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Freies Politikforum für Demokraten und Anarchisten
PLATTFORM FÜR LINKE GEGENÖFFENTLICHKEITEN
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Autor |
Beitrag |
Jessi Ka
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Erstellt: 22.07.03, 20:58 Betreff: Re: Die Lyrikecke |
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Autor: Weichwahnitzki (im CDU-Forum)
Laudatio für Antischröder *
Leider werden in diesem Thread die Leistungen der ganz grossen Beitragsschreiber nicht im einzelnen gewürdigt. Ich möchte dies nachholen und den Reigen eröffnen mit dem ersten Buchstaben des Alphabets
A wie Antischröder
Antischröder schrieb in seinen Anfangsjahren Beiträge von unermesslichem Weitblick. Erinnert sei an seine Aufdeckung der Finanzierungslücke für die Mitarbeiterpensionen der ehemaligen staatsmonopolistischen Betriebe Post und Bahn. Scharfsinnig unterschied er in seinen Beiträgen zwischen den wirklichen das Gemeinwohl bedrohenden Gefahren und dem vernachlässigbaren Ungemach für seine Partei.
Seine Unbestechlichkeit war sprichwörtlich. ?Aufrecht und klarsichtig wie Antischröder? hiess es auf den Kongressen der Jungen Union zwischen Harz und Romadur, Klosterfrau und Melissengeist. Eine Zeitlang wurde er aufgrund seiner Beiträge als der kommende Reformator der CDU gehandelt. ?Bruder Martin? entfuhr es weitblick einmal in einem seiner seltenen unbedachten Augenblicke, als er von Antischröder sprach.
Reformfreude und Frische atmeten lange Zeit Antischröders Beiträge und um ein Haar hätte der Nachwuchspolitiker auch tatsächlich den Weg zum Luther der Union eingeschlagen, doch dann machte er im Juni vergangenen Jahres einen folgenschweren Fehler.
Er liess sich, wie so viele andere, anstecken vom verfrühten Jubel über eine dann doch nicht gewonnene Wahl. Einem anderen hätte man diesen Irrtum verziehen, Antischröder, dem der Ruf einer herkulischen Kompetenz und visionärer Begabung vorauseilte, nicht.
Die Niederlage im September 2002 drückte ihn zu Boden, zwang ihn zu einer Regenerationsphase. Er zog sich aus dem Tagesgeschehen zurück in ein zen-buddhistisches Kloster nahe Ettal. Von dort schickt er nun, in eine orangene Mönchskutte gewandet, hin und wieder geläuterte Beiträge ins Forum, die aber die alte unparteiische Klarheit und eiskalte analytische Kraft seiner frühen Jahre vermissen lassen.
Laudatio auf Bribbelbra *
B wie Bribbelbra
Bribbelbra ist einer der am meisten unterschätzten Beitragsschreiber des Forums. Wer meint, ausser Bramarbassieren hätte dieser Diskutant nichts zu bieten, irrt. Bribbelbra ist einer der ganz grossen Islamkenner in Deutschland.
Seine Denkschrift ?Plündern ? islamische Glaubenspraxis? hat ihm zwar mehrere Prozesse eingetragen, aber revolutionäre wissenschaftliche Erkenntnisse waren zu Anfang immer verfemt.
Bribbelbras Leistung beschränkt sich nicht nur auf das Forum. Wer spricht noch von Peter Scholl-Latour nach dem Auftritt Bribbelbras bei Sabine Schimpiansen? Beeindruckend, wie er in der Sendung die Bilder von betenden Irakern in die Kamera hielt und dann zeigte, wie die gleichen Iraker das Nationalmuseum in Bagdad stürmten. Die lächerliche Entgegnung Scholl-Latours, dass die Gesichter der Delinquenten auf den Bildern doch gar nicht zu erkennen seien, konterte er, indem er auf die exakt gleiche Rückenmkrümmung beim Gebet und bei der Erstürmung des Nationalmuseums hinwies. Als Schröders linke Hofjournaille immer noch Zweifel an seiner These ?Plündern ist Islam pur? anmeldete, liess Bribbelbra zur Beweisführung von seinem Assistenten einen mitgebrachten Gebetsteppich ausrollen, den ertappte Plünderer während der Dreharbeiten unter den Augen der Kameras hatten fallen lassen.
