Dänen wollen Kohlendioxid unter der Nordsee speichern
CO2-Verpressung soll leere Ölfelder reinigen / Kritik aus Schleswig-Holstein an Plänen des Nachbarlandes
Kopenhagen/Kiel
Dänemark erwägt eine Speicherung des Treibhausgases Kohlendioxid
unter der Nordsee. „Die dänische Energiebehörde beabsichtigt, im Bereich
der Nordsee fast ausgeförderte Erdgas- und Erdöl-Lagerstätten für CO2-Speicherzwecke
anzubieten“, heißt es in einer offiziellen Bekanntmachung des
Landesamts für Bergbau, Energie und Geologie in Hannover. Das Amt
koordiniert die vorgeschriebene Beteiligung der Behörden in Deutschland.
Die potenziellen Lagerstätten liegen in einem Gebiet rund 200 Kilometer
nordwestlich vor Sylt.
Der Sprecher der dänischen Energiebehörde, Sören Frederiksen, bestätigte unserer Zeitung gestern das Vorhaben. „Mit der CO2-Verpressung
kann Rest-Öl besser aus leer geförderten Feldern ausgespült werden als
mit Wasser“, begründete er die Pläne. Das Kohlendioxid müsse dabei nicht
unbedingt aus Dänemark kommen, sondern könne auch aus Deutschland oder
England in Tankschiffen oder per Pipeline zu den Feldern in der Nordsee
gebracht werden. „Nach der Verpressung wird das Bohrloch versiegelt, so
dass das Treibhausgas unter dem Meer bleibt“, erklärte Frederiksen.
Allerdings habe bisher noch kein Ölkonzern Interesse an dem Verfahren
angemeldet. Dänemark hat die umstrittene unterirdische
Kohlendioxidspeicherung (CCS) zwar unter dem Festland verboten, unter
dem Meer jedoch erlaubt.
Schleswig-Holsteins Energieminister Robert
Habeck kritisierte das Vorhaben gestern. „Wir halten die unterirdische
Speicherung von Kohlendioxid grundsätzlich für bedenklich“, erklärte
Habecks Staatssekretär Ulf Kämpfer. Zu den dänischen Plänen werde das
Ministerium „in den nächsten Wochen“ eine Stellungnahme im Zuge der
Umweltverträglichkeitsprüfung abgeben. „Auswirkungen auf unsere Umwelt
müssen ausgeschlossen sein“, forderte Kämpfer. Lagerstätten unter dem
schleswig-holsteinischen Wattenmeer wolle das
Land ohnehin per Gesetz ausschließen. „Außerdem werden wir beim Bund
darauf drängen, dass er auch außerhalb der deutschen Zwölf-Seemeilen-Zone, also außerhalb des schleswig-holsteinischen Hoheitsgebiets, keine CO2-Lagerung zulässt.“
Die nordfriesische Bürgerinitiative gegen CO2-Endlager
übte ebenfalls deutliche Kritik an Dänemark. Ihr Sprecher Reinhard Knof
warnte vor der Gefahr eines „explosionsartigen Austritts“ des
Kohlendioxids: „Halten die Kavernen nicht dicht, könnte dies einen
schnellen Anstieg des Meeresspiegels und eine umfassende Versauerung der
Meere mit katastrophalen Auswirkungen für das marine Leben zur Folge
haben.“ Vor allem das Versiegeln der Bohrlöcher sei ein Schwachpunkt,
weil noch immer kein CO2-stabiler Zement
oder Verschluss gefunden sei. Knof forderte alle Kritiker zum Protest
auf: „Jeder Bürger kann gegen das Vorhaben Einwendungen einreichen.“ Von
Freitag an liegen die Unterlagen für die dänischen Pläne einen Monat
lang im Kieler Umweltministerium und in Nordfrieslands Umweltbehörde in
Husum aus.
H. Baethge/U. Meißner