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bjk
Beiträge: 7353 Ort: Berlin
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Erstellt: 31.05.12, 09:47 Betreff: Re: quo vadis PDL?
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30. Mai 2012 um 16:39 Uhr
Zu neuen Ufern – die Linkspartei vor dem Göttinger Parteitag
Verantwortlich: Jens Berger
Nach dem Rückzug Oskar Lafontaines ist in der Linkspartei viel in Bewegung. Der Lafontaine-Antagonist Dietmar Bartsch mag zwar eine Schlacht gewonnen haben, seine Chancen auch den Machtkampf für sich zu entscheiden, sinken jedoch von Tag zu Tag. Zahlreiche Parteimitglieder, wie zuletzt auch Sahra Wagenknecht ( http://www.neues-deutschland.de/artikel/228164.wagenknecht-draengt-bartsch-zu-rueckzug.html ), haben Bartsch mittlerweile aufgefordert, seine Kandidatur auf den Parteivorsitz zurückzuziehen. Sollten die konkurrierenden Flügel zu keinem Kompromiss finden, boten sich Kipping-Schwabedissen als Doppelspitze als Ausweg an. Die Linkspartei ist zwar geschwächt aber keineswegs tot. Und das ist wichtig, bildet sie doch das einzige Korrektiv für den fortwährenden Rechtsdrall der vor allem von Rechtsauslegern geführten Parteien SPD und Grüne an. Von Jens Berger.
Wie wichtig die Linkspartei in der deutschen Parteienlandschaft ist, zeigt die Diskussion um den Fiskalpakt. Sicher, sowohl in der SPD als auch bei den Grünen gibt es parteiintern Widerstand. Aber was nützt dieser Widerstand, wenn nach Aussagen des Partei-Triumvirats Gabriel, Steinbrück, Steinmeier ein „Nein“ zum Fiskalpakt ohnehin nicht zur Debatte steht? Man muss wahrlich kein Prophet sein, wenn man heute voraussagt, dass sowohl SPD als auch Grüne dem Fiskalpakt zustimmen werden, sobald die Regierungskoalition ihnen ein paar unbedeutende „Leckerlis“ hinwirft, mit denen sich die beiden Oppositionsparteien öffentlichkeitswirksam feiern lassen können. Dies ist eine Politik der Oberflächlichkeit, bei der es nicht um Inhalte, sondern nur um die B-Note in den Kommentaren der Tagespresse geht. Dies ist auch eine Politik des Opportunismus, bei der es nicht um die Korrektur einer gescheiterten Ideologie, sondern um die Anbiederung als Merkels künftiger Koalitionspartner geht. Dies ist eine Oppositionssimulation, Teil der informellen großen neoliberalen Koalition aus CDU, SPD, Grünen und FDP. Die einzige Partei, die den Fiskalpakt grundsätzlich und mit guten Gründen ablehnt, und dies auch inhaltlich überzeugend begründet, ist die Linkspartei.
Es ist natürlich klar, dass die Linkspartei den Fiskalpakt nicht verhindern kann – dafür fehlt ihr eine Sperrminorität in Bundestag und Bundesrat. Was die Linkspartei aber kann, ist, Einfluss auf die Gemengelage innerhalb der SPD und der Grünen zu nehmen und dort die Parteilinken zu stärken. Dieses Korrektiv hat in der Vergangenheit durchaus funktioniert. Dabei ist der größte politische Erfolg der Linkspartei paradoxerweise nicht sichtbar. Ohne die Linkspartei hätten CDU und SPD während der großen Koalition das Land nach neoliberalen Vorstellungen vollends auf den Kopf stellen können. Ohne die Linkspartei wäre es sicher nicht zum sozialdemokratischen Schwenk für die Einführung eines flächendeckenden Mindestlohns oder einer Vermögenssteuer gekommen. Ob die SPD sich künftig, wenn sie wieder in der Regierungsverantwortung ist, noch an die Beschlusslage hält, hängt jedoch einmal mehr davon ab, ob die Linkspartei als Korrektiv vor Ort ist. Sollte die Partei 2013 an der 5%-Hürde scheitern, fehlt dieses Korrektiv. Dann wird „durchregiert“, wie wir es zuletzt in der zweiten rot-grünen Legislaturperiode erleben mussten, als die damalige PDS nach einem verkorksten Wahlkampf ebenfalls an der 5%-Hürde scheiterte.
Heute ist die Linkspartei im Bundestag und in 11 von 16 Länderparlamenten vertreten und schafft es dennoch nicht, ihre Funktion als kritischer Gegenpart bei elementaren Fragen wie etwa dem Fiskalpakt einzunehmen. Verantwortlich dafür ist vor allem die Medienbarriere; inhaltliche Positionen der Linkspartei werden in den meisten Medien schlicht ignoriert. Verantwortlich ist aber auch die Partei selbst, die sich viel zu oft in parteiinterne Grabenkämpfe begibt und sich dann von den Medien vorführen lässt. War es beispielsweise wirklich notwendig, das Thema „Mauerbau“ in epischer Breite parteiintern zu diskutieren? Gibt es für eine deutsche Linke keinen wichtigeren Themen als die Position zu Israel? Welchen Eindruck sollen diejenigen, die von den neoliberalen „Reformen“ massiv betroffen sind, von einer Partei bekommen, die in der Öffentlichkeit nicht durch eine fundierte Kritik am gegenwärtigen Einheitskurs der anderen Parteien, sondern durch erbitterte Flügelkämpfe um Randthemen ohne wirkliche Relevanz auffällt? Sicher, die Medien sind dafür verantwortlich, dass die Öffentlichkeit kaum etwas davon erfährt, was etwa Axel Troost oder Michael Schlecht zum Fiskalpakt zu sagen haben, dafür aber en detail darüber informiert wird, welcher Hinterbänkler den Mauerbau für „alternativlos“ ( http://www.spiegel.de/politik/deutschland/fluegelstreit-am-jahrestag-linken-gruppe-boykottiert-schweigeminute-fuer-maueropfer-a-780058.html ) hält. Egal um welche lächerlichen Vorwürfe ( http://www.nachdenkseiten.de/?p=9849 ) es geht, die medialen Schmutzkampagnen gegen die Linkspartei wurden stets von Parteimitgliedern angefeuert und zuweilen sogar ausgelöst. Für die Medien ist dies freilich ein gefundenes Fressen. Einerseits hat man immer wieder neue Munition, um die Kampagne am köcheln zu halten, andererseits kann man sich mit der Linkspartei beschäftigen ohne dabei relevante inhaltliche Punkte auch nur zu tangieren.
