Alfadas
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Erstellt: 05.11.07, 23:46 Betreff: Hypfendór und die Erpé'Ler-Teil eins |
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...oder eine Bestandsaufnahme der Situation auf einem als RP-Server gekennzeichneten Realm. Die Geschichte ist etwas älter aber ich kannte sie bisher noch nicht, allerdings ist sie auch heute noch sehr zutreffend.
TEIL I
Das Unterholz knackte leicht. Blätter raschelten. Nach jahrelanger Ausbildung sollte sich nun endlich die Prophezeiung erfüllen. Endlich war es so weit - endlich konnte er beweisen, dass all das Vertrauen in seine Fähigkeiten nicht fehl am Platze war. Behende bewegte sich Hypfendór immer weiter durch den Wald - so wie es ihm sein Meister und Lehrer Rofél beigebracht wurde: Leise, effektiv und schnell. Einzig die höheren Äste und Blätter der Bäume streiften ab und zu in sein Gesicht, wenn er gerade hochgesprungen war. Darin lag das Geheimnis seiner Effizienz, dahin hatte ihn jahrzehntelanges, hartes Training gebracht. Kaum ein anderer Nachtelf hatte jemals die Technik des Hopsens so ausgefeilt und verfeinert wie Hypfendór.
Er sah zur Seite. Sein Freund seit Kindesbeinen, Legolól, begleitete ihn. Auch er hopste in voller Rüstung durch den dunklen Wald. Heute sollten sie endlich ihre Gelegenheit bekommen. Heute wäre es endlich so weit, der Feind konnte nicht mehr weit sein. Sie verharrten kurz. "Du bashst und ich heale." sagte Hypfendór. Legolól nickte: "kk, Nach unten offenes Dreieck, nach unten offenes Dreieck!" Kaum hatten die beiden diese Worte ausgesprochen, knackte es hinter ihnen im Gebüsch. Beide wirbelten herum und sahen... einen Menschen! Wie konnte sich ein Mensch so behende fortbewegen, dass sie ihn nicht kommen gehört haben? Gerade als sich beide diese Frage stellten, sahen sie es: Auch der Mensch hopste die ganze Zeit auf und ab, genau wie sie - so konnte auch er sich äußerst effizient und vor allem leise fortbewegen. "Hallo, macht Ihr PvP?" Legolól nickte und antwortete mit dem elfischen ja: "lól." Der Mensch grinste. Dann hopste er ein paar Schritte in Richtung der Elfen. "Kann ich mitmachen?" Die Elfen schauten über den Kopf des Mannes. Sie mußten sicherstellen, dass seine Eltern genau wie die ihren darauf geachtet hatten, dass er einen möglichst furchteinflößenden Namen hatte. Über seinem Kopf wippte im Hüpftakt in grüner Schrift: "Arag0wn". Ja - das war großartig! Ein Gleichgesinnter... Nun konnte nichts mehr schiefgehen!
Auf einer Lichtung nicht unweit streifte das sanfte Licht der Mittagssonne den moosbewachsenen Boden. Vögel zwitscherten - irgendwo rauschte ein kleiner Bach. Milven legte seinen Arm um ihre Hüfte. Endlich - nach langen Jahren der Trennung waren sie wieder vereint. Er und seine Lindeth. Zu lange hatte der Tod sie getrennt. Zu lange hatte er sie suchen müssen. Doch nach langen, verzweifelten Jahren hatte er sie endlich wiedergefunden. Sie war damals in Andorhal der Geißel zum Opfer gefallen, während er nach Southshore gereist war, um für sie einen Verlobungsring zu kaufen. Nachdem sie sich von der Geißel losgesagt hatte, war sie jahrelang verzweifelt durch die Welt gestreift, immer auf der Suche nach ihrem Milven. Wie durch einen Wink des Schicksals hatten sie zueinander gefunden. Melvin kullerte eine Träne über die Wange. Nichts würde mehr sein wie früher - Lindeth hatte ihre Schönheit verloren. Doch Liebe ist größer als der Tod. Und Liebe sieht Schönheit in den Herzen und nicht im Gesicht. Melvin schloß seine Augen und strich Lindeth durch das zerzauste und dünne Haar.
