A David Caruso Tribute
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chyio
David Shipper


Beiträge: 1267

New PostErstellt: 30.09.07, 08:35     Betreff: Re: Another year has gone by Antwort mit Zitat  

Ein kleiner Kolibri


Es war noch immer derselbe Tag.
Nur war die Sonne gerade dabei sich schlafen zu legen, während der Mond bereits sein fahles Licht, zusammen mit den letzten Strahlen der Sonne, über die schlanke Gestalt von Laurie legte. Mit der Sonne verschwanden auch die wärmenden Strahlen und Laurie zog fröstelnd ihre Strickjacke enger um sich herum. Mai war halt nicht Juli, wo sie um diese Uhrzeit definitiv keine Jacke gebraucht hätte. Und die Sonne um halb acht sich auch noch nicht verabschieden würde.
Langsam schlenderte Laurie die Straße vor dem Gebäude der Lesung auf und ab. Ein Schritt vor den anderen setzend, den Blick auf den Fußboden geheftet, um ihre Gedanken nicht von den vorbei laufenden Passanten ablenken zu lassen. Es waren keine bestimmte Gedanken, nur solche die von einem anstrengenden Tag in Handy Shops kündeten. Von ewig lächelnden Verkäufern, genervten Kunden und ein Überangebot von Handys. Laurie schüttelte noch immer den Kopf, wenn sie daran dachte, wie eilig es so mancher Kunde hatte. Wenn sie in ein Geschäft ging, um sich ein Handy zu kaufen, dann wußte sie doch im Vorfeld, daß es Zeit in Anspruch nehmen würde. Warum also, wußten es nicht andere Kunden auch?

Sie löste den Arm mit ihrer Uhr von ihrer Taille und warf einen schnellen Blick hinauf. Kurz nach halb acht. Sie seufzte. Es wurde Zeit das Sylvia endlich kam und sie in den Saal gehen konnten. Der wahrscheinlich schon aus allen Nähten zu platzen schien, wenn sie sah, wie viele Laute an ihr vorbei liefen und den Eingang ansteuerten. Ihre Augen ließen von der Tür ab und blickten in die Ferne der Straße, in der Hoffnung ihre Arbeitskollegin dort laufen zu sehen. Doch die Straße war leer. Also nicht wirklich leer, aber es zeigte sich auch keine Sylvia mit ihrem energischen Schritt, auf dem Weg zu Laurie. Dafür hörte sie hinter sich eine Stimme, die ihr nicht unbekannt war.
„Hallo Laurie!“ Laurie drehte sich zu der Stimme um und sah, daß sie sich mit ihrem ersten Eindruck nicht getäuscht hatte. Diese Stimme gehörte John. „Hi“, erwiderte sie. „Was machst du denn hier? Hast du auch Karten für die Lesung?“ Sie sah wie John leicht lächelte und dabei zwei Karten aus der Innentasche seines Jacketts zog. „Ja. Unsere.“ Er wartete einen Augenblick lang, bis sich seine Worte in Laurie gesetzt hatten und fügte dann die Erklärung hinzu, warum er die Karten hatte und nicht Sylvia.

