Ostschweiz: 12. Mai 2009
Strom aus Kohle spaltet Versorger
SN Energie und Rätia Energie wollen in ein Steinkohlekraftwerk in Norddeutschland investieren. Elektra Baselland hingegen lehnt Investitionen in Kohlekraftwerke grundsätzlich ab.
In der Strombranche ist man sich einig: In der Schweiz werde der Stromverbrauch weiter ansteigen, die Versorgung sei ohne neue Atomkraftwerke und weitere Investitionen nicht sichergestellt, heisst es. Mit dieser Prognose begründen Energieverteiler wie SN Energie oder Rätia Energie, wieso sie sich an einem geplanten Steinkohlekraftwerk im norddeutschen Brunsbüttel beteiligen wollen.
SN Energie beliefert die Stadt St. Gallen, Schwanden, Rorschach, Romanshorn, Arbon und Rapperswil-Jona mit Strom und würde sich mit einer Beteiligung eine Leistung von 20 Megawatt sichern. Hauptinvestor wäre Rätia Energie mit einem Bezug von bis zu 400 Megawatt. Die Pläne stossen auf heftige Kritik.
Petition mit 1000 Unterschriften
Brunsbüttel würde einen Fünftel des CO2-Ausstosses der Schweiz verursachen, rechnen die Gegner vor.
Die Steinkohle müsste aus Südamerika per Schiff nach Europa transportiert werden, und weil der Wirkungsgrad knapp 50 Prozent betrage, würde jedes zweite Schiff nutzlos von Brasilien nach Deutschland schippern. Mit einer Petition und 1000 Unterschriften war SN Energie im März aufgefordert worden, auf die Investition zu verzichten.
Bandenergie gefragt
Zur Strategie, für die sie sich entschieden hätten, gebe es keine Alternativen, argumentierten Vertreter von SN Energie an einem Mediengespräch im Februar. Die Lücke könne nicht mit Strom aus erneuerbarer Energie geschlossen werden. Es seien zwar Investitionen im zweistelligen Millionenbereich in den Ausbau verschiedener Wasserkraftwerke vorgesehen oder es sei geplant, rund 10 Millionen Franken in Offshore-Windparks vor der deutschen Küste zu investieren. Doch die Produktion aus Alternativenergie sei viel zu klein, um den künftigen Bedarf zu decken.
Gefragt sei zudem Bandenergie, dafür sei ein Kohlekraftwerk ideal. Einen anderen Weg geht Elektra Baselland (EBL). Das Unternehmen versorgt die Gemeinden in Baselland mit Strom und Wärme. Auch bei der Elektra Baselland sind Anstrengungen im Gange, die prognostizierte Stromlücke zu schliessen. Rund 100 Millionen Franken Eigenkapital sollen eingesetzt werden, gesucht sind Beteiligungen an Solarkraftwerken, Windanlagen und an Projekten mit Biomasse.
Den Grund für diese Strategie erläutert EBL-Geschäftsführer Urs Steiner: Der Verwaltungsrat der Elektra Baselland habe Investitionen in Kohlekraftwerke einstimmig abgelehnt. Das Unternehmen habe schon früh auf Nachhaltigkeit gesetzt und sich beispielsweise vor ungefähr zehn Jahren am ersten Holzschnitzel-Wärmeverbund der Schweiz beteiligt. «Da passt ein Kohlekraftwerk einfach nicht ins Portfolio», sagt Steiner. Die Suche nach Beteiligungen im Ausland sei allerdings nicht einfach.
Man habe 2007 bei einem geplanten Solarkraftwerk im spanischen Sevilla mitmachen wollen, sagt Steiner. Doch der Elektra Baselland sei beschieden worden, es sei ausreichend Geld vorhanden. Eine konkrete Anfrage sei nicht einmal beantwortet worden. Nun habe sich aber die Situation wegen der Finanzkrise verändert. Das Kapital der EBL sei nun gefragt. «Das ist unsere Chance», meint Steiner. Bis 2020 sollen 30 Prozent der von der EBL gelieferten Energie aus Sonne, Wind und Biomasse stammen.
Um die benötigte Bandenergie zu beschaffen, werde eine Beteiligung an einem Gaskombikraftwerk im Ausland diskutiert.
Quelle: http://www.tagblatt.ch/aktuell/ostschweiz/tb-os/Strom-aus-Kohle-spaltet-Versorger;art138,1317348