Als dann die Edelsteine, Goldfiguren und Intarsien auf den Studioboden rollten, machte sich bei den anderen Diskutanten betretenes Schweigen breit.
Dieser entlarvende Aufdeckungsjournalismus ist es, der Bribbelbras Beiträge zum Wertvollsten macht, was das Forum zu bieten hat. Unerschrocken zieht er immer wieder Mohammed und Schröder die schwarze Perücke vom Gesicht.
Laudatio auf Cicero *
C wie Cicero
Seit Cicero wissen wir, dass die Welt keine Pizza ist, kein Zuckerschlecken und kein von Ron Sommer verschlagener Golfball, sondern ein Schlammloch voll fehlgeleiteter sozialistischer Lebensformen, ein Sündenpfuhl roter Hetären, ein Wohnhaus grüner Schmerzen. Mit unüberbietbarer Meisterschaft versteht es dieser wortgewaltige Intellektuelle mit drei, vier hingeworfenenen Sätzen das zur Tarnung ausgelegte Netz der Forums-Osamas wegzuziehen. Wo wir zuvor den sicheren Teppichboden einer demokratischen Verfassung vermuteten, gähnt nun eine Schlangengrube, in der sich islamistische Nattern ringeln und ein von Polen gestohlener Golf Diesel mit ausgeschlagener Fahrgestellnummer vor sich hinrostet.
Überhaupt schliessen Ciceros zoologische Vergleiche so manche Wissenslücke seiner Leser, vor allem auf seinem Spezialgebiet, der Entomologie. Gottes reichlich tief angesiedelte Geschöpfe, von dessen Existenz vorher kaum einer wusste, werden von Cicero ins Scheinwerferlicht einer gleichermassen niveauvollen wie bidhaft-anschaulichen Auseinandersetzung gehoben.
Die Depressionen, Paranoia- und Selbstmordfälle haben zugenommen in Deutschland seit Cicero uns in seinen Beiträgen die wirkliche Welt zeigt ihrer ganzen Trittinschen Tristesse.
Wer früher einmal meinte, die bosnische Reisekauffrau am Alexanderplatz lächle ihm wegen seines männlich-germanischen Dieter-Bohlen-Charmes zu, der weiss seit Cicero, das ist nur das mordlüsterne Grinsen der Überfremdung.
Keiner hat uns wie Cicero gelehrt, dass die Welt bevölkert ist von Wölfen und Zimmerleuten, die unter ihren Schafspelzen die Sichel des rot-grünen Islamterrors und den Hammer der Unzucht verbergen, und auch die Bulleten-Sonja vom Altstadtgrill ist nicht die treu sorgende Mutter als die sie uns immer erschien, nein, seit wir sie mit ihrem Bauchladen auf der ?Friedensdemo? entdeckt haben, wissen wir dank Cicero, es handelt sich um eine Agentin von Castros Gnaden, die heimlich ihr Anthrax in die Mayonnaise mischt.
Laudatio auf Daro Gukima *
D wie Daro Gukima
Die CDU hat viele erwähnenswerte Gestalten hervorgebracht: Helmut Kohl, Roland Koch, Friedrich Merz, Wilhelm Lübke und - Daro Gukima. Letztgenannter bildet den ultimativen Schlusspunkt dieser evolutionären Reihe im unären Raum.
