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Freies Politikforum für Demokraten und Anarchisten
PLATTFORM FÜR LINKE GEGENÖFFENTLICHKEITEN
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Autor |
Beitrag |
bjk
Beiträge: 7353
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Erstellt: 17.12.05, 16:04 Betreff: Re: Partei wozu? |
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... hast ja recht, daß wir beim Threadthema bleiben sollen, also auf geht's!
Zitat: soyfer
... in bezug auf Partei, die wollen keine freie Meinungsäußerung, das ist schlecht. Ich fordere freie Meinungsäußerung. Ich bin aktiver Teil des Prozesses, die Partei, der Gegenstand, um den es geht, der ist sozusagen passiv. |
... wenn sich Menschen zusammenschließen, um gemeinsam vereinbarte Ziele zu erreichen, ist deshalb nicht zwangsläufig nur ein einziger Weg dahin möglich. Dieser wird in aller Regel zwar mehrheitlich beschlossen, jedenfalls sollte dies bei demokratischen Parteien der Fall sein, doch werden alternative Wegstrecken in die gleiche Richtung damit ja nicht grundsätzlich ausgeschlossen sondern aus welchen Gründen auch immer mehrheitlich nur als weniger erfolgversprechend beurteilt. DIE Partei als Gebilde hat nun zwar die Richtung der Mehrheit einzuhalten, darf aber insbesondere bei linken Parteien niemals freie Meinungsäußerung der Minderheit aus welchen Gründen auch immer unterdrücken. Denn nur aus dem ständigen Wettstreit unterschiedlicher aber gleichberechtigter Meinungen bzw. Prioritätensetzung innerhalb einer Partei ist gewährleistet, daß es nicht zu machtpolitischen Verkrustungen des Parteiapparates im orwellschen Sinne "Einige sind gleicher (mächtiger) als andere" kommt.
... deshalb hat nach meinem Verständnis die freie Meinungsäußerung gerade bei linken Parteien absolute Priorität, hier darf es keine Vorherrschaft hierarchischer Strukturen wie in bourgeois-reaktionären und speziell in stramm rechten Parteien geben! Die Mehrheit bzw. ihre Vertreter sollten immer vor Augen haben, daß sie "nur" Primus inter Pares" also Erste unter Gleichen sind. Medialer Starkult wie er derzeit wieder von meiner Linkspartei.PDS mit Gysi, Lafontaine, Bisky und Ramelow propagiert wird, konterkarieren und gefährden dieses Prinzip. Wohin Personenkult führt, können wir aktuell mit der Ikonisierung eines Joschka Fischer von den Grünen sehen, der auf der Höhe seiner Macht den Balkankrieg angezettelt hat und wie sein SPD-Pendant Schröder zumindest Mitwisser wenn nicht gar Handlanger der us-amerikanischen Menschen- und Völkerrechtsverbrechen geworden ist. ... deshalb ist jede innerparteiliche Zensur und/oder Unterdrückung von Kritik an zeitgeistigen Mehrheitsmeinungen und -beschlüssen der Anfang vom Ende jeder linken Partei. Dies begleitet seit der Oktoberrevulotion 1918 alle Versuche, linke sozialistische und/oder auch anarchistische Strukturen dauerhaft aufzubauen. Das abstrakte Gebilde Partei darf kein Selbstzweck sein, es ist auch kein Gegenstand und damit weder aktiv noch passiv, sondern eher, wie es soyfer sehr schön umschrieben hat, ein Prozeß, verursacht, in Gang gesetzt und in Bewegung gehalten von aktiven und weniger aktiven Menschen darin, die ein gemeinsames Ziel möglichst gemeinsam erreichen wollen - siehe oben.
