Forum der BiGKU
Bürgerinitiative Gesundheit u. Klimaschutz Unterelbe/Brunsbüttel
 
Sie sind nicht eingeloggt.
LoginLogin Kostenlos anmeldenKostenlos anmelden
BeiträgeBeiträge SucheSuche HilfeHilfe
ChatChat VotesUmfragen FilesDateien CalendarKalender
Krebshäufigkeit in Wewelsfleth. WZ vom 07.07.2010

Anfang   zurück   weiter   Ende
Autor Beitrag
Claudia

Beiträge: 4532

BI Teilnehmernummer: 106

New PostErstellt: 08.07.10, 16:42  Betreff: Krebshäufigkeit in Wewelsfleth. WZ vom 07.07.2010  drucken  weiterempfehlen

Krebshäufigkeit in Wewelsfleth:
Doch alles nur
reiner Zufall ?

Studie zum Krebsregister lässt keine
Rückschlüsse auf Kernkraftwerk und Werftenstandort als Verursacher zu

Itzehoe/Wewelsfleth

Liegt es daran, dass die Gemeinde Wewelsfleth ein Werftenstandort
ist? Oder ist vielleicht das nur wenige Kilometer entfernte
Kernkraftwerk in Brokdorf eine mögliche Ursache? Kann auch eine erhöhte
Inanspruchnahme von Früherkennungsuntersuchungen der Bevölkerung oder
einfach nur deren Lebensstil schuld sein? Fragen über Fragen, die nicht
nur Bürgermeister Ingo Karstens beschäftigen. Die Krebshäufigkeit in der
1500-Seelen-Gemeinde steht seit Jahren unter
der Beobachtung des Krebsregisters Schleswig-Holstein.
„Es zeigten sich damals regelmäßig hohe, wenn auch nicht statistisch
signifikant erhöhte Krebsarten“, erklärt Dr. Marion Thormählen vom Kreis-Gesundheitsamt in Itzehoe. Sie hat auf Bitte des
Wewelsflether Bürgermeisters Hilfe bei Prof. Dr. Alexander Katalanic vom
Lübecker Institut für Krebsepidemiologie gesucht und auch gefunden.


Gemeinsam mit dem Wewelsflether Allgemeinmediziner Timo Reimers und
Dr. Birger Heinzow vom Landesamt für Soziale Dienste des Landes
Schleswig-Holstein besuchten sie die
Störgemeinde. Mit der bereits vorliegenden Untersuchung wurde auf der
Basis der Krebsregisterdaten jetzt erneut eine umfangreiche Untersuchung
vorgenommen. „Zusätzlich haben wir bei uns im Gesundheitsamt die
Sterbedaten untersucht“, sagt Dr. Thormählen und erklärt weiter, dass
auch auf der Basis der vorhandenen Daten des Lübecker Instituts
Plausibilitätsbetrachtungen, die Hinweise auf mögliche Ursachen für die
erhöhte Krebshäufigkeit liefern sollten, erfolgten. „In der Auswertung
für die Jahre 1998 bis 2007 übersteigt die registrierte Zahl der
Neuerkrankungen in Wewelsfleth dann doch die Zahl der erwarteten
Krebsneuerkrankungen erstmals in einem statistisch auffälligen Maß“,
hebt die Medizinerin hervor. Die Untersuchungen zum zeitlichen Verlauf
und zur Altersverteilung jedoch ergaben keine auffälligen Ergebnisse.


„Das Risiko an Krebs zu erkranken, steigt mit dem Alter“, sagt Timo
Reimers und erklärt, dass in seiner Gemeinde das Durchschnittsalter der
Krebspatienten bei 66 liege und damit gegenüber dem Landesdurchschnitt
niedriger sei. „Die Bevölkerung ist natürlich sehr besorgt“, sagt
Thormählen. Die Konsequenz sei nun, dass die Gemeinde weiter unter
besonderer Beobachtung des schleswig-holsteinischen
Krebsregisters stünde. Zudem seien zur differenzierten Beurteilung
eines möglichen Umwelteinflusses auf Krebserkrankungen die einzelnen
Tumorerarten separat betrachtet worden.