In den Marianengräben seines tiefsinnigen Humors haben sich schon viele verirrt, denn sein philosophisch-literarisches Talent und seine enzyklopädische Belesenheit stellt Daro Gukima keineswegs plump zur Schau, sondern er verklausuliert sie in für uns kaum dechiffrierbaren Andeutungen, in Botschaften, die das Tagesgeschehen und den öden Zank weit hinter sich lassen.
Wie anders liesse sich sonst seine Äusserung zum Reifenwechsel deuten auf dem Höhepunkt des Irakkriegs. Nur dem geübten Leser erschliessen sich die Analogien und Metaphern seiner Beiträge. Wenn Daro Gukima schreibt: ?Jetzt gehe ich die Sommerreifen wechseln?, dann ist dieser Satz wie das Sesam-öffne-dich vor dem Safe in Eichels Aktenkeller. Grosses ist zu erwarten.
Der Rückgriff auf Lao-Tse, die Anspielung auf Brechts ?Radwechsel?, die Erinnerung an Schumachers letzten Boxenstopp in Monza und Heideggers Kehre ? auf dem Nürburgring versteht sich - das alles schwingt in einer solchen kurz hingeworfenen und harmlos anmutenden Bemerkung mit.
Nur ganz zart kräuseln seine Beiträge die Seele der politischen und anderer Widersacher und hinterlassen dennoch einen unvergesslichen Eindruck. Seine chinesischen Kalendersprüche zum Jahr der Ratte zeigen: Respekt vor dem politischen Gegner ist ihm nicht nur heilig, er ist für ihn ein absolutes Tabu. Daro Gukima, der auch den Spitznamen ?Mobby Dick? trägt und als aussichtsreichster Kandidat für den diesjährigen Michel- Friedman-Preis gilt, steht für eine Diskussionskultur, die ihresgleichen sucht in Deutschland.
Laudatio auf ede
E wie ede
Unbemerkt vom sonstigen Getöse im Forum hat der User ede eine kleine Fangemeinde um sich geschart. Wovon Marx und Engels träumten, woran Lenin und Stalin scheiterten, die Einheit von Arbeiter- und Bauernklasse, das inkarniert ede in selbsteigener Person.
Seine Beiträge ähneln im ersten Halbsatz dem proletarischen Luftholen der Blechstanze bei Opel oder dem schnalzenden Zuruf der Agrarassistenten beim Almauftrieb unter dem Franz-Josefs-Kogel. ?Aufi, Zenzi!? tönt es uns entgegen.
Wenn dann edes Nachsatz auf den Gegner niederfährt, sehen wir ihn, wie er vor dem kaabagrossen Kubus der Karosseriepresse mit beiden Händen die Knöpfe zur Rechten und Linken drückt, damit der Dampfhammer seines Arguments den Widerspruch des Gegners zermalme und ihn in die rechte Form bringe. Und während er den soeben gefertigten Corsa-Kotflügel in die Stahlkiste wirft, lauschen wir seinen ruralen Urlauten: ?Schleich di, du Krampfhennen!?
Zwei, drei rustikale Sätze proletarisch-kühn ins Forum gemeisselt genügen, und die aus den Fugen geratene Welt ist wieder zurechtgerückt.
ede weiss auch, wie man mit renitenten Kontrahentinnen aus dem feministischen Lager umzugehen hat. Auf keinen Fall ?nett?. In jahrelangen Volkshochschulkursen hat er hartnäckig die Abgründe der weiblichen Psyche studiert. Heute zahlt sich das aus für die Union. Ein verbales Fingerschnippen von ihm genügt und die Userinnen des Forums liegen ihm zu Füssen. Reglos nimmt er solcher Art Huldigungen entgegen, den Blick unbeirrbar auf das einzig wirklich wichtige Ziel gerichtet: Ein Deutschland ohne Schröder.
Was den sensiblen und an Habermas geschulten Antischröder ins Kloster trieb, die Niederlage der Union im September, das hat ede nur stärker gemacht. Sein souveräner Umgang mit Leitkühen und Leitkultur, der sich auch in seinen Beiträgen widerspiegelt, macht ihn zu einer der grössten Hoffnungen der Union.
