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Gast
New PostErstellt: 09.01.06, 11:57     Betreff: Re: Partei wozu?

Was will uns das Bundesverfassungsgericht damit sagen ?

    Zitat:
    Verlautbarung der Pressestelle des Bundesverfassungsgerichts Nr. 46/95 I.
    II. Der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts liegen vor allem drei Erwägungen zugrunde:

    1. Das Bundesverfassungsgericht hat mit den Strafgerichten in der wertenden Gleichstellung eines Soldaten mit einem Mörder eine tiefe Kränkung gesehen. Die Gerichte haben sich aber nicht hinreichend vergewissert, daß die umstrittenen Äußerungen diesen Sinn auch wirklich hatten. In allen vier Fällen ergaben sich aus dem Kontext oder den Begleitumständen der Äußerungen Anhaltspunkte, die eine andere Deutung zumindest als möglich erscheinen ließen, nach der es sich um die Herabwürdigung von Soldaten als Personen, sondern um die Verurteilung von Soldatentum und Kriegshandwerk ging, weil diese im Ernstfall mit dem Töten anderer Menschen verbunden sind. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dürfen die Gerichte eine zur Bestrafung führende Deutung nur zugrunde legen, wenn sie zuvor die anderen Deutungsmöglichkeiten mit überzeugenden Gründen ausgeschlossen haben. Daran fehlte es, und dies müssen die Strafgerichte nachholen.

    2. Art. 5 Abs. 2 GG erlaubt Beschränkungen der Meinungsfreiheit zum Schutz der persönlichen Ehre. Die herabsetzenden Äußerungen müssen also einzelne Personen betreffen. Daran konnten hier Zweifel bestehen, weil es in sämtlichen Äußerungen ihrem Text nach um Soldaten schlechthin, nicht um einzelne Soldaten oder um Soldaten eines bestimmten Staates ging.

    Das Bundesverfassungsgericht ist dem Bundesgerichtshof, auf den sich die angegriffenen Entscheidungen berufen haben, allerdings darin gefolgt, daß auch in Äußerungen über ein Kollektiv unter Umständen ein Angriff auf die persönliche Ehre seiner Mitglieder liegen kann. Es hat zugleich hervorgehoben, daß der Bundesgerichtshof im Interesse einer rechtsstaatlichen Eingrenzung der Strafnormen eine persönliche Kränkung dann nicht mehr für gegeben hält, wenn es sich um sehr große, im einzelnen unüberschaubare Kollektive (alle Katholiken, alle Frauen, alle Gewerkschaftler) handelt, weil sich die Kränkung hier sozusagen in der unübersehbaren Menge verliert und auf den einzelnen Gruppenangehörigen nicht mehr durchschlägt. Das Bundesverfassungsgericht hat ferner die Auffassung der Strafgerichte gebilligt, daß die (aktiven) Soldaten der Bundeswehr eine hinreichend überschaubare Gruppe bilden. Der Äußerung muß dann allerdings zu entnehmen sein, daß sie sich gerade auf die Soldaten der Bundeswehr und nicht etwa auf alle Soldaten der Welt bezieht. Andernfalls würde die Eingrenzung des Straftatbestandes, die der Bundesgerichtshof aus rechtsstaatlichen Gründen für nötig hielt, wieder rückgängig gemacht.

    3. Kommt es zu einem Konflikt zwischen Meinungsfreiheit und Ehrenschutz, so muß nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine Abwägung zwischen der Schwere der Beeinträchtigung vorgenommen werden, die jedem der bei den Rechtsgüter droht. Dabei sind alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Eine solche Abwägung erübrigt sich allerdings, wenn es sich bei der Äußerung um Schmähkritik handelt. In diesen Fällen geht der Ehrenschutz nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts regelmäßig der Meinungsfreiheit vor. Schmähkritik, die eine Abwägung überflüssig macht, liegt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts aber nicht schon vor, wenn eine Äußerung überzogen oder ausfällig ist. Zur Schmähkritik wird sie vielmehr erst dann, wenn in ihr nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung einer Person im Vordergrund steht. Bei den umstrittenen Äußerungen standen dagegen die Auseinandersetzung mit Soldatentum und Kriegshandwerk und das Bekenntnis zum Pazifismus im Vordergrund. Die Strafgerichte durften also auf eine konkrete Abwägung zwischen den betroffenen Rechtsgütern der Meinungsfreiheit und der Ehre nicht verzichten und müssen diese nachholen.

