In deutschen Unternehmen ist es in den vergangenen Jahren offenbar etwas leichter geworden, Familie und Beruf zu verbinden. Dies unterstrich Familienministerin Renate Schmidt am Montag unter Hinweis auf eine neue Unternehmensbefragung. Allerdings bleibe noch viel zu tun. Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt sagte, das Thema werde wohl erst wirklich wichtig werden, wenn es wirtschaftlich wieder aufwärts gehe.
Über 70 Prozent der Firmen bieten flexible Arbeitszeiten und -formen
"Bei flexiblen Arbeitszeiten und bei unterstützenden Maßnahmen zur Kinder- und Angehörigenbetreuung sind die Unternehmen in Deutschland vorangekommen", sagte Schmidt. In der Befragung durch das Institut der deutschen Wirtschaft gaben 76,8 Prozent von 878 Unternehmen an, sie böten Eltern flexible Tages- und Wochenarbeitszeiten, Teilzeit- oder Telearbeit an. "Arbeitszeitflexibilisierung ist damit die am weitesten verbreitete familienfreundliche Maßnahme", betonte Schmidt.
Hilfe bei Kinderbetreuung Rund 42 Prozent der teilnehmenden Firmen erklärten zudem, sie unterstützten Eltern bei der Kinderbetreuung. Die SPD-Politikerin betonte, dass der Anteil von Betriebskindergärten in den vergangenen Jahren von 0,8 auf 1,9 Prozent gestiegen sei. 1,8 Prozent der befragten Firmen verfügten über eine Kinderkrippe; 1,4 Prozent hatten Belegplätze in öffentlichen Kindergärten; ein Prozent half Eltern mit einem Tagesmütterservice. Bei den übrigen Unternehmen besteht die angegebene Hilfe darin, die zum Teil gesetzlich vorgeschriebene Freistellung zur Kinderbetreuung im Krankheitsfall sicherzustellen beziehungsweise individuell auch darüber hinaus zu gehen. Vor allem sehr kleine Firmen zeigten sich hier häufig sehr großzügig, betonte die Ministerin. Sie hält betriebliche Kinderbetreuung in fünf bis zehn Prozent der Unternehmen für möglich und erstrebenswert.
Immer noch 70 Prozent ohne Problembewusstsein Allerdings zeigte die Befragung auch, dass 70,1 Prozent der Personalleiter und Geschäftsführer die Bedeutung des Themas Familienfreundlichkeit als gering einschätzten. Hundt sagte, in Zeiten von Insolvenzrekorden stünden familienfreundliche Maßnahmen nicht auf der Tagesordnung. Das werde sich bei einem Aufschwung sehr schnell ändern.
Schmidt betonte, es werde derzeit noch übersehen, dass schon in allernächster Zukunft ein Fachkräftemangel herrschen werde. Dann würden sich gute Leute Firmen danach aussuchen, ob sie dort ihre persönlichen Lebensentwürfe umsetzen könnten. Die demographische Entwicklung - der Kindermangel in Deutschland - werde ein Umdenken der Wirtschaft auslösen, sagte die SPD-Politikerin voraus. Denn familienfreundliche Maßnahmen rechneten sich auch betriebswirtschaftlich. Mitarbeiter seien weniger häufig krank und wechselten weniger häufig den Arbeitsplatz.
Umfrage soll regelmäßig wiederholt werden An dem "Monitor Familienfreundlichkeit" beteiligten sich nach Angaben des Instituts der deutschen Wirtschaft nur etwa zehn Prozent der angeschriebenen Firmen. Dennoch könne das Ergebnis als repräsentativ gelten. Die Befragung soll regelmäßig wiederholt werden, um Fortschritte zu messen. Auftraggeber sind das Familienministerium, die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, der Bundesverband der Deutschen Industrie, der Deutsche Industrie- und Handelskammertag und der Zentralverband des Deutschen Handwerks.