Die einzigen Linken-Politiker, die es vermocht haben, dieses Kartell des Verschweigens zu durchbrechen, waren Gregor Gysi, Sahra Wagenknecht und Oskar Lafontaine. Das Erfolgsrezept dieser drei Politiker besteht vor allem in ihrem Charisma und ihrer Fähigkeit, linke Politik rhetorisch zugespitzt in allgemeinverständliche Worte zu fassen. Selbstverständlich besteht die Linkspartei nicht nur aus drei Politikern und es gibt zahlreiche Fachpolitiker, die inhaltlich überzeugend argumentieren. Leider gelingt es diesen Fachpolitikern jedoch nicht, das Kartell des Verschweigens zu brechen. Auf den NachDenkSeiten gibt es beispielsweise mehr als zehnmal so viele Fundstellen für den Suchbegriff „Axel Troost“ ( https://www.google.de/webhp?sourceid=chrome-instant&ie=UTF-8&ion=1#hl=de&output=search&sclient=psy-ab&q=site%3Awww.nachdenkseiten.de%20axel%20troost&oq=&aq=&aqi=&aql=&gs_l=&pbx=1&fp=55dbb1c3190895b3&ion=1&bav=on.2,or.r_gc.r_pw.r_cp.r_qf.,cf.osb&biw=1050&bih=548 ) wie im gigantischen Archiv von SPIEGEL Online ( https://www.google.de/webhp?sourceid=chrome-instant&ie=UTF-8&ion=1#hl=de&sclient=psy-ab&q=site:www.spiegel.de+%22axel+troost%22&oq=site:www.spiegel.de+%22axel+troost%22&aq=f&aqi=&aql=&gs_l=hp.3...54912.57049.2.58032.2.2.0.0.0.0.55.109.2.2.0...0.0.Ep_nX2UasG4&pbx=1&bav=on.2,or.r_gc.r_pw.r_cp.r_qf.,cf.osb&fp=55dbb1c3190895b3&ion=1&biw=1050&bih=548 ). Dies ist sicher nicht dem Politiker Axel Troost vorzuwerfen. Man könnte stattdessen eher argumentieren, dass auch SPIEGEL Online häufiger auf die inhaltlichen Argumente des Politikers Troost hätte eingehen müssen, wenn die Plattform nicht durch stetige Steilvorlagen aus der Partei neue Munition für Kampagnen bekommen würde, die so gar nichts mit grundlegenden Fragen einer politischen Alternative zu tun haben.
Wer auch immer die neue Spitze der Linkspartei bildet, muss also vor allem auch dafür sorgen, dass dieses Kartell des Verschweigens aufgebrochen wird. Nur so besteht eine Chance, dass die Linke von der Öffentlichkeit als Partei wahrgenommen wird, der es nicht um Grabenkämpfe, sondern um eine inhaltliche Alternative zum Neoliberalismus und den Positionen von CDU, SPD, Grünen und FDP geht. Wer soll diese Herkulesaufgabe schaffen? Offensichtlich ist, dass der wohl bekannteste Kandidat für den Parteivorsitz diese Aufgabe nicht schaffen kann und wohl auch gar nicht schaffen will. Dietmar Bartsch geht es vor allem darum, die Linkspartei auf Koalitionsfähigkeit zu trimmen. Dies hieße in letzter Konsequenz, dass die Linke öffentlich als das „geringer Übel“ wahrgenommen werden soll. Eine solche Strategie mag zwar einigen Parteimitgliedern im Falle eines Erfolges zahlreiche gutdotierte Ämter und Positionen an den Trögen der Macht freimachen – wie hoch wäre aber der Preis, den die Partei dafür zu zahlen hätte? Bartsch will aktiv mitgestalten. Aber was will er mitgestalten, wenn er im Interesse der Koalitionsfähigkeit sich inhaltlich der politischen Konkurrenz andient? Will er auch Sozialabbau, Privatisierungen, Kriege und die Umverteilung von unten nach oben aktiv mitgestalten? Linke Mehrheiten könnten Regierungen bilden, wenn sie inhaltlich linke Positionen vertreten. Dafür müssten aber die potentiellen Koalitionspartner SPD und Grüne auch auf die Linke zugehen und nicht nur umgekehrt. In den östlichen Ländern, in denen die Linkspartei in der Regierungsverantwortung war oder ist, war von der Programmatik dieser Partei nicht mehr viel zu erkennen. Es kann und darf nicht Aufgabe der Linkspartei sind, über jedes Stöckchen der SPD oder der Grünen zu springen, nur um „koalitionsfähig“ zu sein. Eine inhaltlich abgeschliffene Linke stellt kein Gegengewicht mehr dar und beraubt sich dabei ohne Not ihrer schärfsten Waffe.
Wie die Strategie Bartsch scheitern kann, zeigten im letzten Jahr die Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern. Dort ging der Bartsch-Vertraute Stefan Bockhahn im Namen der Koalitionsfähigkeit mit der Strategie der bedingungslosen Unterwerfung in den Wahlkampf. Anstatt inhaltlich gegen die regierende SPD Wahlkampf zu führen, präsentierte man sich lieber als der bessere potentielle Juniorpartner. Diese Strategie konnte keinen Erfolg haben. Die SPD konnte ihr Ergebnis mangels inhaltlicher Kritik der Opposition verbessern und zeigte ihre Dankbarkeit, indem sie nicht die unterwürfige Linkspartei, sondern die CDU zu Koalitionsgesprächen einlud. Dieses Fiasko sollte der Linkspartei zu denken geben. Wer den Kuschelkurs propagiert, wird nicht nur vom Wähler, sondern auch von der SPD, die sich dabei ins Fäustchen lacht, „links“ liegen gelassen.
