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indy
New PostErstellt: 09.08.06, 00:41     Betreff: 4 Standpunkte

Der Nahost-Konflikt hat eine immer polarisierendere Wirkung, auch in der in Deutschland angesiedelten Linken. Währenddessen scheint eine Lösung immer weiter ins Unendliche zu rücken.

Ich versuche mal, so gut wie möglich, die 4 Standpunkte (in polarisierter Form) zu beschreiben, die ich so mitbekomme.

Zunächst die beiden "klassischen":
antiimp vs anti-d

Die Anti-Imps sehen im Staat Israel den Unterdrücker der palästinensischen Bevölkerung. Die Zionisten sind mit amerikanischer Hilfe in den Nahen Osten einmarschiert, um sich dort breit zu machen und die Palästinenser von dort zu vertreiben. Das "wir waren aber zuerst da"-Argument klingt oft durch, obwohl gerade bei diesem Konflikt deutlich wird, dass es für Gegenwart und Zukunft kaum darauf ankommt, wer "angefangen" hat. Die antiimperialistische "Lösung" des Konflikts: Die Entwaffnung des israelischen Staates würde zur Folge haben, dass die jüdischen Menschen nicht mehr in Sicherheit leben könnten.

Die Anti-Ds berufen sich auf den tief verwurzelten Antisemitismus, nicht nur in Deutschland. Der Holocaust ist der Gipfel des Antisemitismus, der bis ins Mittelalter zurückreicht. Jüdische Menschen, die nicht länger von potentiell antisemitischen Regierungen anderer Länder fremdbestimmt werden wollen, sollen in Frieden leben dürfen. Dies ist in der derzeitigen Weltordnung nur durch die Bildung eines Staates möglich.
Dieser Staat soll nach Wunsch der jüdischen Menschen dort errichtet werden, wo auch die Vorfahren lebten, im "Heiligen Land". Vertriebene Palästinenser, die keinen israelischen Staat haben wollen, werden bestenfalls als Kollateralschäden hingenommen, schlimmstenfalls als arabische Antisemiten dargestellt. Die antideutsche "Lösung" des Konflikts: Israel bekommt soviele Waffen aller Art und einen Freischein der "internationalen Gemeinschaft", damit sie auch die letzten Antisemiten aus dem Nahen Osten bomben können

Die beiden weiteren Positionen:

"Blauäugige" Friedensbewegte, die fordern, dass beide Parteien ihre Waffen niederlegen sollen. Der Grundgedanke ist natürlich schön, aber der Konflikt ist so aufgeladen, es herrscht soviel Wut im Bauch, dass die Forderung einfach utopisch ist. Die Israelis könnten zwar mit Teilen der Palästinenser einen Friedensabkommen eingehen, aber es wird immer diejenigen geben, die "Israel von der Landkarte streichen" wollen. Umgekehrt wachsen mit jedem israelischen Angriff Zorn und Wut der Palästinenser, aus denen dann weitere Selbstmordattentate und Raketenangriffe resultieren.

Zu guter Letzt wäre da die "überreflektionierte", theoretisierte, antinationale Position, vertreten vor allem von Menschen, die fernab des Konfliktgeschehens leben. Menschen werden in verschiedene, konstruierte Nationalstaaten geboren und so erzogen, dass sie gegenseitig einander ausgespielt werden. Dies gilt es zu erkennen und daraufhin sollen sich alle Menschen in allen Staaten gegen ihre Machthaber auflehnen, auch in Israel und den angrenzenden arabischen Staaten. Das schaut auf dem Papier sehr emanzipatorisch aus, in der Praxis ist das aber nicht nur total utopisch, sondern es werden auch kaum Bemühungen in diese Richtung gemacht. Es ist die gemütliche, argumentativ kaum anzugreifende "ich sitze in meinem gemütlichen Sessel und weiss alles besser"-Position. Weiterführende Fragen ("Wie organisieren wir den antinationalen, grenzübergreifenden, jüdisch-arabisch-gemeinsamen Widerstand?") werden nicht gestellt.


Alle "Lösungen" fordern entweder viele Menschenleben oder sind total utopisch. Trotzdem bevorzuge ich die Letzte. Bleibt nur noch die Frage nach praktischen Ansätzen. Die können alleine nicht aus Deutschland gemacht werden, dazu braucht es schon Kontakt zu Menschen, die im Krisengebiet leben. Bald werde ich welche kennenlernen. Ich bin gespannt, inwieweit sie bereit sind, auf antinationale Standpunkte einzugehen. Denn die Bedrohung von außerhalb vor welcher der Staat schützt, wird, im Gegensatz zum Westen, nicht bloß über die Medien propagiert, sondern von diesen Menschen als existent gespürt - z.B. durch den Verlust von Mitmenschen.
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