Thomas Kujawa
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Erstellt: 15.12.05, 11:38 Betreff: Redebeitrag zur DS IV/1263 |
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Redebeitrag zur DS IV/1263 „Bedarfsplanung Kindertagesstätten für den Zeitraum Januar bis Dezember 2006“ von Herrn Rüdiger Ulrich Ratsversammlung am 14. Dezember 2005
Herr Vorsitzender, meine Damen und Herren, sehr geehrte Gäste,
in der Vorlage ist formuliert: „Die vorliegende Kindertagesstättenbedarfsplanung soll jeder Leipziger Familie den möglichst uneingeschränkten Zugang zu Kindergarten, Krippe/Tages-pflege und Horten für ihre Kinder ermöglichen, die Stadt Leipzig versucht trotz großer finanzieller Belastung eine bedarfsgerechte Versorgung für die Familien der Stadt zu erhalten.“
Weil diese Aussage nicht selbstverständlich ist, möchten wir sie hervorheben. So wurden in Sachsen nahezu flächendeckend Zugangskriterien für Kindertagesstätten eingeführt. Das heißt, um zu sparen, werden Kindern von Eltern, die arbeitslos sind, von der Bildung und Erziehung in Kindertagesstätten zeitweise oder auch ganz ausgeschlossen. Möglich ist das, weil der sächsische Gesetzgeber ein Gesetz formuliert hat – die Neufassung wurde gerade im vergangenen Monat durch die CDU/SPD-Koalition in Dresden beschlossen – welches Zugangskriterien nicht eindeutig und definitiv ausschließt. Anders ist das in der Stadt Leipzig. Hier erteilten Eltern, ihre Beiräte, Vereine und Verbände und Fraktionen des Stadtrates der Stadtverwaltung, die anfangs ebenfalls Zugangsbeschränkungen einführen wollte, trotz dieses Gesetzes ein eindeutiges Nein.
Natürlich bedeutet das bei steigender Kinderzahl – bis zum Jahr 2011 wird vom Amt für Statistik und Wahlen ein jährlicher Geburtenzuwachs erwartet –, dass die Platzkapazitäten ebenfalls steigen müssen.
Trotz inzwischen erkennbarer Bemühungen in der Stadtverwaltung muss festgestellt werden, dass sich die Situation in der Stadt weiter zuspitzt. So wird in der Vorlage selbst konstatiert: „Die für Kinder bis Schulantritt aktuell zur Verfügung stehende Kapazität in Kindertagesstätten reicht nicht aus, um die Nachfrage in 2006 zu sichern.“ Jetzt rächt sich, dass die Problematik über Jahre heruntergespielt wurde. Anstatt frühzeitig erforderliche Maßnahmen zu ergreifen, um mittelfristig die Kapazitäten dem tatsächlichen Bedarf anzupassen, wurde lange Zeit mit den Zahlen jongliert bzw. mit Zugangskriterien spekuliert und so versucht, den sich bereits Ende der 90er Jahre abzeichnenden Versorgungsengpässen entgegen zu wirken. Nun jährlich drei bis vier Neubauten zu realisieren, ist bei der dramatischen Haushaltslage eine schwer lösbare Aufgabe.
Bis Jahresbeginn 2006 werden bei den Altersgruppen bis zum Schuleintritt insgesamt 605 Plätze fehlen. Inzwischen reichen in allen Stadtbezirken, also auch in West und Ost, die Kindergartenplätze nicht mehr aus. Da aber ein Rechtsanspruch besteht, wird der höhere Bedarf zu Lasten der Krippenplätze abgesichert. Wir kritisieren das aufs Schärfste, zumal wir erneut feststellen müssen, dass die Krippenplätze in den Einrichtungen nicht dem tatsächlichen Bedarf angepasst werden. Wie im vergangenen Jahr sind 3 400 Plätze geplant, die sogar ab 2007 abgesenkt werden sollen. Die weiter zunehmende Versorgungslücke soll durch den bevorzugten Ausbau der Tagespflegeplätze überbrückt werden. Bevorzugt deshalb, weil diese Plätze wesentlich preiswerter sind, so Kosten der Kita-Betreuung reduziert werden können. Damit verbunden ist allerdings der massive Abbau von Qualitätsstandards. Bei unterschiedlichen Ausbildungsanforderungen von Krippenerzieherinnen und Tagespflegepersonen sowie unterschiedlichem Ausstattungsgrad soll gleichwertig der Bildungs- und Erziehungsauftrag erfüllt werden. Das kann nicht gelingen, auch wenn durch die CDU/SPD-Koalition im Sächsischen Landtag und auch durch die Stadtverwaltung dies immer wieder anders beteuert wird. Wir begrüßen sehr, dass im novellierten Gesetz der Bildungsplan zum Maßstab der pädagogischen Arbeit gemacht wurde. Gerade deshalb haben wir aber auch kein Verständnis dafür, dass Hintertürchen offen gelassen werden, um eine Kosten- und damit auch Leistungsreduzierung zu ermöglichen.
Meine Damen und Herren, wir werden dieser Vorlage trotz der dargelegten Problempunkte in einem Jahr noch einmal zustimmen. Gleichzeitig erwarten wir aber auch, dass die Anstrengungen hinsichtlich der Erweiterung von Platzkapazitäten verstärkt werden, um nicht nur „möglichst“, sondern „tatsächlich“ allen Leipziger Familien einen uneingeschränkten Zugang zur Bildung und Erziehung von Kindern von 0 bis 10 Jahren zu ermöglichen. Wir werden das entsprechend kontrollieren.
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