Die Personalie Bartsch hat jedoch eine Brisanz, die weit über inhaltliche und koalitionsstrategische Fragen hinaus geht – Bartsch ist in der Vergangenheit schon mehrfach durch Illoyalität ( http://www.sueddeutsche.de/politik/streit-in-der-linken-gysi-bartsch-war-illoyal-1.80073 ) und Intrigantentum ( http://www.vordenker.de/rath/Bartsch_des_SPIEGELs_braver_SED-Nachfolger.pdf ) aufgefallen. Wenn man den innerparteilichen Streit als Grabenkampf bezeichnen will, ist Bartsch zweifelsohne einer der Generäle. Es ist in der Partei weitestgehend unumstritten, dass nach dem Rückzug von Oskar Lafontaine eine Parteispitze gefunden werden muss, die integrieren und die zerbrochenen Scherben kitten kann. Bartsch kann aber nicht integrieren, er kann vor allem intrigieren; er kann nur weiteres Porzellan zerschlagen. Es mag sein, dass sowohl Oskar Lafontaine als auch Dietmar Bartsch als Person polarisieren. Der Rückzug Lafontaines kann nur dann ohne Gesichtsverlust für seine Unterstützer bleiben, wenn Bartsch es ihm gleichtut und seine Kandidatur zurückzieht. Sollte Bartsch dies nicht tun, droht der Partei eine tiefgreifende Spaltung und eine Verlängerung der internen Grabenkämpfe, die von der inhaltlichen Arbeit der Partei ablenkt. Dies wäre ganz nach dem Wunsch der Kampagneros von SPIEGEL und Co., daher ist es auch kein Wunder, dass Bartsch dort als Wunschkandidat hofiert wird. Die Linke sollte sich aber ihren Vorsitzenden nicht von Medien vorsetzen lassen, die inhaltlich eine komplett andere Linie verfolgen. Schon Lenin wusste: „Sag mir wer Dich lobt und ich sage Dir, worin Dein Fehler besteht.“ Auch Dietmar Bartsch sollte wissen, dass die Sympathie der Medien sehr flüchtig ist. Solange er ein Garant für ein Fortbestehen der parteiinternen Querelen und für einen Kuschelkurs zur SPD ist, wird er geliebt. Sollte er jedoch die Partei auch inhaltlich auf Oppositionskurs halten, wird Dietmar Bartsch als Nächster zur Zielscheibe der Kampagneros. Man kann schon jetzt darüber spekulieren, welche Munition SPIEGEL Online und Co. gegen ihren (früheren) Zuträger Bartsch in der Hinterhand haben.
Sollte Bartsch an seiner Kandidatur festhalten, wovon auszugehen ist, wird es am kommenden Wochenende einen echten Showdown um die Zukunft der Linkspartei geben. Mittlerweile ist die Liste der Kandidaten für den Parteivorsitz auf zehn Einträge angewachsen ( http://www.die-linke.de/index.php?id=9881 ) und es ist keinesfalls auszuschließen, dass in den nächsten Tagen noch weitere Parteimitglieder zu einer Kandidatur antreten. Hinter den Kulissen wird vor allem die weibliche Doppelspitze Kipping/Schwabedissen als aussichtsreicher „dritter Weg“ genannt. Eine solche Lösung ist zwar weit davon entfernt, eine echte Wunschlösung zu sein. Weder Katja Kipping noch Katharina Schwabedissen haben sich bislang durch einen exponierten Sachverstand bei ökonomischen Fragen ausgezeichnet, sie haben keine nennenswerte Kompetenz in der Gewerkschaftspolitik und beide Kandidatinnen sind auch nicht unbedingt als charismatische Rednerinnen bekannt. Sympathische Auftreten reicht leider im politischen Geschäft nicht aus.
Aber vielleicht liegt gerade in der vermeintlichen Schwäche dieses Duos seine eigentliche Stärke. Weder Kipping noch Schwabedissen leuchten so hell, dass neben ihnen alle weiteren Lichter überdeckt werden. Dies könnte den talentierten Fachpolitikern aus der zweiten Reihe die Chance verschaffen, das Kartell des Verschweigens zu durchbrechen und die Linkspartei wieder als inhaltliche Alternative darzustellen. Auch charismatische linke Parteiführer wie Jean-Luc Mélenchon oder Alexis Tsipras sind nicht als vollendete Politiker vom Himmel gefallen, sondern konnten sich nur deshalb entwickeln und profilieren, weil sie in ihren Parteien nicht durch alles überstrahlende Charaktere in den Schatten gestellt wurden.
Jedem Ende wohnt ein Anfang inne. Freilich ist es in Hinblick auf die Wahlen 2013 mehr als bedauerlich, dass die Linke ohne ihren besten Wahlkämpfer Oskar Lafontaine auskommen muss. Wenn man jedoch über den Horizont der nächsten Bundestagswahlen hinaus denkt, könnte es sich womöglich sogar als schicksalshafte Chance erweisen, dass die Partei nun ihre Grabenkämpfe hinter sich lassen und mit einer inhaltlich überzeugenden Politik in eine neue Schaffensperiode gehen kann. Vorrausetzung dafür ist es jedoch, dass der Flügel um Dietmar Bartsch diese Chance auch sieht und sich ihr nicht in den Weg stellt.
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... ich tue was Linke tun, Ungerechtigkeit bekämpfen! von Yossi Wolfson
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Erstellt: 31.05.12, 10:11 Betreff: Re: quo vadis PDL?