Zitat: soyfer
... In diesem Fall ist die "Partei" aktiv, ich als der Beobachter aber passiv. Was ich sage ist nicht das, was ich will, es ist Ergebnis meiner Beobachtung. Wenn z.B. Biologen feststellen, dass Schimpansen genau wie Menschen Kriege führen, männliche Gegner umbringen usw. so sagen sie das ja nicht, weil sie das so wollen. Sie sagen es, weil sie es beobachtet haben. Ein Arzt analysiert keine Krankheit, weil er gerne anderen Hiobsbotschaften bringt. Und so kann sich auch bei der Analyse eines abstrakten Gebildes, wie des Staates oder der Partei, so manches ergeben, was man vielleicht lieber nicht so hätte, dennoch aber so ist. Und davon rede ich. Ich untersuche das Werkzeug Partei. Und das funktioniert wunderbar, wenn man klare hierarchische Strukturen von oben nach unter will. Je straffer, desto effektiver. Eine kleine Gruppe entscheidet wohin, die große Masse folgt und zusammen erreicht man das angestrebte desto besser, je straffer die Struktur. Einfach und funktionstüchtig. Außer natürlich, man will statt Befehlen Diskussionen, statt Gehorchen die Einsicht, statt Untertanentum selbstbewußte Mitglieder, statt der Durchsetzung politischen Ideen der Herrschaft, die Durchsetzung linker politischer Ideen, Ideen der Freiheit . Dafür ist eine Partei nicht eingerichtet. Die Partei fordert Effektivität, aber Diskussion ist vielleicht "gerecht", nicht aber effektiv. - - - Und die Effektivität fordert Hierarchie. |
... Deine Analyse steht nicht im Widerspruch zu dem oben von mir ausgeführten Verständnis einer Partei. Du beschreibst zunächst die gleichen schlimmen Szenarien, die auch ich bei Machtmißbrauch durch hierarchisch geprägte Strukturen sehe.
... energisch widersprechen muß ich Dir jedoch, wie Du die Effektivität einer Partei erklärst, wobei Du nur diese eine einzige Effektivität zum Maßstab nimmst. Das bestreite ich vehement, denn linke zumal anarchistisch geprägte Visionen eines Gebildes namens Partei wenden andere Maßstäbe an, nämlich hier steht das gleichberechtigte, gemeinsam erkannte Wohl aller Menschen im Vordergrund und nicht qua Ukas einiger weniger machtstrebender Starker, sondern durch in vielfältigen kontroversen Diskussionen erreichtem Konsens aktiver freier selbstbewußter Mitglieder über den jeweils einzuschlagenden Weg zum gemeinsamen linken sozialistischen Ziel.
... dabei verkenne ich durchaus nicht, daß mittels der von Dir beschriebenen Art von Effektivität ein Ziel möglicherweise bequemer und sehr viel weniger nerven- und zeitraubend erreicht werden kann. Jedoch hätte diese Vorgehensweise nach meinem Verständnis statt mit Demokratie bestenfalls mit Demokratur zu tun. Das kann nicht in unserem Sinne sein! Denn mensch muß endlich auch ethische und nicht nur technische Fortschritte machen, mensch muß sich endlich von seiner archaischen Herkunft abnabeln und endlich ein homo sapiens, also ein Mensch werden!
Zitat: soyfer
... dass es ein "primus inter pares" sein soll. Aber - das muss ich dir antworten - auch ein "nur" Primus ist ein Primus. Das "inter pares" fällt auf kurz oder lang immer die Hintertreppe runter. Was du haben willst ist ein "primus inter Pares", was du haben wirst, ist ein ganz normales Parteioberhaupt, nur nennt es sich "erster Diener der Partei", oder so. Was übrigbleibt ist bestenfalls eine leere inhaltslose Begriffshülse. |
... Nö, das sehe ich anders! Ich will keinen "Primus inter pares" sondern idealerweise einen "primus inter pares" und meinetwegen übergangsweise auch einen "primus inter Pares"
... warum so fatalistisch pessimistisch von Hintertreppe runterfallen reden, auch wenn das bisher immer wieder (vordergründig) der Fall war! Du weißt doch, wer von vornherein aufgibt und nicht kämpft, hat schon verloren. Unsere ethische Entwicklung darf doch nicht stagnieren oder sich gar rückwärts entwickeln, wie's derzeit weltweit "dank" us-amerikanischer Verbrecher in Regierung und Wirtschaft und ihren Helfern weltweit also auch in der BRD den Anschein hat, sondern wir und alle, die's können, müssen Impulse für Fortschritte in unserer ethischen Entwicklung geben!
