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bjk
Beiträge: 7353
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Erstellt: 14.06.11, 14:21 Betreff: Re: Kreuz und Hakenkreuz |
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Zitat: bjk
- auch aus der PDL (Gysi!!!) - fanden den Kirchentag und die Kirche/n ganz toll
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gelesen in: http://www.neues-deutschland.de/artikel/199586.so-wahr-mir-gott-helfe.html?sstr=wahr|mir|Gott|helfe
Von Jürgen Schuster 11.06.2011
So wahr mir Gott helfe ...
Politische Entscheidungen und christliche Gebote
Als Kanzlerin Merkel öffentlich ihre Freude über die Tötung Osama bin Ladens verkündete, war der seltene Fall eingetreten, bei dem die Unverträglichkeit politischen Handelns mit christlichen Werten für jeden erkennbar wurde. Denn im Regelfall präsentieren bürgerliche Regierungen problematische politische Entscheidungen und Maßnahmen in religiöser Verkleidung. George W. Bush stellte sich in allen öffentlichen Auftritten als streng gläubiger Christ dar, der täglich vor dem Schlafengehen die Bibel liest. Regierungssitzungen begann er stets mit einem Gebet. Das hinderte ihn jedoch nicht daran, Irak zu überfallen und die Folter zur legitimen Verhörmethode zu erklären. Während des Vietnamkrieges verkündete der gläubige Christ und Luftwaffengeneral Curtis Le Mey, man müsse, um zu siegen, Vietnam in die Steinzeit bomben. Der Einsatz von hochgiftigen Entlaubungsmitteln auf riesigen Flächen führte zu über hunderttausend Toten, bei den Überlebenden zu Krebserkrankungen und zu Missbildungen bei Neugeborenen. Vor beiden Angriffskriegen dienten ausgeklügelte Lügen als Vorwand für die jeweilige grobe Verletzung des Völkerrechts. Für den Überfall auf Vietnam war es ein erfundener vietnamesischer Angriff auf US-Kriegsschiffe im Golf von Tonking. Und die Behauptung, Saddam verfüge über Massenvernichtungswaffen, reichten Bush aus, um in Irak einzumarschieren.
Angela Merkel stand von Anbeginn unerschütterlich an der Seite dieses Mannes und der von ihm befohlenen Irak-Invasion. Nach der Ablehnung deutscher Beteiligung an jenem Krieg durch den damaligen Kanzler Gerhard Schröder reiste sie als Oppositionsführerin in die USA, um Bush in einem Akt peinlicher Beflissenheit die Unterstützung ihrer Partei zu versichern. In der »Washington Post« wetterte sie in einer Schmähkolumne gegen die Antikriegsentscheidung Schröders.
Es ist schon erstaunlich, wie variabel christliche Politiker mit den sonst von ihnen so gern herausgestellten christlichen Werten umgehen. So hatte Merkel seinerzeit keine Probleme, gegebenenfalls deutsche Soldaten nach Irak zu schicken oder jüngst ihre Freude über einen Tötungsvorgang zu bekunden, unbeschadet aller biblischen Gebote über die Heiligkeit des menschlichen Lebens. Wenn es ihr dagegen zweckmäßig und nützlich erscheint, beruft sie sich sehr nachdrücklich auf ihre Religion. Hierzu sah sie sich auch veranlasst, als Bundespräsident Wulff in einer Festrede im Oktober letzten Jahres erklärte, dass auch der Islam zu Deutschland gehöre, was im konservativen Lager viel Unmut auslöste. Während von dieser Seite vielfach offene Ablehnung zu hören war, gingen führende CDU/CSU-Kreise, allen voran die Kanzlerin, dazu über, ihre letztlich islamfeindliche Haltung hinter lautstarken Bekenntnissen zum Christentum zu verstecken.
