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bjk
Beiträge: 7353
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Erstellt: 27.01.08, 09:18 Betreff: Broder hetzt und München feiert Fasching |
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kopiert aus: http://www.jungewelt.de/2008/01-26/031.php
Helau zum Holocaust
Die offizielle Erinnerung an die Millionen Opfer des Faschismus scheint lästige Pflicht. ARD und ZDF ignorieren Gedenktag, der Bundestag bleibt leer – und München schunkelt
Von Rüdiger Göbel
München feiert Fasching, durch die Innenstadt der Bayern-Hauptstadt zieht an diesem Sonntag unter der Schirmherrschaft von Oberbürgermeister Christian Ude ein großer Karnevalszug. Die Helau-Parade der Heiterkeit hatte in dieser Woche für Schlagzeilen und Kritik gesorgt, fällt sie doch zusammen mit der zentralen staatlichen Erinnerung an die Millionen Opfer der faschistischen Terrorherrschaft. 1996 hatte der damalige Bundespräsident Roman Herzog den 27. Januar zum nationalen »Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus« erklärt – in Erinnerung an die Befreiung der Überlebenden des Konzentrationslagers Auschwitz durch die Rote Armee 1945 (siehe unten). 2005 proklamierten auch die Vereinten Nationen den Tag zum offiziellen Holocaust-Gedenktag.
Der 27. Januar sei kein gesetzlicher Feiertag und genieße auch sonst keinen gesetzlichen Schutz, verteidigten die Münchner ihr Festhalten am Karnevalsumzug. Der Termin sei nicht absichtlich auf den Gedenktag gelegt worden. Letzterer sei ohnehin kaum im öffentlichen Bewußtsein verankert und stehe nicht in normalen Kalendern. Wen wundert's. Selbst der Plenarsaal des Reichstags bleibt an diesem Sonntag leer, im Fernsehen wird lieber auf andere historische Ereignisse geschaut. Und auch die politische Spitze der BRD erinnert nicht am eigens proklamierten Auschwitz-Tag an die Opfer des faschistischen Terrors. Die zentrale staatliche Veranstaltung mit Bundespräsident Horst Köhler, Bundestagspräsident Norbert Lammert, Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundesratspräsident Harald Ringstorff fand bereits am Freitag morgen statt. Die offizielle Gedenkstunde war der Einfachheit halber vorgezogen und in die zu Ende gehende Sitzungswoche des Bundestages geschoben worden.
Mit der Veranstaltung werde »an unvorstellbares Menschheitsverbrechen, an Völkermord und systematisch betriebenen Massenmord« erinnert, sagte Parlamentschef Lammert am Freitag in seiner Ansprache. »Nach den bitteren Erfahrungen des letzten Jahrhunderts dulden wir keine Form von Extremismus, Rassismus und Antisemitismus – nirgendwo in der Welt, und in Deutschland schon gar nicht.« Es sei »beschämend«, daß jüdische Einrichtungen in Deutschland durch ständige Polizeipräsenz vor Angriffen geschützt werden müßten. So weit, so richtig. Kein Wort verlor Lammert allerdings darüber, daß die Innenministerien etwa die Zahlen rechter Überfälle schönen und die Polizei regelmäßig NPD-Aufmärsche vor Protesten schützt – und dabei Tränengas, Wasserwerfer und Knüppel einsetzt gegen Antifaschisten, die seit Jahren und Jahrzehnten ohne staatliche Vorgaben die Verbrechen der Hitler-Diktatur ins Gedächtnis rufen und auch deren Profiteure benennen.
Der Bundestagspräsident blieb schön allgemein. »Der 30. Januar 1933«, also die Machtübertragung an Adolf Hitler, sei weder ein »Betriebsunfall der deutschen Geschichte« noch unausweichlich gewesen. Da der Weg in die Diktatur »keine Zwangsläufigkeit« gewesen sei, bleibe er eine »beständige Mahnung an alle demokratischen Kräfte«. Des weiteren beklagte Lammert, daß die zentrale staatliche Gedenkstunde auch in diesem Jahr nicht im Hauptprogramm von ARD oder ZDF übertragen wurde.
Die gebührenfinanzierten Öffentlich-Rechtlichen mit Bildungsauftrag setzen an diesem Wochenende ihre eigenen historischen Schwerpunkte. Die ARD wiederholt am Samstag abend im Hauptprogramm »Soweit die Füße tragen«. Der Spielfilm widmet sich der langen Flucht eines deutschen Wehrmachtsoldaten aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft und ist die größte antikommunistische Schmonzette aller Zeiten. Das Zweite feiert am Sonntag gleich zweifach die für Deutschland wohl eigentlich wichtige Befreiung: »Das Wunder von Berlin« bejubelt ab 20.15 Uhr mit der gefühlten Ostdeutschen Veronica Ferres den Mauerfall des 9. November 1989. In ZDF-History steuert Geschichtsbildchenmonteur Guido Knopp im Anschluß den pseudowissenschaftlichen Hintergrund zur Selbstbefreiung der DDR bei. Der mdr ist der einzige Sender, der filmisch an die Schrecken des Faschismus und der Konzentrationslager erinnert. »Nackt unter Wölfen« läuft allerdings erst im Nachtprogramm ab null Uhr, also am 28. Januar.
Es ist allerhöchste Zeit, Art. 1, Abs. 1 und Art. 20, Abs. 4, GG, Geltung und Wirkung zu verschaffen!
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