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soyfer

Beiträge: 205

New PostErstellt: 10.01.06, 17:21     Betreff: Re: SoldatenSindMörder versus RuhmUndEhreDerWaffenSS - Menschenwürde und freie Meinungsäußerung

Dein Verfassungspatriotismus in allen Ehren, aber gerade die Juristerei ist hier wie überall ein Interpretationsseiltanz. Und dass es nicht allzu selten in der Rechtsprechung um das berühmte i-Tüpfelreiten geht, das wirst du wohl nicht abstreiten.
Also, was besagt das Bundesverfassungsgericht mit seinem Urteil über "Soldaten sind Mörder":
  1. Es handelt sich hierbei um eine Meinungsäußerung, die zunächst generell durch die Meinungsfreiheit geschützt ist.
  2. Wenn aber Teil dieser freien Meinungsäußerung auch eine Schmähkritik sein kann, so muss überprüft werden, aus welchem Grund der Satz primär getätigt wurde: entweder, um seine politische Meinung kundzutun oder um jemanden zu beleidigen. Und das trifft bei dem Satz "Soldaten sind (protenzielle) Mörder" prinzipiell zu, wenn sich dadurch Angehörige der Streitkräfte beleidigt fühlen.
  3. Das Bundesverfassungsgericht sagt nun, die Beweisführungen der unteren Gerichte in vier Einzelfällen haben den Beweis nicht erbracht, dass die Personen, die diesen Satz tätigten, dies primär als Beleidung von Angehörigen der Bundeswehr taten.
  4. Zeigt das Bundesverfassungsgericht die Beweisführung, die man in der Bundesrepublik beachten muss, um eine schmähkritik zu beweisen.
  5. Das Bundesverfassungsgericht sagt schließlich: die Tatsache, dass die Beweisführung der unteren Instanzen einer Schmähkritik nicht stichhaltig war basagt nicht, dass es dennoch eine Schmähkritik ist. Die Urteile werden daher aufgehoben, aber nicht in einen Freispruch umgewandelt, sondern müssen neu geprüft werden. Kann die Beweisführung, die das Bundesverfassungsgericht vorgegeben hat, angewendet werden, so ist die Person, die den Satz sagte, erneut, und diesmal mit Zustimmung des Bundesverfassungsgerichtes zu verurteilen.
Nun ist des aber ziemlich schwer, im Einzelfall zu entscheiden, ob eine Person den Satz: "Soldaten sind Mörder" sagt, dies sagt, um jemanden zu beleidigen oder um z.B. eine Diskussion und damit einen Denkprozess in Gang zu bringen. Es ist also prinzipiell eine reine Auslegungssache, ob man das so oder so sieht und hier sagt das Bundesverfassungsgericht, wenn eine Erklärung nach dem Muster des Bundesverfassungsgerichtes geführt werden KANN, so ist es eine Schmähkritik. Ist das nicht möglich, so ist es eine politische Aussage, gedeckt durch die Meinungsfreiheit.

Nun kann ich dir blind versprechen, dass ein geübter Jurist (und das sind Richter gemeinhin) die Erklärung des Bundesverfassungsgericht überall finden kann und daher dieser Satz immer und unter jeder Bedingung als Schmähkritik aufgefasst werden kann.

Damit befand sich nun aber das Bundesverfassungsgericht in einem Dilemma, denn in den 30er Jahren wurde der Verleger von Tucholsky zweimal vor Gericht gezerrt deswegen und zweimal von der Justiz der Weimarer Republik freigesprochen, der Justiz, der nicht zu unrecht nachgesagt wird, dass sie auf dem rechten Auge blind war. Konnte das Bundesverfassungsgericht in seinem Selbstverständnis, über eine demokratische und meinungsfreiheitliche Verfassung zu wachen, hinter den Erkenntnissen der Weimarer Republik zurückbleiben? Nein, das ging nicht. Und damal hat die deutsche Justiz festgestellt, dass Tucholskys Satz im Rahmen der Meinungsfreiheit möglich sei und keinen Tatbestand für eine Schmähkritik biete. Folglich hat das Bundesverfassungsgericht zusätzlich dogmatisch festgehalten, dass Tucholskys Aussage und daher auch von denen, die sich heute Tucholskys Argumentation anschließen, auch nach bundesdeutschem Recht keine Schmähkritik seien.

Zum Vergleich: solange es in der BRD unterlassen wird, den Nazispruch auf seinen verfassungsmäßigen Konsens zu prüfen, gilt, was nicht verboten ist, ist erlaubt und daher ist das eine verboten, das andere erlaubt.


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