„Bei Leukämie und bösartige Erkrankungen des lymphatischen Systems,
für das beispielsweise radioaktive Strahlung ursächlich verantwortlich
gemacht wird, zeigen sich allerdings unauffällige Erkrankungsraten in
Wewelsfleth“, besagt die Studie des Krebsregisters. Vielmehr zeige sich
eine statistisch signifikante Erhöhung für Prostatakrebs. „Aber auch
Darm- und Harnblasenkrebs kommen vermehrt vor“, weiß der Wewelsflether
Facharzt für Allgemeinmedizin und sagt, dass beispielsweise das
Harnblasen-Karzinom bei den Wewelsflethern
zweieinhalb Mal häufiger gegenüber dem Landesdurchschnitt auftrete.
Gerade noch an der Grenze seien die bösartigen Erkrankungen von Lunge
und Haut. „Es wurden schließlich verschiedene Hypothesen formuliert und
untersucht, die Hinweise auf die Ursachen der Neuerkrankungen liefern
könnten“, erklärt Dr. Thormählen weiter und betont, dass sich keine
schlüssigen Hinweise für das Kernkraftwerk in Brokdorf als Ursache der
zunehmenden Erkrankungen ableiten ließen.


„Wäre das die Ursache gewesen, hätten wir unter anderem vermehrt
Leukämieerkrankungen. Auch müssten die Erkrankungen mit Abstand zu dem
Reaktor abnehmen – das aber ist nicht der Fall.“


Auch, dass die in der Gemeinde ansässige Werft, auf der laut Aussage
von Timo Reimers mit Asbest und Chemikalien gearbeitet werde, mit der
erhöhten Krebshäufigkeit in Verbindung stehen könnte, wurde nicht
bestätigt. Daher sei anzunehmen, dass eher eine Kombination mehrerer
Ursachen wie Lebensstil oder genetische Ursachen zu der beobachteten
unspezifischen Erhöhung an Neuerkrankungen geführt habe.


In welchem Maße einzelne Faktoren jedoch eine Rolle spielen könnten,
konnte anhand des Krebsregisters nicht ermittelt werden, da sie nicht
Bestandteil der Datenerhebung des Krebsregisters seien. „Meine Bitte an
die Bevölkerung ist in erster Linie eine gesunde Lebensweise“,
unterstreicht Dr. Thormählen und rät zudem, die
Krebsvorsorgeuntersuchungen in Anspruch zu nehmen. „Man kann Krebs nicht
zu einhundert Prozent verhindern, aber man kann einiges tun, um ihn
frühzeitig zu entdecken. Die Bevölkerung hat auch ein wenig
Eigenverantwortung zu tragen.“


So sollte zudem aufs Rauchen, welches insbesondere für Blasen- und
Lungenkrebs verantwortlich ist, verzichtet werden. Wichtig seien auch
das Vermeiden von Übergewicht sowie viel Bewegung und das Essen frischen
Obstes und Gemüses. Verzichtet werden sollte auch auf zu viel Fett,
rotes Fleisch und das regelmäßige Trinken von Alkohol. „Auch ein
tägliches Glas Rotwein muss nicht unbedingt ‚gesund‘ sein“, hebt Dr.
Thormählen hervor. Zudem können intensive Sonnenbestrahlung sowie einige
Arbeitsplätze, an den unter anderem mit Chemikalien gearbeitet wird,
Ursachen für eine Krebserkrankung sein.


Interessant aber bleibe der Umstand, dass trotz der erhöhten
Krebshäufigkeit in Wewelsfleth die Krebssterblichkeit nicht vom
Landesdurchschnitt abweiche. „Eigentlich wäre bei erhöhter
Neuerkrankungsrate auch eine erhöhte Sterblichkeit zu erwarten gewesen“,
sagt Thormählen und erklärt, dass mit den vorliegenden Analysen die
Auswertungsmöglichkeiten des Krebsregisters weitgehend erschöpft seien.


Aus Sicht des Institutes erscheinen weitere und tiefer gehende
Studien wenig zielführend, um mögliche Ursachen der beobachteten Häufung
aufzuklären. „Letztendlich ist aber auch nicht auszuschließen, dass es
sich trotz Vorlegens einer statistisch signifikanten Erhöhnung der
Krebshäufigkeit lediglich um eine zufällige Erhöhung handelt“, so das
Fazit des Krebsregisters Schleswig-Holsteins,
nach dessen Kernaussage im Jahre 2007 12 072 Männer und 10 970 Frauen
neu an Krebs erkrankten. Die Neuerkrankungszahlen für Krebs insgesamt
seien damit gegenüber dem Vorjahresniveau nur gering angestiegen. Die
Sterblichkeit durch Krebs insgesamt gehe jährlich um etwa zwei Prozent
zurück.


Kristina Mehlert







[editiert: 08.07.10, 17:19 von Claudia]
nach oben
Benutzerprofil anzeigen Private Nachricht an dieses Mitglied senden
Sortierung ndern:  
Anfang   zurück   weiter   Ende
Seite 1 von 1
Gehe zu:   
Search

powered by carookee.com - eigenes profi-forum kostenlos

Layout © Karl Tauber