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Beiträge: 141


New PostErstellt: 02.03.06, 14:29     Betreff: Re: Der große Fußball-Thread

Gestern haben wir ja 1:4 gegen Italien verloren. Das Spiel war aus deutscher Sicht einfach nur lächerlich. Nur Fehlpässe, keine vernünftigen Spielzüge kamen zum Einsatz


Florenz/dpa) - Fußball-Länderspiel Italien - Deutschland am Mittwochabend in Florenz: Der Deutsche Michael Ballack (M) kämpft gegen den Italiener Alessandro Nesta (r) um den Ball.

on Jens Mende und Klaus Bergmann, dpa

(Florenz/dpa) - 100 Tage vor dem WM-Start ist die deutsche
Fußball-Nationalmannschaft am Tiefpunkt in der Ära Jürgen Klinsmanns
angekommen. Nach der desaströsen 1:4 (0:3)-Niederlage der DFB-
Mannschaft beim Titel-Mitfavoriten Italien geht es für den
Bundestrainer in den kommenden Wochen jetzt vor allem um
Schadensbegrenzung, um eine ähnliche Blamage bei der Heim-WM in gut drei Monaten zu verhindern. Vor 40 000 Zuschauern in Florenz war der Vize-Weltmeister beim ersten Auftritt im WM-Jahr am Mittwochabend in jeder Hinsicht überfordert. Daran konnte auch der späte Ehrentreffer
durch Robert Huth (82. Minute) nichts ändern. Das «System Klinsmann»
wurde bei der höchsten Niederlage unter dem Bundestrainer von einem
Team der Klasse Italiens als naiv und ungeeignet enttarnt.

«Wir sind alle sehr enttäuscht. Das war eine Lektion für uns, und
das ist frustrierend. Wir haben richtig einen auf die Mütze
bekommen», sagte Klinsmann. Personelle Kurskorrekturen schloss er
aber aus. «Das Team ist stark genug, etwas bei der WM zu bewegen. Wir glauben an die Mannschaft.»

Kapitän Michael Ballack zeigte sich kritisch. «Vier Stück sind
richtig bitter. Da hat man keine Argumente. Die Mannschaft war nach
dem frühen Rückstand verunsichert. Wir sind dann nur noch
hinterhergelaufen.» Der erst zur Halbzeit eingewechselte Christoph
Metzelder pflichtete bei: «Wir waren nach dem frühen Rückstand
übermotiviert und haben uns regelrecht entblößt.»

Schon nach sieben Minuten waren alle Hoffnungen darauf, im 17.
Versuch und nach mehr als fünf Jahren wieder einen Großen des Welt-
Fußballs zu schlagen über den Haufen geworfen. Sowohl beim 0:1 durch
Alberto Gilardino (4. Minute) als auch beim 0:2 von Lokalmatador Luca
Toni (7.) fand die junge, überforderte deutsche Abwehr keinerlei
Mittel, das Ungemach zu verhindern. Bei der frühen Führung der
Gastgeber hatte Torwart Jens Lehmann, der trotz einer starken
Leistung die Blamage nicht verhindern konnte, einen Kopfball von
Fabio Cannavaro noch abgewehrt.

Mit dem kopflosen Bestreben den Fehlstart wieder wett zu machen
produzierten die deutschen Mittelfeldspieler katastrophale Fehlpässe
gleich in Serie, die von den Azzurri immer wieder zu schnellen und
gefährlichen Gegenstößen genutzt wurden. So ging dem 0:2 ein
verheerender Ballverlust von Sebastian Deisler voraus. Beim 0:3 durch
Daniele de Rossi (39.) war Lahm im Kopfball-Duell gegen Mauro
Camoranesi deutlich unterlegen und Huth kam gegen den Torschützen
viel zu spät.

Klinsmann reagierte nicht auf die fehlende Abstimmung und das
Durcheinander in seinem System. Erst als schon alles zu spät war, zog
er Ballack, der ebenfalls keinerlei Akzente setzen konnte, auf eine
defensivere Position im Mittelfeld zurück. Mit ihren eigenen
hilflosen Angriffsbemühungen waren die erstmals im roten WM-
Trikot, das laut Klinsmann als Zeichen für Aggressivität und
Leidenschaft stehen sollte, angetretene DFB-Auswahl ins Verderben
gerannt. Die einzige nennenswerte Aktion war ein Schuss des sonst
total enttäuschenden Deisler (23.), den Italiens Torwart Gianluigi
Buffon klasse parierte.

Die sportliche Leitung muss sich überlegen, ob die Zielstellung
WM-Titel nach diesem Auftritt aufrecht erhalten werden kann oder ob
nicht Sicherheit als erste Maßgabe ausgegeben werden muss. Eine
schlimmere erste Halbzeit einer deutschen Nationalmannschaft hatte es
in jüngerer Vergangenheit nur beim 1:5 in Rumänien im April 2004
gegeben, als es zum Seitenwechsel schon 0:4 stand und das mit dem
späteren vorzeitigen EM-Aus besiegelte Ende der Ära Rudi Völler
eingeleitet wurde.

Der WM-Stimmung im ganzen Land dürfte der Rückschlag einen großen
Dämpfer versetzt haben. Die größte Hoffnung bleibt jetzt nur der
Heimvorteil und die Tatsache, dass die Vorrundengegner Costa Rica,
Polen und Ecuador nicht das Kaliber der Italiener haben.

Zur Halbzeit brachte Klinsmann mit Christoph Metzelder für den
auch mit untergegangenen Abwehrchef Per Mertesacker und Gerald
Asamoah für den völlig indisponierten Angreifer Lukas Podolski zwei
neue Kräfte, an den grundlegenden Problemen änderte sich aber nichts.
Eine Chance für Bernd Schneider (56.) blieb die Ausnahme. Im Gegenzug
reichte wieder eine zielstrebige Aktion der Italiener, um die
Niederlage noch schmerzhafter zu machen. Camoranesi leistete die
Vorarbeit und Juve-Star Alessandro del Pierio (57.), der für den
verletzten Francesco Totti spielte, köpfte vor Huth und Metzelder zum
4:0 ein.

Bezeichnenderweise kam Buffon zunächst nur bei einer Aktion eines
eigenen Spielers in ärgste Bedrängnis, doch der Routinier ließ sich
auch von Tonis unfreiwilligem Kopfball in Richtung eigenes Tor nicht
bezwingen. Chancenlos war der Juve-Schlussmann dann bei Huths Treffer aus kurzer Distanz nach Ecke von Deisler. Der zweite Länderspiel-
Treffer des Verteidigers vom FC Chelsea konnte an der miserablen
Gesamtleistung aber nichts mehr beschönigen.



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