„Andy junior ist in der Stadt, und Andy hat Sylvia gebeten ihn zu diesen Treffen zu begleiten.“ Bevor John noch etwas hinzufügen konnte, so etwas wie: und weil du kein Telefon hast, bin ich eingesprungen. Oder: ich hoffe es macht dir nichts aus, daß ich für heute Abend deine Begleitung bin, fing Laurie schon an zu lachen. „Eine weise Entscheidung von ihm!“ Auch sie kannte Andys Verhältnis zu seinem Sohn. Genauso wie sie wußte, wie ungeschickt Andy manchmal mit seinen Worten sein konnte, wenn er sehr aufgeregt war. Und ein Treffen mit Andy junior fiel gewiß in diese Kategorie.
„Es macht dir also nichts aus, wenn ich für heute Abend deine Begleitung bin?“, fragte John nun doch noch einmal nach. Laurie sah zwar mit ihrem Lächeln im Gesicht nicht so aus, als wenn sie das stören würde, aber er wollte doch lieber auf Nummer sicher gehen. Und hoffte dabei, daß sie Nein sagte.
„Nein!“ Laurie lächelte John an. „Es macht mir nichts aus.“ Im Gegenteil, sie freute sich darüber. Nichts gegen Sylvia, aber John war halt...John. War der Mann, von dem sie sich doch wieder eine Annäherung erhoffte.
„Wir sollten nur langsam hinein gehen. Ich glaube wir sind nicht die einzigen.“ Mit ihrem Kopf nickte sie in Richtung der weit geöffneten Türen, durch die immer mehr Leute stürmten. Johns Blick folgte der Geste ihres Kopfes und seine Augen weiteten sich überrascht, als er sah, wie viele Menschen da waren. „Das wird voll“, war jedoch das Einzige, was er dazu sagte.

Seine Hand legte sich sanft in Lauries Rücken und schob sie in Richtung der Türen. „Warum habt ihr euch so spät verabredet? Du weißt doch, wie schnell sich solch ein Saal füllen kann.“ Gemeinsam schlossen sie sich der Menge an und ließen sich von ihnen mitziehen. „Ich weiß es schon, aber Sylvia wohl nicht“, erklärte Laurie John, während sie einem beleibten Mann, der es sehr eilig hatte aus dem Weg ging. Sie schüttelte den Kopf. Schon wieder einer der hastigen Sorte. Als sie wieder hinter John auftauchte, fuhr sie fort: „Ich habe Sylvia erzählt, daß wir Schwierigkeiten mit den Plätzen bekommen könnten, daß es nicht so wie im Kino ist, mit den durch numerierten Sitzen. Aber irgendwie war sie auf diesem Ohr taub.“ Sie sah, wie John die Karten vorzeigte und spürte wie er ihr abermals die Hand auf den Rücken legte. Vorsichtig schob er sie vor sich her. Vorbei an dem Türsteher, vorbei an diesen vorrausschauenden Leuten, welche gleich hinter dem Mann mit den abgerissenen Ecken der Karten in seiner Hand, zum stehen gekommen waren. Ihr Gespräch erstarb, bis sie den größten Teil, des Menschenauflaufes hinter sich gebracht hatten.
„Dabei klang es nicht so, als ob dies ihre erste Lesung ist.“ Laurie nahm den Faden den Unterhaltung wieder an der Stelle auf, an der sie der Türsteher unterbrochen hatte. „Vielleicht gehört sie auch zu der eiligen Sorte von Mensch?“ John zwinkerte Laurie zu. Er kannte ihre Abneigung gegenüber von Leuten die sich blind und mit Hast durch das Leben zwängten. Und er teilte diese Abneigung mit ihr.

Johns Zwinkern löste ein wenig von der Anspannung in Laurie, die sich mit seinem Erscheinen in ihr festgesetzt hatte. Aber es verstärkte das Kribbeln in ihrem Magen. „Vielleicht“, lächelte sie und sah sich dann suchend in dem Saal nach zwei zusammenhängenden Plätzen um. „Dort?“ Ihre Hand deutete fragend zu zwei Sitzen am Rand, doch fast in der Mitte des Raumes. „Ja.“ John ließ Laurie den Vortritt zu den beiden Plätzen. Er freute sich, daß sie noch immer daran dachte, daß er für seine Beine ein wenig Freiheit gut gebrauchen konnte. Nichts war schlimmer für ihn, als über Stunden eingepfercht in den schmalen Reihen zu sitzen und schon nach zehn Minuten nicht mehr zu wissen, wie er den Krampf in ihnen wieder lösen konnte. Ganz am Anfang ihrer Beziehung, damals noch in der Schule, hatten sie einmal den Fehler gemacht, sich im Kino mitten hinein in die Reihe zu setzten. Bereits nach einer halben Stunde hatten sie den Film wieder verlassen müssen, weil John so unruhig geworden war, daß Laurie Mitleid mit ihm hatte und ihm statt dessen zu einem Eis eingeladen hatte. In einer Eisdiele, wo die Tische genügend Abstand aufwiesen, damit John seine Beine in Ruhe sortieren konnte.

