9. Handelstechnik
Die Handelslogik nutzt zur Generierung der Einstiegssignale häufig auftretende Setups für den systematischen Intradayhandel des Euro Bund Future. Diese Strategien resultieren aus der Erkenntnis, dass alle spekulativen Märkte immer wieder folgende Stadien der Kursbewegung in unterschiedlicher Abfolge durchlaufen:
1. Anstieg/Impuls (Volatilitätsausbruch während einer aufwärts gerichteten Trendphase)
2. Re-Akkumulation (Stau-/Konsolidierungszone vor einer aufwärts gerichteten Trendfortsetzung)
3. Anstieg/Impuls (Volatilitätsausbruch während einer fortgesetzten Trendphase)
4. Distribution (Stau-/Konsolidierungszone vor einer abwärts gerichteten Trendänderung)
5. Einbruch/Impuls (Volatilitätsausbruch während einer abwärts gerichteten Trendphase)
6. Re-Distribution (Stau-/Konsolidierungszone vor einer abwärts gerichteten Trendfortsetzung)
7. Einbruch/Impuls (Volatilitätsausbruch während einer fortgesetzte Trendphase)
8. Akkumulation (Stau-/Konsolidierungszone vor einer aufwärts gerichteten Trendänderung)
Das fundamentale Verständnis dieser verschiedenen Stadien, sowie das Erkennen von Impuls- und Korrekturbewegungen sind für den erfolgreichen Handel von Wertpapieren unerlässlich, da sich die Märkte zu ca. 80% der Zeit in einer Phase der Kongestion (Konsolidierung oder Seitwärtsbewegung) befinden.
Allerdings wäre der Handel von Finanzderivaten einfach, wenn man immer davon ausgehen könnte, dass sich auf einen Anstieg oder Einbruch auch immer eine Phase der Re-Akkumulation bzw. Re-Distribution anschließt. In der Realität sieht das natürlich anders aus. Der Kurs geht zwar in eine Kongestionsphase über, aber dabei kann es sich auch um eine Distributions- bzw. Akkumulationszone handeln, welche eine Trendänderung einleitet. Grundsätzlich kann man jedoch sagen, dass es sich dabei um „Ruhephasen“ handelt, während derer die „Mächte“ von Angebot und Nachfrage entscheiden, in welche Richtung sich der Kurs weiterbewegen wird. In der Regel behalten die Kurse nach einer Kongestionsphase auch die Richtung bei, die sie vor der Konsolidierung bereits verfolgt hatten (Trendfolge). Dabei kommt Newtons Theorie zum Einsatz: Ein sich bewegender Körper neigt dazu, sich in diese Richtung weiterzubewegen. Auf den Wertpapierhandel bezogen bedeutet das: Wenn sich ein Trend erst einmal etabliert hat, dann neigt er dazu, sich mit periodisch wiederkehrenden Zeiten der Unterbrechung und Ausdehnung zyklisch fortzusetzen, sofern die Beweislage nicht durch gewichtige Kursinformationen umgekehrt wird. Der Kurs wird innerhalb dieser Kongestionszonen oft mehrere Anstiege/Einbrüche und Reaktionen durchlaufen. Nach dem zweiten oder dritten Anstieg/Einbruch weisen jedoch die Handelsspanne und die Position der Candles (Darstellungsform des Kursverlaufes) in diesem Kursbereich oftmals auf die Richtung der nächsten Bewegung hin.
Ferner wird ein Oszillator (MACD mit Einstellung 5/30/5 oder 10/50/10) als sinnvolles Hilfsmittel zur Identifizierung von Divergenzen und Konvergenzen zum Kursverlauf einsetzen, um so die wahrscheinliche Ausbruchsrichtung aus einer Stauzone bereits im Vorfeld zu antizipieren.
Die Grundlage für meine Handelsentscheidungen stellt somit die Elliott-Wellen-Theorie dar, deren Kernaussage es ist, dass sich Märkte in bestimmten Strukturen bewegen. Diese Theorie unterscheidet hauptsächlich in Impuls- und Korrekturbewegungen. Sie geht daher von einer natürlichen Ordnung der Kursbewegungen aus. Gehandelt werden sowohl Impulswellen als auch Korrekturwellen, wobei meist ein prozyklischer Ansatz verfolgt wird. Die Kurszielbestimmungen nach der Elliott-Wellen-Theorie finden jedoch keine Anwendung. Hierfür werden eigene Extensionen (195% und 255%) der vorhergehenden Kursbewegungen (Stau- oder Konsolidierungszonen), unter Beachtung von markanten Zwischenhochs bzw. –tiefs herangezogen, wobei die 255%-Marke immer dann als Profitziel herangezogen wird, wenn bereits mit Erreichen der 195%-Marke ein vorhergehendes Zwischentief bzw. –hoch gebrochen wird, oder die übergeordnete Zeitebene ebenfalls auf ein Kursziel in diesem Preisbereich hinweist. Die Handelsspanne einer Stauzone spiegelt das Maß der aktuell im Markt vorhandenen Volatilität wieder. Deshalb wird einerseits daraus das Potenzial eines Trades abgeleitet, sofern der Ausbruch aus einer dieser Schiebezonen erfolgt und dient gleichzeitig als maximale Größe für einen zu benutzenden Trailing-Stop. Kursbewegungen im Rahmen dieser Handelsspannen stellen das so genannte „Marktrauschen“ dar.
