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Autor |
Beitrag |
Isquierda
Beiträge: 279
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Erstellt: 31.01.06, 11:57 Betreff: Re: Anarchie - Was ist das? |
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Zitat: soyfer
Basisdemokratie heißt für mich z. B. Mehrheitsbeschluss. Du redest nun von Konsens. Basisdemokratie mit Konsensprinzip ist für mich aber keine Basisdemokratie, weil das Wort Demokratie Entscheidung per Mehrheitsbeschliuss beinhaltet. |
Basisdemokratie läßt sich mE. nur über Konsens herstellen. Die Mehrheit sind ALLE, weil es keine Minderheit gibt. Du verwechselst das Wort "Demokratie" (= Volksherrschaft) mit dem Begriff "demokratisch", dass wiederum und im allgemeinen Sprachgebrauch nur eine Form der Entscheidungsfindung meint. Demokratie ist aber nicht an eine bestimmte Form der Entscheidungsfindung gebunden. Wie gesagt, die Mehrheit sind auch ALLE. Das bedetet absoluter Midnerheitenschutz.
Zitat: soyfer
Gut, kein Problem, akzeptiere ich, aber was bedeutet Konsensprinzip konkret: ohne dir was zu unterstellen, ich weiß es einfach nicht und praktisch kommt es ja vor: heißt das Diskussion über ein Thema bis einem die Lust vergeht und er aus lauter Verzweiflung einem faulen Kompromiss (wenn überhaupt) zustimmt? |
Nein, nur Diskussion bis eine Entscheidung gefunden wird, die alle zufrieden stellt. Dafür stehen die kriterien fest: Was willst du? Wann bist du zufrieden? Und warum? Und dann beginnt die verhandlung, wie dem gerecht werden kann, unter Berücksichtigung aller Interessen.
Zitat: soyfer
Exkurs Konsens: Weißt du wieviele gemeinsame Flugblätter so entstanden sind? Da gab es einen, der immer demonstrativ mit einem Kissen zu solchen Diskussionen ging, sich draufsetzte, gähnte und sagte: "Jetzt können wir, ich hab vieel Zeit und bin ausgeschlafen." Gegen seine Zustimmung lief gar nichts. Denn er ging nicht und gab nicht nach. Wer das Gesamtprojekt nicht gefährden wollte, der musste ihm nachgeben. Das ist eine mögliche Folge des Konsensprinzips. Oder ein anderes Beispiel: die jährliche Obdachlosenaktion: "Endlösung Obdachlos": uralt, Stadtbekannt. Dann kam die anti-deutschen-Mode. "Endlösung", das geht nicht. Der Titel muss weg. Was blieb übrig, als den Titel zu streichen, weil uns die Aktion wichtiger war, als der Titel und den Anti-Deutschen der Titel, als die Aktion. Und das für eine Sache, die eigentlich nur von uns organisiert und durchgeführt wurde, nur brauchten wir halt Räumlichkeiten in der Nähe der Aktion und außerdem ist ein gemeinsames Auftreten prinzipiell so wichtig. Konsens heißt heutzutage faktisch, der Abhängigere gibt als erster nach, der Unabhängigste setzt sich durch. |
Ich halte Kompromisse für eine großartige Sache und sie tun nicht weh. Kompromisse tragen entscheidend zur friedlichen Koexistenz bei und ja, das will ich.
Zitat: soyfer
Weiters hast du des öfteren angesprochen, dass es Minderheitenrechte geben solle. Abgesehen davon, dass deren Inhalt nirgends angeführt wurden, frage ich mich, wenn es ein Konsensprinzip ist, wozu dann Minderheitenrechte, weil es ja keine Minderheit gegen kann, die etwas nicht mitträgt? |
Genau, eine Minderheit gibt es nur bis zum Konsens - ab da sind dann alle zufreidengestellt. das ist der sicherste Minderheitenschutz. Um Minderheitenrechte geht es nur denen, die den Schutz nicht garantieren wollen.
Zitat: soyfer
Und da man vom schlimmsten Fall ausgehen muss ist die Frage berechtigt, was in deinen Augen möglich Kompromissformeln sind? Es gibt Leute die negieren, dass die Lösung der Art möglich sind, wie du sie jetzt bejaht hast: Gruppe B stimmt Beschluss zwar zu, ist aber von den Auswirkungen des Beschlusses nicht betroffen. |
Warum sollte man Gruppe B fragen, wenn es sie nicht betrifft? es wird autonom gehandelt.