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entnommen aus: http://www.nachdenkseiten.de/?p=13395
30. Mai 2012 um 17:51 Uhr
Meinungsmache bestimmt auch über Image von Personen und Karrieren – bei Bartsch sehr ähnlich wie bei Steinbrück
Verantwortlich: Albrecht Müller
Weil beim Parteitag der Linkspartei am 2. und 3. Juni nicht nur über die Führung dieser Partei entschieden wird, sondern auch zugleich darüber, ob es auf absehbare Zeit noch eine Alternative zur neoliberal geprägten Politik von Angela Merkel und der angepassten Führungen von SPD und Grünen geben wird, komme ich noch einmal auf die Personalentscheidungen der Linkspartei zurück. Das ist auch deshalb notwendig, weil ich auf meine Beiträge zum Thema vom 22. Mai ( „Ein Rat an Lafontaine: Nicht antreten.“ - http://www.nachdenkseiten.de/?p=13317 ) und vom 23. Mai ( "Ein historisch bedeutsamer Tag" - http://www.nachdenkseiten.de/?p=13322 ) neben Zustimmung auch Fragen und Kritik erhalten habe. Diese bezogen sich vor allem auf meine Einschätzung des Vorsitzenden-Kandidaten Dietmar Bartsch und meine Vermutung, dass es mit Lafontaine an der Spitze 2013 noch einmal wenigstens die Chance gegeben hätte, die Fünf-Prozent-Hürde zu überwinden und damit als profiliertes und inhaltlich geprägtes Korrektiv im Bundestag und als Treibsatz für eine politische Alternative erhalten zu bleiben. Von Albrecht Müller
Es ist erstaunlich, dass auch politisch interessierte und normalerweise gut informierte Menschen die Person Dietmar Bartsch nicht einordnen können, wenig von ihm wissen und Wichtiges vergessen haben. Dazu will ich wenigstens ein bisschen nachliefern. Außerdem zeichnen sich inzwischen ein paar interessante Linien einer Strategie ab, die darauf zielt, auch Sahra Wagenknecht aufs Abstellgleis zu bugsieren. Und es ist interessant, wie in diesem Zusammenhang auch von Autoren, die sich als fortschrittlich begreifen, Stimmung gemacht wird.
Wer die Rolle von Agitation und Lobby nicht sieht, begreift das Geschehen nicht – nicht den Aufstieg von Steinbrück und nicht den von Dietmar Bartsch
Bei meinen Untersuchungen zur Bedeutung von Meinungsmache für politische Entscheidungen ergab sich, dass Meinungsmache nicht nur politische Sachentscheidungen prägt; auch die Vorbereitung auf Kriege und die Geschichtsschreibung, die Vorliebe und Ablehnung von politischen Koalitionen und Optionen wie auch die Entscheidung über Personen werden in erstaunlichem Maße von bewusst und geplant eingesetzter Meinungsmache und Manipulation beeinflusst. (Siehe II des Inhaltsverzeichnisses ( http://www.nachdenkseiten.de/?page_id=4080 ) von „Meinungsmache“) Letzteres trifft, wie wir bei der Bundespräsidentenwahl sehen konnten, selbst bei der Auswahl des Bundespräsidenten zu. Joachim Gauck ist in weitem Maße ein Medienprodukt des Springer-Konzerns. Es trifft auch für potentielle Kanzlerkandidaten und Parteivorsitzenden zu. Peer Steinbrück hat kein Amt, das ihn dazu auszeichnet, in das Triumvirat zusammen mit dem Fraktionsvorsitzenden der SPD und dem Parteivorsitzenden der SPD aufgenommen worden zu sein. Er hat auch keine sachlich überzeugende Bilanz als Finanzpolitiker, im Gegenteil. Er war wesentlich an der Deregulierung der Finanzmärkte beteiligt; er hat in der makroökonomischen und Konjunkturpolitik bis zum Schluss die notwendige Einsicht verweigert. Er ist ein erfolgloser Wahlkämpfer. Er wurde als Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen abgewählt. Und dennoch ist er auf der Basis einer mit hoher Wahrscheinlichkeit von der Finanzwirtschaft mit gesteuerten Kampagne der Meinungsmache in das aktuell mächtigste Dreiergremium der SPD aufgenommen worden und damit ein potentieller Kanzlerkandidat der SPD.
Auch gut ausgebildete und sich gut informiert fühlende Bürgerinnen und Bürger kennen die „Leistungsbilanz“ dieses potenziellen Kanzlerkandidaten der SPD nicht. Das findet seine erstaunliche Parallele in der Einschätzung von Dietmar Bartsch:
- Bartsch gilt in manchen Kreisen als guter Organisator und erfolgreicher Wahlkämpfer. Und wie bei Steinbrück, wird Unliebsames beiseite geschoben. Zum Beispiel die Tatsache, dass er 2002 für die PDS Wahlkampfleiter war und es ihm nicht gelungen ist oder kein Anliegen war, entweder eine attraktive Spitzenkandidatur oder wenigstens eine dem vielfältigen Wählerpotenzial entsprechende Gruppe zusammenzustellen. Das folgende Plakat ist das Plakat der Spitzenkandidaten von 2002:
- Auf dem Plakat sind Gabi Zimmer, Petra Pau, Dietmar Bartsch und Roland Clauss abgedruckt.
- Wenn man sich schon nicht auf einen oder zwei Spitzenkandidaten verständigen kann, dann sollte man sich ja wohl darauf verständigt haben, auch noch einen Westdeutschen hinzuzufügen. Schließlich trat die PDS auch im Westen an. Das Ergebnis war entsprechend: 4,2 %.
- In der breiten Öffentlichkeit ist dieser Misserfolg heute genauso wenig ein Thema wie die Wahlschlappe von Peer Steinbrück.
- Auch die Intrigen des potentiellen künftigen Vorsitzenden der Linkspartei sind aus dem Blickfeld geraten. Auch gut unterrichtete Mitbürgerinnen und Mitbürger erinnern sich nicht mehr an den Grund dafür, dass Oskar Lafontaine auf die Ablösung des Bundesgeschäftsführers Bartsch gedrungen hatte. Der Bundesgeschäftsführer Bartsch war dem damaligen Parteivorsitzenden Lafontaine in den Rücken gefallen, als er öffentlich und wahrheitswidrig einen Zusammenhang zwischen dem Verzicht Lafontaines auf den Fraktionsvorsitz und seiner Krebserkrankung ausschloss. Ein auch persönlich widerlicher Vorstoß.
- Die gesammelten Intrigen des potentiellen neuen Vorsitzenden der Linkspartei, sein Zusammenspiel zulasten von Parteifreunden mit Medien wie dem Spiegel werden heute wie auch im Falle Steinbrücks vornehm verschwiegen. Peter Rath-Sangkhakorn hat einiges dazu zusammengetragen und hier bei „Ossietzky“ ( http://www.sopos.org/aufsaetze/4bdfd5734db0a/1.phtml ) veröffentlicht. Interessant in diesem Kontext ist auch das Stern-Gespräch ( http://www.nachdenkseiten.de/upload/pdf/120530_110626_Stern.pdf ) mit Sigmar Gabriel und Dietmar Bartsch vom Mai 2011.
