Bürgerforum geht anders
Wer die Menschen ernst nehmen will, muss auch mit ihnen sprechen
Kay Müller
Morgens, 12 Uhr in Dithmarschen. Die Sonne brennt, Peter Altmaier
steigt aus seinem Dienstwagen. Er ist gekommen, um mit den Bürgern
darüber zu diskutieren, unter welchen Bedingungen Atommüll am örtlichen
Kernkraftwerk zwischengelagert werden kann. Eine Debatte, die viele
Menschen in diesen Tagen beschäftigt. „Bürgerforum“ nennt der örtliche
CDU-Abgeordnete Jens Magnussen deswegen auch das
Gespräch. Allerdings ist kaum ein Bürger da. Kein Wunder, mitten in den
Sommerferien, an einem Dienstag um 12 Uhr mittags. Bürgerforum geht
definitiv anders.
Gerade einmal ein paar Wochen ist es her, da hatten Magnussen als Abgeordneter für Brunsbüttel und der Rest der CDU-Landtagsfraktion
vehement dafür plädiert, dass die Bürger vor Ort an der Debatte um ein
mögliches mit Castoren aus Sellafield bestücktes Zwischenlager beteiligt
werden sollen. Es ist Magnussen hoch anzurechnen, dass er es geschafft
hat, dafür den Bundesumweltminister nach Brunsbüttel zu holen.
Aber was macht er daraus? Er lädt nur die Leute ein, die man früher
Honoratioren nannte. Lokale Politiker und Wirtschaftsvertreter.
Kritische Geister wie Atomkraftgegner sollten doch bitte draußen
bleiben. Und öffentlich wollte man sowieso nicht tagen.
Das ist genau das anachronistische Politikverständnis, das dem Bürger
das Gefühl gibt, seine Stimme werde nicht ausreichend gehört. Eben das
sollte aber doch mit dem Zusatz vermieden werden, den die CDU im Landtag
in die Resolution zur bundesweiten Debatte um die Atommüll-Zwischenlager eingefügt hat.
Immerhin hat Magnussen in letzter Minute doch noch die Bürger
eingeladen. Dumm nur, dass kaum einer etwas davon erfahren hat. Und
einen besseren Termin hätte er auch finden müssen. Die Veranstaltung in
Brunsbüttel begreife sich als Auftakt einer Reihe von Bürgerforen, hat
Magnussen gestern gesagt. Es bleibt zu hoffen, dass in den kommenden
Bürgerforen dann auch wirklich die angehört werden, auf die es ankommt:
die Bürger.