John lächelte bei der Erinnerung daran und teilte dann, auf einen fragenden Blick von Laurie hin, ihre gemeinsame Erinnerung ein zweites Mal mit ihr. Hell lachte Laurie auf, als er ihr dieses Ereignis wieder ins Gedächtnis rief. „Oh, mein Gott, daß ist jetzt aber schon lang her. Ich kann mich kaum noch daran erinnern!“ Sie nahm auf den zweiten Stuhl Platz und überließ John den am Rand. „Obwohl“, überlegte sie laut. „Jetzt wo du es sagst. Hattest du nicht den Film später aus der Videothek geholt, damit wir ihn uns noch einmal zu Hause anschauen können?“........ wo sie ihn auch nicht gesehen hatten, wie sich Laurie mit einem erröten bei ihrem damaligen Zeitvertreib erinnerte. Schnell sah sie nach vorne zu dem Pult und wechselte im selben Augenblick das Thema. John verhielt sich zwar ihr gegenüber anders als er es sonst in letzter Zeit getan hatte, aber trotzdem wollte sie nicht gleich wieder alles mit einer solch einfachen Erinnerung wieder zunichte machen.

„Ich bin gespannt, ob der Autor auch gut vorlesen kann. Ein Buch zu schreiben, heißt nicht auch lesen zu können.“ Sie rutschte auf ihrem Stuhl ein Stück nach vorne und warf einen Blick auf das Buch, welches bereits auf dem Pult lag. „Auf jeden Fall, gibt es eine Menge Lesezeichen in dem Buch“, bemerkte sie zu John, ohne die gelben Zettel zwischen den Seiten aus den Augen zu lassen. „Ein gutes Zeichen.“ Sie grinste erfreut vor sich hin. „Weißt du noch, bei der einen Buchlesung, waren wir genau zwanzig Minuten da, weil der Autor nicht soviel von seinem Buch hergeben wollte. Was für eine Geldverschwendung!“
Huch, schon wieder so eine private Erinnerung, fiel Laurie auf. Sie sollte damit dringenst aufhören, wenn sie nicht wollte, daß sie demnächst hier alleine sitzen würde. Aber das war gar nicht so einfach. Immerhin hatte sie die meiste Zeit ihres Lebens mit John verbracht.

„Wir haben den Film immer noch nicht gesehen.“ Eine leise Antwort auf Lauries erste Frage. Überrascht drehte sich Laurie zu John um und schaffte es doch tatsächlich ein zweites Mal innerhalb von wenigen Minuten zu erröten.
Mein Gott, sie saß doch hier neben John. Den Mann mit dem sie fast ihr ganzes Leben zusammen verbracht hatte! Warum wurde sie denn immer noch rot bei ihm? Sollte sie nicht ein wenig abgeklärter sein und irgendeine geistreiche Antwort für ihn auf Lager haben?
Nein, beschloß Laurie selbst. Nicht wenn man bedachte, was innerhalb der letzten Monate alles passiert war.