Die drei Gefährten Legolól, Hypfendór und Arag0wn näherten sich einer Lichtung. Was sie sahen, erfüllte sie mit Verzücken. Einer dieser Törichten stand dort. Das sah man alleine schon daran, dass er sich in dieser Gegend nicht sicherheitshalber nur hopsend aufhielt. Im Elfischen nannte man diese Schwächlinge "Erpé'Ler". Was aber die drei noch viel mehr verzückte, war die untote Freundin, die er ihnen mitgebracht hatte. Ja, das war gut. Sie war L'Evél 60 und hatte nur normale Kleidung an. Das sagte ihnen ihre jahrelang geschulten Sinne. Aber damit nicht genug - auch sie hopste nicht herum. Leichte Beute. Das würde viel Ehre geben. Die Prophezeiung würde sich erfüllen...
Milven konnte es nicht fassen. Der warme Wind trug seine Worte an Lindeths Ohr: "Ich liebe Dich..." Lindeths Herz - das vor viel zu langer Zeit aufgehört hatte zu schlagen - erfüllte sich mit Wärme. Da war noch etwas in der Brust. Es regte sich. Es schrie. Dann überkam es sie: Eine kleine Träne kullerte ihre Wange herunter. Liebe ist stärker als der Tod. Liebe ist groß. Sie flüsterte: "Ich liebe Dich au..."
Weiter kam sie nicht. Plötzlich war die Lichtung voll von drei starken Kämpfern. Sie hopsten professionell aus dem Gebüsch am Rand der Lichtung auf die Untote zu. "Neeeeeeein!" schrie Melvin. Legolóls Klingen wirbelten. Es waren nicht diese billigen Waffen, die die schwächlichen Erpé'Ler mit sich trugen. Seine Klingen waren mächtige Waffen, die er sich erarbeitet hatte. Solche, die episch waren. Große, effektive Waffen. Sie zerschnitten Lindeths Gesicht. Zerschnitten ihre Brust. Nach ein paar Sekunden sank sie zu Boden. "Was habt Ihr angerichtet?" rief Melvin den Dreien zu. "Halt die Klappe. Es muß ja auch welche geben, die die Prohpezeiung erfüllen, Schwächling!" warf ihm Legolól an den Kopf. Und Hypfendór fügte hinzu: "Sie hatte Pévau'Pé an! Und ich bin gegen die Horde. Also heul nit rum!" Lindeths zerschnittener Körper lag am Boden. Melvin brach zusammen. "Aber... Ihr hattet kein Recht! Ich liebe sie. Der Tod hat uns schon einmal lange genug getrennt!" Arag0wn konnte die Dummheit des anderen Mannes nicht fassen. "Heul nit rum! Die kann doch gleich vom Friedhof aus laufen!" Melvin verstand nichts mehr...
"Lól! Ownéd! Nach unten offenes Dreieck, nach unten offenes Dreieck!" fügte Hypfendór hinzu. Dann nahmen sie ihre Waffen und hüpften davon. Ja, heute war ein großer Tag für sie. Sie hatten es geschafft. Sie hatten die Prophezeiung erfüllt. Sie hatten Leid über andere gebracht. Sie hatten etwas großartiges zerstört. Das erfüllte sie mit großer Zufriedenheit. Ja, es konnte nicht anders sein: Sie würden Helden sein. Ehrenvolle Helden, die gefeiert würden. Und sie würden für ihre Taten Belohnungen bekommen. Große, epische Belohnungen für große Helden.
Melvin krallte seine rechte Hand in das zerfetzte Hemd, das Lindeths Brust bedeckte. Nein. Das konnte nicht das Leben sein. Diese verdammten Ro'xxór hatten ihm das genommen, was er geliebt hatte. Er hatte Lindeth zum zweiten Mal verloren. Langsam zog er seinen Dolch, der an seiner Seite hing, aus seiner Scheide. Ja, das ist die Erlösung. Er hob den Dolch, umklammert mit beiden Händen. Er ließ ihn niedersausen. In sein Fleisch. Seine Brust. Dann sank er tot zusammen. Wenn Lindeth und er im Leben nicht vereint sein konnten, dann sollten sie es im Tode sein...
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