Laudatio auf F. Neumann *
F wie F. Neumann
In jedem anderen Forum hätte man F. Neumann längst ein virtuelles Denkmal gesetzt. Von ?Klartext? hätte Neumann, wenn er sich denn zur SPD bekennen würde, gewiss die Verantwortung für das Raddatz-Klarsicht-Gästebuch übertragen bekommen, und die FDP hätte bestimmt ein philosophisches Boudoir mit dem Titel ?Neumann-Container? auf ihren Seiten für ihn eingerichtet.
Neumanns Hang zur CDU aber macht ihn zur tragischen Figur. Sein ironischer Vorschlag, Deutschland brauche die Atombombe, damit es die EU verlassen könnte, wurde unglücklicherweise von der Ortsgruppe Neu-Schwerla wörtlich genommen (Mit der Bombe raus aus der EU!) und kostete die CDU prompt die Zweidrittelmehrheit im Gemeinderat. Grössere Wellen schlug seine im Jahr 2001 auf einem Bundesparteitag scherzhaft fallengelassene Bemerkung: ?Ich würde Gerd Schröder gern hinter Gittern sehen - und sei es auch nur auf einem Wahlplakat?. Die Folgen dieser Äusserung sind bekannt.
Der sensible und gebildete Leser, der nicht zu den Mitgliedern der CDU zählt und seinen Sloterdijk gelesen hat, weiss bei Neumanns Beiträgen von vornherein, dass sich sentimental anmutende Passagen blitzartig in reissende Katarakte beissenden Spotts verwandeln können.
Larmoyanz und Humanitätsduselei sind Neumann nämlich verhasst. Er nimmt das Motto seines Siegelrings noch ernst: ?Memento mori?, zu deutsch ?Du bist völlig unwichtig!? Das lässt er seine Mitmenschen spüren, wenn er die Versager und Weicheier der Republik auf der linken Spur vor sich hertreibt.
Hin und wieder nur, wenn er auf einem Rastplatz im Siegerland aus seinem Gefährt, dem blechgewordenen Inbegriff seiner Alphaqualitäten, steigt, und wie Nietzsche auf dem Altiplano des Übermenschen wandelt, weht ihn ein Sils-Maria-Wind an, der ihm zuflüstert: ?Ewig unverstanden!?
Dann tauchen vor seinem geistigen Auge Szenen seiner Forumspassion auf. So wie jüngst, als er stundenlang im Dickicht auf Lauer gelegen und endlich mit dem Balzschrei der Buschschnepfe die holländische Hydra angelockt hatte. Die Argumentationsfalle war schon zugeschnappt, der Köpenicker Marsupilami zappelte bereits in den eigenen Schlingen, Neumann griff schon nach dem politischen Florett, um den antipatriotischen Gutmenschen tödlich im gekränkten Herzen zu treffen, doch ausgerechnet da tauchte aus dem Unterholz des Forums der grause Klaus mit seinem H!inkelstein auf und meinte, Neumann brauche seine Hilfe. Mit einem einzigen Satz (?Verp... dich, Du A..!?) zerhieb er Neumanns unzerreissbares Logikgespinst und stellte die CDU ins menschenrechtliche Abseits. Der linke Übeltäter konnte unter dem Gelächter seiner Kumpane entkommen.
Solche Vorfälle sind es, die auf Neumanns Leben einen von ihm selbst nie eingestandenen Schatten werfen. Er teilt mit Rainer Kalauer, Heinfried Grünerstund und Gerhard Schalter-Kugelreim das Schicksal des verkannten Genies. Dennoch stellt sich der Macchiavelli aus Grossen-Kneten täglich der Pflicht und den Feinden der deutschen Natio und Ratio.
