Erstellt: 07.09.03, 19:13 Betreff: HP-FanFiction "Vergangen und (fast) Vergessen"
Bevor hier auch einer fragt, ja, diese FanFiction habe ich auch selbst geschrieben. Worums geht? Lest es doch einfach
Vergangen und (fast) Vergessen
I – Der Waise
Der Tag, der Toms Leben grundlegend ändern sollte, begann damit, dass er beim Aufstehen über ein Spielzeugauto von Howard, der Junge, der in dem Bett neben seinem schlief, stolperte und der Länge nach auf dem Boden fiel. Den misslungenen Versuch sich mit der Hand abzufangen, bezahlte er mit einer blutenden Platzwunde an der Schläfe, die zu seinem großen Leidwesen mit dem Bettpfosten Bekanntschaft gemacht hatte. Im Waschraum des Waisenhauses musste er feststellen, dass sich die älteren Jungen mal wieder einen Spaß daraus gemacht hatten seine Zahnbürste mit Seife einzuschmieren, und als er den Hahn aufdrehte, war das Wasser so heiß, dass er sich die Finger verbrühte. Schon so früh am Morgen missgelaunt ging Tom auf das Zimmer zurück, das er sich mit Howard und zwei weiteren Waisenkinder, Paul und Simon, teilen musste. Howard richtete sich gerade im Bett auf, rieb sich die Augen und murmelte etwas Unverständliches, das wie “Schon wieder morgen?“ klang. Paul und Simons waren zum Glück nirgends zu sehen. Sie waren nicht gerade Toms beste Freunde. Im Gegenteil wurde der kleine, schmächtig gebaute Junge immer wieder zum Opfer der rauhen Späße der beiden älteren Jungen. Selten zeigte Tom, wie sehr es ihn mitnahm, dass immer er das Opfer war. Wenn sie merken, dass mir ihre angeblichen Scherze nichts ausmachen, dachte er sich, werden sie vielleicht bald die Lust daran verlieren und jemand anderen ärgern. Gleichzeitig ärgerte Tom sich aber auch über sich selbst. Warum ließ er sich bloss immer alles von ihnen gefallen. Er sollte ihnen lieber zeigen, dass durchaus fähig war sich gegen sie zur Wehr zu setzen. Wenn es doch nur auch wirklich so gewesen wären. Aber Tom war viel schwächer als Simon und Paul. Doch am schlimmsten war es ja, dass sich niemand der anderen Heimkinder traute auch nur ein Wort gegen die Jungen zu sagen. Alle haben sie Angst vor ihnen, diese Feiglinge! Tom hatte keine Angst vor ihnen, aber es wäre einem Selbstmord nahegekommen, wenn er sich offen gegen sie stellte. Während er sich so seine Gedanken machte, suchte sich Tom seine Kleidung zusammen, die überall im, ums und sogar unterm Bett verstreut lag. Aufräumen und Ordnung halten gehörte nicht zu seinen Stärken. „Suchst du deine Socken?“ Tom brauchte einige Sekunden, um zu erkennen, dass Howard da mit ihm sprach. „Ja, das ist richtig! Aber woher weist du das?“ „Paul hat sie gestern Abend versteckt, als du nochmal auf Toilette warst“, antwortete Howard. „Sie liegen dort drüben, hinter dem Stapel Schulbücher.“ Tom holte sich seine Socken und zog sie an die Füße. Obwohl es mitten im Sommer war, schien die Sonne sich verbissen dagegen zu wehren auch nur einmal ihr Gesicht zu zeigen und es war verdammt kalt, denn die Schlafräume des Waisenhauses wurden nicht geheizt. „Würdest du bitte Paul nichts davon erzählen, dass ich dir das Versteck verraten habe?“, fragte Howard mit zittriger Stimme. „Er hat gedroht, dass er mir alle Knochen brechen wird, wenn ich dir irgend etwas sage.“ Tom hasste es, Gefühle für andere zu zeigen, aber in diesem Moment konnte er nichts anderes, als Howard Mut bewundern. Ihm trotz einer solchen Drohung von Paul von dem Versteck zu erzählen, hätte sicher keiner der anderen Jungen gewagt. Tom hatte den etwas dummen, aber gutmütigen Howard niemals zuvor für so mutig gehalten. Er war doch eher ein der Junge der ängstlichen Sorte, die sich leicht beeinflussen ließen, oder hatte er sich so sehr in dem Jungen getäuscht. Tom wollte es nicht glauben. In diesem Moment kam Paul in den Raum. Wie immer sah er sich erst den gesamten Raum an, um einen wesentlichen Überblick zu bekommen. Dann blieben seine Augen an Tom hängen, oder besser gesagt an seinen Socken. Mit einem schnellen Schritt war er bei Howard, griff nach seinem Kragen und hob in wenige Zentimeter in die Luft, sodass seine Füße in der leeren Luft baumelten. „SO“, schrie er und schüttelte Howard einmal kräftig durch. „Howard Pierend kann also doch nicht den Mund nicht halten. Dann werde ich eben dafür sorgen, dass du ihn für die nächsten Wochen überhaupt nicht mehr öffnest!