Die Bestimmung des übergeordneten Trends erfolgt zum einen aufgrund gleitender Durchschnitte und zum anderen anhand höher liegenden Hochs und höher liegenden Tiefs = Aufwärtstrend bzw. tiefer liegenden Tiefs und tiefer liegenden Hochs = Abwärtstrend (Dow-Theorie). Jeder Primärtrend wird durch mehrere antizyklische Bewegungen, so genannte Sekundärtrends (Retracements), unterbrochen. Hier wird versucht, innerhalb dieser gegen den Haupttrend gerichteten Sekundärbewegungen, mit dem Trend zu spekulieren. Sobald eine Sekundärbewegung zum Ende kommt, da sie eine potentielle Unterstützungs- oder Widerstandszone erreicht oder eine vollständige Korrekturstruktur vollendet hat, kann eine entsprechende Position eröffnet werden.
Eine weitere Vorgehensweise besteht darin, dass innerhalb eines Primärtrends (Impulswelle) eine antizyklische Position mit geringem Initialrisiko in Richtung des Sekundärtrends (Korrekturwelle) eröffnet wird. Voraussetzung dafür ist allerdings eine abgeschlossene Bewegungsstruktur der Impulswelle auf einer höher liegenden Zeiteinheit, welche mit Divergenzen im MACD bzw. bullischen oder bärischen Umkehrmustern, Mehrfachtops / -böden, Drei-Täler-Tiefs, SKS-Formationen oder Fehlausbrüchen einhergeht. Hierbei gilt es besonders, Auffälligkeiten und Veränderungen im Orderbuch zu beachten, da sich der Markt in der Regel in die Richtung größerer platzierter Limit-Orders bewegt. Zu diesem Zweck lasse ich mir die Markttiefe der besten zehn Bid´s und Ask´s graphisch aufbereitet darstellen und beobachte, auf welcher Seite größere Orders abgearbeitet werden. Ferner beachte ich anhand des DOM-Trader Kursniveaus, an denen während des Handelstages bereits ein überdurchschnittlich hohes Kontraktvolumen gehandelt wurde. Diese Zonen dienen meist als entscheidungsrelevante Kursmarken für die weitere Handelsrichtung (siehe Bild 9).
Über die zugrunde liegende Handelslogik werden so an einem Handelstag, je nach vorherrschender Marktvolatilität und gehandelter Zeitebene (30 Tick, 150 Tick, 300 Tick etc.), zwischen fünf und bis zu 30 Trading-Positionen eröffnet und geschlossen. Die Haltedauer einer Position variiert dabei zwischen wenigen Minuten und bis zu mehreren Stunden, um so das immanente Marktrisiko auf ein Minimum zu reduzieren. Das wichtigste Prinzip dabei ist, nur Positionen mit einem Chance-Risiko-Verhältnis von mindestens 2,0 zu handeln. Dies bedeutet, eine Position wird nur dann eingegangen, wenn die Chance (Differenz zwischen prognostiziertem Kursziel und Kauf) zweimal so groß ist wie das Risiko (Differenz zwischen Kauf und Verlustbegrenzungs-Stop). Dieser Ansatz geht davon aus, dass langfristig unter Verwendung eines Stop-Kurses eine Trefferquote von weit unter 50% ausreicht, um eine positive Performance zu erwirtschaften.
Im Anschluss an diese grundsätzliche Betrachtungsweise werden verschiedene Marktphasen bildlich dargestellt, um einen Einblick in die Handelsstrategie zu verschaffen. Wann man in einer Kongestionsphase schnelle Profite machen sollte oder von einem Aus- oder Einbruch profitieren kann, indem man sich bereits im Vorfeld einer potentiellen Kursbewegung auf die Seite der wahrscheinlichen Richtung stellt, um so das initiale Risiko der eigenen Position zu reduzieren und gleichzeitig das Gewinnpotential zu optimieren.
Anbei zwei Beispiel-Charts (inkl. Screenshort über die statistischen Auswertung des Euro Bund Future) für die Vorgehensweise bei der Impuls- bzw. Korrekturzählung. Dabei soll aufgezeigt werden, wie sich übergeordnete Impulse und Korrekturen (1-2-3 / blau) in untergeordnete Impuls- und Korrekturbewegungen (1-5 / hellgrün und magenta), sowie im Mikrobereich (1-9 grün und violett) aufgliedern. Die abgetragenen Retracements zeigen jeweils die 50% und 70%-Marken des vorhergehenden Impulses. Als Impuls-Extensionen werden die 138%, 161%, 200% und 260%-Marken dargestellt. Diese dienen als potentielle Profitziele. Mindestvoraussetzung für die Zählung einer Korrektur ist dabei ein Retracement von mind. 50% auf den vorhergehenden Impuls. Diese Vorgehensweise läßt sich bis in den Mikrobereich herunterbrechen (Bild 2), wobei die Einstiege bzw. Wiedereinstiege in Trendrichtung immer am Punkt 2 (nach einem abgeschlossenen Retracement) erfolgen. Bei Abschluß eines 5-welligen Impulses (9-wellig im Mikrobereich) dürfen auch antizyklischen Positionen eröffnet werden.
Die blau gestrichelten horizontalen Linien zeigen die derzeit stattfindenden 10-11 Tick-Bewegungsschritte des Euro Bund Future. Dies entspricht auch gleichzeitig der aktuellen durchschnittlichen Längenausdehnung eines Impulses auf Wochenbasis (SMA5). Die Durchschnittsbildung erfolgt dabei aus sämtlichen Bewegungen eines Handelstages (08:15-18:15 Uhr), welche selbst > 50% des Wochen-Durchschnitts (derzeit > 5,51 Ticks) betragen.
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Good Trades