Stilllegung: 20 Jahre für den Rückbau
Vattenfall präsentiert Planung für KKW-Zukunft
Brunsbüttel
Der schwedische Energiekonzern Vattenfall bereitet sich auf die
endgültige Stilllegung seines Kernkraftwerkes in Brunsbüttel vor. Zwei
Alternativen für die Gestaltung dieses Schrittes stellte der technische
Geschäftsführer Ernst-Michael Züfle jetzt beim
traditionellen „Klönschnack am Deich“ auf dem Gelände des Kernkraftwerks
vor: einen auf 50 Jahre angelegten „sicheren Einschluss“ oder einen in
20 Jahren zu bewältigenden „direkten Rückbau“. Dafür hat das Unternehmen
Rückstellungen von 1,6 Milliarden Euro beiseitegelegt – „mehr als der
Bau des Kraftwerks gekostet hat“, wie Züfle bemerkte.
Zum Klönschnack hatte Vattenfall rund 120 Vertreter aus Politik,
Wirtschaft und Verwaltung sowie von Kirche und Schulen eingeladen.
Vattenfall, so berichtete der für Krümmel und Brunsbüttel zuständige
technische Geschäftsführer, zähle Schweden, Deutschland und die
Niederlande zu seinen Kernmärkten, agiere aber auch in Großbritannien,
Belgien, Frankreich, Finnland, Dänemark und Polen. „Die Welt verändert
sich“, stellte Züfle nach der Atomkatastrophe im japanischen Fukushima
fest. Das sei zwar „eine ganz schlimme Sache“ gewesen, aber in keinem
anderen Land habe die Neubewertung der Kernenergie zu derart
gravierenden Folgen wie in Deutschland geführt. Vor gut einem Jahr sei
man noch davon ausgegangen, dass die Kraftwerke Krümmel und Brunsbüttel
bis 2035 bzw. 2025 in Betrieb sein könnten. Die jetzige „Vollbremsung“
habe die über Jahre hinweg getätigten Investitionen nutzlos gemacht und
führte zu erheblichen finanziellen Schäden. Züfle forderte deshalb einen
„fairen Schadenersatz“. Vattenfall prüfe eine Klage vor dem
Bundesverfassungsgericht.
Beim Kernkraftwerk Brunsbüttel geht man nun von abzubauenden Massen
von 330 000 Tonnen Beton, Stahl und Rohrleitungen aus. Das radioaktive
Material müsse in das bis 2045 genehmigte Zwischenlager eingestellt
werden. Ein direkter Abbau sei insofern vorteilhaft, als dass die
wirtschaftlichen Folgen gemildert würden, man auf das erfahrene Personal
zurückgreifen könne und das Gelände früher wieder genutzt werden könne.
Nachteilig sei die höhere noch vorhandene Radioaktivität, so dass die
Strahlenbelastung den Abbau technisch erschweren könnte. Der Leiter des
Kernkraftwerks Brunsbüttel, Knut Frisch, erläuterte die in der
Energiewende begründeten personellen und technischen Anpassungen. „Wir
haben viele Arbeiten von Fremdfirmen auf eigene Mitarbeiter
umgeschichtet“, sagte Frisch. Qualifizierungsmaßnahmen,
Altersteilzeitangebote, ein geändertes Ausbildungskonzept sowie
neugestaltete Schichtbesetzungen führten zu einem Personalabbau von 1000
im Jahr 2010 auf jetzt nur noch gut 400 Mitarbeiter.
Im Ausstieg aus der Kernenergie und dem Ausbau von Wind- und
Solarenergie befürchtet Frisch allerdings einen Stromengpass und weiter
steigende Preise, weil man bei nicht verfügbarer Sonnen- und Windenergie
auf teuren Spitzenlaststrom zurückgreifen müsse. Der Offshore- und
Onshorebetrieb mache eine Vervierfachung des gegenwärtig 34 000
Kilometer langen Leitungsnetzes in Deutschland notwendig.
Jochen Schwarck