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Autor |
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soyfer
Beiträge: 205
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Erstellt: 16.02.06, 15:46 Betreff: Re: Anarchie - Was ist das? - Teil II |
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Zitat: Isquierda
Ich denke, das [Selbstorganisation] ist eine Frage der Übung. Je öfter man sich entscheiden muß, um so versierter wird man. Nur heute schient es so ungewöhnlich und gewöhnungsbedürftig, weil wir eben so wenig zu entscheiden haben. |
Wenn man bei 0 anfangen täte, ja. Aber dafür mache ich mir (und übrigens auch du dir) heute schon Gedanken, wie es dereinst sein soll, das Leben, wie ich (oder du) es will(st). Und wer das auch so will geht mit und wer nicht, geht andere Wege.
Zitat: Isquierda
Ja, aber wie kann man Ausübung von Herrschaft verhindern? |
Indem jeder keiner weg- sondern jeder hinschaut und einschreitet, wenn da jemand Herrschaft ausüben will.
Zitat: Isquierda
Und wenn sie auf SM steht? Wenn es Freudenschreie waren und du ihnen ein ganz tollen aebdn vermasselst? Ganz im Ernst, es ist mir einfach zu ungenau, eine Idee wie "Anarchie" an so vagen begriffen wie "Freiheit" und "schutz" festzumachen. Immerhin besteht die Gefahr, dass du deine subjektive Vorstellung von "Freiheit" einen anderen aufdrängst, der damit nicht unbedingt glücklich ist. manche sind unfrei sogar total zufrieden - auch wenn man sich das nicht vorstlelen kann. Manche empfinden ihre Unfreiheit nicht mal, geschweige denn, dass sie befreit werden wollen. Wenn du also das Prinzip des schutzes der Freiheit der anderen als obersten Prinzip ansetzt, so zwingst du anderen deine Maßstäbe auf und das wäre schon der erste schritt in die Unfreiheit. |
Also, um dein SM-Beispiel sinnvoll zu Ende zu führen, dann muss die Frau (die Frauen) und/oder der Mann (die Männer) aber auch noch taubstumm und bild sein, um hier einiges nicht klarstellen zu können. Und einschreiten bedeutet ja auch nicht todprügeln, sondern nur, Herrschaft verhindern. Einem Menschen den Arm festhalten, mit dem er zuhauen will, reicht ja vielleicht, ohne den Arm gleich abzureißen oder zu brechen oder sonstwas. Und dann, da hatten wir ja schon mal Übereinstimmung festgestellt, ich habe nichts dagegen, wenn zwei Personen oder mehr, Sklavenhaltergesellschaft spielen. Auch mit auspeitschen nicht. Sollen sie machen, wie sie lustig sind. Das ist nicht das meine, weder als Herr noch als Sklave, aber das geht mich nichts an, solange eine Voraussetzung erfüllt ist: JEDER KANN JEDERZEIT AUFHÖREN UND AUS DIESEN HERRSCHAFTSVERHÄLTNISSEN AUSTRETEN. Denn einen wesentlichen Unterschied gibt es zwischen Herrschaft ohne Austrittsmöglichkeit und Herrschaft mit Austrittsmöglichkeit: die eine Herrschaft mit Austrittsmöglichkeit wird letztlich nur gespielt und ist somit nicht real, weil auch sie nur auf der freien Zustimmung ihrer Mitglieder basiert.
Zitat: Isquierda
Das wäre sehr wünschenswert. Ich glaube aber nicht wirklich, dass jemand sein physische Stärke nur nicht mehr gegen einen schwächeren eisnetzen wird, weil dieser sozial gleichgestellt ist. An das, was du appelierst, ist die vernunft. Die setzte aber nicht zwangsweise zur revolution ein. Leider nicht. Der umstand also, dass manche andere schlagen - weil sie stärker sind oder sich so fühlen, wird nicht ganz ausgeblendet werden können. was passiert mit jenen, die es also trotzdem machen? |
Wie oben schon beschrieben, die werden an der Ausübung ihrer Handlungen gehindert. Denn 10 oder 100 oder wieviele halt da sind physisch weinger Starke werden auch mit ganz toughen fertig.
Zitat: Isquierda
Sicher ist das entscheidend, aber an körperlicher Überlegenheit ändert das erstmal nichts. Diese körperliche Überlegenheit verlockt dann auch den anständigsten. was, wenn einer der Verlockung nachgibt? das trifft übrigens nicht nur auf Mänenr zu, sondern gilt auch für Frauen: ich kenne genug Mütter, die ihre Kindern prügeln, wenn sie nicht weiter wissen... |
Was soll da wen verlocken? Die Nase ich zu groß, die schlag ich mal eben klein? Wo kommen denn solche Gelüste her? Die sind ja nicht einmal heutzutage unter den Straftaten relevant, die Gewalt der blanken Gewalt wegen. Gewalt dient heute dem "Frust abbauen" oder so. Aber der Menscher, der so spaziert, "trallalla" und dann mal eben zuschlagen will, weil er einen Kopf größer ist, den gibt es nicht. Den von der Gesellschaft seelisch Verstümmelten, ja, den gibt es. Und da wird man auch in der Anarchie einfallsreich sein müssen, weil das nicht mal so eben heilbar ist. Ich habe für sie den Begriff der "lost generation". Aber da wird sich auch für sie eine Lösung finden lassen.
