Klaren sein, haben sie mit Uwe Rapolder nicht verpflichtet: Zwar erklärte der Trainer in einem Interview mit dem Fachmagazin „kicker“, er sei „noch nie abgestiegen, und das wird mir auch mit Köln nicht passieren“, allerdings hat er diesen Teil seiner Vergangenheit noch nicht ändern können: Nachdem er die Mannschaft im April übernommen hatte, stieg er im Juni 1997 mit Waldhof Mannheim ab. Aus der Zweiten Liga. Ein Ereignis im Lebenslauf, das weniger einfach zu tilgen ist als ein böser Absatz im Personen-Archiv.