Auf dem Karlsruher Parteitag der CDU Ende 2010 präsentierte Merkel, begleitet von ständigen Verweisen auf die Bedeutung des Glaubens und die »ethischen Grundlagen des Christentums«, eine neue Erfindung: eine »christlich-jüdische Tradition« als »prägende Kraft«, die über Jahrhunderte zurückreiche. Die Kombination »christlich-jüdisch« suggeriert ein harmonisches Miteinander und ist nicht nur eine Konstruktion, sondern eine freche Geschichtslüge, nun in den Rang einer regierungsamtlichen Verlautbarung gehoben. Es ist durchaus lohnenswert, einmal der Frage nachzugehen, wie diese über Jahrhunderte andauernde »jüdisch-christliche« Tradition in der Geschichte in Wirklichkeit aussah.
Seit der offiziellen Anerkennung des Christentums als Staatsreligion durch Kaiser Konstantin im Jahre 313 standen judenfeindliche Beschlüsse und Aktivitäten im Mittelpunkt der christlichen Kirche. So verbot beispielsweise schon die Synode von Elvira 306 die Eheschließung von Juden und Christen sowie gemeinsame Mahlzeiten, andere Synoden ordneten die Verbrennung des Talmuds an, untersagten es Christen, jüdische Ärzte aufzusuchen, verboten Juden, öffentliche Ämter zu bekleiden und zwangen sie, nur in abgesonderten Ortsteilen zu leben. Eines der bedeutendsten Konzile des Mittelalters, das IV. Laterankonzil 1215, ordnete als Unterscheidungsmerkmal für Juden das Tragen eines gelben Flecks oder eines Spitzhutes an, verbot das Ausüben von Handwerk und Gewerbe und gestattete ihnen nur den Geldverleih.
Auch der vielleicht größte Reformer der Geschichte, Martin Luther, unterwarf sich dem Antijudaismus des Vatikans. In seiner Schrift »Die Juden und ihre Lügen« beschimpfte er sie als Mörder an Christus und verlangte, dass man ihre »Synagogen oder Schulen mit Feuer anstecke«. Bis ins 18. Jahrhundert blieb der Antisemitismus die offizielle Kirchenlehre und erlebte dann mit dem Machtantritt Hitlers seine grausame Vollstreckung.
Mit dem Abschluss des Reichskonkordats zwischen dem Vatikan und der Hitlerregierung im Sommer 1933 wollte sich die katholische Kirche ein Maß an Bewegungsfreiheit sichern und nahm dabei in Kauf, die erste völkerrechtliche Anerkennung des faschistischen Deutschland vollzogen zu haben. In ihrem Verhältnis zur Hitler-Diktatur ließ sie sich wie stets vom Paulusbrief an die Römer leiten und forderte zum Gehorsam gegenüber der Obrigkeit auf. Papst Pius XI. schwieg sich zwar über den Holocaust und andere Verbrechen aus, umso heftiger polterte er gegen den gottlosen Bolschewismus. 1937 klagte er in der Enzyklika »Divini redemptoris« die »Geißel des Kommunismus« an, der die ganze Welt bedrohe.
Ende 1936 hatten die Bischöfe in einem Hirtenbrief dem Führer versichert, ihn »in seinem weltgeschichtlichen Abwehrkampf gegen den Bolschewismus mit moralischen Mitteln auf jede Weise zu unterstützen«. Wenige Wochen nach dem Überfall auf Polen1939 ermahnten die Bischöfe »unsere katholischen Soldaten in Gehorsam gegen den Führer … opferwillig ihre Pflicht zu tun«. Selbst nach dem Zweiten Weltkrieg ermöglichte der Vatikan mit Duldung von Papst Pius XII. die Flucht führender Faschisten und Kriegsverbrecher, darunter Eichmann und Mengele, nach Südamerika über die sogenannte »Rattenlinie«.