... ich verzeihe Dir, wenn Du das noch zweifelnd "leere inhaltslose Begriffshülse" nennst - aber auch aus einem Saulus wurde ein Paulus! Also hab' ich auch bei Dir noch Hoffnung. Dies ist als bloße Metapher und nicht etwa als Reklame für die Bibel zu verstehen.
Zitat: soyfer
... du seist in die Linkspartei eingetreten, um die Kräfte zu bündeln. Ich weiß nicht wie es dir geht, ich würde nicht in eine Partei eintreten, nur weil ich mit ihnen gern beim Bier sitze, oder gerne mit ihnen einfach so mal diskutierte, fachsimple oder so. In Parteien ist man, weil man eine Idee vorwärts bringen will, weil man seine Kräfte bündeln will, weil man politisch dominant (als politische Richtung) sein will. Alles andere dient diesem einen Ziel, ob Diskussion, Willensbildungsbeteiligung oder Parteienforum. bjk, du kannst anprangern, wie man in einer Partei mit Andersdenkenden umgeht, du kannst kritisieren, dass Willensbildung immer von oben nach unten stattfindet, aber du kannst nicht kritisieren, dass eine Partei dazu dient, politisch dominant zu sein, dass es ihre Aufgabe ist, die Kräfte zu bündeln. Das ist so, als würdest du einen Spaten kritisieren, dass er dazu dient, Löcher zu produzieren. |
... wenn mit dem Spaten nach meiner Auffassung falsche Löcher gegraben werden, kann, muß und werde ich das sehr wohl kritisieren!
... und wenn meine Linkspartei.PDS mittels Personenkult und hierarchischen Macht-Strukturen gemäß bourgeois-reaktionerem Strickmuster "politisch dominieren" will, dann habe ich geradezu die verdammte Pflicht, sie, also eine machtgeile Parteiführung & Hofschranzen zu kritisieren - siehe oben!
... wer eine Idee politisch auf den Weg und vorwärts bringen will, muß ja nicht zwangsläufig auch bourgeois-reaktionäre Schweinereien mitmachen, jedenfalls sehe ich das so! Bei Dir mag das ja anders sein.
Zitat: soyfer
... dass ich dein Vertrauen in Verfassungen NICHT teile. Sie sind kein "Schutz" vor Volksentscheiden. Daher sind Volksentscheide auch kein Schutz der Parteienherrschaft. |
... volle Zustimmung!
... trotzdem sind Volksentscheide insbesondere im Kommunalbereich ein sinnvolles Korrektiv-Instrument gegen Politikerwillkür - über das Procedere muß allerdings noch nachgedacht werden!
Zitat: soyfer
... das Ziel einer freien Gesellschaft tatsächlich anstrebt, muss zweierlei gewährleistet sein, 1. dass sie in der Lage ist, schnell Entscheidungen zu fällen und 2. eine abgesicherte Willensbildung von unten nach oben hat. Die Devise muss sein, Oben: so wenig Kopetenzen wie irgend möglich, so viele, wie unbedingt nötig. Umgekehrt unten: so viel Kompetenzen wie möglich, so wenig wie möglich nach oben abgeben. |
... wieso sollten denn nach Deiner Meinung Entscheidungen unbedingt schnell gefällt werden können? Ein Zeitrahmen JA - aber der muß so weit als nötig gefaßt sein - eher weiter als unbedingt nötig! An anderer Stelle hatte ich Dir schon die gleiche Frage gestellt und weiter unten bist Du ja auch darauf eingegangen.
... in Sachen Kompetenzverteilung volle Zustimmung!
Zitat: soyfer
... wenn man verschiedenste linke Gruppen einer Partei vereinigt, ohne dass dabei diese Gruppen in der Partei aufgehen. Diese Gruppen bilden zum einen die entscheidenden politischen Einheiten der Partei und sie repräsentieren die Meinungsvielfalt. Sie verfügen z.B. über das Geld. Und diese Gruppen bestimmen ihre Aktivitäten ganz autonom. In regelmäßigen Abständen treffen sich Vertreter dieser Gruppen (mit imperativem Mandat) und legen gemeinsame Richtlinien fest, anhand derer sich die Aktivitäten der Gruppen orientiert. Dabei gilt aber auch, dass man Gruppen nicht zwingen kann, sich an Aktionen zu beteiligen oder sich ihrer enthalten muss, wenn kein Konsens möglich ist. |
... volle Zustimmung!