Zitat: soyfer
Diese Gegner meinen, dass den Regeln alle in gleicher Weise unterworfen sein müssten, besonders, wenn es um unangenehme Dinge geht, keine Sondervorteile (was ja in dem Beschluss oben vorkommt). Eine weitere Frage von mir ist, wie sieht das aus, wenn ich nun nach langer Kompromisssuche einem zugestimmt habe, wird das dann in eine Formel gegossen oder durch Beschreibung es Gemeinten fixiert? (Sprich, wird es zu juristischen Kommainterpretationen kommen können?) Was wenn ich am nächsten Tag feststelle, der Kompromiss war doch nicht so gut, da steige ich wieder aus? |
Ja, na sicher: Moral ist nicht statisch.
Zitat: soyfer
Gilt der Konsens nur so lange, wie seine Befürworter beim Ja bleiben, oder muss dann ein neuer Konsens für ein Nein oder eine Änderung gefunden werden? |
Ja, sicher, immer wieder neu....
Zitat: soyfer
Kurz und gut, manchmal habe ich den Eindruck, du meinst ein System, in dem jemand gegen seinen Willen zu etwas gezwungen werden kann (wenn du z. B. von: Hierarchie, unsteter Macht, strukturloses Zusammenleben sei Chaos, Anarchie sei geringstmögliche Machtausübung sprichst), manchmal habe ich den Eindruck, was du meinst ist ein etwas verkomplizierter, systemisierter aber tatsächlicher Anarchismus in meinem Sinn (wenn du von "Konsens", von "möglichen Gesellschaftsaustritt ohne Konsequenzen für die betroffene Person", dadurch die "Möglichkeit von Parallelgesellschaften" bejahst, "deren Mitglieder jederzeit wechseln können" und schließlich die Kompromissformel: "ja, machts mal, aber es geht mich nichts an" anerkennst) , nur dass das auch direkter und unkomplizierter geht, indem man die ganzen Stukturen einfach fallen lassen würde. |
Nein, Strukturen braucht es. Den Umweg über´s Chaos gehe ich nicht.
Zitat: soyfer
Und diese beiden Eindrücke treten bei mir in deinen Texten so unvermittelt gegenüber, dass ich einfach kein klares Bild bekomme. Das eine Bild ist das klassische einer Basisdemokratie, die sich durch hinzufügen "anarchistischer" Aspekte einen besonders freien Anstrich geben will, ohne aber den basisdemokratischen Herrschaftsanspruch aufzugeben, das andere ist das Bild einer Anarchie, die aber, weil man ohne sie nicht leben zu können glaubt, Strukturen beibehält, aber diese so wenig "effektiv" einrichtert, dass sie also genauso fehlen könnten, ohne dass das was ändern täte. |
Doch, es ändert sich was: Herrschaft bleibt aus, Macht- und Ohnmacht und Repression.
Zitat: soyfer
Man stelle sich vor, man würde eine Wohnung in drei Bereiche teilen und sagen, du lebst da, du da, und du im dritten Teil. Aber es ist jedem jederzeit erlaubt, in einen anderen Teil zu wechseln, grundsätzlich zu tauschen, zusammenzuleben, oder getrennte Wege zu gehen. Wäre es da nicht einfacher zu sagen, da ist die Wohnung, lebt ihr drei hier, wie ihr wollt? |
Du hast das noch nicht verstanden: Diese 3 Mieter haben zumindest für sich schon Strukturen geschaffen und werden sie einhalten. jeder weiß, welches Zimmer er bewohnt, mit wem und zu welchem zweck. Vielleicht bezahlen sie miete, die wird geteilt: all das sind strukturen, die ein zusammenleben ermöglichen und natürlich werden die nicht von außen vorgegeben, sondern sie entstehen aus der Notwendigkeit des Zusammenlebens.
Zitat: soyfer
Und da es ein Beispiel ist, soll das nicht heißen, dass ich da eine Menschengruppe in eine Wohnung verbannen will. Sie ist die Beispielgröße des Raumes. Und es soll auch nicht darauf anspielen, dass in einem Zimmer die Küche, in einem das Bad und einem das Klo ist und wenn man in den Teil der Küche geht, weil man essen will, sich den Küchenteilregeln unterwerfen muss etc. |
Klo, Küche, bad, Nutzungsregeln - all das sind Strukturen....Sinnige und notwendige Strukturen.
