Vorteile, Chancen und Hoffnungen
1. Die europäische Wertegemeinschaft (Demokratie, Rechtsstaat, Marktwirtschaft) wird auf Osteuropa ausgedehnt.
2. Die Osterweiterung bietet die Chance, nach dem Ende des Ost-West-Konflikts die Vereinigung Europas zu verwirklichen und (zusammen mit der NATO) den Frieden dauerhaft zu sichern.
3. Durch die Erweiterung wird ein größerer Binnenmarkt geschaffen. Wo das Warenangebot steigt, fallen die Preise. Für die Beitrittsländer und die EU-Staaten entstehen aus der Vergrößerung des gemeinsamen Marktes langfristige Wachstumsimpulse. Am meisten profitieren jene Staaten, die enge geografische. historische und kulturelle Beziehungen zu den Kandidatenländern unterhalten. Das sind Deutschland, Österreich und Italien.
4. Der Transformationsprozess in den mittel- und osteuropäischen Staaten wurde durch die Perspektive einer EU-Mitgliedschaft gefördert.
5. Die Beitrittsländer werden bei der Modernisierung ihrer Wirtschaft durch Transferzahlungen aus EU-Programmen, durch Direktinvestitionen und rasch wachsende Handelsbeziehungen zu den Mitgliedsländern unterstützt.
Kosten, Risiken und Ängste
1. Den Beitrittsländern fällt es besonders schwer, eine Einschränkung der gerade erst (wieder-) gewonnenen nationalen Souveränität zugunsten einer Mitgliedschaft in der EU in Kauf zu nehmen.
2. Ökonomisch werden langfristig zwar alle von der erweiterten Union profitieren, aber kurzfristig werden mehr Altmitglieder zu Nettozahlern, d.h. sie zahlen mehr ein, als sie an Strukturmitteln und Fördergeldern von der EU zurückbekommen. Bis 2006 gibt die EU jährlich 80 Mrd. Euro für die Erweiterung aus, ein Betrag, der nach Expertenmeinung nicht ausreichen wird.
3. Auf beiden Seiten gibt es Ängste aufgrund des wirtschaftlichen Entwicklungsunterschiedes zwischen den bisherigen EU-Ländern und den Beitrittsländern. Im Westen fürchtet man, dass das deutliche Lohngefälle zu einer Masseneinwanderung von Arbeitskräften von Ost- nach Westeuropa führen wird. In den Beitrittsländern dagegen regt sich Widerstand gegen den Ausverkauf an Land und Immobilien an die finanzstarken Westeuropäer.
4. Der Anpassungsdruck auf bestimmte Regionen und Wirtschaftszweige wird in den Beitrittsländern und in den derzeitigen Mitgliedsstaaten steigen. In den Altländern fürchtet man, dass aus Kostengründen vermehrt Arbeitsplätze in die neuen Mitgliedsstaaten verlegt werden könnten, Dagegen fürchten Unternehmen in den Beitrittsländern, dass sie dem Wettbewerb mit technologisch weiter fortgeschrittenen Produzenten im Westen nicht gewachsen sind.
5. Die Heterogenität in der erweiterten Union wird zunehmen. Die größeren Interessensunterschiede (z.B. zwischen "armen" und "reichen" Mitgliedsstaaten) werden die ohnehin komplizierte Entscheidungs- und Kompromissfindung innerhalb der Union noch mehr erschweren.
Aus: BZ für politische Bildung, 2002-Nr.15
Von Herr Kemmer