Es war ein heißer Nachmittag im Brachland, die Sonne drückte heiß auf die Erde und jeder, der  klaren Verstandes war, hatte sich in den Schatten verkrochen, meistens mit einem kühlen Bier oder einem Glas Brachlandschnaps. Die Stille lag wie eine Decke über dem Land, der Wind blies nicht und kein Wesen regte sich, auch den Tieren war diese Hitze zuwider.

Doch plötzlich wurde diese Stille unterbrochen. Es war das Stapfen von zwei Paar Metallstiefeln, die auf der Pflasterstraße knallend widerhallten. Dazu kamen die Stimmen von zwei Orcs, die ganz offenbar nicht klug genug waren, sich im Schatten zu verstecken.

Man sah auf den ersten Blick, dass es Brüder waren: Beide hatten die gleiche, ungesund grüne Haut, ihr tintenschwarzes Haar war zu einem Pferdeschwanz gebunden, der Rest des Schädels war kahl rasiert. Zusätzlich trugen sie die gleiche Rüstung, von weitem hätte man geglaubt, man hätte zuviel Alkohol konsumiert und würde doppelt sehen. Doch beim Näherkommen fielen einem sofort einige Unterschiede ins Auge. Der eine Orc, scheinbar der ältere der beiden, machte ein grimmiges Gesicht, außerdem strahlte er eine gewisse Kraft und Überlegenheit aus. Er war sehr muskulös und breit gebaut, seine Rüstung sah nicht aus, als würde sie ihn schützen, sondern eher, als würde sie die barbarische Kraft, die unter ihr verborgen lag, zurückhalten. Seine Hauer waren groß und spitz, sie wirkten fast wie geschliffen. Aus seinen Augen sprach Verschlagenheit, doch sein Blick ließ ihn nicht recht gescheit aussehen.

Sein jüngerer Bruder hatte schmalere Schultern, die Rüstung ließ ihn breit aussehen. Dennoch waren die orcischen Muskeln an seinen Armen und auch kräftigen Beine nicht zu übersehen. Er war etwas kleiner als sein Bruder und seine Hauer wirkten auch nicht so perfekt getrimmt wie dessen. Der Blick, den er auf den Älteren  warf, wirkte irgendwie treudoof und ängstlich.

Seine Augen schienen unglaublich tiefgründig, in ihnen las man Intelligenz und Schärfe, aber auch eine Offenheit und Ehrlichkeit, wie man sie heute nur noch selten sah. Sie schwitzten in der heißen Brachlandsonne, dass es einem halbverdursteten Kodo zum trinken gereicht hätte.

Die beiden näherten sich der Straßenkreuzung nördlich von Crossroads. Plötzlich begann der jüngere Orc zu reden.

„Gurack?“

Der Ältere drehe sich um und knurrte:

„Was ist, Kiroth?"

„Bist du sicher, dass wir hier richtig sind?“

„Natürlich bin ich sicher!“

„Was stand denn auf dem Brief, den sie uns geschickt haben?“

Der Ältere schaute verständnislos.

„Welcher Brief?“

„Der Brief, den dir der Bote gebracht hat.“

Das Gesicht erhellte sich.

„Ach der. Den hab ich zum Einwickeln der Brote genommen.“

„Aber da stand doch drauf wohin wir müssen.“

„Ich hatte keine Lust zu lesen! Hab den Goblinboten gefragt.“

„Aber Goblins lügen wie gedruckt.“

„Der nicht. Ich weiß, wann jemand lügt.“

„Aber..“

„Halt den Mund, du verdammter Angstorc. Zweifelst du etwa an meinen Worten?“

„Nein, aber…“

„Hör auf mit deinem verdammten “Aber“!

„Aber…“

„Noch einmal und ich hau dir den Schädel von den Schultern, Ogerschiss.

Gurack zog seine Axt. Kiroth zuckte erschrocken zusammen.

Der Ältere begann zu wettern: „ Du bist mir wirklich nur ein Klotz am Bein. Du blöder Idiot. Nach allem was ich für dich getan habe, zweifelst du immer noch an mir? Du ist für mich eine Plage, eine Pest. Womit habe ich dich bloß verdient?“

Kiroth zog ein langes Gesicht. Gurack drehte sich um und ging weiter.

Als sie an der Kreuzung angelangt waren, drehte Kiroth sich um und seufzte sehnsüchtig. Dann erregte etwas am Fuß des Berges im Nordosten seine Aufmerksamkeit. Da stieg Rauch auf. Und sah man dort nicht die Konturen eines Hauses.

„Gurack?“

„Sei still, ich versuch gerade das Straßenschild zu entziffern.“

„Aber Gurack, ich glaub da ist was.“

Gurack drehte sich um, mit zornrotem Gesicht.

„WAS DENN?“, brüllte er.

„I-i-ich g-glaube da-da hinten ist ei-ein Hof“, stotterte Kiroth.

Gurack schützte seine Augen mit der rechten Hand vorm Sonnenlicht und starrte murrend in die Ferne.

Als er den Hof entdeckte, verstummte er.

„Was denn?“, fragte Kiroth nach einer Weile.

Gurack schaute ihn an.

„Das wusste ich!“, schnarrte er plötzlich. „Ich wollte dich nur prüfen! Das hast du gut gemacht!“

Kiroth staunte wieder. Wie intelligent sein Bruder doch war. Er prüfte ihn immer wieder, wie beispielsweise bei der Truhe im Zentaurenlager, an der er geradewegs vorbeigelaufen war, nur damit Kiroth sie entdecken konnte.

Stolz reckte sich der jüngere Orc nun, nur um gleich darauf von Gurack angefahren zu werden.

„Bild dir jetzt bloß nichts darauf ein, du Tollpatsch. Du bist der lebende Beweis dafür, dass auch ein blindes Huhn mal ein Korn findet. Ohne mich würdest du hier keine drei Tage überleben. Und jetzt Marsch!“

Die beiden  Orcs setzten sich in Bewegung, in Richtung des Hofes.

OOC: Gurack und ich werden heute Abend zum Treffen der Groldoms kommen, ich nehme das hier als Auftakt dazu.