Sylvia1980
Experte 
Beiträge: 2693
|
Erstellt: 22.12.06, 09:30 Betreff: Friedhofsstille vor der Kosovo-Entscheidung |
|
|
Experte warnt vor Zypernszenario, wenn Serben in Nordmitrovica die Unabhängigkeit nicht akzeptieren - Eine Analyse Wien/Prishtina - Nervöses Warten könnte man zur Zeit den Kosovaren attestieren. Nach den Wahlen in Serbien am 21. Jänner wird UN-Verhandler Martti Ahtisaari seinen Vorschlag zum künftigen Status des Kosovo vorlegen. Spannend wird, wie klar Athisaari die künftige Unabhängigkeit der serbischen Provinz in dem Text formulieren wird. Wird sie nur angedeutet, dürften die Albaner revoltieren, im anderen Fall die Serben.
Predrag Jurekovic vom Institut für Friedenssicherung und Konfliktmanagement der Wiener Landesverteidigungsakademie hält eine schwammige Formulierung für kontraproduktiv. Ein klares Ja zur Unabhängigkeit dürfte allerdings auf heftige Widerstände Russlands stoßen, das verstärkt für eine einvernehmliche Lösung eintritt.
Noch dazu muss damit gerechnet werden, dass sich in Nordmitrovica, das mehrheitlich von Serben bewohnt wird, Abspaltungstendenzen durchsetzen. Jedenfalls ist anzunehmen, dass die Bewohner Nordmitrovicas die Unabhängigkeit nicht akzeptieren werden. Dies könnte wiederum radikale Kräfte auf der albanischen Seite auf den Plan rufen. Die Kfor-Truppen wurden bereits aufgestockt. "Ein Eskalationsszenario ist aber nur möglich, wenn Belgrad das toleriert", sagt Jurekovic. "Aber falls es zu einer Teilung Mitrovicas kommt, haben wir eine Situation wie in Zypern."
Jurekovic warnt vor einer Aufschaukelung in sensiblen Zonen, so haben etwa die Bewohner kleiner serbischer Enklaven Angst, sich nach der Unabhängigkeit nicht halten zu können. Dem Ahtisaari-Bericht soll Ende Februar oder im März eine UN-Resolution folgen, die die Resolution 1244 vom Jahr 1999 ablösen soll und in der die Minderheitenrechte und die Dezentralisierung der Gemeinden zugunsten der Serben festgeschrieben werden soll.
Prishtina könnte dann mit der Erarbeitung einer Verfassung beginnen und dann die Unabhängigkeit ausrufen. Die Anerkennung des neuen Staates erfolgt zwar auf bilateraler Ebene, Jurekovic mahnt aber Geschlossenheit ein: "Wenn die EU sich nicht zu einer einheitlichen Anerkennungspolitik durchringt, unterminiert das die Glaubwürdigkeit ihrer Außenpolitik und schwächt das Engagement am Balkan." Obwohl im nächsten Jahr die UN-Verwaltung im Kosovo durch eine EU- Mission abgelöst werden soll und gerade ein EU-Büro aufgebaut wird, sind sich die Europäer über die Zukunft der Provinz noch nicht ganz einig.
Spanien Griechenland, aber auch die Slowakei und Rumänien haben keine rechte Freude mit der anvisierten Unabhängigkeit. Grund dafür sind Ängste vor sezessionistischen Bewegungen im eigenen Land. Der Vorstoß der Amerikaner und Briten, den Kosovaren eine eigene Armee zuzugestehen stößt wiederum in Berlin nicht nur auf Zustimmung.
Eine Kosovo-Armee sollte jedenfalls schnell in die Nato- "Partnerschaft für den Frieden" integriert werden, auch um die Beziehungen zu Serbien zu kalmieren, das erst vorige Woche der Partnerschaft beitrat. Für einen halbwegs friedlichen Übergang in die Unabhängigkeit des Kosovo ist zunächst zu hoffen, dass eine Regierungsbildung in Serbien ohne die Serbische Radikale Partei und die Milosevic-Sozialisten möglich wird. Die Radikalen liegen Umfragen zufolge allerdings zwischen 30 und 40 Prozent. (Adelheid Wölfl/DER STANDARD, Printausgabe, 22.12.2006)
____________________
[editiert: 22.12.06, 09:31 von Sylvia1980]
|
|