- Dietmar Bartsch hat sich wie andere aus seiner Gruppe, zum Beispiel wie Bodo Ramelow, ohne Zögern als Stichwortgeber zulasten anderer Parteifreunde betätigt. Er hat die Aufteilung in die guten „Reformer“ im Osten und die Fundamentalisten im Westen genussvoll mitgemacht. Es ist so unterschwellig gelungen, den Wessis in der Linkspartei das Image von Staatssozialismus und SED anzuhängen. Wirklich ein Meisterstück der Manipulation und des Zusammenspiels von Teilen der Linkspartei mit Teilen der Medien, in herausgehobener Rolle von Spiegel und Spiegel online, die auch im aktuellen Spiel eine Hauptrolle übernommen haben.
Zu ein paar strategischen Linien im Vorfeld des Parteitages am kommenden Wochenende:
- Bodo Ramelow, der Fraktionsvorsitzende der Partei Die Linke in Thüringen hat vor zwei Tagen ( http://www.bodo-ramelow.de/nc/politik/aktuell/post/2012/05/28/platz-fuer-alle/ ) etwas Richtiges gesagt: „Eine wirksame Linke kann nur eine Plurale sein! Da ist genügend Platz für Sahra und Dietmar und für Oskar und Gregor.“ Pluralität ist in der Tat ein Erfolgsrezept, um das auch Frau Merkel im Blick auf die CDU weiß und das Willy Brandt bei seinen Auftritten für die SPD vorzüglich beherrschte. Der Wahlerfolg Schröders im März 1998 gründete auch auf dem pluralen Auftritt von Schröder und Lafontaine. Aber wie ernst meint Bodo Ramelow diese vernünftige Einlassung? Er hat im gleichen Atemzug den Vorsitzenden der Linken und Repräsentanten der dort organisierten Gewerkschafter hart angegriffen; dieser habe sich wie ein persönlicher Referent oder Pressereferent Lafontaines benommen. – So klingt die Forderung nach Pluralität leider wie Taktik im Vorfeld der Vorstandswahlen und der Vorsitzenden-Wahl beim Parteitag der Linken in Göttingen.
- Schon im Vorfeld der Entscheidung Lafontaines, nicht zum Vorsitz zu kandidieren, war dem Saarländer in der Regel unterstellt worden, diese mögliche Kandidatur sei die Folge seines Ehrgeizes und des innersten Wunsches, noch einmal die erste Geige zu spielen. Wer sich als Journalist auch nur ein bisschen Mühe gemacht hätte, konnte wissen, was ich als aufmerksamer Schreiber auch wusste: Lafontaine tat sich ausgesprochen schwer. Er wollte eigentlich nicht noch einmal antreten, war aber um Sorge um das „linke Projekt“. (Siehe dazu den neuen Stern - http://www.stern.de/politik/deutschland/oskar-lafontaine-im-stern-interview-zu-erschoepft-fuer-den-parteivorsitz-1833825.html ) Unabhängig von der Faktenlage wird die Melodie weitergespielt, weil das Bild vom ehrgeizigen Lafontaine offenbar weiter gebraucht wird.
- Zum Beispiel für die Abwehr der Wahl von Sahra Wagenknecht bzw. ihrer Kandidatur. Da wird in einem Beitrag von Spiegel online vom 26. Mai ( http://www.spiegel.de/politik/deutschland/bisky-kritisiert-streit-ueber-linken-chefposten-a-835446.html ) Bodo Ramelow mit der Unterstellung zitiert, Sahra Wagenknecht wolle mit ihrer (möglichen) Kandidatur die „Rache ihres Lebensgefährten“ vollenden. Eine solche Unterstellung ist nur möglich, wenn man sie auf der Behauptung aufbauen kann, Lafontaine habe ehrgeizig nach dem Stuhl des Vorsitzenden greifen wollen. Letzteres ist aber falsch, wie die Unterstellung auch.
- Auch von Jakob Augstein wird eine mögliche Kandidatur von Sahra Wagenknecht schon im Vorfeld des Parteitages abgewehrt. Siehe hier ( http://www.spiegel.de/politik/deutschland/augstein-kolumne-zur-linkspartei-das-trauma-der-linken-a-835552-druck.html ). Er bindet den angeblichen Ehrgeiz Lafontaines gleich mit Sahra Wagenknecht zusammen. Beide kämpften „vergangene Schlachten“. Er wirft Wagenknecht vor, sie verfolge die ostdeutschen Reformer ihrer Partei noch mehr als die Banken. Sich als links verstehende Zeitgenossen fügen sich offensichtlich in die laufende Kampagne ein.
Interessant: Wie sich als fortschrittlich geltende Beobachter in die laufende Kampagne pro Reformer einfügen. Zwei Beispiele.
Wir kennen das Phänomen aus der öffentlichen Debatte um die Privatvorsorge. Um zu erreichen, dass die gesetzliche Rente durch eine private Altersvorsorge ersetzt wird und genügend Anhänger im linken Bereich erreicht, wurde geschickt auf die dem sozialdemokratischen Lager zuzurechnenden Politiker und Wissenschaftler, auf Walter Riester und Bert Rürup zum Beispiel, zurückgegriffen. Ihr Votum für die Privatisierung der Altersvorsorge war besonders wirksam, mehr als das von Professor Raffelhüschen zum Beispiel oder des Lobbyisten Carsten Maschmeyer. Auch im Streit um die Linie der Linkspartei melden sich jetzt Stimmen zu Wort, die man eigentlich da nicht vermutet. Ich nenne zwei Beispiele und gehe kurz darauf ein: (1) Robert Misik und (2) Jakob Augstein. Beide ergreifen auf der Basis erstaunlich schwacher Argumente das Wort.
