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Riker
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Erstellt: 29.03.08, 18:00 Betreff: Re: Fortpflanzungsverweigerung - Privatsache oder allgemeines Probem? |
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Liebe Ines,
Zitat:
ich möchte nicht alle (!) Persönlichkeitsrechte in Abrede stellen, sondern die Begrenzung der Meinungsfreiheit durch eben jene bestimmten Persönlichkeitsrechte, zum Beispiel im persönlichen Recht auf Beleidigtsein im Sinne des StGB. Ich denke, das Beleidigtsein ist ein privates und sehr individuelles Gefühl, das keiner öffentliche Beachtung oder gar Ahdnung bedarf udn vor allem keinem staatlichen Schutz: Und Beleidigtsein ist ja auch nicht wirklich greifbar, weil nicht festgelegt werden kann, wer sich nun wann und durch wen beleidigt fühlen darf und welchen Nutzen, Folgen das haben kann und wie Entschädigung am sichersten aussieht |
Das wirft Fragen auf: Hm - woraus schöpfen wir den Wert der Würde ? Was ist mit Ehre im Sinne des StGB gemeint ?
Die Individualität ist wohl das entscheidenste Merkmal unserer Definitionsbasis für die Identität. Du bist einzigartig und wer dich zu jemand anderen machen will, vergewaltigt dich im kollektivistischen Wahn in einen Stereotypen hinein. Also die Persönlichkeitesrechte schützen uns in unserer Individualität. Wer dich also verletzt, sei es in Worten oder durch physische Gewalt hat den Schutz der Gemeinschaft. Also in dem Sinne soll ja durch die Stärke der Gemeinschaft im Recht das Recht des Stärkeren verhindert werden.
Ein drastisches Beispiel über die Konzequenz einer Meinungsäußerung. Stell dir vor Du sitzt im Kino. Ein Typ schreit aus Jux "Feuer, es brennt es brennt" und die ganzen Kinobesucher geraten in Panik, Menschen werden niedergetrampelt, schwer veletzt und der Typ hatte seinen Spaß, denn es geht ja die Öffentlichkeit nichts an, daß durch seine Äußerung Menschen verletzt wurden.
Die Würde des Menschen schließt sowohl seine psychische wie auch physische Unversehrtheit ein. Mit verbalem Mobbing kann man einen Menschen fertig und zum Krüppel machen.
Also mit Ehre im Sinne des StgB ist das Recht auf Unversehrtheit in seiner Menschenwürde gemeint.
Zitat:
Nein, aber zum Beispiel der Ehrbegriff ist überholt. Der ist ja nícht mehr sonderlich nützlich und vor allem ist er nicht dazu geeignet, staatliche Machtmonopole durchzusetzen. Aber er wird aktiv, wenn sich jemand beleidigt fühlt. Oder wenn es in seinem Namen zu Straftaten kommt (Ehrenmord) etc. |
Mir ist schon klar was du meinst. die frage ist eben wie der Ehrbegriff kulturell definiert ist und das wiederum ist davon geleitet wie der Mensch in und durch die Gesellschaft sich selber auffasst
Zitat:
Womit wir übrigens doch wieder beim Thema wäre: Ehrenmorde an Frauen, zum Beispiel und damit meien ich nur die aus patriarchaler oder hier als islamistisch diffamierte Männerkultur, sondern eben auch die deutschen Frauen, die von Exmänner geschlachtet werden, weil sie und ihr Ehrbegriff, ihre Ehre als Mann es nicht verkraften kann, verlassen zu werden. |
Wenn natürlich die Definitionsbasis der Ehre die krankhafte Eitelkeit des Mannes ist, dann kommt so ein Wahnsinn rauß...
Zitat:
Zum beispiel. Ganz kuriose Auswüchse gibt es es auch, in dieser unsäglichen Begründung eines Urteils, wonach eine Frau, die einen Moslem heiratet, damit zu rechnen habe, dass es in ihrer Ehe etwas rauer zu geht. |
Daß Richter auch Idioten sein können ist es ja geschuldet, daß es mehrere Instanzen gibt. So eine Urteilsbegründung wird/sollte wohl in höhren Instanzen kaum bestand haben...
