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bjk

Beiträge: 7353


New PostErstellt: 26.05.06, 11:10     Betreff:  Re: Die Polizei darf immer! - - - ???




kopiert aus: http://www.jungewelt.de/2006/05-26/030.php



Zusammengeschlagen und gedemütigt

Bericht über einen ganz normalen Berliner Polizeieinsatz. Beamte sollen sich wie Gangster benommen haben

Isabella Kempf



»Ich hätte nicht gedacht, daß so etwas in Deutschland möglich ist.« In ihrem Wohnzimmer erzählt Nabila Ibrahim, wie sie und ihr Mann am 7. Oktober 2005 gegen sieben Uhr morgens von einem Hämmern aus dem Schlaf gerissen wurden. Bevor Isaam die Tür öffnen konnte, stürmten bewaffnete Vermummte herein. Ohne Vorwarnung schlugen sie den 33jährigen nieder, traten auf ihn ein, legten ihm Handschellen an. Fragen, was das zu bedeuten habe, wurden u. a. mit »Halt die Schnauze!« quittiert. »Erst als ich auf der Brust der Männer das Wort ›Polizei‹ sah, wurde mir klar, daß es kein Raubüberfall war. Die Situation war so erniedrigend: Ich lag im Bett, hatte kaum etwas an, eine riesige Maschinenpistole war auf mich gerichtet. Und dann fing auch noch Lilli zu schreien an.« Sie habe die Polizisten anbetteln müssen, zu ihrer zweijährigen Tochter gehen zu dürfen.

Biplab Basu kennt solche Geschichten. Er arbeitet bei »ReachOut«, einer vom Berliner Senat und dem Bundessozialministerium finanzierten Beratungsstelle für Opfer rechtsextremer Übergriffe und rassistisch motivierter Polizeigewalt. Er sagt: »Hierzulande herrscht kaum ein Bewußtsein dafür, daß Polizisten häufig mit unverhältnismäßiger Härte und Rücksichtslosigkeit gegen Ausländer vorgehen.«

Die Beamten erläuterten schließlich den Grund für den Einsatz. Nabila, die 1980 in Berlin geboren wurde, habe falsche Angaben gemacht. Ihre Mutter, die 1977 mit der Familie nach Westberlin kam, habe sich als libanesischer Bürgerkriegsflüchtling ausgegeben, weil sie als Türkin kein Asyl bekommen hätte. Spätestens mit 18 Jahren hätte Nabila Ibrahim ihre Identität angeben, also ihre Mutter denunzieren müssen. »Als ich diesen absurden Vorwurf hörte, wußte ich nicht, ob ich lachen oder heulen sollte«, erinnert sich die 25jährige.

Während die Ibrahims vernommen wurden, durchwühlten Beamte die Wohnung. Dokumente wurden beschlagnahmt sowie Computer, Handies und Videos von der Hochzeit und von Kindergeburtstagen. »Ich fühlte mich machtlos und gedemütigt in meinen eigenen vier Wänden, weil die Polizisten machen konnten, was sie wollten«, erklärt Nabila, die zu Verhören mit aufs Revier genommen wurde. »Ich dachte immer noch, ich träume und wache jeden Moment auf. Aber das war die Realität, und ich habe seit Jahren in einer Traumwelt gelebt.«

Seit 1992 hat sie einen deutschen Paß. »Ich bin hier geboren und aufgewachsen, habe hier eine Familie gegründet.« Als Fremde habe sie sich nie gefühlt, im Gegenteil: akzeptiert, integriert. Nach ihrem Realschulabschluß machte sie eine Ausbildung, wurde Chemielaborantin. In dem Job arbeitete sie drei Jahre, dann ging sie in den Mutterschutz. Bis heute fragt sie sich, warum die Polizisten nicht einfach an der Tür klingeln konnten.

Nicht nur sie, auch ihre Eltern und Geschwister wurden Anfang Oktober von maskierten Sondereinsatzkommandos überfallen. »Bei meinen Eltern haben die noch viel schlimmer gewütet«, sagt sie. Am schlimmsten seien die üblen Beschimpfungen gewesen. »Verfahren gegen Polizisten werden bemerkenswert häufig eingestellt – vor allem, wenn die Kläger Ausländer sind«, bestätigt Biplab Basu. Die Opfer fühlten sich deshalb machtlos, viele schreckten vor juristischen Schritten zurück.

Nabila Ibrahim hat Anwälte eingeschaltet und Beschwerden an Berlins Regierenden Bürgermeister und den Bundespräsidenten geschickt. Während letzterer gar nicht reagierte, bekundete eine Mitarbeiterin von Klaus Wowereit immerhin dessen Anteilnahme. Die Angelegenheit sei an die Ausländerbeauftragte weitergeleitet worden. Das war im Oktober 2005, seitdem kam nichts.

Wie schwierig es ist, polizeiliche Maßnahmen in Zweifel zu ziehen, zeigt ein Blick in die Berliner Boulevardpresse vom Oktober. Da wurden Beamte beglückwunscht zu einem erfolgreichen Schlag gegen eine »vermeintlich libanesische Gangsterfamilie«, die sich über Jahre hinweg Sozialhilfe erschwindelt habe. Daß der Vater seit 1977 durchweg gearbeitet hat, interessierte nicht.

Nabila weiß, daß bei ihrem ältesten Bruder Waffen gefunden wurden. Aber daß man deshalb aus der ganzen Familie einen kriminellen Clan machen mußte, kann sie nicht nachvollziehen – ebenso wenig den Vorwurf, sie sei eine Türkin. Hätte die Polizei die Akten studiert, wäre sie auf die Haltlosigkeit dieser Beschuldigung gekommen. Anfang der 90er Jahre erkämpfte Nabilas Onkel – der Bruder ihrer Mutter – vor Gericht sein Bleiberecht. Er sollte abgeschoben werden, aber nicht in die Türkei, sondern in den Libanon.



Mensch bleiben muß der Mensch ...
von Tegtmeier


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