Zwischenlager: Habeck wirbt um Verständnis
Atommüllbeseitigung sei gesamtgesellschaftliche Aufgabe
Brunsbüttel
Am Ende der zweistündigen Veranstaltung unter dem Titel
„Bürgerdialog“ konnte er aufatmen. „Ich dachte, es wird persönlicher und
härter“, bekannte der schleswig-holsteinische
Energiewendeminister Robert Habeck am Dienstag vor den knapp 100
Zuhörern im Elbeforum. Denen wollte er verdeutlichen, was es mit der
Diskussion um das Zwischenlager am Kernkraftwerk Brunsbüttel auf sich
hat. Vor allem bemühte sich der Grünen-Politiker
klar zu machen, dass er den Standort nicht leichtfertig auf dem
silbernen Tablett serviert habe. Er habe der Anlieferung von bis 21
Castoren mit hochradioaktivem Atommüll aus der britischen
Wiederaufbereitungsanlage Sellafield nicht Tür und Tor geöffnet.
Vielmehr habe er als Reaktion auf Überlegungen von
Bundesumweltminister Peter Altmaier (CSU) reagiert und eine
Mitverantwortung des Landes bei der Rücknahme des strahlenden Abfalls
signalisiert. Angekommen war dies anders. „Sie holen uns den Kram
hierher!“, scholl es ihm aus dem Publikum entgegen. Und: „Dat brukt wi
nich.“ Doch die Mehrheit der Zuhörer war nicht erschienen, um des
Ministers Kopf zu fordern. Sie wollte wissen, was es nun mit der
möglichen Anlieferung der Sellafield-Castoren
auf sich habe, was das für Brunsbüttel bedeute. „Es ist eine total
schwierige Debatte für die Region, aber auch für mich“, bekannte Habeck
im Pressegespräch vor dem „Bürgerdialog“. Ausgerechnet ein Grüner sorge
für einen solchen Schlamassel. „Ich habe Ja gesagt für Schleswig-Holstein,
nicht dafür, dass wir das nach Brunsbüttel bringen.“ Doch plötzlich sei
die Diskussion „mit voller Wucht“ in der Stadt angekommen. Tatsächlich,
so die Juristin Dr. Cornelia Ziehm von der Deutschen Umwelthilfe,
handele Habeck sehr mutig mit seinem Angebot.
Sie konnte den Interessierten letztlich auch eine gewisse Entwarnung
signalisieren. 2015 würden nicht plötzlich Castoren von jenseits des
Ärmelkanals in Brunsbüttel stehen. Ziehm umriss die Hürden, zu denen ein
langwieriges Genehmigungsverfahren gehört, aber auch die Bereitschaft
des Betreibers Vattenfall, Geld in die Hand zu nehmen für die Umnutzung
des eigentlich nur fürs Brunsbütteler Kernkraftwerk gedachten
Zwischenlagers. „Mir fehlt die Fantasie, wie man Vattenfall verpflichten
könnte.“ Allenfalls über einen teuren Vertrag zwischen Bund und
Konzern. Fazit: „So einfach ist es nicht, diese Dinger (Red.: Castoren)
nach Brunsbüttel zu bringen.“ Das Land sei hier aber auch nicht der
Ansprechpartner, denn es sei gar nicht die Genehmigungsbehörde.
Um die zum Stillstand gekommene Debatte um die Endlagersuche und die
bis dahin nötige Zwischenlagerung deutschen Atommülls wieder
anzuschieben, müsse vor allem Druck gemacht werden auf die anderen
Bundesländer. Lediglich Baden-Württemberg hat
zugesagt, fünf Castoren aus La Hague aufnehmen zu wollen. Ohne weitere
Zusagen, das betonte Habeck einmal mehr, gehe in Schleswig -Holstein
nichts. Letztlich müsse die Gesellschaft zur Verantwortung gegenüber dem
strahlenden Abfall stehen. „Dieser Weg, so schmerzhaft er ist, ist die
Lösung eines Problems, das wir nie hätten eingehen dürfen.“
Ralf Pöschus