Ohne die Sumo-Ringer aus der eigenen Partei allerdings hätte F. Neumann hier im edlen Wettstreit der Meinungen schon weitaus mehr Lorbeeren einheimsen können und müsste nicht nur als Geheimtip für den besten Beitragsschreiber des Forums gehandelt werden.
Laudatio auf Greiff *
G wie Greiff
Einer, der schon lange nicht mehr unter uns weilt, aber unvergessen ist, soll nicht unerwähnt bleiben. Viele vermissen ihn, noch mehr erschaudern bei der Nennung seines Namens. Ich spreche von Greiff, dem unbestechlichen Altrocker mit akademischen Weihen.
Greiff war eine canide Persönlichkeit von echtem rechtem Biss, wie es sie heute nicht mehr gibt. Wenn er in Lederjacke und Knobelbechern mit seinen beiden Boxern im Forum auftauchte und versonnen mit dem Würgehalsband in der Rechten spielte, begannen die linken Frechlinge aufzuheulen.
Dennoch wahrten seine Beiträge stets die Form. Unziemliches x-te er eigenhändig aus. Das gebot ihm allein schon seine universitäre Bildung. An der Fachhochschule für Sozialpädagogik Wanne-Eickel-Unterruhr stand er kurz vor der Habilitation. Der Lehrstuhl für Ethik war ihm praktisch nicht mehr zu nehmen, als die rote Hofkamarilla Anfang der Siebziger auch diese Festung freien Geistes nahm.
Vom Leben gegerbt, von der schwächelnden Union enttäuscht, hielt er dennoch beiden die Treue Den harten Sound von ?Kampfhund Galaktika? im Ohr setzte er sich allabendlich ans Gerät und schleuderte die schnörkellose Wahrheit ins Netz, bellte sie geradezu hinaus. Furchtlos stellte er sich vor sein Jungrudel, wenn es schwankend wurde oder in geistiger Kastrationsangst erzitterte. Seiner wütenden Wehr hatten Linke und Liberale nichts Ebenbürtiges entgegenzusetzen. Sie verstummten.
Denk ich an Greiff, dann fällt mir die Eiche ein, der deutscheste aller deutschen Bäume. In diese junge Eiche musste einst ein verliebtes germanisches Paar ein Herz mit den Initialen C.D.U. geritzt haben. Von deutschen Boxern und Schäferhunden gehütet und gehegt wuchs das Bäumchen heran und wurde zu einem mächtigen Baum. Aus seinem knorrigen Geäst flatterten die Beiträge auf wie B52-Bomber und liessen ihre verderbenbringende Last auf die Gegner niederfallen.
Die Eiche - sie starb - unter den Axthieben einer gefühllosen Brut, aber der Stamm dieser Eiche ist zum Prägestock geworden für das unbefleckte Bütten der Union, ihre Jugend. Das Edelste in den Reihen der CDU, trägt heute Greiffs Handschrift: Sardaukar, Ximo, zonk.
Laudatio auf Hadubrandt *
H wie Hadubrandt
Ein Wesen aus vogeschichtlicher Zeit, eine Mischung aus Siegfried und Rulamann, verirrt sich auf das Holodeck eines Raumkreuzers der Sodarwi-Klingonen und fasst aufgrund eines verhängnisvollen Irrtums Vertrauen zur Crew des Schiffs, weil er sie für Angehörige der Sternenflotte hält.
So muss man Hadubrandts Rolle in diesem Forum betrachten.
Zwar erregt das ständige Verschwinden von Personen und Landschaften in der virtuellen Welt des Decks seinen Unwillen, doch Hadubrandt will die Nornen des Schiffs nicht erzürnen. Zu mächtig, nächtig, schicksalsträchtig kommen sie ihm vor. Auch als sein exilierter Freund sprachlos von aussen gegen die Bullaugen des Raumschiffs klopft, um ihm im Sterben die letzten Fussballtips und seine Meinung über die Crew zu signalisieren, kann das seinen Glauben an die ?CDUSSS Ragnarök? nicht erschüttern.
