Ein Leipziger Elterntreff

Ines Doberschuetz · Mitglied Beiträge: 440 Ort: Leipzig

Schmidt empört über Hamburger Landgericht

30. Aug 2005 13:24

Erregt über Hamburger Kita-Urteil: Familienministerin Schmidt
Foto: dpa

Gegen die gerichtlich verordnete Schließung einer Kindertagesstätte wegen Kinderlärms regt sich Protest. «Ein Skandal», sagte Bundesfamilienministerin Schmidt.

Von Tilman Steffen
Ein Richterspruch gegen spielende Kinder in Hamburg sorgt für breite Empörung in Deutschland. Die Bundesfamilienministerin hält es für einen Skandal, selbst die Lobby der Grundstücksbesitzer reagiert mit Unverständnis.

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Im Stadtteil Wandsbek der Hansestadt waren vier Nachbarn gegen die Kindertagesstätte «Marienkäfer» vor Gericht gezogen und hatten in zweiter Instanz Recht bekommen: Die Tages-Heimstatt für 35 Kinder muss schließen, weil die 25. Zivilkammer des Landgerichts Kinderlärm für Anwohner für unzumutbar hält. Dabei liegt «Marienkäfer» an einer viel befahrenen Straße, wie Kritiker des Urteils anmerken.

Schmidt: «Ein Skandal»

Bundesfamilienministerin Renate Schmidt (SPD), die bundesweit für die Stärkung der Rolle von Kind und Familie kämpft, reagierte mit Schärfe: «Das Urteil ist ein Skandal.» Es zeige, «wie kinderentwöhnt unser Land ist», sagte die Mutter von drei Kindern. «Wie kann man den ganzen Tag den Lärm einer vierspurigen Straße ertragen, aber nicht für ein paar Stunden das Lachen von Kindern?»

Die Richter, die mit ihrer Entscheidung von vergangener Woche ein Urteil in erster Instanz aufhoben, lägen falsch, so Schmidt. Es sei «unverständlich, wie ein Gericht so einer Klage Recht geben kann und eine Kita schließen lassen will». Das dürfe nicht passieren. Es sei «allerhöchste Zeit, dass bei uns Kinder Vorfahrt haben und nicht Autos». Auf Landes- und Bundesebene müssten die Gesetze so geändert werden, dass Nachbarn und Anlieger den vermeintlichen Lärm von Kindertagesstätten oder Schulen tagsüber zu tolerieren haben.

Auch «Haus und Grund» verständnislos

Auch die familienpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Nicolette Kressl, zeigt sich von dem Richterspruch irritiert: «Kinder gehören selbstverständlich in unsere Mitte - deshalb habe ich für das Hamburger Urteil überhaupt kein Verständnis», sagte die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion der Netzeitung und ergänzt: «Kitas sind doch keine Belästigung, die man zur Steigerung der Wohnqualität am besten in ein Gewerbegebiet am Stadtrand verfrachtet.»

Selbst bei der Interessenvertretung der Grundstücksbesitzer herrscht Erstaunen. «Von einem solchen Fall habe ich bisher noch nicht gehört», sagte der Geschäftsführer von «Haus und Grund», Kai Warnecke, der Netzeitung. Kinder sollten such ihrem Alter entsprechend verhalten dürfen. «Nachbarn müssen Kinderlärm auch dann hinnehmen, wenn Grenzwerte überschritten werden.» Überhaupt gälten Lärmschutzrichtlinien nur für Maschinen, daher sei «die strikte Anwendung auf Kinderlärm nicht nachvollziehbar».

Ältere empfindlicher

Mit der Toleranz von Nachbarn mache er unterschiedliche Erfahrungen, sagte Warnecke. Manche störten sich an Einrichtungen wie einem Kindergarten, gerade junge Familien hielten eine Tagesstätte oder einen Spielplatz für attraktiv. Das subjektive empfinden ändere sich «typischerweise im Laufe eines Lebens jedoch». «Je älter der Mensch, desto größer scheint das Ruhebedürfnis zu sein.» Warnecke appelliert: «Grundsätzlich sollte die Toleranz hoch sein. Jeder war einmal Kind und Kindergärten schließen am späten Nachmittag.»

Quelle: www.netzzeitung.de