- Robert Misik
ist ein österreichischer Journalist mit einem eigenen Blog. Ich schätze ihn und schreibe zum ersten mal etwas Kritisches über einen seiner Beiträge. Es geht um diesen Beitrag ( http://www.misik.at/sonstige/und-wiedereinmal-zerschlagt-der-kleine-oskar-sein-spielzeug.php ).Misik bereitet in diesem Beitrag dazu alles auf, was so an Schlimmem über Oskar Lafontaine verbreitet werden kann. Insofern muss man ihm für die Sammlung dieses Sammelsurium dankbar sein. Man versteht den Autor allerdings nur, wenn man annimmt, dass er vom Objekt seiner Kommentierung, von Lafontaine, irgendwann tief verletzt worden ist.Interessant ist auch, dass Misik selbstverständlich auch bei der aktuellen Entscheidung um den Vorsitz unterstellt, Lafontaine sei es vor allem um seine Karriere gegangen. Diese Einschätzung zeigt, dass Misik entgegen meiner bisherigen Annahme doch ein schlechter Journalist und ein Zeitbeobachter mit Lücken so groß wie Scheunentore sein muss.Zum Beleg dieser Qualifizierung zitiere ich eine Passage von Misiks Beitrag. An ihr stimmt nahezu nichts. Ich habe im Text Buchstaben eingefügt und ergänze unten einiges zu den Aussagen des Autors:
Ich bin ihm später noch häufiger begegnet. Nie mehr bin ich ihm reingefallen. Ich bin auch nie der Versuchung erlegen, den späteren Konflikt zwischen Gerhard Schröder und ihm allzu sehr als inhaltlichen Konflikt zu deuten.(a) Wäre es bloß ein inhaltlicher Konflikt gewesen, hätte Lafontaine ihn nämlich gewonnen. Denn die Partei war ja seiner politischen Linie viel näher als der von Schröder. Aber Lafontaine hatte keine Mitstreiter mehr (b), er hatte sich isoliert, und das hat primär mit seinem Charakter zu tun, weniger mit den Inhalten, die er vertritt.
Nachdem er dann zur Linkspartei wechselte, war schnell klar, er ist eigentlich der böse Geist dieser Partei.(c)Heute würden sie wahrscheinlich gerne ein Geschenkpaket mit Oskar drin schnüren und ihn der SPD zurückgeben. Aber die verweigert bestimmt die Annahme. Wer Lafontaine kennt, ist froh, ihn los geworden zu sein. (d)
Zu (a): die Behauptung, es habe kaum einen inhaltlichen Konflikt zwischen Lafontaine und Schröder gegeben, zeugt von einer gravierenden Ahnungslosigkeit. Schon im Wahlkampf 1998 selbst war für jeden aufmerksamen Beobachter die inhaltliche Differenz ausgesprochen groß und erkennbar. Schröder entfernte sich immer mehr von sozialdemokratischen Vorstellungen und spielte unter der Anleitung von Bodo Hombach den großen, konservativen Staatsmann. Lafontaine intervenierte zum Schluss des Wahlkampfes nach der Haushaltsdebatte von Anfang September mit einem klaren Plädoyer für eine sozialere Politik und lag damit für jeden Beobachter meilenweit entfernt von Schröder. Inhaltliche Differenzen wurden dann im ersten Halbjahr der gemeinsamen Regierung sichtbar:
Zum Beispiel im Blick auf die Regelung von Minijobs. Zum Beispiel im Blick auf Militäreinsätze, wo Schröder dem amerikanischen Präsidenten offenbar schon im Oktober 1998 versprochen hatte, beim Kosovo Krieg mitzumachen, und Lafontaine anderer Meinung war. Entscheidende Differenzen gab es zum Beispiel in der Wirtschaftspolitik und bei der Frage der Regulierung der internationalen Finanzmärkte. Lafontaine plante mit Unterstützung seines Staatssekretärs Heiner Flassbeck internationale Vereinbarungen über striktere Regeln, die ungemein wichtig gewesen wären. Jeder normale einigermaßen interessierte Mensch weiß um diese Differenzen. Jenen, die es dennoch nicht gespannt hatten, hatte damals die zum Murdoch- Konzern gehörende „Sun“ den nötigen Tip gegeben. Sie titelte verbunden mit einem entstellenden Foto von Lafontaine im Kontext seiner Absichten zur Regulierung der internationalen Finanzmärkte: „Der gefährlichste Mann Europas“.
Das alles hat Misik nicht mitbekommen. Erstaunlich.
Zu (b): Dass Lafontaine damals in der SPD keine Mitstreiter gehabt hätte, ist eine nicht belegte, und nach meiner Erfahrung als SPD Mitglied, als ehemaliger Vorsitzender eines Unterbezirks und Bundestagsabgeordneten, auch schlicht eine falsche Behauptung. Aber man kann so etwas ja einfach hinschreiben. In dieser schnelllebigen Zeit merkt das ja keiner.
Zu (c): Mit dem „bösen Geist“ hat die Linkspartei 2009 11,9 % der Stimmen erreicht.
Zu (d): Ohne Belege. Ohne Beachtung der Agitation und inneren Fremdbestimmung, der gerade die SPD in den letzten Jahren ausgesetzt ist.
Andere Textstellen wären in ähnlicher Weise zu kommentieren. Es reicht jedoch. Zu Augsteins Kolumne ( http://www.spiegel.de/politik/deutschland/augstein-kolumne-zur-linkspartei-das-trauma-der-linken-a-835552-druck.html ) bei Spiegel online vom 28. Mai: „Die Passion der Linken“: Dieser Artikel ist so bodenlos daneben und so deutlich Teil der Kampagne gegen die etwas profilierte Linke und ihre Funktion, dass ich mich auf einige wenige Bemerkungen beschränken kann:
- Es fängt schon im Eingangstext an: Sinn linker Politik ist nicht nur Gerechtigkeit sondern auch die Freiheit von politischer Korruption zum Beispiel und die Abwehr neoliberalen Unsinns. Im konkreten Fall geht es zum Beispiel um bessere Finanz- und wirtschaftspolitische Regeln, oder zum Beispiel um die Verhinderung des Fiskalpaktes oder um produktive Vorschläge zur Annäherung der Wettbewerbsfähigkeit der einzelnen Staaten Europas und des Euroraumes. So weit sind wir schon gekommen: Die herrschende Politik ist nicht nur ungerecht, sie ist auch falsch. Und genau da setzt die mit den Namen Wagenknecht und Lafontaine verbundene Linkspartei an. Übrigens auch Gysi mit seiner Position zum Fiskalpakt. Wer den Unterschied der profilierte Linkspartei zur herrschenden Mehrheitsmeinung und der dazugehörigen Parteien auf das Thema Gerechtigkeit reduziert, hat große Teile der gegenwärtigen Debatte und des Ringens um die besten Lösungen verschlafen.