    III. Die Richterin Haas hat der Entscheidung in den Fällen 1), 3) und 4) eine abweichende Meinung beigefügt, in der dargelegt wird, daß das

    Bundesverfassungsgericht die Deutung der Äußerungen durch die Strafgerichte nicht nachzuprüfen habe und daß die Äußerungen im übrigen den von den Strafgerichten angenommenen Sinn hätten und auch zutreffend als Schmähkritik eingestuft worden seien. Eine Rechtsordnung, die junge Männer zum Waffendienst verpflichtet und von ihnen Gehorsam verlangt, müsse denjenigen, die diesen Pflichten genügen, Schutz gewähren , wenn sie wegen dieses Soldatendienstes geschmäht oder öffentlich als Mörder bezeichnet werden.

    Beschluß vom 10.10.1995, 1 BvR 1476/91, 1 BvR 1980/91, 1 BvR 102/92 und 1 BvR 221/92

    Karlsruhe, den 7. November 1995
Das Bundesverfassungsgericht sagt damit klar, daß die Strafgerichte die Abwägung nachzuvollziehen haben.
Das Bundesverfassungsgericht hat nicht gesagt, daß man nur den großen Künstlere Tucholsky zitieren darf, so wie es soyfer hier polemisch kundtut.
Nein das Bundesverfassungsgericht hat eindeutig gesagt, daß eine Schmähkritik nicht einfach dadurch gegeben ist, daß eine überzogene Meinungsäußerung stattfand.

genau genommen hat das Bundesverfassungsgericht es so gesagt:
    Zitat:
    Zur Schmähkritik wird sie vielmehr erst dann, wenn in ihr nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung einer Person im Vordergrund steht. Bei den umstrittenen Äußerungen standen dagegen die Auseinandersetzung mit Soldatentum und Kriegshandwerk und das Bekenntnis zum Pazifismus im Vordergrund. Die Strafgerichte durften also auf eine konkrete Abwägung zwischen den betroffenen Rechtsgütern der Meinungsfreiheit und der Ehre nicht verzichten und müssen diese nachholen.
Es ist also dabei darüber zu urteilen ob es sich um eine Schmähkritik bzgl einer PERSON handelt oder ob die Sache, in diesem Falle der Pazifimus im Vordergrund steht. Damit ist klar gestellt, daß auch die lieben LINKEN nicht Schmähkritik üben dürfen aber, der Pazifismus ist ihnen jedoch nicht verwehrt.

Fazit: Ein "Tucholsky" darf sein Zitat deswegen sagen, da nicht Beleidigung einer Person von ihm intendiert war, sondern es ihm um die Sache ging. Ein "Tucholsky" darf es nicht aus dem Grund sagen, weil er ja der große Künstler ist.

Setzt man das kleine Wort "Alle" vor "Soldaten sind Mörder" ist das ganze nicht mehr überschaubar und schon deswegen nicht auf eine Person bezogen und kann von daher keine Schmähkritik mehr sein. Wer also seine pazifistische Gesinnung kundtun will, sollte in diesem Falle das "Alle" nicht vergessen.
siehe dazu:

    Zitat:
    daß der Bundesgerichtshof im Interesse einer rechtsstaatlichen Eingrenzung der Strafnormen eine persönliche Kränkung dann nicht mehr für gegeben hält, wenn es sich um sehr große, im einzelnen unüberschaubare Kollektive (alle Katholiken, alle Frauen, alle Gewerkschaftler) handelt, weil sich die Kränkung hier sozusagen in der unübersehbaren Menge verliert
man kann ja über dieses Urteil den Kopf schütteln (den Begründungstext des Gerichts kenne ich nicht) jedoch handelt es sich dabei nicht um ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts sondern um den Bundesgerichtshof. Insofern ist schon von daher ein Vergleich mit dem Soldaten sind Mörder-Urteil nicht möglich und genau genommen wurde von dem BGH in diesem Zusammenhang nicht die freie Meinungsäußerung und Schmähkritik erörtert, sondern darüber entschieden ob es ein Straftatbestand im Sinne des StgB ist.
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