Es braucht andere Menschen als wir es sind, um Hadubrandts Gefühle oder Beiträge zu verstehen, Menschen, die noch lachen und weinen können wie die Holzscheite in den atavistischen Osterfeuern, vor denen unser Held immer wieder in pränatale Trance gerät, Wesen aus dem Fussballuniversum mit der unverbrauchten Instinktsicherheit des floppus basleroni oder dactylus effenbergiensis.
Dieses zerebrale Potpourri, dieses Flackern nordischer Neuronen zu entschlüsseln, ist nur ganz wenigen gegeben. Hinzu kommt: Die Tastatur des Helden kann dem drachentöterischen Engagement nicht immer folgen, auch gute Freunde rätseln über der Syntax der hammerwerfenden Sphinx. Wer jedoch die Membran-Theorie, die Edda und die Krankheitsgeschichte des DFB gleichermassen internalisiert hat, wird sich vielleicht in Hadubrandts Multiversum zurechtfinden, aber auch nur vielleicht.
Frauen müssen hier scheitern.
Unser fremdelnder Parzival kämpft in Wahrheit gar nicht gegen rote oder grüne Ideologen, sie sind nur das zufällige Symbol für die allgegenwärtige Langeweile und Heuchelei der Welt, für Morbidität, Grausamkeit und Denkverbote. Hadubrandt revoltiert mit seinen Palimpsesten gegen die conditio humana schlechthin und die ?Betreten verboten?-Schilder auf dem Rasen im Münchner Olympiastadion.
Was bleibt nun für uns Normalsterbliche, die wir an die deutsche Grammatik und das euklidische Universum in unserm Innern gekettet sind, von Hadubrandts Essays an Gehaltvollem übrig? Ich meine, viel. Denn Hadubrandts Beiträge sind zwar dunkel, aber dennoch von unschätzbarem Wert. Seine runenhaften Anmerkungen tragen zwar nichts zum Verständnis unserer kleinen Welt oder zu aktuellen Themen bei, aber sie sind Antworten auf ewige Menschheitsfragen wie
Warum lässt Gott die SPD zu? Warum ausgerechnet die Grünen? Wozu errichtete man Stonehenge? Soll man heute noch durch 68 dividieren? Was empfinden Troglodyten als Musik? Benutzen Ausserirdische die Union? Warum ist überhaupt etwas und nicht etwa nichts? und Wer gewinnt die Champions League 2004?
I wie Ilse
Der Gang durchs Forum gleicht dem Bummel übers Oktoberfest. Jeder Schausteller hat seine Bude, jedes Bierzelt seine Lieder. Der abgemagerte Leierkastenmann am Eingang heisst Cicero und spielt ewig die Weise „Heimat – deine Sterne“. Daneben brüllt weitblick vorm Panoptikum der Scheusslichkeiten (PDS) „HAUT DEN LUKAS!“ und Jessika am Schiess-Stand mit der Roland-Koch-Puppe versucht verzweifelt Sabine S zu einem Schuss zu überreden.
Am lautesten aber dröhnt eine schrille weibliche Stimme über den Platz. Die unerfahrenen Wiesn-Besucher denken zunächst, es handle sich um die bessere Hälfte von Büchsen-Ximo am Schröderstand oder um die rauchige Stimme von Sardaukars Freundin, die am Stockfischgrill gebratene Joschkas feilbietet.
Doch dem ist nicht so. Arglos folgen die Neulinge dem lockenden Skandolo aus dem Megaphon, stehen plötzlich vor einem staubigen Zelt, lesen die aufgemalten mannshohen Lettern
„BOMBE: Verschwörung! Sparbücher wertlos! Rente futsch! Welt geht unter!“
und begehen einen folgenschweren Fehler: Sie schlagen die speckigen Vorhänge beiseite und treten ein.