Zitat: soyfer
Kurz, ich greife dich nicht an, ich unterstelle dir nichts, ich bin entweder einfach nur zu dumm, das zu verstehen oder - was ich vermute -, dass da einige Teile noch nicht konsequent durchdacht sind, nämlich die, die im Graubereich dessen liegen, was du Macht nennst. |
Nein, und jetzt sei mir bitte nicht böse - aber dein Denkschemata ist zutiefst antilibertär: Du denkst bestimtme Dinge wie vorgegeben, statt sie einfach grundsätzlich neu anzufangen. Du hast deine festen Feindbilder - ohne auch nur einmal etwas sinniges darin entdecken zu wollen: Hierarchie, demokratie, Regeln...und sofort reißt du die Arme hoch und schreist: NEIN!. Aber bei alle dem gibt es eben auch wirklich Aspekte, die sinnvoll sind. Zum beispiel ist es sinnig eine Wohnung in bestimmte Bereiche zu unterteilen. Das ist eine Hierarchie, eine ordnung, eine Struktur. Das ist sinnvoll und ermöglicht ein Zusammenleben: Mit Macht hat das im urpsrung nichts zu tun, sondern mit Regeln der Sozialisation. Nun ist es aber so, dass es zum guten Ton gehört: Hierarchielosigkeit zu fordern und wer das so nicht macht, der wird erstmal beschimpft - das ersparet dann wohl auch Nachdenken. Die Annahmen aber, dass Hierarchie Machtmißbrauch bedeutet und darum negativ sei - ist einfach zu kurz gedacht und es wird eingespart, darüber nachzudenken, wie Machtmißbrauch in einer Gesellschafts-Ordnung verhindert werden kann. Aber darum geht es mir: Du könntest hypothetisieren. Angenommen, ich habe recht, und eine Hierarchie ist nur eine Struktur und angenommen, eine Struktur ist erstmal nichts schlimmes, wie kann man also verhindern, dass es in dieser Struktur zu Machtmißbrauch kommt? Sas wäre doch mal ´ne maßnahme, wah?
Zitat: soyfer
Und da wir bei den beiden Beispielen Rom und Kinder einfach wieder unterschiedliche Worte mit unterschiedlichen Inhalten verwenden und da anscheinend aneinander vorbeireden, lasse ich diese einfach fallen. |
Nehmen wir die Position "Bundeskanzler" - ist egal, ob Schröder oder merkel dort sitzt. Die Machtbefugnisse eines BK bleiben installiert, sie sind dauerhaft. Der BK übt Herrschaft über das deutsche Volk aus. Die Aussage also, dass schröder nun nicht mehr BK heißt, doch aber nicht, dass es keinen BK mehr gibt, sondern lediglich, dass jemand anders BK ist, nämlich die Angela. Herrschaft wird durch Positionen installiert, nicht durch Personen. Personen bekleiden die Ämter nur.
Zitat: soyfer
Aber ich bitte dich innständig, mir genau zu schildern, wie du dir einen Entscheidungsprozess mit anschließender Durchführung vostellst und zwar im (wie es in der Wirtschaft heißt) best and worse case. Wie kannst du dir Parallelgesellschaften ineinander praktisch vorstellen? |
Was ist denn das für eine frage? "Parallelgesellschaften"? Es ging um den sanktionsfreien wechsel von einer gemeinschaft zur nächsten, wenn denn gewünscht. PG`s gibt es nicht und wird es nicht geben. Wir leben all in einer Gesellschaft - auch in einer Anarchie wird das so sein. es ist einfach so als würde man umziehen, eine neue Familie gründen, befördert werden, dann lebt man auch woanders.
Zitat: soyfer
Nicht, dass ich dich auf einen bestimmten Weg festlegen will, weil das entscheiden die Menschen immer noch vor Ort (auch deine Ausage). Aber da ich mich von deinen Begriffen gar nicht aus deine Inhalte zu schließen traue, muss ich den umgekehrten Weg gehen, von deinen Inhalten zu deinen Begriffen zu kommen. |
Du solltest dich viel leiber damit befassen, meine Begriffe zu lesen und zu hinterfragen: sie sind definitionsgemäß verwendet und folgerichtig eingesetzt. Dann kommste auch auf den inhalt der Aussage. Das was du hier machst, sind Fehlannahmen auf grund zahlreicher Mißverständnisse.
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