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Autor Beitrag
soyfer

Beiträge: 205

New PostErstellt: 16.12.05, 01:35     Betreff: Re: Partei wozu?

    Zitat: bjk
    ... ich auch
    ... unter anderem deswegen bin ich in die Linkspartei.PDS eingetreten
    ... allerdings bewußt in den LV Bayern und nicht in den LV Berlin unter Liebich & friends, doch das ist ein anderes Thema.


      Zitat: soyfer
      Die Aussage, in einer Partei zu sein, sich aber nicht den Direktiven der Partei zu unterwerfen, bedeutet somit letztendlich nichts anderes, als zwar formal, aber nicht prinzipiell und inhaltlich Parteimitglied zu sein.
    ... nö, das sehe ich nicht so
    ... z.B. steht in den Statuten der Linkspartei nix von Gleichschaltung der Gedanken und Handlungen
    ... sondern die nach dem (von mir vorausgesetzten!) Prinzip "Primus inter Pares", also Erste(r) unter Gleichen, gewählten Parteivorstandsmitglieder müssen sich anstrengen, mich und andere zu überzeugen
Also, diese Aussagen von dir habe ich ein wenig zusammengestoppelt, ich musste den Zitattext kürzen. Ich hoffe es ist klar, worum es geht. Meine Position: Sinn und Zweck der Partei ist, das Handeln der Mitglieder zu koordinieren und daher fordern Parteien von ihren Mitglieder bestimmtes zu tun oder zu lassen. Deine Position ist folgende: man ist Mitglied einer Partei, um eine generelle politische Nähe auszudrückn und diese Nähe führt möglicherweise dazu, dass man tendenziell Aktionen, die die Partei befürwortet auch gut findet und Aktionen, gegen die sich die Partei ausspricht, auch ablehnt. Stimmt man aber mit der Parteilinie nicht überein, so hält man sich auch nicht daran (bei dir z.B. Montagsdemos).
Da will ich dir auch gar nicht widersprechen, ich will aber darauf hinweisen, dass wir das Problem von zwei unterschiedlichen Positionen betrachten: du von der praktischen Seite, ich von einer theoretischen. Ich sage ja gar nicht, dass man das nicht machen DARF, dass es der Partei gegenüber unmoralisch wäre, sein Handeln nicht der Partei, sondern seinem eigenen Kopf zu unterwerfen. Was wären Gesellschaften (und ich betrachte eine Partei mal als eine Gesellschaft) ohne Querdenker? Wahrscheinlich wären wir heute noch nicht in der Steinzeit angekommen. Praktisch hat es immer Querdenker gegeben und sie haben (nicht immer, aber doch) Entwicklungen in Gang gesetzt. Von den meisten Querdenkern, die nichts bewirkt haben, hat man dann im Nachhinein gesagt, sie waren ihrer Zeit zu weit voraus. Also, Querdenker, Nestbeschmutzer, Don Quichotes und derartiges sind für jede Entwicklung sozusagen lebensnotwendig. Ohne sie erstarrt alles. Das ist aber eine Frage der Praxis der Partei.

Theoretisch sieht das alles ein wenig anders aus. Theoretisch gibt es keine Querdenker, theoretisch gibt es ein Werkzeug "Partei", das unter bestimmten Bedingungen sehr gut und unter anderen gar nicht funktioniert. Das ist wie mit einem Spaten. Drehe mal den Griff nach unten und den Spaten nach oben und versuche ein Loch zu graben. So ist das mit der Partei auch. Eine Partei, die in ihre theoretische Grundlage einbauen würde, jeder handelt nach seinem eigenen Kopf, braucht nicht gegründet zu werden, weil sie nicht effektiv ist. Sie diskutiert zu viel und handelt zu wenig. Und dann ruft sie zu was auf und nur ein Bruchteil kommt. Nein, das Prinzip einer Partei ist, sie entscheidet schnell, sagt die Richtung an und alles der Partei, das kreuchen und fleuchen kann, folgt brav - nicht blind, aber brav. Das ist die Idee des Kräftebündelns. Auf einem Parteitag, also den offiziellen Diskussionsforen, da darf dann in der Theorie ein Querdenker seinen Senf dazugeben. In der Theorie, denn in der Praxis ist unerheblich, was die Querdenker sagen, entscheidend ist, was die Stromlinienförmigen auswenig gelernt haben.

Wozu soll man sich aber über die Theorie Gedanken machen, wenn es in der Praxis doch anders aussieht. In der Theorie ist frei denken gut, frei handeln aber schlecht. In der Praxis aber ist frei handeln einerseits für die Partei lebensnotwendig, andererseits für die, die den Parteiinhalt ausmachen, Existenzbedrohend. Daher wird versucht das freie Denken der Mitglieder zu unterbinden und wenn nicht dies, so dann doch das freie Wort. Daher bleibt einem Querdenker dann nur die Handlungsverweigerung um seinem Protest gegen den Parteiinhalt Ausdruck zu geben. In der Praxis ist also die Handlungsfreiheit notwendig, um die freien Gedanken artikulieren zu können.

Die Theorie ist deswegen so wichtig, weil anhand von ihr ermittelt werden kann, was wo genau schief läuft. Also, die Partei ist ein Werkzeug, das seine Funktion für linke politische Ideen nur mangelhaft erfüllt, weil es zwar tatsächlich ein effektives Mittel sein kann, aber effektiver wird, je weniger es ein Richtungskorrektiv nach links gibt. Ich will ja nicht effektiv sein der Effektivität willen, sondern um ein linkes politisches Ziel zu erreichen. Und nahezu automatisch fängt dies Werkzeug an effektiv in die Gegenzichtung, nach rechts zu steuern.
Und die Theorie zeigt, was da den Rechtsdrift auslöst. Daher geht es mir hier nicht konkret um das, was den einzelnen Menschen bewegt, in der Linkspartei oder WASG zu sein oder derartiges. Ziel ist es, diesen Systemfehler, den Rechtsdrall im Werkzeug Partei zu finden und zu schaun, wie das repariert werden kann - etwas machanisch ausgedrückt, aber tendenziell ist das so. Und zwar ohne das ich das zu mechanisch sehe. Es gibt den Menschen als Handelnden. Aber jede Gesellschaft ruft sozusagen nach Menschen mit bestimmten Charaktereigenschaften. Und Parteien rufen halt auch nach einem bestimmten Typ von borniertem, von sich überzeugten Alleswisser, der sich nie gelernt hat in Frage zu stellen. Und würde er damit beginnen, würde er sofort aus der Parteihöhe abstürzen und ein anderer bornierten etc. würde den Platz einnehmen.

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