„Nun, ich glaube nicht, daß dies eine kurze Lesung wird.“ Johns Stimme hatte wieder seine normale Lautstärke angenommen. „Immerhin waren wir schon einmal bei einer Probe seines Könnens!“ Eine Antwort auf ihr Ablenkungsmanöver. „Ach!“ Wieder war Laurie erstaunt, aber diesmal aus einem anderen Grund. „Wirklich? Du meinst wir waren schon auf einer Lesung von Dan Brown? Was für ein Buch soll das denn gewesen sein?“ Ihre Augen kniffen sich vor Anstrengung zusammen, den Namen mit einem Buch in Verbindung zu bringen. Sie schüttelte den Kopf, nur Sekunden bevor John ihr den Namen des Buches sagte. „ `Digital Fortress`* .“ Laurie war sich sicher den Namen noch nie gehört zu haben. „Kenn ich nicht. Da mußt du mit jemand anderem gewesen sein.“ John antwortete nicht sogleich, sondern betrachtete Laurie statt dessen mit spöttisch verzogenem Mund. Und beobachtete sie dabei, wie sie versuchte sich auch daran zu erinnern. Typisch Laurie, erst mal Nein sagen.

„Laurie, das Buch mit dem Super Computer von der NSA!“ Laurie schüttelte abermals den Kopf, obwohl in einem entfernten Winkel des Gedächtnisses ein kleines Lämpchen anging. „Komm schon Laurie, wir waren zusammen dort. Es ging um den Translator von der NSA der durch einen ausgeklügelten Code von einem ehemaligen Mitarbeiter, lahm gelegt wurde.“

Ein weiteres Lämpchen schaltete sich ein, brachte aber noch nicht die vollständige Erinnerung an das Buch zurück. Laurie wandte den Blick von John und nahm statt dessen den blauen Teppich des Saales in Augenschein. Sie blinzelte ein paar Mal, doch eine weitere Erinnerung wollte sich einfach nicht einstellen. Sie sah wieder hoch zu John. „Und? Warum hat er es getan?“ Das spöttische Lächeln verschwand nicht von Johns Lippen. Nicht zu glauben, daß sie sich mit einem fabelhaften Gedächtnis rühmte und dann das Buch doch vergaß. Er lehnte sich mit verschränkten Armen vor der Brust in seinen Stuhl zurück und genoß den Augenblick des Triumphes, daß er sich an etwas erinnern konnte, was aus ihrem Gedächtnis verschwunden war.
Plötzlich schien sich in Laurie etwas zu regen. „Warte mal!“, unterbrach sie den schweigenden John. „Welche Farbe hatte das Cover?“ „Das Cover? Was hat das mit dem Buch zu tun?“, fragte er nach und konnte in diesem Augenblick Lauries Gedankengänge so überhaupt nicht nachvollziehen. „Ja, das Cover, welche Farbe hatte es?“, wollte Laurie erneuert wissen.
John dachte nach. „Ich glaube es war...beige und grün. Die obere Hälfte beige, die untere Hälfte grün.“
„Ah, ich weiß“, erinnerte sich Laurie an das Buch. „Ensai Tankado hatte den Code entwickelt, um die Machenschaften des NSA an die Öffentlichkeit zu bringen. Wenn sie es nicht schaffen, den Virus wieder zu eliminieren, dann würde er das Sicherheitssystem des NSA platt machen und damit jedem Hacker Zugang zu den geheimen Daten erlauben.“ Triumphierend sah Laurie wieder John an. „Ha!“, stieß sie noch aus. „Und ich konnte mich deswegen mich nicht gleich an das Buch erinnern, weil du es in die Badewanne geschmissen hattest und ich ewig warten mußte, bis du eine neues gekauft hast.“ Und gleich hatte sie auch noch eine Schuldzuweisung für ihren Gedächtnisverlust gefunden. Abwehrend hob John seine Hände. „Moment mal. Jetzt mach nicht mich dafür verantwortlich. Wenn du es nicht auf den Rand der gefüllten Wanne abgelegt hättest, dann wäre mir auch das Buch nicht ins Wasser gefallen, sondern nur in eine leer Wanne!“ „Ja, aber dann hätte das Buch da auch nicht gelegen“, schoß Laurie sofort zurück.