Angesichts solcher christlicher Traditionen muss es schon Erstaunen hervorrufen, wenn führende CDU-Politiker meinen, sich auf das Christentum als Maßstab politischen Handelns berufen zu können. Aber auch in anderen gesellschaftlichen Bereichen ist eine Berufung auf das Christentum mehr als problematisch. Liest man einmal nach, was die Bibel über die Rechte der Frau mitzuteilen hat, dann wird ein Erschauern nicht zu vermeiden sein. So kann man im Epheserbrief (Kapitel 5,22) lesen: »Ihr Frauen ordnet euch euren Männern unter wie dem Herrn, denn der Mann ist das Haupt der Frau.« Forderungen dieser Art finden sich an vielen Stellen des Neuen Testaments. Die Unterordnung der Frau sollte für ihre Stellung in der Gesellschaft insgesamt gelten. So fordert der Korintherbrief (Kapitel 14,34): »Wie es in allen Gemeinden der Heiligen üblich ist, sollen die Frauen in der Versammlung schweigen. Es ist ihnen nicht gestattet zu reden.«
Das Kopftuchtragen von muslimischen Frauen wird meist als Zeichen der Unterwerfung kritisiert, vielleicht nicht zu Unrecht. Wie steht die Bibel dazu? Im Korintherbrief (Kapitel 11,5) heißt es: »Eine Frau aber entehrt ihr Haupt, wenn sie prophetisch redet und dabei ihr Haupt nicht verhüllt. Wenn sie kein Kopftuch trägt, soll sie sich doch gleich die Haare schneiden lassen.« Aber: »Der Mann darf sein Haupt nicht verhüllen, weil er Abbild und Abglanz Gottes ist; die Frau aber ist der Abglanz des Mannes.«
Dieses heute antiquiert erscheinende Frauenbild prägte über historische Zeiträume die rechtlose Stellung der Frau und fand sogar noch Ende des 19. Jahrhunderts Eingang in die Gesetzgebung. Die zitierten Passagen aus dem Neuen Testament waren offenbar das Vorbild bei der Formulierung des Familienrechts im Bürgerlichen Gesetzbuch, das die Rechtlosigkeit der Frau mit deutscher Gründlichkeit ausdifferenzierte. So durfte die Frau nur mit Genehmigung des Mannes eine Arbeit aufnehmen, die er nach Belieben fristlos kündigen konnte (§ 1358), er hatte die alleinige Befugnis in allen Familienangelegenheiten (Kindererziehung, Wohnungswahl u.a.) und verfügte sogar über das von der Frau in die Ehe eingebrachte Vermögen. Die Frau war »verpflichtet, das gemeinschaftliche Hauswesen zu leiten«, wurde also per Gesetz in die Küche verbannt.
Interessanterweise brauchte das Führungspersonal der Bundesrepublik zwei Jahrzehnte, um jene Bestimmungen aus dem Kaiserreich aufzuheben.
Eidesformel
In der Bundesrepublik Deutschland leisten Bundespräsident, Bundeskanzler und Bundesminister folgenden im Grundgesetz (Art. 56) festgeschriebenen Amtseid:
Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde. So wahr mir Gott helfe.
Laut Art. 56 Satz 2 GG kann der Eid auch ohne religiöse Beteuerung geleistet werden. Als bisher einziger Bundeskanzler machte davon Gerhard Schröder bei seinen Vereidigungen in den Jahren 1998 und 2002 Gebrauch. Sieben Minister der ersten Schröder-Regierung folgten dem damaligen Kanzler: Oskar Lafontaine, Otto Schily, Walter Riester, Edelgard Bulmahn, Bodo Hombach, Joseph Fischer und Jürgen Trittin. Bei Merkels Amtsantritt im Jahre 2005 verzichtete lediglich Justizministerin Brigitte Zypries auf die Gottesformel. ND
Leserkommentar:
Bernd.Kudanek, 14. Jun 2011 14:15 ... das war wirklich passend zu Pfingsten
Jürgen Schuster hat die religiös verschwurbelte Heuchelei der Politkaste sehr gut auf den Punkt gebracht.
Der ehemalige Religionsbeauftragte der Linkspartei und bekennende Protestant, Bodo Ramelow, wird sicher not amused gewesen sein, daß er einen solchen Artikel ausgerechnet im ND lesen mußte. Ob er nun wohl über einen Denk- und Schreibverbots-Fraktionsbeschluß im ND nachdenkt? Man wird ja wohl noch fragen dürfen
... ich tue was Linke tun, Ungerechtigkeit bekämpfen! von Yossi Wolfson
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