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bjk

Beiträge: 7353


New PostErstellt: 07.07.05, 23:40     Betreff:  Re: staatsmachtlicher Terror gegen labournet aus fadenscheinigem Anlaß



kopiert aus: http://www.jungewelt.de/2005/07-08/025.php


Interview
Interview: Peter Wolter

»Die Beschlagnahme der Rechner war völlig überzogen«

Die Computer von »labournet« wurden von der Staatsanwaltschaft wieder freigegeben. Redaktion behält sich Forderung nach Schadensersatz vor. Ein Gespräch mit Ralf Pandorf*

* Ralf Pandorf ist Redakteur und Webmaster des online-Informationsdienstes labournet



F: Die Bochumer Staatsanwaltschaft hat am Dienstag die drei Computer des online-Informationsdienstes über die Gewerkschaftsbewegung »labournet« beschlagnahmt. Können Sie weiterarbeiten?

Die drei Rechner konnten wir am Donnerstag nachmittag wieder abholen, die Staatsanwaltschaft hat sie freigegeben. Wahrscheinlich wurden vorher aber alle Datenträger kopiert. Leider hat die Behörde unsere Aktenordner mit dem Schriftverkehr und dem Archiv einbehalten.

Da wir nicht wußten, wie lange die Beschlagnahme dauern würde, hatten wir schnell einen neuen Rechner gekauft und mit der entsprechenden Software ausgestattet, um unsere Internetseiten weiter bedienen zu können. Unsere Arbeit war also nicht unterbrochen, da ja sämtliche Seiteninhalte auf einem Server außerhalb unserer Büros gespeichert sind. Glücklicherweise liegen auch alle E-Mail-Anschriften auf dem Server. Einer unserer Kollegen, der sich gerade in Brasilien aufhält, hatte zunächst von dort aus die Seiten aktualisiert. Auch unser Newsletter, den sicher auch viele jW-Abonnenten beziehen, kam in den letzten Tagen von dort.

F: Was hat die Bochumer Staatsanwaltschaft zu dieser Beschlagnahme veranlaßt?

Das wissen wir nicht so genau. In der Anordnung für die Hausdurchsuchung wird der »Verdacht auf Urkundenfälschung« angeführt. Einer der beteiligten Polizisten hat uns unter der Hand gesagt, ein Flugblatt sei gefälscht worden. Es sei der Briefkopf der Bochumer Arbeitsagentur hineinkopiert worden, unten habe die gefälschte Unterschrift eines Sachbearbeiters sowie der Hinweis »Näheres im labournet« gestanden. Den Text zwischen Briefkopf und Unterschrift kennen wir aber nicht. Die Staatsanwaltschaft hat sich bisher auch noch nicht in der Lage gesehen, unseren Anwälten eine Kopie dieses Flugblatts zu geben. Das einzige, das wir mit Sicherheit wissen, ist, daß es nicht von uns stammt.

F: Wieso ist die Staatsanwaltschaft nicht in der Lage? Hat sie das Dokument nicht, oder will sie es nicht rausrücken?

Eine der Staatsanwältinnen war zwei Tage lang zur Fortbildung. Wir hoffen, daß wir bald erfahren, worum es geht.

F: War die Aktion möglicherweise ein Vorwand des Staatsschutzes, um zu erfahren, zu wem labournet Verbindungen hat?

Anders kann ich es mir nicht erklären. Erstens macht dieser Vorwurf mit dem gefälschten Flugblatt keinen Sinn. Zweitens ist die Aktion völlig überzogen und steht in keinem Verhältnis zu der vermuteten Straftat.

F: Sollte bei einem so schwerwiegenden Eingriff in die demokratischen Rechte nicht auch angegeben werden, wer labournet angeschwärzt hat?

Mir liegt keine Anzeige vor. Wir wurden auch nicht darüber informiert, daß gegen uns etwas vorliegt – wir hätten ja gerne dazu Stellung genommen. Es hätte der Staatsanwaltschaft auch reichen müssen, die Festplatten der Rechner zu kopieren.

F: Hat die Bochumer Staatsanwaltschaft öfter solche Aussetzer?

Da geschehen in der Tat merkwürdige Dinge. Dem Antifaschisten Hannes Bienert wird z. B. der Prozeß gemacht, weil er unangemeldet am 9. November an der ehemaligen Synagoge in Bochum-Wattenscheid einen Kranz niedergelegt hat. Deswegen hat er jetzt eine Anzeige wegen »unerlaubter Demonstration« am Hals.

F: Die Polizei konnte mit der Beschlagnahme offenbar auch wenig anfangen ...

Die Beamten schienen ein wenig genervt zu sein, wohl auch, weil sie früher aufstehen mußten, um unsere Wohnungen um 6.30 Uhr durchsuchen zu können. Sie wußten auch gar nicht, wonach sie suchen und was sie genau beschlagnahmen sollten.

F: Sie haben sich einen Ersatzcomputer kaufen müssen. Es sind eine Menge Telefonkosten aufgetreten – wer bezahlt das alles?

Da sind wir auf Spenden angewiesen.

F: Kann man nicht die Staatsanwaltschaft auf Schadensersatz verklagen?

Unser Anwalt wird sehen, was sich da machen läßt.

* www.labournet.de


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