Eine ganz kleine Diskussion war zwischen den beiden entstanden, aber keine die man als Streit hätte ansehen können. Mehr wie ein liebevoller Austausch von Erinnerungen an ein Buch, welches nicht das einzige war, das seinen Weg in die Wanne gefunden hatte. Laurie hatte ein unschätzbares Talent dafür an den Tag gelegt, Bücher nach der Hälfte des Lesens mit Wasser zu begießen. Wie der Farn, über der Badewanne regelmäßig von ihr mit Wasser versorgt worden war.
Beiden schien zur gleichen Zeit derselbe Gedanke durch den Kopf zu gehen, denn sie sahen sich nur grinsend an. Laurie unterbrach de Blickkontakt als erstes.
John als zweites, als er sich wieder bequem in seinen Stuhl zurück lehnte und das Pult mit dem Buch seine Aufmerksamkeit schenkte. Auf einmal fand er es gar nicht mehr so schlimm, mit Laurie über vergangene Gemeinsamkeiten zu reden. Etwas was für ihn am Anfang des Tages noch undenkbar erschienen war. Wenn er sich nur eine Stunde später mit Laurie getroffen hätte, dann wäre das Treffen sicherlich anders ausgefallen. Ruhig, distanziert und schnell wieder beendet. Mit gemischten Gefühlen, durcheinander gehenden Gedanken und vielleicht auch mit Zweifel, ob er sich richtig verhalten hat. Aber die Lesung war keine Stunde später, sondern erst für viele tausend Sekunden später angesetzt gewesen. Nach seinem Treffen mit Rose, nach dem Gespräch zwischen Mr. Faison und ihr, und nach einer Erkenntnis von Johns Seite aus. Jetzt war dieses Geplänkel zwischen ihnen ok und John empfand sogar ein gewisses Vergnügen daran, Laurie in Verlegenheit zu bringen. Wie lange hatte er das schon nicht mehr geschafft?

Die Lichter im Saal verdunkelten sich. Alle, bis auf das Licht auf dem Lesepult und einem kleinen Scheinwerfer, der nun einen Mann in Jeans, hellem Sakko und schwarzem Rollkragenpullovern anstrahlte. „An den kann ich mich erinnern“, flüsterte Laurie John zu, als sie sich an ihren eigenen Stuhl anlehnte. „Bei seiner ersten Lesung hatte er genau dasselbe getragen!“ John warf Laurie nur einen amüsierten Blick zu. Auch das war mal wieder für den Unterschied zwischen ihnen beiden typisch. Während John sich den Mann durch seine dunklen Augen, der hohen Stirn und dem Grübchen im Kinn eingeprägt hatte, erkannte Laurie ihn an Hand seiner Kleidung wieder. Was wäre gewesen, wenn er heute Abend etwas anderes getragen hätte, fragte sich John. Hätte Laurie dann wieder behauptet, daß sie mit ihm nicht auf einer Lesung von Dan Brown gewesen war?

Mit einem leichten Seitenblick betrachtete er Laurie zu seiner Seite. Aufmerksam saß sie da, soweit man von dieser Position noch von sitzen reden konnte. Hatte die bequeme Position in ihrem Stuhl wieder aufgegeben und saß nun bei den einleitenden Worte des Autors, vornüber auf ihre Oberschenkel gestützt. Den Kopf in beiden Händen vergraben, mit leicht geöffneten Lippen, den Blick nicht von dem Schriftsteller nehmend.
Trotz des entspannten Geplänkels zwischen ihnen und trotz des Wunsches ihr doch wieder nahe sein zu wollen, seufzte John still in sich hinein. Ging es überhaupt, daß sie sich wieder annäherten? Rose hatte durchaus Recht, wenn sie sagte, daß das Trennungsthema noch immer bestand. Leider war das kein Thema, das sie beide so einfach vom Tisch reden konnten. Wenn sie darüber sprachen, dann mußte wieder Vertrauen zwischen ihnen da sein. Dann mußte auch die Möglichkeit da sein, reden zu können. Und das war etwas, was schon lange nicht mehr konnten.
Johns Blick ruhte weiterhin nachdenklich auf Laurie. Auf ihrem dunklem, roten Haar, welches durch das gedämpfte Licht fast schon an das braun verwelkter Blätter erinnerte. Sie drehte sich kurz zu ihm hin, sah, daß er sie betrachtete und wandte sich sofort wieder dem Pult zu, wo inzwischen Mr. Brown Platz genommen hatte.
Gab es eine Möglichkeit, fragte sich John abermals, einen Neuanfang zu machen, ohne die Mitte zu betrachten?