Zitat: Isquierda
Ja, das ist so [Gewalt durch Gesellschaft]. Aber das gilt eben leider auch nicht für 100 %. |
Nun, von einem solchen Sinken der Gewalttaten wird die heutige Justiz- und Polizeiverwaltung nur träumen können.
Zitat: Isquierda
Und wie stellt man den Willen der Menschen fest? |
Jeder für sich selbst. Ist wohl der sicherste Weg. Und wenn man sich dann noch in den Willensäußerungen ernst nimmt, gibt es da ein besseres System.
Zitat: Isquierda
Auch ich meiner Großen nicht bei den Hausaufgaben? Wo fängt "reinreden" an und wo hört es auf? |
Ziemlich schnell. Da nutzt die Gesellschaft ganz schamlos Eltern aus, macht sie zu ihren Handlangern. Das mit dem Straßenbeispiel und dem Ball etc., das ist klar, das ist kein hineinreden, das ist "behilflich sein". Aber um 6.00 Uhr in der Früh aufstehen, weil die Schule beginnt? Wo bin ich da DEM KIND hilfreich? Das kann das ganze am Nachmittag genauso gut lernen, oder abends. Viele Lehrer würden auch lieber später anfangen. Wäre alles nur eine Frage der Absprache. Aber nein, denn nur "die Morgenstund hat Gold im Mund". Was ein Jammer, dass sie es nie hat fallenlassen, als ich in die Schule ging. Hier das Kind aufzutreiben, das ist hineinreden. Klar, man hat keine Wahl, weil sonst kommt das Jugendamt etc. So ist man Erfüllungsgehilfe der heutigen Gesellschaft. Das einzige was man machen kann ist, diesen Zwang der Gesellschaft dem Kind zu verdeutlichen. Und Hausaufgaben detto. Schau dir mal an, was da im Namen der Lehre und Bildung für ein Blödsinn gelehrt wird; Gehirnwäsche pur. Und die Eltern müssen dann in Form der Hausaufgaben das auch noch überwachen? Und in allererster Linie lernt man mit Hausaufgaben eins, Disziplin. Es gibt halt keine Gesellschaft außer der Gesellschaft.
Zitat: Isquierda
Haben das nicht schon genug vor uns versucht [zu überzeugen]? Warum klappt es nicht? Woran fehlt es noch? |
Anscheinend nicht genug, sonst hätten wir ja schon Anarchie. Aber die Frage ist, gibt es einen anderen Weg? Und dann, was wollen wir, wenn zwei miteinander konkurrieren, dann wird wohl der sich durchsetzen, der effektiver ist. Und die heutigen politischen Systeme sind durch eine lange brutale Schule der "Effektivitäts-Evolution der Macht" gegangen (die absolut effektive Macht ist übrigens Hegels Weltgeist). Nie war Herrschaft effektiver, war das System ausgetüftelter. Wir leben in Zeiten, in denen der Sklave nicht nur freiwillig sich in sein Los fügt, Sklave zu sein, nein er schreit geradezu danach: mich bitte als erster vor den Karren spannen. Und die Peitsche heißt Geld. Wenn schon zu anderen Zeiten Anarchisten Schwierigkeiten hatten, wie erst heute, wo alle Herrschaft supereffektiv ist. Aber wie jedes menschliche System hat auch das seine Macken und eine ist, es verläßt sich zu sehr auf seine alten Methoden, nur sind die langsam überholt. Eine der wesentlichen Stützen ist die Zufriedenheit der arbeitenden Bevölkerung mit ihrem Dasein gewesen. Und diese Stütze wankt, und zwar ganz gewaltig. Wem der Fall der Stütze nutzen wird, liegt in der Zukunft, was man machen kann, 1. an der Stütze "Zufriegenheit" zu sägen und scharben und 2. die Unzufriedenheit für das Wollen nach Anarchie zu gewinnen. Mehr Möglichkeiten gibt es nicht. Das letzte Gefest war es erst, wenn es geklappt hat.
Und wollen sie mein Aug' mir blenden verfinstert d'rum die Sonne sich? es wird sich Geist und Feder finden, solang ein Herz nach Licht begehrt.
Aus einem Lied von 1848.
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