Zitat: soyfer
... Konsensprinzip statt einer Mehrheitsentscheidung. Das nimmt nämlich den Druck von den Gruppen, im Vergleich zueinander stärker zu werden, um mehr Vertreter entsenden zu können. Um aber der Schwierigkeit zu entgehen, dass in einem Konsensprinzip Einigungen nur schwer zu treffen sind, so muss das Prinzip des plutalitären Entschlusses gelten. So wie es in Gerichtsurteilen und Parlamentsausschüssen Majoritäts- und Minoritätsvoten gibt, so kann es auch in dieser Parteien verschiedende, auch sich widersprechende (gleichberechtigte) Voten geben. So könnten z.B. einige Gruppen dazu aufrufen, sich an Demonstrationen zu beteiligen, andere befürworten hingegen, das nicht zu tun. Welche Position dominant ist, ergibt sich aus dem politischen Willen der Gruppen. Aber dominant heißt jetzt nicht beherrschend, denn wer nicht will, geht einen anderen Weg. Damit hat man das politische Gewicht von der Partei auf die Gruppen verlegt. Damit ist aber nicht gesagt, dass auch die Gruppen libertäre Strukturen haben müssen. Müssen sie auch nicht, aber Mitglieder können jederzeit von einer Gruppe in eine andere wechseln, mit dem Effekt, das nur die in straff organisierten Gruppen bleiben, die dies wollen, bzw. als sinnvoll ansehen. Hierbei gilt es aber das Problem der Unterwanderung zu bedenken. |
... volle Zustimmung!
Zitat: soyfer
Somit hat man aber - prinzipiell - auch den Gruppen die Kontrolle über ihre Mitglieder entzogen. So wie die Partei den Gruppen ihren Willen nicht aufzwingen können darf, so darf die Gruppe auch ihren Mitgliedern nicht ihren Willen aufzwingen. |
... he, nu schreibste ja genau das, was ich Dir schon die ganze Zeit zu verklickern versuche also auch hier volle Zustimmung!
Zitat: soyfer
... 1. in der Regel sind schnell zu fällende Entscheidungen meist nicht ganz zentral und auch nicht so oft. 2. außerdem können viele dieser Probleme zwar plötzlich auftreten, aber dass sie irgendwann geschehen, ist sehr wahrscheinlich. So kommt gegen Ende jeden Jahres, meist sehr plötzlich, aber regelmäßig der erste Schnee. Da man vorher wußte, dass er kommt, hat man sich vorbereitet und die Überraschung endet nicht darin, dass niemand weiß, was zu tun ist, dass plötzlich der starke Mann benötigt wird, |
... hihi, siehe ein paar Absätze höher
... und hab' ich nicht gerade was von "verklickern" geschrieben, hihi
Zitat: soyfer
Für diese schnellen Entscheidungen wird eine Entscheidungskommision gebildet. Ihnen ist eine Kontrollkommission aus Vertretern der verschiedenen Gruppen beigestellt, die binnen kürzester Frist die Entscheidungen der Entscheidungskommision zu begutachten hat. Regelmäßig wählt die Kontrollkommission aus ihren Reihen eine neue Entscheidungskommission. In regelmäßigen Abständen haben die Mitglieder der beiden Kommissionen den Gruppen, die sie vertreten, Rechenschaft abzulegen. |
... Vorsicht mit zuviel Kommissionen! Nicht, daß auch hier gespottet wird: "wenn Politik nicht weiter weiß, bildet sie 'nen Arbeitskreis".
... also von der tatsächlichen Notwendigkeit "schneller Entscheidungen" bin ich noch immer nicht überzeugt.
Zitat: soyfer
Natürlich ist das eine noch sehr rumpfartige Idee einer dezentralen Partei. Aber ein Anfang ist nun gemacht. |
... ein wirklich würdiges Schlußwort
... am Anfang stehen bleiben gilt nicht und mittendrin auch nicht ...
... lieber soyfer, das haste alles in allem klasse hinbekommen, nicht nur das Thema anzustoßen sondern auch beim Thema zu bleiben!
Noch einen schönen Samstagabend miteinander bjk
[editiert: 17.12.05, 19:47 von bjk]
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