- Augstein macht sich den Jargon der herrschenden Agitation zu eigen: „radikale Opposition à la Wagenknecht“. Du meine Güte, dieser Zeitungsverleger und Kolumnist ist offenbar nicht einmal des Lesens fähig.
- Er übernimmt die gängigen Vorurteile: „Schroffe Abgrenzung zur SPD“ – das stimmt ja nicht. Sowohl im Saarland wie auch in Nordrhein-Westfalen hat die Linkspartei Unterstützung und Koalitionen angeboten.
- Krampfhaft versucht der Autor eine Parallele zu früheren Spaltungen der Linken herzustellen. Keine Ahnung von Geschichte. Keine Ahnung von der besonderen Demission der strategisch ausgedachten Agitation in der heutigen Zeit.
- Wie will Herr Augstein denn die Linkspartei „pragmatisches Korrektiv“ der SPD sein lassen, wenn die Linkspartei selbst kein eigenes Profil mehr hat? Und dies in einer Zeit, in der sich die SPD anschickt, zum Beispiel dem Fiskalpakt zuzustimmen.
- Der Artikel von Augstein strotzt von Behauptungen ohne Belege.
- Und er hat auch überhaupt nicht begriffen, welches Maß an Verschiebung der politischen Ordinate nach rechts durch den von ihm propagierten pragmatischen Kurs der Linkspartei erreicht sein wird.
Das reicht. Es hätte noch viele weitere Anmerkungen gegeben. Wenn Sie den Artikel von Augstein aufmerksam lesen, dann werden Sie sehen, wie einflussreich die konservative Meinungsmache in diesem Milieu angeblich fortschrittlicher Publizisten schon geworden ist.
Das gilt leider auch für einige Blogs, die sich mit dem hier abgehandelten Thema beschäftigen.
Nachtrag vom 31.5.2011: Ein Leser der NachDenkSeiten macht gerade (31.5., 7:26 Uhr) auf eine sinnvolle Ergänzung zu dem obigen Text aufmerksam:
Guten Morgen! Um die große Linie zu verdeutlichen, könnten Sie vielleicht diese zwei Rückverweise auf entscheidende Knotenpunkte anfügen:
Die NachDenkSeiten sind für eine kritische Meinungsbildung wichtig, das sagen uns sehr, sehr viele - aber sie kosten auch Geld und deshalb bitten wir Sie, liebe LeserInnen, um Ihre Unterstützung. Herzlichen Dank!
... ich tue was Linke tun, Ungerechtigkeit bekämpfen! von Yossi Wolfson
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Beiträge: 7353 Ort: Berlin
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Erstellt: 31.05.12, 19:22 Betreff: Re: quo vadis PDL? - Leserstimme aus lafontaines-linke.de
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gelesen in: http://www.lafontaines-linke.de/2012/05/riexinger-und-kipping-personaldebatte-goettinger-parteitag-bartsch-kipping/
aus lafontaines-linke.de Rubrik Kommentare zum Artikel:
Karl Sorgen sagt: 31. Mai 2012 um 15:31
Ich hatte hier mal in einem recht konstruktivem Dialog mit linkem MV den Vorschlag gemacht, dass sich Dietmar Bartsch mal mit einem unterhalten soll, der auch aus dem Osten stammt -und sogar bis zur Wende eine ähnliche Biografie aufzuweisen, ihn aber in seinem Wirken mehr von der Seite betrachtet hat und ihn gerade deshalb auch kritisch sieht. Leider ist diese Angebot nicht angenommen worden und ich möchte dieses Gespräch kurz vor dem Parteitag zumindest fiktiv führen.
Natürlich werde ich ihn nicht zum Rücktritt von der Kanditatur auffordern, aber es könnte vielleicht Anlaß sein , dass er über manches noch einmal gründlich nachdenkt.
Kritisches zur Vergangenheitsbewältigung: ( gilt ähnlich für fast alle PDS-Funktionäre der ersten Generation)
Natürlich hattest du dich offensiv zur DDR bekannt und die dir geboten Chancen aufgegriffen -dafür haben sogar bürgerliche Persönlichkeiten wahrscheinlich Verständnis-aber warum diese ewige Verklärung -dieser ständige Versuch gegenüber der heutigen Öffentlichkeit aus der heutigen Perspektive besondere Heldenhaftigkeit nachhineinzuinterpretieren ? Ja, du hast an der Akademie für Gesellschaftswissenschaften beim ZK der KPDSU promoviert und aus der Sicht der damaligen Zeit, wie manche andere auch eine gewisse Fähigkeit nachgewiesen, zur wissenschaftliche Arbeitsweise geignet zu sein . Aber warum dieser ganze Käse, dass du es bewußt dort wegen Gorbaschow getan hast- dass angeblich ein Gutachter diese Arbeit wegen Revisionismus verrissen hätte -dass du angeblich nur eine Rolle in der Wirtschaft angestrebt hättest-und und und…jeder Zeitzeuge und vor allem deine Komilitonen wissen doch -dass die Partei dich dort hingeschickt hat und dass sie entsprechend mit dir was vor hatte-ob nun in einem wichtigen Wirtschaftsorgan oder in einer Parteifunktion -wo ist denn nun wirklich der Unterschied-nein du willst uns damit sagen dass du selbstverständlich auch heute ein Machertyp bist und höchste Kompetenz in Wirtschaftsfragen aufweist…
Durch den massiven Angriff auf Gutenberg hättest du eigentlich wissen müssen -dass deine eigene Arbeit damit auch in den Focus der Öffentlichkeit geraten wird. Diese ganze Eierei mit der verschwundenen Doktorarbeit macht dich aber unglaubwürdig und du kannst sicher sein dass sie trotzdem noch mal ausgegraben wird- allso was soll das alles ??? Aber die entscheidende Frage hast du nie beantwortet–bekennst du dich heute noch in bestimmter Hinsicht zu manchem des damals herausgearbeiteten mit Schlußfolgerungen auch für die Zukunft oder hälst du jetzt alles für Müll -dann solltest du diesen Titel aber nicht zu weit heraushängen…
Kritisches zum Erscheinungsbild:
Es gibt bei dir einen auffallenden Hang von möglichst vielen geliebt und anerkannt zu sein. Natürlich ist es aufgefallen, dass du von erstaunlich vielen auch deiner politischen Gegner selbst aus der FDP gedutzt wirst. Nachdem du dich mit Dobrindt in einer Talkshow wegen der Beobachtung des Verfassungsschutzes bzw. eines Verbotes der Linken formal kräftigt gefetzt hattest, hieltest du es für erforderlich danach mit ihm fast die ganze Nacht einen zu heben. Natürlich bist du auch im Bundestag beim Papst im Gegensatz zu vielen anderen Genossen geblieben. Möglicherweise alles normal und legitim -aber es entsteht immer der Eindruck dass du dich selbst vermitteln willst-schaut so bin ich-aber leider ist die Partei anders…Ich glaube nicht dass du es als Parteivorsitzender weiter so tun kannst.