Die ersten Sätze aus einem Buch mit vielen gelben Zetteln gelesen, brachte John wieder auf den heutigen Abend zurück. Vielmehr auf dem Grund, warum er eigentlich hier war. Er wandte seine Aufmerksamkeit nun ebenfalls dem Mann mit dem schwarzen Rollkragenpullover zu und ließ sich von seinen Worten in eine andere Welt entführen. In die Welt von `Angels and Demons`**.
Tauchte, zusammen mit den vielen Zuhörern hier im Saal, in die Welt von Maximilian Kohler und CERN. Betrachtete die Vatikanstadt aus den Augen des Schriftstellers und verspürte das heimliche Bedürfnis, wenigstens einen kurzen Blick auf Vittoria Vetra zu werfen. Einer Frau von solch Temperament, Feuer und Starrsinn, daß John grübelte, ob sie vielleicht auch rote Haare besaß, oder ob das einfach nur ihr italienisches Erbe war. Seine Begegnung mit den Illuminati war eher flüchtig, aber die Freude von Langdon in das Geheimarchive des Vatikans zu gelangen, löste auch in ihm Freude aus. Jedenfalls solange, bis die Stromversorgung zusammenbrach, die Lichter in dem Büchertresor ausgingen und mit ihnen die Lüftung für die verglaste Kammer. Bis zu dem Augenblick, wo er zusammen mit Langdon regelrecht zu spüren schien, wie die dünne Luft in dem Raum immer weniger wurde und das Atmen immer schwerer.

Eine schmale, kühle Hand schob sich in die Seine und brachte Johns Aufmerksamkeit wieder zurück in die Wirklichkeit, als er desorientiert einen Blick darauf warf. Und dann zu der Frau zu seiner linken, welche steif neben ihm auf einem der blaubezogenen Stühle saß und mit weit geöffneten Augen, den Mann betrachtete, der ihnen diese Spannung unterbreitete. Nichts schien Laurie um sich herum wahrzunehmen. Nicht einmal wie John verblüfft wieder auf ihrer beiden Hände schaute.
So vertraut war diese Reaktion von ihr, auf die Spannung im Saal. So unbewußt und unschuldig, berührte sie mit dieser Geste Johns Herz, so daß auch der letzte Funke von Zweifel in ihm erlosch.
Ein einzelnes, zartes Blatt, aus einem einfachen Samenkorn in Johns Herzen gepflanzt, schob sich nun vorwitzig der Sonne entgegen.

Und das war die Geste, auf der Andys gesamter Plan basiert hatte.

Die Spannung ebbte ab. Wurde unterbrochen von einem grinsenden Dan Brown, der verkündete, daß wenn jemand wissen wollte, wie diese Szene zu Ende ging, er sich das schon das Buch kaufen müßte. Vereinzelte Lacher erklangen. Die Anspannung in Laurie verschwand und das Gefühl für ihren Körper setzte wieder ein. Und mit ihr die Erkenntnis, daß ihre Hand sich nicht mehr wie zuvor in ihrem Schoß befand, sondern in warmen Händen zu ihrer rechten. In diesem Augenblick brauchte Laurie keinen Spiegel um festzustellen, daß ihr Gesicht schon wieder diese dezente rote Färbung angenommen hatte. Sie spürte es schon an der Hitze, welche sich auf ihren Wangen ausgebreitet hatte.
Verlegen löste sie ihre Hand aus Johns Fingern.
„Ich bin gleich wieder da!“, flüsterte sie zu John geneigt, um mit ihrer Stimme nicht den Schriftsteller zu übertönen. Scheinbar gelassen schlängelte sie sich an ihm vorbei und erst als sie sicher war, daß der Teppich den Laut ihrer Schritte verschlucken würde, beschleunigte sie diese, und stürmte durch den breiten Gang dem Foyer entgegen.