Zitat:
Oder eben die Erklärung, dass ein "Ehrenmord" unter Moslems im Kontext ihres gesellschaftlichen Hintergrunds milder zu bewerten sei, als das Töten aus anderen Motiven: Die Ehre ist ein mildernder Umstand für viele Verbrechen von Männern an Frauen. Und die Ehre ist auch ein Grund, vieler Frauen, sich als Opfer zu sehen und zu fühlen. Sexualverbrechen zum Beispiel. |
Mal eine Gegenschöpfung zur Veranschaulichung in Sachen Problematik des Umfeldes und Bedingungen eines Mordes
Wen eine Frau nach der Geburt in eine schwere Depression gleitet, die Umwelt das unter Umständen nicht wahrnimmt die Frau ihr Kind in ihrer schweren Krankheit tötet sich selber danach umbringen will aber damit scheitert und vor dem Richter landet, dann relativiert sich der Mord an dem Baby aus dem Kontext des ursächlichen Zusammenhangs...und meines Erachtens mit Recht so unfassbar, tragisch und schlimm auch der "Mord" an dem Baby ist...
Zitat:
Die peinlichkeit einem Exhibitionisten gegenüber zu stehen (auch im StGB zu finden), auch auf eben jenem Ehrbegriff: Kaum ein mann fühlt sich von nachten Frauen gestört, aber eine Frau darf einen nackten mann bestrafen lassen, weil er ihre "sittlichen Gefühle" verletzt, also die Ehre. |
Daß das StGB nicht der Weisheit letzter Schluß ist will ich nicht bestreiten. Zum Teil stammen ja die Gesetze noch aus dem vorigen Jahrhundert... Der Inzestpragraph wurde z.B. in anderen Ländern aus dem Strafgesetzbuch entfernt, während das BVG hier antiquiert sich im Grunde jetzt blamiert hat...
Zitat:
Meine Gesellschaft basiert auf Argumentation und Sozialisation, ohne staatliche Gewaltmonopole: Angenommen, Opi Böhmer erzählt derart großen Mist, dann möchte ich zu ihm hingehen dürfen und sagen:"Hey, Opi, du erzählst aber großen Mist." das darf ich nicht, weil er a) als öffentliche Person geschützt wird und b) weil ich ihn dann beleidigen würde. Mich hat er zuvor auch beleidigt, aber eben als Gruppe und abstarkt, aber daraus erwächst mir kein Recht, mich zu wehren und ich habe auch keine Möglichkeit. Ich bekommen keine Genugtuung, aber wenn ich den fehler mache, ihn derart anzugehen, darf er mich bestrafen lassen, weil er eine öffentliche Person ist und Adressat meiner Offerte. Und er darf es, weil ich seine Ehre verletzt habe. Gut so. So ist das eben: Mist wird geahndet, aber nicht für Opi Böhmer, sondern nur meiner. |
Klar kann Ich sagen: "Opi Böhmer du hast Mist verzapft." da kann der gar nichts machen...
Zitat:
Ludwig Marcuse hat mal ´nen wunderbaren Aufsatz für die Weltbühne geschrieben. Er heißt "Heilige Gefühle" und er hat mir die Augen geöffnet. Er beschreibt darin die Unsinnigkeit des Blasphemie-paragrafen, eben als unsinniges schutzwürdiges Recht auf religiöses Beleidigtsein der kirchlichen Würdenträgern. Über den Unsinn und die Überholtheit von Blasphemievorwürfen brauchen wir uns wohl heute nicht mehr unterhalten, aber ich glaube auch, dass dieser Unsinn der "heiligen Gefühlen", (die eben verursachen, dass die gefühlswelt bestimmter protagonisten mittels staatlicher Gewalt gegen Widerspruch geschützt wird) auf viele weitere Gebiete zutreffen. (Und jetzt ganz mutig: Auch auf Volksverhetzung, Zum beispiel) Und dass eben wirklich bedenklich ist, dass sich ein staatlich geschütztes Recht auf Beleidigtsein durchsetzt und verursacht, dass ein Gefühl mittels staatlichem Machtmonopol schützenzwert gegen Widerspruch ist. Es hat sowas von Gefühls- und Meinungshoheit, bestimmte Dinge nicht tun zu dürfen. |
Also erst vor ein paar Tagen hab ich im christlichen cdu-forum in einem "Religionsthread" gepostet, daß "Gott ein sadistisches Arschloch ist und das nicht weiß", als jemand mit hiob den gerechten biblischen gott inszeniert hatte... - das posting wurde nicht gelöscht und mir droht da auch kein verfahren...