Ja , ich und andere -allerdings in einer anderen Funktion-sind dir beim pompösen Sommerfest der rot-rot Landesregierung in Potsdam begegnet -ja, du warst dort unter den vielen Reichen und Schönen ein echter VIP- man kann darüber sicherlich unterschiedlicher Meinung sein-aber man hatte nicht das Gefühl, dass du dir wirklich über das Sponsoring der Wirtschaft Sorgen gemacht hast und dass die auch dich bedienenden schlecht bezahlten Hilfskräfte dich sehr interessiert hätten -als Vorsitzender wirst du dir darüber Gedanken machen müssen, ob man Sponsoring von Firmen annehmen kann-die ihre Arbeitskräfte weit unter dem von den Linken geforderten Mindestlohn abspeisen und zumindest ich und auch wollen dich dann aber auch bei anderen Veranstaltungen sehen-insbesondere dort wo die Probleme der jenigen sichtbar sind, um die du dich als Vorsitzender vermeintlich kümmern willst.
Zur Geschichte der PDS.
Ich glaube nicht, dass die alte PDS das Modell für die Zukunft der Linken in Deutschland ist . Natürlich gab es bestimmte Verdienste, aber betrachten wir die Bilanz doch mal ganz nüchtern . Von ehemals 2,2 Millionen SED-Mitglieder sind jetzt im Osten vielleicht 50 Tausend übriggeblieben. Über die Altersstruktur wirst du sicherlich selbst Bescheid wissen und die Jugend interessiert sich offensichtlich mehr für die Piraten–es ist nicht gelungen gleichberechtigt in die Einheit zu gehen und eine vom Volk legitimierte neue gesamtdeutsche Verfassung ist ja nicht mal mehr ein Thema. Die Vermögensverhältnisse im Osten haben sich katastrophal zu Gunsten der Westdeutschen verändert und die Abwanderung in den Westen konnte bis heute nicht gestoppt werden . Unsere ostdeutschen Töchter und sogar Söhne werden sich um ihre Schwiegereltern im Westen kümmern und wir werden oft mit katastrophalen Minirenten auskommen müssen. Die großen Visionen des Gründungsparteitages durch Strukturveränderungen -wie zeitliche Mandatsbeschränkung und anders gestalteten Nachwuchsentwicklung Fehler aus der DDR zu verhindern wurden niemals verwirklicht und die alte PDS im Osten ist eine Partei der Exfunktionäre, der Beamten und Angestellten, der Rentner und inzwischen der Jungjuristen, Jungpolitologen und Allgemeinbetriebswirtschaftswissenschaftler mit wenigen Praxiserfahrungen. Übrigens fast die gleiche soziale Struktur wodurch die heutigen Grünen, ebend zu der heutigen neoliberalen Partei geworden sind. Du wirst als Vorsitzender alle diese Strukturfragen angehen müssen-werden alle diejenigen die dich heute unterstüzen, die notwendige Restrukturierung mitmachen-wenn sie selbst betroffen sind ? Die Gruppe der 1000 bis 2000 gut versorgten Parlamentarier in allen Ebenen der Linken im Osten und ihr profitierendes Umfeld bekommt ein immer größeres Problem-die sie unterstützenden und wählenden wollen auch für sich endlich eine meßbare Rendite sehen und ich weiß von vielen in Brandenburg dass sie dies bisher außerordentlich hinterfragen und die sogenannten Transformationsprozesse sind bisher nicht wirklich nachzuweisen-weder in Berlin noch in Meck-Pomm oder Sachsen-Anhalt, geschweige denn in vormals von Linken regierten Kommunen.
Am schwierigsten wird die Versöhnung zwischen den Strömungen -nicht nur hier bei Lafos Linke sondern auch über die Parteistrukturen gab es schlimmste niedrigste Verunglimpfungen -Altersrassismus-Priveliegierungsvorwürfe usw.-und da diese Methoden offensichtlich Erfolg gebracht hatte -werden sie möglicherweise Kampfmittel der unterlegenen werden. Und dann ??? Man wird sich dafür interessieren wie die anderen wohnen, was auch sie in ihren Kochtöpfen verstecken-wie groß ihre Solaranlagen sind -die von den Armen bezahlt werden welche Ferienhäuser wer besitzt -welche Renten bzw. sogar Parteirente die Dauerfunktionäre der PDS beziehen werden und und und…waren sich diejenigen nicht dessen bewußt; die dies angezettelt haben ? Hoffentlich ist dies alles zu verhindern und ich weiß nicht ob es gerade dir gelingt -der du ein so deutlicher Verteter einer Strömung bist die notwendige zusammenführende Rolle zu spielen …. und ich schließe übrigens ganz und gar nicht aus, dass sich auch im Osten etwas links von der PDS gründen könnte-
... ich tue was Linke tun, Ungerechtigkeit bekämpfen! von Yossi Wolfson
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