Im Foyer herrschte plötzlich wieder die Realität. Verschwand die Welt von Dan Brown hinter dem grellen Licht der Beleuchtung und gelangweilten Angestellten bei ihrer Arbeit. Leise Unterhaltungen drangen zu Lauries Ohren durch, ebenso wie verwunderte Blicke über die zarte Röte im Gesicht der rothaarigen Frau, welche nun zielstrebig den Raum durchquerte und die Tür zu den Damentoiletten aufstieß.

Keuchend blieb Laurie an den Waschbecken stehen. Einatmen, ausatmen. Mein Gott, wie viele Male hatte sie diese Prozedur in den letzten Monaten so bewußt eingesetzt?
Ihre Hände stützen sich auf den Rand des Beckens, während sie mit gesenktem Kopf versuchte ihr heftig klopfendes Herz wieder unter Kontrolle zu bekommen. Ein...aus...ein...aus...
Verdammt, was war nur los mit ihr? Das war nur John, neben dem sie saß. Den Mann den sie seit nunmehr fünfzehn Jahren kannte und mit dem sie bestimmt schon viel peinlichere Momente geteilt hatte, ohne dabei ständig die Gesichtsfarbe zu wechseln. Aber schon alleine die Erinnerung daran, wie er sie lächelnd angesehen hatte, als sie an ihm vorbeigestürzt war, machte aus ihrem Herz wieder einen kleinen Kolibri.
Das kalte Licht der Neonröhre über ihr, ließ ihr Gesicht in dem Spiegel fahl wirken. Zeigte ihr blaue Auge und erhitze Wangen, Verwirrung und doch ein wenig Freude.
Bei Danny hatte sie sich schon wie eine sechzehnjährige gefühlt, warum denn jetzt auch bei John? Immerhin hatte sie Danny nicht gekannt, alles war damals so neu und aufregend. In dem Fall waren Nervosität und Unsicherheit die vollkommen natürlichen Begleiter bei ihren Verabredungen gewesen.

Aber John kannte sie. Da dürfte doch so etwas überhaupt nicht passieren.
Laurie starrte in den Spiegel, musterte dort ihr Gesicht so genau, als ob sie dort die Antwort auf ihre Frage finden könnte. Aber wie auch schon zuvor, war da nichts.
Ein leises Summen aus ihrer Handtasche, lenkte Lauries Aufmerksamkeit von dem Spiegel auf das Handy, welches im unbekümmerten Rhythmus gegen ihr Brillenetui schlug. Fahrig öffnete sie die Tasche und holte das winzige Telefon aus ihr. Unbekannter Anrufer. Wer sollte sie auch anrufen, immerhin hatte sie ihr neues Handy erst seit ein paar Stunden? Trotzdem klappte sie ihr Handy auf und nahm damit den Anruf entgegen. „Hallo? “ Ihre Stimme klang so unsicher, wie ihre Wangen noch rot waren. Jedoch setze auch mit dem Klang ihrer Stimme wieder ihr Erinnerungsvermögen ein. Jessie. Nur sie konnte diese Nummer haben, denn Laurie hatte den Ratschlag ihrer Freundin angenommen und war irgendwann doch zu Peter ins Geschäft gegangen, um sich von ihm beraten zu lassen. Und Jessies Freund hatte eine Engelsgeduld mit ihr gehabt. Ihm allein war es zu verdanken, daß Laurie nun wieder ein Handy hatte und Jessie sie anrufen konnte.





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