Sofort werden sie von Fleischerhänden gepackt , in den Schmuddelsamt der Gondel gepresst.und los geht die Fahrt ohne Seil und Sicherheitsbügel. Holterdipolter tauchen sie hinab in die unterirdische Geisterbahn der Zeche „Ilse‘“. Und da taucht auch schon aus einem der Bergwerksschächte mit grausigem Lachen ein doppelköpfiger Freimaurer mit dem Gesicht von Richard Nixon und Bill Clinton auf. Unter dem rechten Arm trägt das Scheusal ein Bündel blutiger Dollar unter dem linken das abgeschlagene Haupt von Monica Lewinsky, die den Besuchern mit Schmollmund zulächelt.
Man hat sich kaum von diesem Anblick erholt, da pickt auch schon ein gigantischer Konkurskuckuck in die Geister-Lore und eine hubschraubergrosse Riesenlibelle mit dem Deutsche-Bank-Logo lässt einen Feuerwehrschlauch herab, um unser Blut abzusaugen.
Dann wird es dunkel um uns und wir rumpeln durch sinnentleerte Nacht, bis wir unverhofft einen Schimmer zu erhaschen meinen. Doch wer da glaubt, nun warte das Licht der Ratio auf ihn, der täuscht sich. Wir begreifen, dass wir auf eine Klippe zuholpern und blicken voller Grauen in ein riesiges rotdurchglühtes unterirdisches Gewölbe. Die Borderline der Ostküste wird sichtbar und dort wo in der Oberwelt die Freiheitsstatue winkte, erkennen wir nun einen feuerspeienden Vulkan um den kaugummikauende Tyrannosaurier tanzen, die lachend Container voller Wertpapiere in den Krater schütten. Ungebremst stürzen wir von der Klippe hinein in den Ascheregen, den künstlichen Schnee aus versengten Aktien, Kommunalobligationen und Sparbuch-Schnipseln.
Marthas banges Kreischen rührt Ilse nicht. Sie steht oben an den Hebeln und flutet die Gruselzeche mit irrem Lachen. Islamgrüne Nebel steigen nun aus dem trügerischen East River auf.
Und während die gepeinigten Besucher eintauchen in das fundamentalistische Gebrodel sehen sie mit brechendem Auge wie am Fusse des Vulkans versklavte Menschenmassen in Ketten und mit weissen Zipfelmützen von peitschenschwingenden Tataren in rotgrüner Kluft – Halbmond und Stern auf die Stirn tätowiert - über die glühende Lava hinauf zum Maul des Vulkans getrieben werden.
Doch noch ist das Ende der Schrecken, der Höhepunkt der Fahrt und der Tiefpunkt der Geschmacklosigkeiten für die Besucher nicht erreicht., denn nachdem wir in sausender Fahrt den Giftnebel am Talboden durchquert haben und einschwingen in den Doppel-Looping begrüsst uns aus dem Nebel ragend, ein eiffelturmhoher splitterfasernackter Milosevic, der wie ein Exhibitionist sein Adamskostüm öffnet. Zum Vorschein kommt ein Flügelwesen im Smoking, „O du fröhliche...“ ertönt und ein Heiligenschein beginnt über dem Kopf des Monsters zu blinken. Die Fahrgäste wissen nun endgültig Bescheid und sie wollen nur noch eins: raus hier. Wer Glück hat, findet den Notschalter für den Schleudersitz mit der Aufschrift „So wahr mir Gott helfe!“, wer Pech hat, beisst sich durch bis zum bitteren Ende, und erstarrt eventuell am Ausgang zur Salzsäule, wenn sein Blick auf die Dreizentnerdame mit Gorgonenhaupt im Kokos-Bikini fällt.
Wie geht's weiter? Hat jemand noch mehr Teile?
Irrtümer haben ihren Wert, jedoch nur hier und da, Nicht jeder, der nach Indien fährt, entdeckt Amerika. (E.K.)
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