“ Mit der freien Hand holte Paul aus und schlug Howard die geballte Faust voll in das ungeschützte Gesicht. Sein Opfer heulte laut auf. Als er zum zweiten Mal ausholte, riss der Junge schützend die Hände vors Gesicht. Paul schlug zu. Doch kurz bevor seine Faust Howard Gesicht berührte, bog er ab und schlug dem hilflosen Jungen mit voller Wucht in den Magen. Dieser stöhnte auf und krümmte sich in Pauls Griff, aber dieser hielt ihn unnachgiebig fest und holte schon zum dritten Schlag aus, als Schritte auf dem Gang laut wurden. Sofort ließ Paul Howard los, gerade rechtzeitig, um vor dem Heimleiter zu verbergen, was sich hier eben noch abgespielt hatte. John Bowre, der Heimleiter, war ein muskulöser Mann mittleren Alters. Er hatte kastanienbraune Haar, die noch von keiner grauen Strähne durchzogen waren. Seine steingrauen Augen schienen Tom zu durchbohren, als er ihn schweigend ansah. So kühl und emotionslos verliehen die Augen im ein skrupelloses Aussehen. „Gander, Pierend, Riddle!“, rief der Heimleiter in einer Lautstärke, die selbst Paul jedesmal zusammenzucken ließ. „Ihr verrichtet heute nach dem Frühstück den Fegedienst im Esszimmer.“ „Ja, Mr Bowre!“, riefen Tom, Howard und Paul im Chor. Dem Heimleiter gegenüber erlaubte sich nicht einmal Paul ein freches Wort. „Und weh euch, wenn hinterher noch ein Brotkrumen auf dem Boden liegt!“ „Nein, Mr Bowre!“ Diese Regel hatte der Heimleiter selbst erstellt. Die Waisenkinder durften ihm nur mit „Ja“ oder „Nein, Mr Bowre“ antworten. Oder mit einem „Wir haben verstanden, Mr Bowre“. „Keine Ausreden! Keine faulen Tricks! Habt ihr mich verstanden?“ „Wir haben verstanden, Mr Bowre!“ Der Heimleiter verließ das Zimmer. Auf dem Gang drehte er sich noch einmal um. „Und du, Paul Gander, darfst noch den Boden in der Lobby wischen, weil du dich mal wieder nicht zusammenreißen konntest.“ „Ja, Mr Bowre“, sagte Paul zähneknirschend. „Es wird Zeit fürs Frühstück. Ab mit dir ins Esszimmer“, rief Mr Bowre und ging die Treppe ins untere Stockwerk. Kaum war der Heimleiter außer Reichweite, ergriff Paul Howard wieder am Kragen und knurrte: „Dafür zahlst du noch. Wart`s ab, ich bin noch lange nicht fertig mit dir.“ Howard wurde bleich im Gesicht. Deutlich hob sich schon der dicke blaue Fleck ab, den Pauls Faust hinterlassen hatte. Dieser ließ den Jungen los und wandte sich an Tom. „Und mit dir auch noch nicht, Riddle!“ „Ich mit dir auch nicht!“, entgegnete Tom. Paul warf ihm einen vernichtenden Blick zu, dann wandte er sich um und eilte die Treppe runter.
Ich mit dir auch nicht! Wieso hatte er das bloss gesagt? Gott, da hätte er Paul ja gleich offiziell zum Zweikampf herausfordern können. Wie hatte er nur so blöd sein können? Paul würde ihn bei der nächsten Gelegenheit fertig machen. So in Gedanken versunken zog Tom sich fertig an. Erst die schwarze Hose, dann das grob gewebte Hemd und die graue Strickweste. Die traditionelle Kleidung im Waisenhaus. Und ausgerechnet heute musste Mr Bowre ihn zusammen mit Howard und Paul in den Fegedienst eintragen. Diese einmalige Gelegenheit würde Paul sich sicher nicht entgehen lassen. „Woran denkst du, Tom?“ Tom zuckte unwillkürlich zusammen. Im Heim redete ihn fast nie jemand mit diesem Namen an. Für die meisten war er einfach nur der ziemlich bleichgesichtige Riddle, der selten mit anderen Kindern sprach. „Was ist los?“, fragte Howard, der vor dem kleinem Zimmerspiegel stand und die blauen Flecken in seinem Gesicht begutachtete, noch einmal. „Ich...“, Tom stockte. Sollte er diesem Jungen wirklich erzählen, was er fühlte? Nein! Tom Riddle hatte es nicht nötig seine Probleme mit anderen zu teilen. „Es ist nichts. Was ich denke ist meine Sache. Also lass mich in Ruhe!“ Howard, von Toms schroffen Ton sichtlich eingeschüchtert, ging zur Tür. „Na dann...Dann gehe ich jetzt zum Frühstück.“ Als Tom nicht antwortete, huschte Howard ohne ein weiteres Wort aus dem Raum. Tom starrte noch einige Sekunden gedankenversunken vor sich hin, dann schüttelte er leicht den Kopf und stand auf. Er würde zum Frühstück und danach zum Fegedienst gehen müssen. Etwas anderes blieb ihm gar nicht übrig. Er zog sich zu Ende an und trat dann vor den Spiegel. Mehr aus Gewohnheit denn aus wirklichem Nutzen kämmte er seine strubbeligen, rabenschwarzen Haare. Dann schlüpfte er in die Schuhe und wandte sich zum Gehen. Doch weit kam er nicht. Als er einen Fuß heben wollte, wurde dieser zurückgehalten. Tom geriet ins Taumeln und landete schließlich unsanft auf dem Fußboden. Was hatte seinen Schritt verhindert? Er zog die Füße an und sofort entdeckte er die Ursache. Die Schnürsenkel beider Schuhe waren zusammengebunden. Heute ist wirklich nicht mein Tag, beschloss Tom.
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"Ich will nicht sagen, weint nicht, denn nicht alle Tränen sind von Übel." (Gandalf, HdR III)
~*~North Cats~*~
JP-PS: Lily Evans HP-P-PS: Rika Lorenz HP-F-PS: Helen Ollivander