Daß natürlich durch die "heiligen Gefühle" bigotterie, verlogenheit und perversion transportiert wird ist klar und das muß auch demaskiert werden. daß diese "heiligen Gefühle" natürlich immer noch in der Gesellschaft schaden anrichten, da gebe ich dir recht. wie du schon geschrieben hast. das kann man nur durch Argumentation und Sozialisation angehen. Daß hier aber zwischen anspruch und wirklichkeit der Idealismus alles negieren darf leuchtet nicht ein. Man muß hier differenzieren - Gefühle können sowohl positiver wie auch negativer Art sein. Wir reden ja gern von positiv denken, aber anstatt denken kann man ja auch sagen positiv fühlen gehört genauso dazu. Also Gefühle sind nichts negatives oder minderwertiges, denen man generell keine Beachtung schenken müßte...
Zitat:
Und ganz ehrlich, nimmt man sich nur mal die Blasphemie vor, dann kann man nicht ehrlichen herzens behaupten, wir hätten Meinungs- oder Religions-Freiheit, wenn sich eben dabei auch welche über diese freiheiten mittels StGB wehren dürfen und staatliche Eingriffe gegen kritiker durchsetzen können. |
Wir haben hier ein generelles Problem in sachen Free Speech. In den USA z.B. ist das Free Speech das grundlegenste Element daß die Demokratie nicht ausgehölt werden kann. Die Verfassung schützt den menschen diesbzgl vor dem Staat. Hier in Deutschland ist das anders. Hier meint der Staat er müsse die Verfassung vor den Menschen schützen und deswegen relativiert er das Recht auf freie Meinungsäußerung. Mit unter ist ja genau deswegen die Würde des Menschen im GG an erster Stelle und dabei schwingt eben eine gewisse paranoia und mißtrauen mit, daß die freie meinungsäußerung nicht dazu imstande wäre die demokratie zu schützen. also in einem gewissen sinne kann man durchaus annehmen, daß im wahrsten sinne eine entMÜNDIGUNG aufrecht erhalten wird. Zumindest ist die Kritik diesbzgl. sicher berechtigt. Aber auch in den USA wo die Meinungsäußerung viel drastischer forciert wird, ist trotzdem nicht alles das gelbe vom Ei.
Wie würdest du reagieren, wenn hier jemand in diesem Forum sexistisch frauenfeindliche Postings einstellen würde...oder den Holocaust leugnet... in Amerika ist das kein Problem...
Die Ehre des Menschen muß aus den klauen der Unterdrückungsmechanismen befreit werden. Das geht wohl nur in der dialektischen Auseinandersetzung und ist ein Prozess. Das heißt der Begriff Ehre bedarf der Klärung, nicht der Leugnung...
Wenn du sagst: es gibt ein Recht auf beleidigtsein, dann ist das ein klein wenig polemisch
Zitat:
Und Beleidigtsein ist ja auch nicht wirklich greifbar, weil nicht festgelegt werden kann, wer sich nun wann und durch wen beleidigt fühlen darf und welchen Nutzen, Folgen das haben kann und wie Entschädigung am sichersten aussieht |
also ich glaub schon daß wir menschen im gesunden zustand zur empathie fähig sind
Zitat:
Ich meine, einen strippenden Jesus finden mehr Leute witzig, als sich durch ihn beleidigt zu fühlen. Aber wenn du ihn öffentlich werden läßt, kann dir gewaltiger Ärger ins haus stehen. Mit Meinungsfreiheit ist es also ohnehin nicht weit her. |
Jesus kann sich ja wieder inkarnieren und als stripper gegen sexualfeindlichkeit und prüderie vorgehen
don't worry be happy
[editiert: 29.03.08, 18:32 von Riker]
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